Alfred Weinrich
Drei Bücher zur "vorbereiteten Umgebung" für Kinder unter drei - ein Vergleich:
- Margret von Allwörden/ Marie Wiese: Vorbereitete Umgebung für Babys und kleine Kinder. Handbuch für Familien, Krippen und Krabbelstuben. Berlin, 2. Aufl. 2004, 80 Seiten
- Angelika von der Beek: Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei. Weimar, Berlin 2006, 172 Seiten
- Kornelia Schneider: Krippenbilder. Gruppen-Erfahrungs-Spielräume für Säuglinge und Kleinkinder. Berlin, 2. Aufl. 1993, 153 Seiten
Vor kurzem habe ich Krippenerzieherinnen anlässlich einer Beratung zur Neugestaltung ihrer Räume diese drei Bücher vorgelegt. Es passierte, was leicht vorauszusehen war: Alle Aufmerksamkeit wurde sofort von dem üppig ausgestatteten, zuletzt erschienenen Buch Angelika von der Beeks absorbiert. Was die Erzieherinnen daran offenbar sofort ansprach und fesselte, waren die Bilder. Wie gesagt: Das war voraussehbar, aber trotzdem war ich enttäuscht, denn ich arbeite mit den beiden anderen, ebenfalls illustrierten Büchern schon länger und schätze sie sehr.
Sollte Angelika von der Beeks Neuerscheinung ihre "Vorgänger" etwa überholt, den Rückgriff auf sie überflüssig gemacht haben? Kann "Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei" nun als das Handbuch zum Thema gelten? Die Frage ließ mir keine Ruhe. Hier mein Versuch, sie durch einen eingehenden Vergleich zu beantworten.
Angelika von der Beek setzt - offensichtlich mit Erfolg - auf die suggestive Wirkung ihrer Bilder. Es sind farbige Fotos von Krippen-Interieurs, phantasievollen, die Proportionen von kleinen Kindern aufnehmenden Spieleinbauten bis unter die Decke und anderen interessanten Gestaltungen, viele großformatig über eine oder zwei Seiten abgebildet, perfekt aufgenommen und wiedergegeben, fast alle belebt von Kindern, die sich darin selbständig bewegen, interessiert tätig sind oder auch essen, schaukeln, schlafen, plantschen usw., entspannt genießen und insgesamt zeigen, dass sie sich in diesen Räumen und bei diesen Tätigkeiten wohl und sicher fühlen.
Fragen wir zuerst nach der Botschaft dieser Bilder! Sie vermitteln auf den ersten Blick einen wohltuend lebendigen Kontrast zu dem eintönigen Mobiliar von der Stange, zugleich aber auch - obwohl offensichtlich aus verschiedenen Einrichtungen und sehr individuell gestaltet - ein Gesamtbild wie aus einem Guss: warme, freundliche Farben, vorwiegend naturbelassene Holzoberflächen in einer irgendwie anheimelnden Formensprache, interessante Details aus anderen Materialien (Spiegel, Lampen, Textilien, Netze usw.), harmonische Szenen und Situationen.
Die Geschlossenheit des Erscheinungsbildes signalisiert: Es handelt sich nicht um bloße Vorschläge, Lösungsansätze, Alternativen. Es geht nicht so sehr um Anregungen zum kreativen Weiterdenken und Übertragen auf die eigenen Räume als vielmehr um die Demonstration eines gestalterischen Konzepts.
Dass es sich dabei um eine Selbstdarstellung des von der Autorin maßgeblich konzipierten "Hamburger Raumgestaltungsmodells" und um die gestalterische Handschrift des Designers und - so darf man wohl sagen - heimlichen Koautors Matthias Buck handelt, erfährt man erst im Text (S. 20). Den Lesern gegenüber wäre es fairer, Ross und Reiter in einem Untertitel des Buchs zu benennen.
Bei genauerer, kritischer Durchsicht der Illustrationen erkennt man weitere Momente, die den einheitlichen Eindruck verstärken:
Die Interieurbilder sind fast durchweg aus der erhöhten Perspektive von Erwachsenen aufgenommen.
