Betriebserlaubnis für Kindertageseinrichtungen nach § 45 SGB VIII

Hartmut Gerstein

Träger von Tageseinrichtungen für Kinder benötigen gem. § 45 SGB VIII eine Betriebserlaubnis. Die Erlaubniserteilung gehört gem. § 2 Abs. 3 Nr. 4 SGB VIII zu den "anderen Aufgaben" der Jugendhilfe, die vor allem staatliche Eingriffsfunktionen zu Gunsten des Kindeswohls zum Inhalt haben.

Verbot mit Erlaubnisvorbehalt

Tageseinrichtungen sind gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden.  Das SGB VIII hat die Tagesbetreuung von Kindern als Leistungen für die Personensorgeberechtigten bzw. für das Kind konzipiert und in dieser Konsequenz den Schutz von Kindern in Einrichtungen - in Ergänzung der primären Verantwortung der Personensorgeberechtigten - als eine präventiv ausgerichtete, öffentlich verantwortete Kontrolle der Einrichtungen in Form eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Mit anderen Worten: Die regelmäßige Betreuung und Förderung von Kindern in Gruppen ist verboten, es sei denn, der Träger hat eine Betriebserlaubnis.

Erlaubnisbehörde

Sachlich zuständig für die Erteilung der Betriebserlaubnis ist gem. § 85 Abs. 2 Nr. 6 SGB VIII der überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in der Regel das Landesjugendamt. Vor Inkrafttreten des KJHG bestehende abweichende Zuständigkeitsregelungen der Länder (in Bayern Zuweisung an die Bezirksregierungen) bleiben gem. § 85 Abs. 4 in Kraft. Teilbereiche der Erlaubniserteilung wie die Entgegennahme von Anträgen und Meldungen nach § 47 SGB VIII werden in einigen Ländern (Hessen, Rheinland-Pfalz) auf die örtlichen Träger (Jugendämter) übertragen. Der Kontrollauftrag der Erlaubnisbehörde wird gem. § 85 Abs. 2 Nr. 1 und 7 SGB VIII ergänzt durch die Aufgabe der Beratung von Jugendämtern und Trägern von Einrichtungen sowie der Weiterbildung.

Erlaubnispflichtige Einrichtungen

Die Erlaubnispflicht bezieht sich sowohl auf Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche ganztägig betreut werden (Heime der Jugendhilfe), als auch auf Einrichtungen, in denen Kinder für einen Teil des Tages betreut werden (Kindertageseinrichtungen). Ausgenommen von der Erlaubnispflicht sind gem. § 45 Abs. 1 S. 2 SGB VIII Jugendfreizeitheime, Jugendbildungseinrichtungen und Jugendherbergen. Auch Jugendhotels und kommerzielle Pony- und Reiterhöfe benötigen keine Betriebserlaubnis.

Einrichtung

Unter "Einrichtung" wird gem. § 45a SGB VIII eine auf eine gewisse Dauer und unter der Verantwortung eines Trägers angelegte Verbindung von orts- und gebäudebezogenen sächlichen und persönlichen Mitteln zu einem bestimmten Zweck verstanden. Problematisch wird diese Definition bei Waldkindergärten. Um hier eine Gleichstellung mit anderen Tageseinrichtungen für Kinder zu erreichen, behilft man sich damit, den Gebäudebezug dadurch herzustellen, dass Waldkindergärten in der Regel einen Bauwagen oder ähnliche Schutzgelegenheiten haben.

Schutzzweck des Erlaubnisvorbehalts

Ziel und Auftrag des Landesjugendamtes beim Schutz von Kindern in Einrichtungen ist die Sicherstellung des Wohls der in den Einrichtungen gem. § 45 SGB VIII betreuten Minderjährigen. Bei dem Begriff "Wohl der Kinder" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Er umschreibt die vom Träger der Einrichtung inhaltlich zu erfüllenden Gesamtbedingungen.

Aus dem Auftrag von § 45 SGB VIII "Schutz von Kindern in Einrichtungen" sind die Möglichkeiten des Landesjugendamtes zur aktiven Einflussnahme auf die Einrichtungen zunächst begrenzt auf die Sicherung eines Mindeststandards, der notwendig ist, das Wohl der betreuten Kindes zu gewährleisten. Dieser richtet sich nach der Art des in der Konzeption beschriebenen Angebots und nach den anwendbaren landesgesetzlichen Regelungen. Dementsprechend müssen auch die von anderen Behörden und Stellen festzulegenden Standards für die Sicherheit, den Unfallschutz und die Hygiene am Kindeswohl orientiert sein.

