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Zitiervorschlag

Rezension

Kurt Gerwig: Kinder & Gott. Pädagogik Walk 04. Kaufungen: AV1 Pädagogik-Filme 2018, DVD, 50 Min., EUR 23,00 - direkt bestellen durch Anklicken

 

„Wie kann man mit Kindern am besten über Gott und Glauben sprechen?“

Kinder beschäftigen sich aktiv mit der Welt, in der sie leben. Sowohl religiös als auch nicht-religiös erzogene Kinder haben Fragen zum Thema Religion, die ernst genommen und beantwortet werden müssen. Und genau von diesen Fragen fühlen sich pädagogische Fachkräfte und Eltern oft verunsichert oder sogar überfordert, entweder weil sie atheistisch sind, selbst noch offene Glaubensfragen haben oder sich anderen Religionen nicht öffnen können bzw. wollen.

Im 4. Pädagogik-Walk geht Kurt Gerwig einigen typischen religiösen Kinderfragen auf den Grund und thematisiert diese „in einem lockeren Rahmen“ bei Besuchen in einer christlichen Kirche, einer Synagoge sowie einer Moschee. Der Rundgang startet in einer christlichen Kirche, in der sich der Filmemacher mit der Religionspädagogin Prof. Dr. Petra Freudenberger-Lötz trifft. Sie sprechen darüber, was beim Theologisieren mit Kindern zu beachten ist:

  • bewusst Gesprächsmöglichkeiten wahrzunehmen oder zu initiieren,
  • die (kritischen) Fragen der Kinder ernst zu nehmen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen,
  • selbst neugierig und offen zu sein,
  • sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu begeben,
  • dabei authentisch und ergebnisoffen vorzugehen,
  • die eigenen Unsicherheiten zuzugeben
  • auch mal den Unglauben einfach so stehen zu lassen.

Anschließend werden drei Kinder im Alter zwischen 8 und 9 Jahren mit in das Gespräch einbezogen. Sie bekommen die Möglichkeit ihre Fragen zum Thema Gott und Glaube zu stellen. Die Kinder möchten zum Beispiel wissen, ob Gott wirklich lebt und in welcher Kirche er wohnt. Damit zeigt der Film gleich anhand eines praktischen Beispiels, wie mit Kindern theologisiert werden kann. Die Religionspädagogin begegnet den Fragen der Kinder mit sehr viel Wertschätzung und echter Neugier, gibt ihnen Zeit und Raum für ihre eigenen Gedanken und liefert nicht sofort fertige Antworten. Sie gibt ihre eigene Meinung kindgerecht wider und ermutigt die Kinder weiter über gewisse Themen nachzudenken.

Im zweiten und dritten Teil des Films, besuchen Gerwig und Freudenberger-Lötz eine Synagoge sowie eine Moschee und kommen hier mit der jüdischen Pädagogin Esther Hass und dem Imam Shaban Memeti ins Gespräch. Der Schwerpunkt liegt jetzt nicht mehr so stark auf dem Thema „Kindertheologie“. Trotzdem wird bei beiden Besuchen ein interreligiöser Dialog angeregt, von dem alle Beteiligten profitieren. Sowohl die jüdische Pädagogin als auch der Imam erhoffen sich mehr Austauschmöglichkeiten mit dem Christentum und wünschen sich von den christlichen Pädagog/innen ein gewisses Grundwissen und -verständnis von der jüdischen bzw. islamischen Religion. Die Zuschauer/innen bekommen erste Einblicke in die beiden Religionen sowie ihre Gotteshäuser und erhalten Informationen über die religiöse Entwicklung der jüdischen/islamischen Kinder. Dabei geht es vor allem um die Bedeutung und die Praxis des Gebets, die kindliche Vorstellung von Gott sowie eventuell auftretende Glaubenskrisen in bestimmten Altersstufen.

Der Film bietet eine gute Möglichkeit, um in das komplexe Thema einzusteigen und sich erste Gedanken um den Umgang mit religiösen Kinderfragen zu machen. Durch das Gespräch mit den Kindern erfährt man anhand eines praktischen Beispiels, wie man mit ihnen theologisieren und angemessen auf deren Fragen, Zweifel oder Thesen eingehen kann. Die interreligiösen Begegnungen zeigen, dass es nicht reicht, sich lediglich mit der eigenen Religion auseinanderzusetzen und dass ein regelmäßiger Austausch zu mehr gegenseitigem Verständnis führen könnte.

Es wäre sicherlich spannend gewesen, auch mit islamischen und jüdischen Kindern ins Gespräch zu kommen, um auch hier die Kindersicht mitzubekommen und zu erfahren, wie die Pädagog/innen anderer Religionen mit Kindern über Glaubensfragen sprechen. Ebenso hätte man christliche Kinder zu den Besuchen der verschiedenen Gotteshäuser mitnehmen können, damit diese ebenfalls einen Einblick in andere Religionen bekommen und mit anderen Kindern in einen interreligiösen Austausch gehen können. Es ist wichtig, dass Kinder verschiedener Religionen in beiderseitigem Verständnis aufwachsen können, damit sie einander auch als Erwachsene mit Respekt, Offenheit und Toleranz begegnen. Solche Ideen könnten eventuell in einem zweiten Film zu diesem Thema aufgegriffen werden.

Kassandra Ribeiro