Der Werkstoff Holz ist in seinen technischen und sinnlichen Eigenschaften ideal für den Innenausbau von Kindereinrichtungen. Hier bringen seine Dominanz und die Formen seiner Bearbeitung jedoch auch spezifische, mit "Holz" traditionell verknüpfte kulturelle Bedeutungen ins Spiel, die nur von Erwachsenen, nicht von Kindern erkannt werden können: Naturnähe, Gesundheit, Erinnerung an frühere bäuerlich-handwerkliche Arbeits-, Lebens- und Wohnformen. Solche anheimelnd-nostalgische Elemente enthalten auch die kunstgewerblichen Ornamente und Zutaten in der Art von Hundertwasser. Kurz: Ein Stil, der dem romantischen Blick von Erwachsenen - Kinder können ihn noch nicht haben - eine "heile Welt" verheißt, oder ihnen doch mindestens verspricht: Hier sind Kinder gut aufgehoben! (Die Autorin spricht auf S. 11 von der "Gestaltung von Räumen für die Erwachsenen, die Kinder unter drei Jahren betreuen".)
Die Rollenspieleinbauten Wolfgang Mahlkes, des Raumgestaltungs-Gurus der 1980er Jahre, haben diesen Stil vorweggenommen (W. Mahlke/N. Schwarte: Raum für Kinder. Ein Arbeitsbuch zur Raumgestaltung in Kindergärten. Freiburg 1989). Die Autorin und der Designer Matthias Buck sehen sich in seiner Nachfolge (vgl. S. 20).
Noch ein wichtiger Punkt: Alle Bilder geben Innenansichten wieder. Es fällt kein Blick nach draußen. Wäre also eine nach außen abgeschottete, komfortabel ausgestattete Lern- und Erfahrungswelt das, was kleine Kinder heute brauchen, eine Art künstliches, der Vielfalt der Natur nachgebildetes Biotop? Ersatz für die Kinder, Trost für die Erwachsenen? Ist das die heimliche Botschaft dieser romantischen Ästhetik?
Doch bleiben wir zunächst beim Vergleich der Illustrationen!
In Kornelia Schneiders Buch stehen die Bilder ausdrücklich im Vordergrund. Siebzehn Jahre nach dem Erscheinen des Buchs sind die in den 1980er Jahren zusammengestellten Fotos eine spannende Dokumentation, zeigen sie doch, dass das heute vielbeschworene "neue Bild vom Kind" nicht (nur) aus den Köpfen einiger Vordenker, seien sie Pädagogen, Entwicklungspsychologen oder Hirnforscher, entsprungen ist, sondern (auch) aus der Praxis einer breiten Bewegung von Krippen und Privatinitiativen, die wiederum von der Kinderladenbewegung und der Bildungsreform der 1970er Jahre angestoßen worden waren.
Die gezeigten Improvisationen und Lösungen sind gerade in ihrer Vielfalt immer noch anregend und aktuell - insbesondere für Erzieher/innen, die selbst einen Anfang suchen. Denn hier geht es offensichtlich nicht um Perfektion, sondern um die Eröffnung von Handlungsperspektiven. Das fängt an - so wird gezeigt - mit dem Blick auf die Kinder. Ein Großteil der Bilder besteht aus (schlicht schwarz-weißen) Fotosequenzen von Kindern: handelnd, forschend, kommunizierend, genießend, ruhend, konzentriert, ganz bei sich - so wie jeder, der mit Kindern lebt, sie eben kennt. Aber in der Distanz der Abbildung wird dem Betrachter deutlich: All das sind Momente intensiven Lernens, und es lohnt sich, sie in allen Details wahrzunehmen, festzuhalten und dabei erst richtig zu erkennen. Ähnlich wie bei den Videos von Emmi Pikler erfährt man hier mehr über den Sinn des Beobachtens wie aus jeder Anleitung!
Und nicht zuletzt: Kornelia Schneider zeigt kleine Kinder auch "draußen": bei Erfahrungen im Sand, im Schnee, am Wasser, beim Klettern, vor einem saufenden Pony, im Dickicht, auf Stufen von Freitreppen. Sollte es "richtige" Abenteuer nur draußen geben? Ganz sicher erhöht sich dort mit der Vielfalt der Wahrnehmung und der Unvorhersehbarkeit der Ereignisse die Intensität von Erfahrung.
Die Illustrationen des Buchs von Margret von Allwörden und Marie Wiese zeigen die Elemente, zu deren Selbstbau oder Improvisation es anleiten will, teils in Konstruktionsskizzen, teils in Fotos, und sie demonstrieren, wie kleine Kinder diese nutzen. Die Elemente wirken gegenüber den üppigen Einbauten von Matthias Buck eher ärmlich; die Kinder machen jedoch nicht den Eindruck, als ob sie sich davon beeinträchtigt fühlten. Im Ernst: Wenn wir uns die Bildfolge auf S. 20 f. genau ansehen - ein etwa zweijähriger Junge überklettert ein Sprossendreieck - dann wird sichtbar: Das ist eine hochkomplexe Leistung, und ihr geht offensichtlich viel Übung an dem schlichten Gerät voraus. Jetzt muss der Junge sich noch mit den Händen an der obersten Sprosse festhalten. Bald wird er sich mit je einem Fuß auf jeder Seite, jeweils auf der zweit- oder dritthöchsten Sprosse, frei aufrichten und sehr stolz sein!