Die Sicherung des Mindeststandards bezieht sich auf alle Einrichtungen der Tagesbetreuung, also auch auf Angebote außerhalb der öffentlichen Förderung. Bei Kindertagesstätten, die als Leistung der Jugendhilfe gem. § 22 Abs. 3 SGB VIII einen umfassenden Auftrag zur Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes haben, werden die Standards höher gesetzt. Neben den bundesrechtlichen Vorgaben der §§ 22 ff. SGB VIII sind hier auch die landesrechtlichen Bestimmungen in den Kita-Gesetzen maßgeblich. Dabei können auch die jeweiligen Bildungspläne und -empfehlungen herangezogen werden.

Anspruch auf Erlaubniserteilung

Gem. § 45 Abs.2 SGB VIII ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn das Wohl des Kindes in der Einrichtung gewährleistet ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat der Träger einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Betriebserlaubnis. Bei einer Verweigerung der Erteilung der Betriebserlaubnis sowie auch bei deren Rücknahme und Widerruf hat das Landesjugendamt die Beweislast für das Vorliegen von Tatsachen, die belegen, dass das Wohl der Kinder in der Einrichtung nicht gewährleistet ist.

Die Aufsichtsbehörde muss gegebenenfalls dafür sorgen, dass die personellen und sachlichen Bedingungen an die aus der Konzeption abzuleitenden Vorgaben angepasst werden. Ist dies nicht möglich, ist darauf hinzuwirken, dass die Konzeption und z.B. eine darauf hindeutende Bezeichnung (z.B. heilpädagogisch) geändert werden und Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, nicht aufgenommen werden.

Wesentliche Aufgabe im Kontext der Erlaubniserteilung ist es, in dieser Hinsicht Transparenz für die Nutzer einer Einrichtung zu schaffen. Versagt werden muss die Erlaubnis, wenn die Einrichtung dem vorgegebenen Einrichtungskonzept nicht entsprechen kann und insofern das Kindeswohl gefährden könnte. Die weltanschauliche Grundausrichtung kann nur insoweit eine Nichterteilung der Betriebserlaubnis begründen, als dadurch das Wohl der betreuten Kinder gefährdet wird.

Gewährleistung des Kindeswohls in der Einrichtung

Gem. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII ist in der Regel anzunehmen, dass das Wohl des Kindes in der Einrichtung gewährleistet ist, wenn

  • der Träger die für den Betrieb der Einrichtung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
  • die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind und durch den Träger gewährleistet werden,
  • die gesellschaftliche und sprachliche Integration in der Einrichtung unterstützt wird sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht erschwert werden.

Außerdem müssen zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden.

Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Trägers

Die Zuverlässigkeit des Trägers wird in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1-3 in Regelbeispielen negativ konkretisiert. Mangelnde Zuverlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Träger in der Vergangenheit nachhaltig gegen seine Mitwirkungs- und Meldepflichten nach den §§ 46 und 47 verstoßen hat. Nachhaltig können wiederholte Verstöße sein, die den Schluss zulassen, dass der Träger seinen Verpflichtungen nicht nachkommen will oder aus organisatorischen Gründen nicht in der Lage ist, sie zu erfüllen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dabei auch zu prüfen, wie schwerwiegend der jeweilige Verstoß gegen die Mitwirkungs- oder Meldepflicht den Schutz der Kinder oder Jugendlichen beeinträchtigt. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht bei Änderung der Konzeption gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ist dabei nicht so gravierend, wie beispielsweise das Unterlassen einer Mitteilung gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII über Ereignisse und Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder oder Jugendlichen zu beeinträchtigen.

