Andreas Schulze, Wolfram Schulze: Wenn ein Kind gestorben ist oder Die Farben der Trauer. Freiburg im Breisgau: ObersteBrink, c/o Körner Medien UG 2023, 144 Seiten, EUR 22,00 – direkt bestellen durch Anklicken
Jeder Tod eines geliebten Menschen ist ein großer Einschnitt im Leben aller beteiligten Menschen, nicht nur, weil es ein unwiderrufliches, unveränderbares Ereignis ist und der Verlust ein Gefühl des tiefen Schmerzes hervorruft, sondern auch unausgesprochen eine Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit provoziert. Dieser plötzliche oder auch zu erwartende Verlust kommt dabei immer einer emotionalen Katastrophe gleich – und ganz besonders auch dann, wenn Eltern ihr Kind verlieren. Zuvorderst sei an dieser Stelle auf den Inhalt eingegangen: nach einem kurzen Vorwort folgen 9 Kapitel. Zunächst gehen die beiden Autoren mit drei Praxisbeispielsituationen auf die ‚Sternenkinder‘, eine ‚tödliche Erkrankung eines Kindes‘ und den ‚Verlust eines Kindes durch Suizid‘ näher ein und beschreiben in Kürze erste Hilfestellungen. Kapitel 2 befasst sich mit der Fragestellung, wie ein Umgang mit Schmerz und Trauer verlaufen kann und welche Ansätze es zur Selbsthilfe gibt. Das 3. Kapitel widmet sich der Frage, wie die Reaktion auf die Familie, Freunde und Bekannte ausfallen kann (Stichworte: Mitgefühl, Unsicherheit, Neugier) und im 4. Kapitel finden sich Ausführungen zum Zurechtfinden in der Gegenwart sowie zu den unausweichlichen Beziehungs(ver)änderungen. Kapitel 5 greift die vergebliche, aber aufkommende Suche nach einer Schuld auf und das 6. Kapitel geht der Frage nach, wie eine (notwendige) Anpassung an die völlig neue Realität aussehen kann. Das 7. Kapitel weist auf Rituale als Weg der Trauerbegleitung hin, die dabei helfen, eine dauerhafte Verbindung zum verstorbenen Kind herzustellen und aufrechtzuerhalten, zumal auch ein verstorbenes Kind weiterhin zur trauernden Familie gehört. Kapitel 8 erörtert Möglichkeiten, was es heißt und wie es praktisch aussehen kann, im Prozess der Trauer dennoch den Blick nach vorne zu wagen und im 9. Kapitel beschreiben persönlich betroffene Eltern und Personen, die mit dem Tod von Kindern beruflich zu tun haben (eine Kinderkrankenschwester, eine Oberärztin, eine Klinikseelsorgerin, eine Hebamme, ein Strahlentherapeut, ein Sternenkind-Fotograf und ein Polizeihauptkommissar), wie sie mit ihren Augen den Tod eines Kindes sehen. Der abschließende, so genannte Serviceteil hält Adressen, Möglichkeiten und gesetzliche Regelungen einer Bestattung, Begriffsklärungen, Statistische Angaben und Literaturhinweise bereit.
Dieses Buch, das in der Reihe der überaus spärlichen Bücher zu diesem Thema (z.B. Whisper von Soul: ÜBERsLEBEN; Silia Wiebe & Silke Baumgarten: Das Trauerbuch für Eltern; Hannah Lothrop: Gute Hoffnung, jähes Ende; Petra Franziska Killinger: Schmetterlingsflüstern; Mechthild Ritter: Wenn ein Kind stirbt; Peter Fässler-Weibel -Hrsg.-: Wenn Kinder sterben; Manfred E. Beutel: Der frühe Verlust eines Kindes) eine Sonderstellung einnimmt, zeichnet sich vor allem durch folgende Merkmale aus: (1) Die zwei Autoren, die sich als Wissenschaftler seit vielen Jahren forschend und lehrend mit den Schwerpunkten ‚verwaiste Eltern‘ und ‚Umgang mit Trauer‘ sowie ‚Suizidalität‘ beschäftigen, haben ein Sachbuch mit hinweisgebenden Informationen zusammengestellt, das auf der einen Seite zeitaktuelle Forschungserkenntnisse liefert als auch fortlaufende Praxisbezüge herstellt. Diese Kombination ist nur sehr selten vorzufinden! (2) Die Sprache drückt im Gegensatz zum Thema keine Schwere aus – sie wirkt ruhig, rüttelt durch die Schwerpunkte immer wieder auf und hat dennoch durch die Art der Satzformulierungen eine gleichzeitig beruhigende Wirkung. (3) Das Layout mit einem etwas größeren Zeilenabstand als es bei den meisten Büchern der Fall ist, lässt Platz und Raum für eigene Gedanken und die zarten, kleinen und leichten Vogelillustrationen von Melanie Garanin helfen dabei, beim Lesen zusätzliche Ruhepausen anzunehmen. Es ist ein Buch, das sicherlich betroffenen Eltern ein hilfreicher Ratgeber im besten Sinne ist, das Fachkräften (Erzieher:innen, Mediziner:innen, Sozialarbeiter:innen …) grundlegende Informationen liefert und zugleich dafür sorgt, ein vielerorts bestehendes Tabuthema für Verwandte, betroffene Arbeitskolleg:innen oder Freunde der Familien aus der ‚Truhe des Schweigens oder einer Verunsicherung‘ hervorzuholen.