Es handelt sich hier um die von Emmi Pikler entwickelten Materialien zur Förderung der Bewegungsentwicklung in kindlicher Eigenregie, ohne jegliche erwachsene Anleitung. Sie werden ergänzt durch einige Anleihen bei ganz ähnlichen Geräten von Elfriede Hengstenberg und eigene Ideen der Autorinnen. Sie entstammen ursprünglich dem häuslichen, bäuerlichen oder handwerklichen, jedenfalls multifunktionalen Gebrauch - Böcke, Leitern, Bretter, Stangen, Gatter, Hocker, Bänke, Kisten usw. - und dienten wohl immer schon den Kindern als Übungsgeräte.
Diese Art der improvisierten "vorbereiteten Umgebung" zeichnet sich durch drei Vorteile aus: Die mobilen Materialien sind auf elementare Bewegungsfunktionen reduziert und verdichtet (Klettern, Steigen, Rutschen, Balance halten usw.), sie sind beliebig und in vielerlei Varianten kombinierbar, und sie können drinnen wie draußen verwendet werden.
Gerade der erste Punkt scheint Kindern in besonderer Weise entgegenzukommen. Ein Beispiel: Wenn Kinder zum ersten Mal ein Sprossendreieck oder eine Stehleiter sehen, dann reagieren sie so, als ob sie schon wüssten: Hier kann ich klettern! Sie "lesen" die Funktion und fühlen sich aufgefordert, sie zu üben. Wenn sie eine schräge Ebene sehen, animiert diese sie zum Besteigen, zum abwärts Gehen oder Rennen, zum Rutschen auf dem Hosenboden, auf den Knien; wenn sie eine lange, freie Bahn sehen, wollen sie rennen (usw.). Könnte es nicht sein, dass nicht nur in der kognitiven, sondern noch grundlegender in der Bewegungsentwicklung angeborene "Schemata" eine Rolle spielen, eben Handlungsschemata, deren Entsprechungen in der Realität die Kinder suchen, um daran zu üben? Wenn wir darüber mehr wüssten, hätten wir ein paar konkrete Kriterien mehr für die "vorbereitete Umgebung" und handfestere Gründe dafür, das freie Spiel in der Natur oder in naturnahem Gelände zu ermöglichen.
Auf den zweiten Vorteil, vielfache Variabilität und Kombinierbarkeit, setzt schon das Konzept "Bewegungsbaustelle". Wenn bei kleinen Kindern, die gerade anfangen zu laufen, zunächst die Erzieher/innen mobile Elemente unterschiedlich aufbauen und mit den Kombinationsmöglichkeiten spielen, werden sie bald feststellen, dass die Kinder Vorlieben entwickeln und Wünsche zum Ausdruck bringen, noch ehe sie sprechen können. Bald darauf fangen die Kinder an, leichtere Elemente herumzuschieben, und schließlich selbst damit zu bauen und kletternd und tastend die Gesetze der Statik zu untersuchen (Ernst J. Kiphardt, der Nestor der Psychomotorik, hat schon Ende der 1980er Jahre in einem Aufsatz "Motopädagogik im Krippenalter" vorgeschlagen, den Kleinen aus den Elementen der "Bewegungsbaustelle" einen "Klettergarten" zu bauen. Siehe: Zeitschrift Motorik 1987, Heft 3; wiederabgedruckt in E. J. Kiphardt: Psychomotorik in Praxis und Theorie, 1989, S. 35 ff.).
Fast die Hälfte der Fotos ist draußen aufgenommen. Das Buch schließt mit einem Bild von zwei kleinen Abenteurern, etwa zwei Jahre alt, die sich vor dem Eindringen in ein dunkles Gebüsch noch einmal umwenden und den Betrachter halb unternehmungslustig, halb fragend und Rückhalt suchend ansehen. Dazu als Kommentar nur das bekannte Wort von Emmi Pikler: "Jedes Kind braucht seinen Fähigkeiten entsprechend angemessenen Raum; allerdings immer groß genug, den nächsten Entwicklungsschritt zuzulassen."
