Jutta Bläsius
"Erst baut der Mensch ein Haus, dann formt das Haus den Menschen." (Josef Frank)
Kinder verbringen heute einen Großteil ihrer Zeit in Kitas. Bildung, Erziehung, Betreuung - all dies findet in den Räumlichkeiten und im Außenbereich der Institutionen statt. Die Gestaltung der Räume spielt daher eine wichtige Rolle.
Damit Kinder - und natürlich auch Erwachsene - sich in ihrer Einrichtung rundum wohl fühlen, müssen verschiedene Bedingungen optimiert sein. Viele Raumkonzepte für Kinderbetreuungseinrichtungen, auch solche, die sich an bestimmten pädagogischen Konzepten orientieren (Montessori, Reggio-Pädagogik), existieren bereits und berücksichtigen im besten Fall die Bedürfnissen der Kinder und die der Erwachsenen.
Ein Raumkonzept nach Feng Shui kann dazu beitragen, sich auf neue Art und Weise mit Räumen und deren Gestaltung auseinander zu setzen. Es ist dabei zunächst unerheblich, ob ein bestimmtes pädagogisches Konzept "in den Raum" gebracht werden muss. Die Idee, die hinter dieser Jahrtausende alten Lehre steckt, lässt sich in allen Räumen, sowohl im Innen als auch im Außen, integrieren.
Was ist Feng Shui?
Der Ursprung des Feng Shui ist nicht eindeutig festzusetzen. Die ersten Grundlagen wurden wahrscheinlich ca. 770-221 v. Chr. gelegt.
Übersetzt bedeuten die beiden Wörter in etwa Wind und Wasser. Dies sind zwei grundlegende Formen von Lebensenergie. Sie stehen stellvertretend für all das, was die Suche des Menschen nach einem Zuhause von Anbeginn der Menschheit beeinflusst hat.
Um günstige, glückbringende Plätze zum Leben zu finden, wurde die Qualität eines Ortes beurteilt. Hierzu wurden die Natur, die Jahreszeiten, die Gestirne, die unterschiedlichen Energien usw. unter verschiedenen Aspekten beobachtet und im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Menschen untersucht. Ziel war es immer, den Menschen in Einklang mit seinem Umfeld zu bringen und die Energien so zu lenken, dass sie sein Leben und seine Zukunft positiv beeinflussen.
Es entwickelte sich eine Kunst, die durch kulturelle, gesellschaftliche und wissenschaftliche Einflüsse geprägt wurde und die sich in der Weltsicht in vielen Dingen von unserer westlich geprägten Zivilisation stark unterscheidet. Unzureichend übersetzte Schriften, falsch interpretierte Techniken und unreflektiert übernommene Ideen trugen leider dazu bei, das Feng Shui in der westlichen Welt zunehmend in die esoterische Ecke gedrängt wurde.
Vor allem in Südostasien, in Taiwan, Hongkong, Malaysia, Thailand oder Japan ist Feng Shui weit verbreitet. Es wird jedoch auch im Westen immer populärer. Dazu beigetragen haben Feng Shui-Schulen, die sich in Frankfurt, Köln, München oder Hamburg etabliert haben und die das uralte Wissen fundiert, innovativ und vor allem auch verantwortungsvoll an ihre Schüler/innen weitergeben.
Feng Shui in der Kita?
Feng Shui wird in erster Linie als Konzept zur Raumgestaltung im Business- und Wohnbereich eingesetzt. Zunehmend wird auch der Nutzen für Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen erkannt.
2007 wurde im brandenburgischen Finowfurt die erste Kita eingeweiht, in der Feng Shui-Regeln beim Bau umgesetzt wurden. Eine kleine Anzahl weiterer Einrichtungen, die Aspekte des Feng Shui berücksichtigen, sind inzwischen hinzugekommen.