Als unzuverlässig gilt ein Träger ebenfalls, wenn er Personen entgegen eines behördlichen Beschäftigungsverbotes nach § 48 beschäftigt (Abs. 2 Satz 3 Nr. 2). Die Bezugnahme auf § 48 zeigt, dass hier kein Beschäftigungsverbot im Sinne eines vollständigen Tätigkeitsausschlusses gemeint ist, sondern eine Tätigkeitsuntersagung, die als Maßnahme gegen den Träger auch eine Entbindung eines Beschäftigten von Leitungsaufgaben bedeuten kann oder die Möglichkeit eröffnet, den Betroffenen in einer anderen Einrichtung des Trägers weiter zu beschäftigen. Ein weiteres Indiz für die Unzuverlässigkeit eines Trägers ist ein wiederholter Verstoß gegen behördliche Auflagen. Dabei geht es nicht nur um Verstöße gegen Auflagen der Erlaubnisbehörde, sondern auch gegen Auflagen anderer Behörden, z. B. Baubehörden, Brandschutz, Gesundheitsamt oder Lebensmittelaufsicht.

Personelle Voraussetzungen

Für die Erteilung und den Bestand der Betriebserlaubnis müssen gem. § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII die personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt und durch den Träger gewährleistet werden.  Hierzu gehört, dass eine ausreichende Zahl von persönlich und fachlich geeigneten Erziehungskräften in der Einrichtung tätig sind. Zwar fordert das Bundesrecht bei Einrichtungen nicht ausdrücklich Fachkräfte, es finden sich jedoch in den Bestimmungen der Länder gem. § 49 SGB VIII nähere Konkretisierungen, die den Einsatz von Fachkräften zur Förderungsvoraussetzung machen. Eine spezifisch fachliche Eignung ist immer dann als Bedingung für das Wohl der in der Einrichtung betreuten Minderjährigen anzusehen, wenn die Einrichtung einen entsprechend fachlich definierten Auftrag erfüllen möchte. So können z.B. bei Einrichtungen für Kinder mit Behinderung heilpädagogische Qualifikationen sowie andere spezielle Pädagogik- und Therapieformen für das Kindeswohl erforderlich sein. Je qualifizierter die Aufgaben der Einrichtung sind, umso höhere Anforderungen sind an die Qualität der Betreuung und die Eignung der Fachkräfte zu stellen.

Eignung des Personals

Bei der Entscheidung über die persönliche Eignung des Fachpersonals sind z.B. Erziehungsstil, Kooperationsbereitschaft mit den Eltern, soziale Kompetenz, Vorbildfunktion und Integrität zu berücksichtigen. Insbesondere für den Einsatz geeigneter Fachkräfte in einer Leitungsfunktion ist der Träger verantwortlich. Das Landesjugendamt hat hier zunächst nur eine Beratungsfunktion. Es kann jedoch eingreifen, wenn durch persönlich ungeeignetes Personal das Wohl der Kinder gefährdet wird. Als Aufsichtsbehörde hat es darauf zu achten, dass die in den jeweiligen Landesvorschriften nach Angebotsart unterschiedlich festgelegten Personalschlüssel eingehalten werden und die Maximalwerte für die Gruppengröße nicht überschritten werden.

Raum und Ausstattung

In der Einrichtung muss ein für die richtige Förderung des Kindes ausreichendes Raumangebot vorhanden sein, das sich nach der Gruppenzusammensetzung und den Bedürfnissen der unterschiedlichen Altersgruppen richtet. Bei der Raumnutzung und Sachausstattung geht es um ausreichenden Bewegungsraum, Ruhemöglichkeiten, altersgemäße Ausstattung im Innen- und Außenbereich, geeignetes Spielzeug, Bücher und Lernmittel.

Die Aufsichtsbehörde muss - gegebenenfalls im Zusammenwirken mit der Unfallkasse und den Gesundheitsbehörden - auf folgende Punkte achten:

  • Sicherheit der Spielgeräte
  • sachgemäße Möblierung
  • Sicherheit von Arzneischränken
  • kindgerechte Nasszellen etc.

In Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht, den Gesundheitsbehörden, der Unfallkasse und dem Brandschutz ist u.a. zu achten auf

  • sanitäre Anlagen
  • Sicherheitsverglasung
  • Notausgänge
  • Flucht- und Rettungswege
  • Absicherung von Gruben und anderen Gefahrenstellen
  • Umfriedung des Außengeländes etc.

In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden (Veterinäramt) sind zudem auf die hygienischen Verhältnisse insbesondere im Küchenbereich zu achten. Im Zuge der "Entbürokratisierung" wurden in vielen Ländern Vorschriften über Raum- und Hygienestandards abgeschafft. In der Praxis hat die Kommunalisierung der Aufgaben der Gesundheits- und Veterinärämter sowie des Brandschutzes dazu geführt, dass die Vorgaben der zuständigen Behörden regional oft sehr unterschiedlich sind und teilweise von der Person des Prüfers abhängen.

