Brigitte Endres/Marc-Alexander Schulze: Papa, sag mal, gibt es Gott? Ein Bilderbuch über das Glauben. Zürich: aracari verlag 2022, 6. Auflage, 32 Seiten, EUR 15,00 – direkt bestellen durch Anklicken
Bilderbücher gibt es, der großen Bandbreite möglicher Bilderbuchthemen wegen, auch mit philosophisch und religiös verknüpfte Botschaften. Ob man den Kindern eher philosophische oder religiöse Bilderbücher anbieten möchte, ist der persönlichen Gewichtung der die Kinder begleitenden Erwachsenen anheimgestellt. In unserer heutigen Welt sind jedoch wertebezogene Anregungen für Kinder so wichtig wie eh und je.
Kinder fragen bereits sehr früh nach den großen Zusammenhängen unserer Welt und ihres eigenen Daseins. Fragen nach den Unterschiedlichkeiten und den Gemeinsamkeiten der Sinnerklärungen können bereits recht früh auf uns Erwachsene zukommen.
Da fragt ein Kind: „Papa, sag mal, glaubst Du an Gott?“ und der Papa ist vielleicht ebenso stolz über die kluge Frage seines Kinder, wie überrascht über die Bedeutungstiefe der Frage. Er ist vielleicht irritiert: „Wie soll er mitten im Alltag auf diese Frage spontan antworten?“ Vermutlich ist er auch entschlossen, sein Kind nicht ohne Orientierung zu lassen. Wo Kinder unbefangen fragen, sind wir Erwachsenen manchmal bereits befangen in unseren Antworten. Kinder lenken noch keine dogmatischen Informationen aus Religion und Atheismus ab. Sie wollen einfach Gedanken und Fantasien klären und legen Wert auf die ehrlichen Antworten ihrer Bezugspersonen.
Dann gemeinsam ein Bilderbuch zu lesen, das den Überlegungen nachgeht, wie die Welt entstand, wer wohl dafür verantwortlich ist, dass es sie gibt, und wer die Geschicke von Pflanzen, Tieren und Menschen lenkt, ist eine enorme Bereicherung.
Auf wunderbare Weise erfüllt diesen Auftrag das Bilderbuch „Papa, sag mal, gibt es Gott?“. In einer klaren und dennoch wohlbedacht ausgewählten Sprache wird das Kind eingeführt in die Überlegungen, die sich Menschen weltweit, seit Jahrtausenden und kulturunabhängig zu den Grundfragen des Lebens stellen.
Brigitte Endres gelingt es, weder gedankliche Tiefe, noch Vielfalt der Aspekte vermissen zu lassen. Nachdenklich sind beide, Theo wie sein Vater. Sie bedenken nicht nur Theoretisches, sondern ebenso Erlebtes. Sie erinnern sich gemeinsam an Familien, die ihre religiöse Verbundenheit offen zeigen und alltagsbezogen leben.
Vater und Sohn gehen auch auf Spurensuche dazu, was es aus der Geschichte und den Naturwissenschaften zu sagen gibt. Sie spüren den eigenen Vorstellungen nach und wägen im Vergleich mit den Vorstellungen anderer Menschen ab. Nichts ist festgelegt oder zwingend, denn: „Das Leben bleibt ein großes Geheimnis.“
Die anregenden und wunderbar gestalteten Bilder von Marc-Alexander Schulze unterfüttern die Texte und regen über die Worte hinaus gekonnt zu weiteren Gesprächsmöglichkeiten für Kinder und Erwachsene an.
Menschen auf der ganzen Welt unterscheiden sich bezüglich dessen, was sie als Sinn ihres eigenen Lebens und der Welt empfinden. Dies ist ihr verbürgtes Recht. Auch dies vermittelt dieses Bilderbuch. Es folgt damit dem Ansatz der Interreligiösen Bildung, die in unserer Zeit so sehr nottut.
Unsere multikulturelle Gesellschaft registriert neben kultureller, traditioneller und sprachlicher Vielfalt ganz selbstverständlich auch die religiöse Vielfalt. Der interreligiöse Ansatz wird dabei verstanden als Absicht, alle Kinder in das Weltwissen über verschiedene Religionen einzuführen und sie in die tiefe Achtung hierzu altersgerecht mitzunehmen. Interreligiöse Bildung ist Friedenspädagogik, denn vertragen sich die Religionen, so gehen davon Potentiale von Toleranz, Teilhabe und Demokratisierung aus.
Das vorliegende Bilderbuch trägt dazu erheblich bei. Man kann ihm nur – in Familien und Bildungseinrichtungen – einen regen Einsatz wünschen!