Gerade Kinder haben noch eine hohe Sensibilität und Intuition. Sie nehmen einen Raum und die darin herrschenden Energien ganzheitlich wahr und spüren instinktiv, ob sie ihnen gut tun oder nicht. Dies zeigt sich darin, dass ein Raum, obwohl er liebevoll gestaltet ist, nicht von den Kindern angenommen und genutzt wird. Eine Ecke, die für uns Erwachsene keinerlei Anziehungskraft hat, wird dagegen ganz offensichtlich zum Lieblingsspielplatz. Diese Sensibilität geht leider, bedingt durch viele Faktoren (u.a. gesellschaftliche Prägung, Anpassungsfähigkeit), mit zunehmendem Alter mehr und mehr verloren.
Eine nach Feng Shui gestaltete Einrichtung kann dazu beitragen, Wohlfühlräume zu schaffen,
- die Groß und Klein willkommen heißen,
- die die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen,
- die ihnen Sicherheit und Geborgenheit geben,
- die zu einer harmonischen Atmosphäre beitragen,
- die Stress, Hektik und Unruhe reduzieren,
- die Ausfallzeiten des Personals mindern,
- die allen gut tun und immer wieder motivieren, egal ob Mitarbeiter/innen, Eltern oder Träger.
Wie sieht eine Raumgestaltung nach Feng Shui aus?
Feng Shui ist eine sehr komplexe und vielschichtige Lehre, deren Studium mühelos ein ganzes Leben füllen kann. Die im Folgenden beschriebenen Feng Shui Empfehlungen können demzufolge nur einen kleinen Einblick in grundlegende Regeln des Feng Shui geben. Es handelt sich dabei um Gestaltungsmöglichkeiten, die jedermann umsetzen kann und die bereits sehr wirkungsvoll sind. Sollte sich keine positive Veränderung zeigen, ist es empfehlenswert, einen Profi zu Rate zu ziehen.
Feng Shui arbeitet mit bestimmten Begriffen, die ich kurz erklären möchte, bevor die Umsetzung in den Raum beschrieben wird.
Yin und Yang
Hell und dunkel, laut und leise, langsam und schnell, kalt und warm, fröhlich und traurig, usw. - unser Leben ist geprägt von scheinbaren Gegensätzen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass ohne das eine das andere nicht existieren kann. Das Zeichen für Yin und Yang beschreibt die Einheit dieser beiden Pole und macht deutlich, das in dem einen bereits der Keim des anderen liegt. Um ein glückliches, harmonisches und friedliches Leben führen zu können, ist es wichtig, dass Yin und Yang ausgeglichen sind. Überwiegt eine Seite, kann sich dies negativ in den unterschiedlichsten Bereichen auswirken.
Betrachten Sie doch einmal unter diesem Gesichtspunkt Ihre Räume und notieren Sie sich all das, was Ihnen auffällt. Eine Bestandsaufnahme könnte folgendermaßen aussehen: helle Wände, viel Sonnenlicht, die Kinder sind immer in Aktion, überwiegend glatte Oberflächen, es gibt viele Fenster und Türen... Hier wird deutlich, dass der Raum sehr viel Yang hat. Als Bewegungsraum ist er von daher relativ gut geeignet. Als Gruppenraum, Frühstückszimmer oder Ruheraum ist er jedoch völlig ungeeignet, da Yang überwiegt und Geborgenheit, Ruhe, Wärme und Harmonie fehlen. Hier muss ein Ausgleich stattfinden und Yin- Elemente eingefügt werden. Diese ergeben sich u.a. aus der Bestandsaufnahme: Sind die Wände alle hell, sollte auch eine dunkle Wandfarbe gestrichen werden. Benutzen Sie neben glatten Oberflächen auch solche mit Struktur. Sorgen Sie dafür, dass das Sonnenlicht nicht ungebremst in den Raum gelangt usw. Die Qualität des einen ergibt den Ausgleich im anderen!
Die Fünf Elemente/ Wandlungsphasen
Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser stehen im Feng Shui symbolisch für Erscheinungsformen von Materie, wobei jede eine eigene Qualität hat. Sie werden als Wandlungsphasen bezeichnet und beschreiben den Prozess des Werdens, der Wandlung und des Vergehens.
Die 5 Elemente sind in allen Dingen, ob sichtbar oder unsichtbar, wiederzufinden und können sich, je nach Anordnung, gegenseitig stärken, regulieren, schwächen und zerstören. Optimal ist es, wenn sie sich im Gleichgewicht befinden.