Wenden wir uns den Buchtexten zu, und bleiben wir zunächst bei dem von Margret von Allwörden und Marie Wiese. Ihr Buch ist auf dem Umschlag als Veröffentlichung der Pikler-Gesellschaft Berlin ausgewiesen und von der ersten Zeile an dem Geist von Emmi Pikler verpflichtet, nämlich dem Respekt vor dem einzelnen Kind und seiner Einzigartigkeit sowie dem Vertrauen in seinen "inneren Bauplan", wie die Autorinnen sagen. Das meint, wie sie in wenigen Sätzen deutlich machen, nicht zu "fördern" und zu "stützen" oder sonst wie zu pushen, sondern "verantwortlich zu begleiten" (S. 7). Dem dient die "gut vorbereitete Umgebung" als ein "sicherer Raum", der Hilfestellungen oder ständiges Eingreifen erübrigt und den Kindern Möglichkeiten anbietet, "sich handelnd mit der Welt auseinander zu setzen". In der Herstellung dieser Möglichkeiten liegt, und das scheint mir in unserem Zusammenhang ein wichtiger Punkt, "für die Erwachsenen mit ihrem Bedürfnis, etwas zu tun..., die Gelegenheit, etwas zu gestalten" und dabei "Phantasie" und "Ideenreichtum" einzusetzen, ohne die Kinder mit Angeboten zu überschütten (ebenda).
Die "vorbereitete Umgebung" wäre damit keine ein für allemal zu errichtende Installation, überhaupt kein bloßes Ding, sondern eine Daueraufgabe, ein aktiver und kreativer Lernprozess der erwachsenen Begleiter mit ständiger Rückkoppelung zum kindlichen Entwicklungsprozess. So hoch wie dieser Anspruch, so schlicht sind die Tipps und Bauanleitungen, die die Autorinnen wie "Kochrezepte" verstanden wissen möchten: "man kann sich genau daran halten, oder man bekommt einen Geschmack von etwas und kann auf dieser Grundlage eigene Gerichte entwickeln" (S. 8). Dass es ihnen ernst damit ist, nur Anregungen und Vorlagen zu liefern, und Eltern und Erzieherinnen die Ausführung zu überantworten, unterstreichen sie, indem sie diese mit ihren Erfahrungen zu Wort kommen lassen: Erfahrungen mit dem "Spielgitter" (S. 16 f.), mit dem "schrägen Brett" (S. 25 f.), mit dem "Wickelaufsatz" (S. 50 ff.), mit dem "Essbänkchen" (S. 57 ff.).
Der "Wickelaufsatz" ist übrigens nichts anderes als eine Platte mit Brüstung auf drei Seiten, die das Wickeln eines stehenden Kindes erlaubt und damit manchen Machtkampf vermeidet, aber auch dem Anspruch Piklers, in der Pflegesituation mit dem Kind (das schon stehen und laufen kann) zu kooperieren, besser gerecht wird. Ein heikler Punkt in Gesprächen mit Krippenerzieher/innen! Anna Tardos, Hüterin des Erbes ihrer Mutter Emmi Pikler, hat mich überzeugt, als sie genau an diesem Beispiel ihre Frage stellte: "Wo beginnt in der Erziehung die Gewalt?" (Vortrag in Frankfurt, 2004).
Ich erinnere mich: In den 1970er, 1980er Jahren (und in manchen Krabbelstuben noch heute) wurden (und werden) Kinder im Stehen gewickelt, einfach auf dem Boden oder auf einer Matratze, für den Erwachsenen recht unbequem. In Kornelia Schneiders Buch ist ein Beispiel dafür aus einer Hamburger Eltern-Initiativ-Krippe (Babygruppe) zu sehen (S. 28, Foto 46), ansonsten sind Wickelplätze dort nicht thematisiert.
Ein Aspekt der "vorbereiteten Umgebung" ist den Autorinnen noch wichtig. Sie zitieren eine Kollegin (Regina Winandy), die ihre Rolle in der "vorbereiteten Umgebung" reflektiert: "Wie sorgfältig auch immer die Umgebung durch den Erwachsenen vorbereitet sein mag, das Kind kann sie nur dann wirklich nutzen, wenn sich eine Person im Hintergrund befindet, zu der sich eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen lässt. ... Die Versuchung ist groß, ideale Voraussetzungen schaffen zu wollen... Materialien sind Mittel, die uns helfen können, ein günstiges Feld für die Spiel- und Bewegungsfreude von Kindern zu bereiten. Niemals können sie jedoch mich als Person ersetzen. Die vertraute Erwachsene ist für das Kind wie ein Nährboden, in dem es sicheren Halt findet als Grundlage für seine Beweglichkeit, seine Experimentierfreude, ... auch für seine Risikofreude..." (S. 29).