Insbesondere bei kleinen freien Trägern ist vom Landesjugendamt zu prüfen, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse einen auf Dauer angelegten Betrieb zulassen. Mangelnde finanzielle Reserven des Trägers können die Erteilung einer Betriebserlaubnis in Frage stellen. Wichtig ist auch die organisatorische Struktur der Einrichtung, d.h. Öffnungszeiten, Art und Weise der Mahlzeitenversorgung, Sicherstellung einer jederzeit ausreichenden Anzahl von Betreuungskräften, Einhaltung des Personalschlüssels etc.

Integration und gesundheitliche Vorsorge

Gem. § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII muss gewährleistet sein, dass die gesellschaftliche und sprachliche Integration in der Einrichtung unterstützt wird sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder gesichert sind. Von Einrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund werden positive Anstrengungen erwartet, um die Integration der Kinder in die deutsche Gesellschaft zu fördern und Abschottungstendenzen zu vermeiden. Als Teil des Bildungsauftrags nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII sollte für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, möglichst früh Sprachförderung angeboten werden. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass für Kinder mit Migrationshintergrund auch die Pflege der eigenen Kultur und Sprache in den Kindertagesstätten ermöglicht wird.

Die als Voraussetzung für die Erlaubniserteilung geforderte Sicherung der gesundheitlichen Vorsorge und medizinischen Betreuung in der Einrichtung kann als Erlaubniskriterium nur schwer operationalisiert werden. Sie bietet allenfalls Eingriffsmöglichkeiten bei Einrichtungen von Trägern, die z.B. Bluttransfusionen und chirurgische Behandlungen ablehnen. Unzulässig wäre es, unter Berufung auf § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII die Aufnahme von Kindern zu verweigern, die den vom Robert-Koch-Institut empfohlenen altersgemäßen Impfschutz nicht nachweisen können.

Pädagogische Konzeption

Der Träger ist gem. § 45 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII verpflichtet, zur Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis die Konzeption der Einrichtung vorzulegen. Die Konzeption soll Auskunft über Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und -sicherung geben. Die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption ist gem. § 22a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ein geeignetes Mittel zur Sicherstellung der Qualität der Förderung in Tageseinrichtungen für Kinder. Erlaubnisbehörde erhält mit der Konzeption der Einrichtung bei Beanstandungen die Möglichkeit, zu überprüfen, ob der Träger den in der Konzeption formulierten Ansprüchen an die pädagogische Arbeit in der Praxis gerecht wird. Dabei muss gewährleistet sein, dass der Erlaubnisbehörde stets die aktuelle Version der Konzeption vorliegt. § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII verpflichtet den Träger, Änderungen der Konzeption unverzüglich der zuständigen Behörde zu melden.

Schutzkonzept

Mit den Änderungen des SGB VIII durch das im Juni 2021 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) werden die bereits durch das Bundeskinderschutzgesetz 2012 eingeführten gesetzlichen Anforderungen an die Konzeption erweitert: § 45 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII verlangt, dass  zur Sicherung der Rechte und des Wohls der Kinder in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden. Ein Gewaltschutzkonzept sollte daher neben der Förderung von gewaltfreien Konfliktlösungen und einer Ächtung von Gewalt als Erziehungsmittel (§ 1631 Abs. 2 BGB) ein Konzept zur Sicherung der Rechte von Kindern enthalten. Die Regelungen, etwa zum Selbstvertretungsrecht und zu Beschwerdemöglichkeiten, sind insbesondere für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen der stationären Jugendhilfe gemacht worden und müssen für Kinder in Kindertageseinrichtungen stimmig gemacht werden. Bei Kindern, die nur einen Teil des Tages in der Kita betreut werden und ansonsten zuhause wohnen, haben die Eltern - anders als bei den Hilfen zur Erziehung – wesentlich bessere Möglichkeiten, sich schützend vor ihre Kinder zu stellen. In der Praxis erfolgt ein großer Teil der Aufsichtstätigkeit der Erlaubnisbehörden im Kita-Bereich aufgrund von Elternbeschwerden. Als Beschwerdemöglichkeit außerhalb der Einrichtung kommt die Aufsichtsbehörde in Betracht, in der Regel also das Landesjugendamt.  Es gehört demnach zu den Aufgaben der Kita, sicherzustellen, dass Eltern in geeigneter Weise, zum Beispiel im Betreuungsvertrag, auch auf diese Beschwerdemöglichkeit aufmerksam gemacht werden.