Die 5 Elemente-Lehre ist ein grundlegendes Gestaltungselement im Feng Shui. Über Farben, Formen und Materialien wird Einfluss auf die Umgebung genommen, um diese harmonisch und kraftvoll zu gestalten.
Alles (Organe, Zeitzyklen, Landschaften, Gefühle, Atmosphären...) kann einer der 5 Wandlungsphasen zugeordnet werden.
Holz
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Osten, Südosten, Frühling, Energie für Wachstum, Neubeginn, Fortschritt, Aktivität, grün und türkise Farben, vertikale Formen, Materialien aus Holz, Bambus, Leinen, Kork, Baumwolle, Papier
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Feuer
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Süden, Sommer, steht für Herzkraft und Begeisterung, rot und azurblau, spitze Formen, Materialien aus Leder, Wolle, Kunststoff, Plexiglas
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Erde
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Südwesten, Nordosten, Zentrum, steht für Stabilität und Vertrauen, nährend, ordnend, Vermittler, gelb, Erde-Farben, beige, terracotta, braun, steingrau, creme, horizontale Formen, Materialien aus Stein, Erde, Ziegeln, Lehm, Sand, Ton, Kies
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Metall
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Westen, Herbst, steht für Klärung und Entscheiden, zentrierend, weiß, silbern, golden, metallic, glänzendes hellgrau, runde Formen, Materialien aus Edelstahl, Zink, Silber, Gold, Chrom, Messing, gelackte Flächen
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Wasser
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Norden, Winter, steht für das Geistige und die Bewegung, tiefgründig, bewegliche, fließende, veränderliche Formen, schwarz und dunkelblau, Materialien aus Glas, fließende, leichte Stoffe, Wasser
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Auch hier lade ich Sie dazu ein, Ihre Räume im Hinblick auf die Gestaltung nach den 5 Wandlungsphasen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Welche Farben, Formen, Materialien herrschen vor? Sind die Wandlungsphasen ausgeglichen? Fehlt oder überwiegt ein Element?
Herrscht ein großes Ungleichgewicht, zeigen Kinder dies sehr deutlich. Sie fühlen sich in dem Zimmer unwohl und meiden instinktiv den Raum. Hier ist ein Ausgleich nötig, indem z.B. fehlende Elemente in den Raum gebracht werden und ein Übermaß eines Elementes reduziert wird.
Chi - die Lebensenergie
Die Lebenskraft oder auch Lebensenergie, die in allem - ob belebt oder unbelebt - steckt, wird in der chinesischen Wissenschaft als Chi (auch Qi) bezeichnet. Chi kann schnell oder langsam fließen, mäandern, sich spiralförmig bewegen oder geradeaus strömen. Es wird dabei durch die Umgebung gelenkt, vergleichbar mit Wasser, das sich seinen Weg sucht. Im Feng Shui geht es darum, das Chi so zu lenken, dass es in ausreichendem Maße zur Verfügung steht und wir uns rundum wohl fühlen. Ein zu schneller, zu langsamer Chi-Fluss oder sogar eine Stagnation des Chi's führt in der Regel zu Unwohlsein auf allen Ebenen bis hin zu massivem Unbehagen.
Schauen Sie sich nun Ihre Einrichtung im Hinblick auf die dort vorherrschende Energie an. Fließt das Chi schnell, weil es durch nichts gebremst wird (z.B. langer, gerader Flur)? Kommt es zur Tür hinein und entweicht direkt wieder durch das gegenüber liegende große Fenster oder durch eine gegenüber liegende Treppe? Stagniert es, da der Raum nur in einem bestimmten Bereich genutzt wird? Wird es durch eckige Pfosten oder scharfe Kanten von Mauern oder Möbeln zerschnitten? Sorgt ein buntes Sammelsurium von Möbeln, offenen Regalen, Deko-Gegenständen usw. dafür, das das Chi wild umher wirbelt? Erreicht es alle Räume oder sind Zugänge blockiert?
Achten Sie darauf, das Chi wie Wasser sanft durch die einzelnen Räume fließen kann. Liegen Fenster und Türe direkt gegenüber, können Vorhänge, Fensterfolie oder Pflanzen verhindern, dass es entweicht. Lenken Sie das Chi bewusst durch schöne, dekorative Gegenstände, denn: "Chi folgt der Aufmerksamkeit!"