"Vorbereitete Umgebung für Babys und kleine Kinder" ist ein hilfreiches, handhabbares und ermutigendes Buch für alle, die sich mit dem Ansatz Emmi Piklers praktisch auseinandersetzen wollen.
Kornelia Schneider bestätigt in ihrem Vorwort, dass es ihr darum geht, Gegenbilder zu sammeln zu dem traditionellen Krippen-Image mit den Nebenbedeutungen: hygienisch - steril - erfahrungs- und zuwendungsarm. Sie beabsichtigt (damals) zu zeigen, dass die alten pauschalen Vorurteile gegen eine institutionelle Erziehung von Kindern unter drei revidiert werden müssen, "dass Leben in die Krippen gekommen ist" und "Raum für die Lebendigkeit der Kinder, für individuelle Erfahrungen, für selbständige Orientierung und freie Beschäftigung, für erlebnisreiche Aktivitäten und für den Bezug zur Lebenswelt außerhalb" (S. 9). So will sie anregende Vorbilder zur Verfügung stellen. Der erste Teil ihres Anliegens hat inzwischen ziemliche Fortschritte gemacht, der zweite ist - angesichts der heutigen politischen Absichten, diesen Bereich auszubauen - aktueller denn je.
Schneiders Texte konzentrieren sich auf Hinweise zur praktischen Umsetzung, nicht ohne sie mit den spezifischen Lern- und Entwicklungsbedürfnissen von Säuglingen und Kleinkindern zu begründen und Erzieher/innen und Eltern damit in knapper, überschaubarer Form Argumente und zugleich Bausteine für krippenpädagogische Konzeptionen an die Hand zu geben. Dabei kritisiert sie behutsam die - auch heute nicht ganz überwundene - Tendenz, die über lange Zeit in Kindergärten gebräuchliche "Angebots- und Beschäftigungs-Pädagogik" auf Krippen und Krabbelstuben zu übertragen (S. 21), und empfiehlt und demonstriert dagegen Einbauten und Elemente, die die Räume den kindlichen Proportionen gemäß gliedern und den Kleinkindern vielfältige Möglichkeiten zu eigenständiger, nicht angeleiteter Bewegung, Erkundung, Erfahrung, Betätigung sowie Austausch und Spiel mit anderen Kindern bieten.
Anregend und für die Arbeit im Team sicher praktischer als lange Beschreibungen sind Schneiders systematischen Auflistungen von Stichworten zu den Themen "Raumgliederungs-Prinzipien" (S. 37), "Raumgliederung bis unter die Decke" (S. 39), "Raumbildende Einheiten und Elemente" (S. 39), "Wo und wie kleine Kinder überall bequem schlafen können" (S. 61), "Gebrauchsgegenstände" sowie "Gebrauchs- und Abfallmaterial" (S. 76 f.), "Spiegel Vielfalt" (S. 104), "Außengelände-Ausstattung" (S. 126), ebenso die Zusammenfassungen der pädagogischen Aspekte in "Leit-Fragen" jeweils zu den einzelnen Funktionsbereichen.
Literatur- und Fotonachweise sind wissenschaftlich akkurat. Schade, dass das Buch vergriffen ist (Restexemplare sind bei der Autorin zum Preis von EUR 8,00 unter kschneider@dji.de erhältlich). Der Vergleich mit Angelika von der Beeks "Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei" (Was, bitte, ist ein Kind "von Null"?) zeigt, dass es zwar nicht dessen suggestiven Glanz erreicht, aber immer noch "eine Fundgrube phantasievoller Ideen" (S. 24) erschließt. Viele gute Ideen, die das "Hamburger Raumgestaltungsmodell" für sich reklamiert, sind hier vorweggenommen.
Angelika von der Beek sieht sich dagegen als einsame Pionierin: "...Konzepte (zur Raumgestaltung für Kinder unter drei), die man nachlesen kann, gibt es dafür nicht" (S. 11). Die Bücher von Allwörden und Wiese und von Schneider finden bei ihr keine Erwähnung, obwohl das letztere in seiner thematischen Breite gut vergleichbar wäre. Die Lösungen von Emmi Pikler werden als ärmlich und überholt abgetan (S. 30 f.).