Prüfung vor Ort und nach Aktenlage

Gem. § 46 SGB VIII soll das Landesjugendamt als zuständige Behörde neben der Erteilung der Betriebserlaubnis in der Folge auch überprüfen, ob bei den Einrichtungen die erforderlichen Voraussetzungen weiter bestehen. Gem. § 46 Abs. 2 SGB VIII können örtliche Prüfungen jederzeit unangemeldet erfolgen. Der Träger der Einrichtung soll bei der örtlichen Prüfung mitwirken. Häufigkeit sowie Art und Umfang der Prüfung müssen nach fachlicher Einschätzung im Einzelfall zur Gewährleistung des Schutzes des Wohls der Kinder in der Einrichtung geeignet, erforderlich und angemessen sein.  Die Überprüfungen haben nicht routinemäßig, sondern nur anlassbezogen zu erfolgen. Andererseits setzt § 46 SGB VIII keinen akuten Anlass voraus, etwa in Form von konkreten Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung.

Tätigkeitsuntersagung

Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Leiterin einer Einrichtung oder eine Mitarbeiterin (bzw. der Leiter oder ein Mitarbeiter) die für ihre Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzen, kann das Landesjugendamt gem. § 48 SGB VIII eine Tätigkeitsuntersagung aussprechen. Diese richtet sich jedoch nicht unmittelbar gegen die Beschäftigte, sondern gegen den Träger der Einrichtung. Die Voraussetzungen sind im Gesetz recht vage gefasst und lassen der Behörde einen Beurteilungsspielraum. Möglich ist eine Tätigkeitsuntersagung insbesondere bei Verfehlungen gegenüber den Kindern. Sie ist jedoch nur dann angebracht, wenn der Träger selbst auf die Verfehlung nicht oder nicht angemessen reagiert hat. Als milderes Mittel kann das Landesjugendamt den Träger auch durch Auflagen zu den erforderlichen personellen Maßnahmen verpflichten.

Die Tätigkeitsuntersagung ist kein Berufsverbot gegenüber den Beschäftigten. Es ist nur auf die fachliche und persönliche Eignung für eine bestimmte Tätigkeit in der Einrichtung abzustellen. Der Träger kann die Beschäftigten in anderen Bereichen weiter beschäftigen. Die Tätigkeitsuntersagung ist ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung und kann daher - unabhängig vom Träger als Adressaten - auch von den Betroffenen angefochten werden.

Melde-, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten

Zum Schutz von Kindern in Einrichtungen gehören auch die Meldepflichten des Trägers gem. § 47 SGB VIII. Bei der Betriebsaufnahme müssen Name und Anschrift der Einrichtung, die Zahl der verfügbaren Plätze sowie der Name und die berufliche Ausbildung des Leiters und der Betreuungskräfte an die Erlaubnisbehörde gemeldet werden (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII). Die Behörde hat so die Möglichkeit, zu überprüfen, ob die personelle Ausstattung der Einrichtung von Anfang an der beantragten Betriebserlaubnis entspricht. Außerdem ist der Träger gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII verpflichtet, während des laufenden Betriebes unverzüglich Ereignisse und Entwicklungen, die das Wohl des Kindes beeinträchtigen können, zu melden. Auch Änderungen der Konzeption müssen unverzüglich gemeldet werden (§ 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Allerdings fällt nicht jede kleine Änderung der Konzeption unter die Meldepflicht. Bei der Meldepflicht geht es vielmehr um gewichtige Konzeptionsänderungen, die im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII die räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen oder personellen Voraussetzungen für den Betrieb der Einrichtung berühren.