Entrümpeln - Freiraum schaffen
Chi wird durch ein Zuviel an Möbeln, Deko-Gegenständen und Gerümpel, das nicht mehr benötigt wird, zerstreut und gebremst! Sorgen Sie daher dafür, dass die Räume aufgeräumt, klar strukturiert und Gerümpel-frei sind. Entsorgen Sie alles, was nicht mehr benötigt wird oder was kaputt ist. Dies bringt den Energiefluss in Gang, löst Festgefahrenes, schafft Klarheit, Freiraum und Platz für Neues!
Der Eingangsbereich - der erste Eindruck zählt
Im Feng Shui wird ein Gebäude mit einem lebenden Organismus verglichen. Der Eingang stellt den Mund dar. Durch diesen gelangt das Chi ins Gebäude und sucht sich seinen Weg. Demzufolge kommt dem Eingang eine besondere Bedeutung zu! Er muss optimal gestaltet sein, damit er genügend Chi erhält. Dazu zählt, dass die Eingangstüre gut zu finden ist. Ein schön gestaltetes Schild mit dem Namen der Einrichtung, eine gut sichtbare und schöne Eingangstüre, eine Klingel, Licht, ein Willkommenszeichen tragen dazu bei.
Beim Betreten der Einrichtung hinterlässt der erste Einblick in der Regel einen bleibenden Eindruck!
Ein schön gestalteter Eingangsbereich lädt zum Verweilen ein, macht neugierig, schafft Vertrauen. Installieren Sie hier eine schöne Pflanze, eine kleine Sitzgelegenheit, ein schönes Wand-Tatoo oder ein großes Bild mit Bezug zur Einrichtung. Vermeiden Sie auf jeden Fall zugehängte Infowände, überquellende Garderoben oder Elternfächer und nutzen Sie den Flur nicht als Abstellraum für all das, was momentan nicht benötigt wird! Dies wirkt wenig einladend und verbreitet stattdessen Unruhe und Unwohlsein.
Das Büro - die Chefposition!
Im Business Feng Shui kommt dem Chef eine besondere Bedeutung zu. In einer Kita ist die Leitung in der Chefposition. Das Büro - hier vor allem die Position des Schreibtischs - ist daher von besonderer Bedeutung. Der Schreibtisch sollte möglichst schräg gegenüber dem Eingang des Büros stehen und mit dem nötigen Abstand eine Wand im Rücken bieten. Von diesem Platz aus hat man die beste Übersicht und sieht Gefahren rechtzeitig auf sich zukommen. Man fühlt sich sicher, hat alles unter Kontrolle und den nötigen freien Blick auf das, was kommen mag. Steht der Schreibtisch dagegen an der Wand, blockiert dies die Sicht und das Denken, denn die Wand wirkt wie ein Brett vor dem Kopf. Der Schreibtisch sollte immer aufgeräumt sein. Alles was nicht benötigt wird stört den Energiefluss, lenkt ab und baut unter Umständen Druck auf.
Fazit
Wie bereits anfangs erwähnt, ist Feng Shui eine sehr kompakte und komplexe Lehre. Die hier aufgeführten Gestaltungsvorschläge zeigen nur einen kleinen Bruchteil der Möglichkeiten, die diese bietet.
Die Wirkung, die bereits durch kleine, achtsame Veränderungen eintritt, werden Sie schnell wahrnehmen. Bereits eine große Topfpflanze im Eingangsbereich, ein kleiner Blumenstrauß auf dem Schreibtisch oder ein schöner Spruch als Wandtatoo zur Begrüßung führen zu positiven Veränderungen, die sich auf die Kinder, das Personal und die Eltern auswirken. Probieren Sie es einfach aus!
Sollte es trotz aller Bemühungen keine positiven Veränderungen geben, rate ich Ihnen, einen Feng Shui-Spezialisten hinzuzuziehen. Entsprechend ausgebildete Berater finden Sie über den Berufsverband (www.fengshui-verband.eu/beratersuche.php).