Aber zunächst zurück zu meinem oben angemeldeten, weiter anhaltenden Verdacht, dass dem "Hamburger Raumgestaltungsmodells" ein hermetisch geschlossenes Konzept zugrunde liegt! Dass Kinder in Kinderzimmer und in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen abgesondert werden, ist eine alte "Errungenschaft" des bürgerlichen Zeitalters. Fast so alt sind die Bestrebungen von "Reformpädagogen", diese Absonderung durch Brücken oder Fenster in die Welt der Erwachsenen und in die Natur zu überwinden. Deren Vielfalt und Anregungsreichtum kann durch keine didaktische Inszenierung erreicht oder gar ersetzt werden.
Der "Bildungsraum Krippe" braucht Verbindungen zum "Bildungsraum Welt"! Oder, um ein anderes Bild von Angelika von der Beek aufzunehmen: Der "Rahmen" der Institution Krippe aus "Räumen, Möbeln und Materialien" (S. 23) sowie aus Regeln und Abläufen, darf nicht hermetisch abschließen. Er muss Öffnungen haben, die den Kindern nicht nur Ausblicke, sondern auch Ausflüge und Grenzüberschreitungen erlauben.
Vermutlich würde Angelika von der Beek dem zustimmen und darauf verweisen, dass ihr Buch sich doch bewusst auf die Gestaltung von Innenräumen beschränke. Aber auch der Text des Buches legt das "Missverständnis" - wenn es denn eines ist - nahe, alle kindlichen Lernbedürfnisse ließen sich durch die richtige Gestaltung der Innenräume befriedigen. Er setzt an keiner Stelle das "Drinnen" in irgendein Verhältnis zum "Draußen". Immerhin hätte es nahegelegen, die Metapher vom Fußboden der Räume als "Basisstation" für die Bewegungsentwicklung und zur Eroberung höherer Ebenen auch auf die Räume der Einrichtung insgesamt als "Basisstation" zur Eroberung der Außenwelt anzuwenden (vgl. S. 49 ff.).
Matthias Bucks "Spielpodest-Landschaften" dominieren optisch im ersten Teil des Buchs. Die "vorbereitete Umgebung" stellt sich hier in unterschiedlichen Ausformungen als ein durchgestaltetes, raumfüllendes, perfektes, unveränderliches Ding dar, das Erstaunliches leisten soll: Bewegungs- und Übungsanlässe, Körpererfahrung, Anregung der Sinne durch Material und Gestaltung, Gelegenheit zu differenziertem Spiel, zum Rückzug, zur Kommunikation mit anderen Kindern, schließlich auch noch Sicherheit und Geborgenheit (vgl. insbes. S. 74; vom "Geborgenheitsraum" spricht die Autorin in der Zwischenüberschrift auf S. 50).
Wenn wir uns an den Psychoanalytiker und Spieltherapeuten Winnicott halten (auf den auch die Autorin sich beruft, vgl. S. 23 und S. 147), dann sind die Anfänge des kreativen Spiels der Kinder, die er so aufmerksam analysiert, der Keim aller Kultur: Das Spiel ist der Weg; das "Übergangsobjekt" ist das erste Medium zur Füllung des Raums, der durch die unvermeidliche zeitweilige Trennung zwischen Kleinkind und Mutter entsteht. Das "Übergangsobjekt" weitet sich aus zu dem "potentiellen" oder "intermediären Raum", den das Kind sich schafft, indem es spielt, und der weder nur Phantasie noch ganz wirklich ist. Winnicott mahnt uns, genau diese Zugehörigkeit zu beiden Bereichen zu respektieren: "Ich halte es für einen wesentlichen Teil meiner Ausführungen zum Übergangsphänomen, dass wir übereinkommen, ein Kleinkind niemals vor die Frage zu stellen: Hast du den Gegenstand geschaffen, oder hast du ihn zufällig irgendwo gefunden?" (D. W. Winnicott: Vom Spiel zur Kreativität, Stuttgart 1974, S. 112).
Im kreativen Spiel stärkt und bildet sich das kleine Kind. Es erträgt im Vertrauen auf die Rückkehr der Mutter die Trennung und macht dabei fortwährend sich erweiternde Welterfahrungen und Lernschritte - vorausgesetzt die Mutter oder eine andere vertraute Person steht im Hintergrund zur Verfügung. Die Gefühle von Stärke, Sicherheit, Geborgenheit kommen aus dieser Situation und sind zugleich eine Leistung des Kindes, keineswegs aber ein Produkt "bergender" Baulichkeiten!
