Kindergärten bewegungsfreundlich und sicher gestalten

Torsten Kunz und Edgar Gutsche

Kindergartengebäude und -außengelände sollten es den Erzieherinnen und Erziehern ermöglichen, im Rahmen ihres pädagogischen Konzepts Kinder ganzheitlich zu fördern. Neben einer Unterstützung der kognitiven und sozialen Entwicklung kommt der Bewegungsförderung hierbei eine Schlüsselrolle zu. Im Schonraum Kindergarten muss es den Kindern möglich sein, vielfältige Bewegungen zu erproben und damit motorische Defizite auszugleichen und Kompetenz für spätere Bewegungsanforderungen zu gewinnen.

Die Bereitschaft, Bewegungsaktivitäten zuzulassen, hängt auch davon ab, wie sicher die Erzieherinnen "ihre" Einrichtung einschätzen. Bewegungsförderung und Sicherheit hängen somit direkt zusammen. In diesem Artikel sollen daher Wege aufgezeigt werden, wie die Förderung von Motorik und Sensorik im Kindergarten durch bewegungsfreundliche und sichere Bauplanung unterstützt werden kann.

Wandel der Kindheit

Die Rahmenbedingungen, unter denen Kinder aufwachsen, insbesondere die Möglichkeiten, sich zu bewegen, unterliegen einem steten Wandel. Stellte bei früheren Generationen die Straße einen großen und vernetzten Bewegungsraum dar, so fällt dieser heute auf Grund des stark angewachsenen Straßenverkehrs in den meisten Fällen ersatzlos weg. Auch andere Bewegungsräume sind für viele Kinder - insbesondere in Städten - nicht mehr gefahrlos erreichbar: Spielplätze existieren zwar, aber viele Eltern lassen ihre Kinder aus einer sicher realistischen Angst, dass diese im Straßenverkehr zu Schaden kommen, nur noch in Begleitung Älterer spielen gehen. Das schränkt die zur Verfügung stehende Bewegungszeit stark ein. Gleichzeitig existieren immer mehr Angebote bewegungsarmer Beschäftigungen wie Medienkonsum oder Computerspiele.

Auf der anderen Seite existieren inner- und außerhalb des organisierten Sports zahlreiche Bewegungsangebote, die von einem Teil der Kinder auch genutzt wird. Auch geben in Befragungen die meisten Kinder ein Interesse an Bewegung an.

Zur tatsächlichen Inanspruchnahme von Bewegungsangeboten durch Kinder gibt es unterschiedliche Ergebnisse: Während in einer Studie bei der Auswertung so genannter Bewegungstagsbücher für Kinder der 1. bis 6. Klasse tägliche Bewegungszeiten von ca. einer Stunde ermittelt (davon nur 15 bis 30 Minuten intensiv) wurden, fand eine andere Untersuchung bei den Kindern täglich 3,4 Stunden körperlicher Aktivität an Werktagen und über 4 Stunden an Wochenenden.

Unstrittig ist allerdings, dass es Gruppen von Kindern gibt, die sich nur wenig bewegen und über entsprechend schlechte motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen. Dies gilt insbesondere für Kinder in Großstädten. Es verwundert daher nicht, dass 30 bis 36% der Grundschüler Koordinationsschwächen, 70 bis 80% Haltungsschwächen und 20 bis 40% eine schwache Ausdauer besitzen. Weiterhin sind 10 bis 18% der Kinder übergewichtig, 13 bis 30% haben Verhaltenstörungen. Zwischen einen Drittel und der Hälfte der Grundschüler bedürfen gezielter motorischer Förderung.

Folgen von Bewegungsmangel

Die Folgen der schlechten motorischen Verfassung der Kinder lassen sich auf mehreren Gebieten nachweisen:

Zum einen ist es eine bekannte Tatsache, dass ausreichende Bewegung in der Kindheit eine gute Voraussetzung zur längerfristigen Erhaltung der Gesundheit und lebenslanger sportlicher Aktivität und Fitness darstellt und viele Gesundheitsschäden im Erwachsenenalter (wie z.B. Haltungsprobleme, Übergewicht oder Bluthochdruck) in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Bewegungsmangel stehen und ihre Ursache in der Kindheit haben.

Zum anderen lassen sich die motorischen Defizite auch direkt als Mitursache vieler Kinderunfälle nachweisen: So glückt bei Stürzen auf den Boden oder an Einrichtungsgegenstände oft die bei Erwachsenen übliche Abfangbewegung mit den Armen nicht, so dass die Kinder mit dem Kopf heftig aufprallen und sich meist Platzwunden und Gehirnerschütterungen zuziehen. Den Kindern fehlt hier neben der Reaktionsschnelligkeit auch die Kraft in den Armen. Außerdem können durch die noch schwache Körperkoordination die Arme nicht rechtzeitig in die richtige Stellung zum Abfangen der Dynamik des Sturzes gebracht werden. Andere mangelnde Fähigkeiten sind geringes Gleichgewicht (bei allen Stürzen von Spielgeräten oder von Fahrzeugen), mäßige Bewegungssteuerung (Zusammenstöße bei Laufspielen) oder ein noch sehr unsicherer Laufstil (Stürze selbst bei minimalen Hindernissen).