47 Abs. 2 SGB VIII verpflichtet den Träger, den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung entsprechend Aufzeichnungen über den Betrieb der Einrichtung und deren Ergebnisse anzufertigen sowie eine mindestens fünfjährige Aufbewahrung der einrichtungsbezogenen Aufzeichnungen sicherzustellen. Die mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz 2021 mit Blick auf die betriebserlaubnispflichtigen erzieherischen Hilfen eingeführte Vorschrift schafft für die Aufsichtsbehörde ein Instrumentarium zur Prüfung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung in der Einrichtung und konkretisiert darüber hinaus den Umfang der nach § 46 Abs. 1 SGB VIII zulässigen Prüfung von Unterlagen sowie die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Nicht geklärt ist die Frage der Anwendbarkeit auf Kindertageseinrichtungen und das Verhältnis zu den Dokumentationspflichten in den landesspezifischen Finanzierungsvorschriften und den für kommunale Träger geltenden Archivierungsvorschriften.

Bußgeld- und Strafvorschriften

Der Erlaubnisvorbehalt in § 45 SGB VIII wird wegen seiner Bedeutung für das Kindeswohl durch Straf- und Bußgeldvorschriften bewehrt. Bereits ein Verstoß gegen Melde-, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten kann ein Bußgeldverfahren nach sich ziehen (§ 104 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII). Wer ohne Erlaubnis nach § 45 Abs. 1 SGB VIII ein Kind betreut, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu 500 Euro belegt werden (§ 104 Nr. 1 SGB VIII). Wird durch die Handlung leichtfertig ein Kind in seiner körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet oder wird die Handlung vorsätzlich beharrlich wiederholt, droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe (§ 105 SGB VIII). In der Praxis wird jedoch von diesen Möglichkeiten kaum Gebrauch gemacht, da der Schutz von Kindern in Einrichtungen durch Beratung, Auflagen und erforderlichenfalls Schließung von Einrichtungen besser und schneller erreicht werden kann.

Verfahrensfragen

Die Betriebserlaubnis ist ein Verwaltungsakt. Darunter versteht man eine Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG).

Die Betriebserlaubnis wird in der Regel schriftlich erteilt (vgl. § 37 VwVfG). Sie wird, wenn kein Rechtsbehelf (Widerspruch, Klage) eingelegt wird, nach einem Monat rechtswirksam. Die Betriebserlaubnis muss eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, die den Betroffenen darüber informiert, welcher Rechtsbehelf (Widerspruch, Klage) möglich ist und in welcher Form und mit welcher Frist dieser bei welcher Stelle eingelegt werden muss. Eine fehlende oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung macht den Verwaltungsakt nicht rechtsunwirksam; sie führt aber dazu, dass sich die Rechtsmittelfrist von einem Monat auf ein Jahr verlängert (vgl. § 58 VwGO).

Rücknahme oder Widerruf der Betriebserlaubnis erfolgt nach Maßgabe von § 45 Abs. 7 SGB VIII und kann mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs (§ 68 Verwaltungsgerichtsordnung) angefochten werden. Es handelt sich dabei um ein behördliches Vorverfahren. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann gegen die ablehnende Entscheidung Klage beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. In einigen Ländern ist das Widerspruchsverfahren abgeschafft worden. Hier geht der Rechtsweg unmittelbar zum Verwaltungsgericht. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis haben gem. § 45 Abs. 7 Satz 4 SGB VIII keine aufschiebende Wirkung.

Kindeswohl als Maßstab

Das Landesjugendamt ist verpflichtet, den Erlaubnis-VA zu erteilen, wenn die Einrichtung geeignet ist und das Wohl der Kinder in der Einrichtung gewährleistet ist. Die Betriebserlaubnis ist - ebenfalls mit einem Verwaltungsakt - zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn das Kindeswohl in der Einrichtung gefährdet ist und der Träger nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Die Betriebserlaubnis kann aufgehoben werden, wenn die in § 45 Abs. 2 SGB VIII normierten Voraussetzungen für eine Erteilung nicht oder nicht mehr vorliegen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, den Träger der Einrichtung zunächst über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel zu beraten (§ 45 Abs. 6 SGB VIII). Der Widerruf einer Betriebserlaubnis ist auch möglich, wenn die Mängel durch eine der beteiligten Behörden und Stellen festgestellt und nicht behoben wurden. In der Praxis wird das Landesjugendamt vorher eine entsprechende Auflage erteilen und es so dem Träger ermöglichen, diese zu erfüllen oder im Widerspruchsverfahren rechtlich überprüfen zu lassen. Bei Gefahr im Verzug ist dagegen ein sofortiger Widerruf der Betriebserlaubnis angezeigt.

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