Mit anderen Worten: Die "Bildungs"-Wirksamkeit oder pädagogische "Qualität" einer Krippe oder Krabbelstube lassen sich nicht gestalten oder einbauen. Fertige "Bildungsräume" gibt es nicht! Sie entstehen immer nur im Prozess der pädagogischen Arbeit. Die "Vorbereitung der Umgebung" ist ein wichtiger Teil davon. Ihre Ausgestaltung im einzelnen kann "Bildungsprozesse" natürlich mehr oder weniger fördern oder auch behindern. Auf jeden Fall aber sollte sie möglichst viel veränderbare, bewegliche, offene Elemente enthalten.
Die gebaute "Geborgenheit", die statische Massivität und die anheimelnde Ästhetik sind, so fürchte ich, eher für etwas anderes gut: Sie verdecken die notorische personelle Unterbesetzung vieler Krippen. In einer so "bergenden" Umgebung, in so aufwändig gestalteten "Bildungsräumen", kann man die Kinder ruhig mal sich selbst überlassen! Das ist ein hierzulande leider recht häufiges Missverständnis des Reggio-Wortes vom "Raum als dem dritten Erzieher", der längst eingespart wurde...
Zur Begründung des "Hamburger Raumgestaltungsmodells" für Krippen und Krabbelstuben hat Angelika von der Beek in ihrem umfangreichen Text (fast) alles aufgeboten, was über Kinder unter drei zur Verfügung steht: Viel Grundwissen aus Entwicklungspsychologie und Neurobiologie; Positionen, Inhalte und (nur für den Kundigen nachvollziehbare) Abgrenzungen aus der Diskussion zur "frühkindlichen Bildung"; auch eigene Erfahrungen aus Beratung und Beobachtung vor Ort, übergehend in die Beschreibung konkreter Lösungen. Ein nicht ganz ausgegorener Text mit vielen Wiederholungen und Überlappungen, in dem die genannten Komponenten ständig ineinander übergehen, der dem Leser viel Geduld abverlangt, durch seine Engführung auf das sogenannte Hamburger Modell irritiert, als Handreichung für die Praxis aber enttäuscht, besonders im Vergleich mit ihrem ersten Buch (Angelika von der Beek/ Matthias Buck/ Annelie Rufenach: Kinderräume bilden. Ein Ideenbuch für Raumgestaltung in Kitas, 2001)! Jenes war vergleichsweise klar strukturiert, straff formuliert, auf die Praxis zugeschnitten.
Zugegeben, es gibt die Zusammenfassungen am Ende der einzelnen Kapitel, die etwas irreführend mit "Qualitätsmerkmale" überschrieben sind, und es gibt im Text hier und da Tipps für den Anfang, zu Improvisationen: etwa zum Abhängen von Schaukelmöglichkeiten von der Decke (S. 70 ff.), über kleine Hocker als Sitzgelegenheiten und Bauelemente (S. 76 und 135 ff.), zur Verwendung von Alltags- und Naturmaterialien statt Fertigspielzeug (S. 77 ff. und 83), Kartons, ausgeräumte Schränke, umgelegte Babybetten als "Räume im Raum" (S. 83), das "Bohnenbad" in der Plastikwanne (S. 80), usw.
Wer sucht schon unter der Kapitelüberschrift "Ein Platz zum Ankommen und Wohlfühlen" eine Abhandlung über das bekannte Eingewöhnungsmodell von Laewen und Andres (S. 37-47)? Wie sollen Krippenerzieher/innen, die vor der Aufgabe stehen, ihre Räume (erstmals) pädagogisch (um-)zu gestalten, Zugang zu diesem Text finden? Bleiben sie auf die schönen Bilder verwiesen?
Einen Zugang sehe ich doch: Im zweiten Teil des Buchs werden Funktionen und Ausstattung derjenigen Bereiche behandelt, für die Angelika von der Beek als Expertin gelten kann. Hier sind Bilder und Texte gesättigt mit eigenen Erfahrungen; hier zeigt die Autorin, welche Realisierungen von früher mehr oder weniger undenkbaren Betätigungs- und Erfahrungsmöglichkeiten sich bereits bewährt haben:
- Welche Bedeutung ein Kreativbereich, von der Autorin "Miniatelier" genannt, für die Kinder hat, wie er funktionieren, und wie und wo er improvisiert und dann dauerhaft eingerichtet werden kann (S. 95 ff - Vorsicht bei den empfohlenen Farbpigmenten aus dem Künstlerbedarf! Vor allem die beliebten leuchtenden Farben können hochgiftig sein!).
- Dass der Sanitärbereich viel mehr sein kann als ein Ort peinlicher Entsorgungsvorgänge und verbotener Spiele, nämlich ein Ort lustvoller Körpererfahrung und unerschöpflicher Wasserexperimente, und was es dazu braucht (Ab S. 111 - aber, wie gesagt, den Wickeltisch bitte mit Brüstung, denn "Kinder (müssen) beim Wickeln (durchaus nicht immer) auf dem Rücken liegen"! - S. 123).
- Dem Essen einen zentralen Platz zu geben, der es für Kinder wie Erwachsene nicht nur ermöglicht, sondern erleichtert, Genießen und die Aneignung der ersten aller Kulturtechniken zu verbinden, und wie man ihn einrichten und ausstatten kann (ab S. 127 - Die Idee mit den Klapptischen ist gut! Leider wird die Lösung des konstruktiven Problems, nämlich wie man Klapptische für Kleinkinder stabil, sicher und leicht handhabbar macht, sorgfältig versteckt! Vgl. auch S. 73).
- Dass das Schlafen oder Ruhen keine Zwangsveranstaltung im abgeschiedenen, verdunkelten Raum sein muss, sondern nach individuell verschiedenen Bedürfnissen in unterschiedlichen Arrangements stattfinden kann, und wie man das improvisieren oder etwas komfortabler einrichten kann, beschreibt ein weiteres lesenswertes Kapitel (ab S. 143).
Was diese Funktionsbereiche miteinander verbindet, ist die Rolle der Erzieher/innen: Sie sind aktive Begleiter; sie reagieren auf die Dynamik wechselnder, sich entwickelnder Bedürfnisse; die "vorbereitete Umgebung" wird im Gang gehalten, gepflegt, ergänzt, angepasst, ausgebaut, bleibt Teil eines lebendigen Prozesses.
Meine oben erwähnte Irritation durch die Engführung der Argumentation bezieht sich hauptsächlich auf den ersten Teil des Buchs. Wie im Sprichwort "Alle Wege führen nach Rom" so führen hier alle Gestaltungsfragen zum "Hamburger Raumgestaltungskonzept". Aber: Je mehr wir über das Lernen lernen, desto selbstverständlicher wird, dass gerade durch Vielfalt neue Möglichkeiten entstehen. Pädagogische Praxis muss sich immer wieder selbst neu erfinden. Endgültige, perfekte Lösungen gibt es nicht. Pädagogische Kreativität ist ein nicht ersetzbares, fertig installierbares Moment.
Dabei meint Vielfalt nicht Beliebigkeit oder Vielerlei. Im Gegenteil: Intensität und Qualität sind nur durch Auswahl, Beschränkung, Setzung von Schwerpunkten zu haben. Und außerdem: Auch wir Erwachsenen brauchen Spiel-Räume für die eigene Kreativität, um unsere Arbeit als sinnvoll erfahren zu können! (Vgl. D. W. Winnicott, a.a.O., S. 84).
Meine Irritation erstreckt sich auf einen weiteren Punkt: In den Text eingestreute Anmerkungen weisen immer wieder auf eine bestimmte Lieferadresse hin. Öffnet man deren Website im Internet, so landet man bei dem Vertrieb des "Hamburger Raumgestaltungskonzepts" und mit wenigen Clicks beim Namen der Autorin. Ist das nun vornehme Zurückhaltung oder vielleicht eher ein ärgerliches Versteckspiel? Der Unterschied zwischen einem pädagogischen Handbuch, das wissenschaftlichen Ansprüchen verpflichtet und ergebnisoffen sein sollte, - das ist es nämlich, was der Buchtitel verspricht -, und einem Verkaufskatalog sollte weder unterschlagen noch verwischt, sondern besser offen verhandelt werden!
Wenn ich mir an diesem Punkt noch einen ganz unverblümten Hinweis in eigener Sache erlauben darf: Selbst nun schon viele Jahre mit der Gestaltung von Spiel- und Lernräumen befasst, hat mich immer wieder die Frage beschäftigt: Wie kann man die oben erwähnten Pikler-Materialien zur Förderung der Bewegungsentwicklung ergänzen oder erweitern, die genannten Kriterien - Reduzierung auf die wesentlichen Funktionen, Variabilität und Kombinierbarkeit, Mobilität und Sicherheit im Gebrauch - auch anders umsetzen?
Meine Lösung nenne ich "Klettergarten". Ich habe sie mit Einrichtungen in Frankfurt und Umgebung entwickelt und erprobt und selbst auf den Markt gebracht. Näheres finden Sie unter: www.spiel-und-raum.de im Internet oder in meinem Artikel "Bewegung ins Zentrum!" in TPS 2/2006. Für Rückmeldungen, insbesondere von praktischen Erfahrungen, und Kritik bin ich dankbar!