Üblicherweise verbessern sich im Kindergartenalter die motorischen und sensorischen Fähigkeiten der Kinder stark - aber eben nicht bei allen Kindern. Man kann daher als wesentliche Unfallursache vermuten, dass bei diesen Kindern die Dynamik alltäglicher Bewegungen die zu ihrer Ausführung notwendigen motorischen Fähigkeiten übersteigt.

In einer Untersuchung in Frankfurter Kindergärten konnte belegt werden, dass die motorischen Fähigkeiten der Kinder und das Unfallgeschehen in Kindergärten zusammenhängen und dass Bewegung keine Unfallgefahr, sondern vielmehr einen wirksamen Beitrag zur Unfallverhütung im Kindergarten darstellt: Während sich Kinder, die täglich 15 Minuten zusätzlich zum normalen Tagesablauf Bewegungsspiele spielten, in nur acht Wochen in den Fähigkeiten Kraft, Reaktionsfähigkeit und Geschicklichkeit, Gleichgewicht und Körperkoordination stark verbesserten, trat dieser Effekt bei Kindern in Kindergärten ohne zusätzliches Spielangebot (Kontrollgruppe) nicht auf. In den Kindergärten, die die Bewegungsspiele anboten, reduzierten sich die Unfallzahlen um rund 50%. In den Einrichtungen der Kontrollgruppe blieben die Unfallzahlen hingegen konstant.

Als dritte Folge von Bewegungsmangel sind eine Reihe von Problemen in anderen Entwicklungsbereichen zu nennen, die gerade im Kindesalter eng mit der Motorik zusammenhängen: So wird die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten der Kinder durch die Möglichkeit, ihre Umwelt erforschen zu können, gefördert. Weiterhin sind Kinder mit einer guten Motorik selbständiger und selbstbewusster als Kinder mit einer schlechten, haben weniger Angst und sind unabhängiger von Erwachsenen. Außerdem ist ihr Status innerhalb der Kindergruppe normalerweise höher.

Die genannten Folgen einer schlechten Motorik und die Tatsache, dass über die Hälfte der Kinder über nur geringe motorische Fähigkeiten verfügt, machen einen Ausgleich der motorischen Defizite dringend notwendig.

Förderung motorischer und sensorischer Fähigkeiten

Der Kindergarten wäre eigentlich der ideale Ort, die motorischen Fähigkeiten der Kinder zu fördern. Er wird inzwischen von fast allen Kindern eines Jahrganges besucht und verfügt über pädagogisch ausgebildetes Personal sowie über ein Spielgelände. Leider beinhalten zur Zeit die typischen Tagesabläufe vieler Einrichtungen nur wenige Bewegungselemente: In den meisten Einrichtungen wird nur ca. eine Stunde in der Woche angeleitete Bewegung in Form einer Turnstunde angeboten. Hinzu kommen im Jahresschnitt täglich eine Stunde vormittags und 1,5 Stunden nachmittags freier Bewegungszeit. Die eher bewegungsarmen Beschäftigungen im Gruppenraum nehmen aber das drei- bis vierfache der Zeit in Anspruch. Eine Änderung der Tagesabläufe scheitert zum Teil an der nur geringen Ausbildung der Erzieher/innen im Bewegungsbereich und an Erwartungen der Eltern bezüglich der Priorität kognitiver Förderung, häufig aber auch am Fehlen schnell erreichbarer und attraktiver Bewegungsräumen inner- und außerhalb der Einrichtungen.

Grundsätzlich sind bei motorisch stärkeren und schwächeren Kindern unterschiedliche Förderungsschwerpunkte nötig:

  • Motorisch schwächeren Kindern fehlt es an grundlegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sie geraten bei Gruppenspielen oder beim Bespielen von Geräten leicht ins Hintertreffen und ziehen sich daher in solchen Situationen auf bewegungsarme und wenig konfliktträchtige Spielsituationen zurück.
    Diese Kinder gilt es zu einem ausreichenden Bewegungsverhalten zu motivieren und sie in die Lage zu versetzen, basale Bewegungserfahrungen in einem "geschützten" Umfeld zu machen. Für die Gruppe der schwächeren Kinder stellen Bewegungsspiele eine ideale Form der Bewegungsförderung dar, da sie sich gut in die pädagogischen Konzepte der Einrichtungen integrieren lassen, auch intellektuelle, sprachliche, soziale, emotionale und sensumotorische Fähigkeiten fördern, durch die große Vielfalt der Bewegungsanforderungen eine breite Förderung (insbesondere bei häufigem Wechsel der Spiele) erlauben, durch eine hohe Bewegungsdichte die zur Verfügung stehende Zeit gut ausnutzen und auch für schwächere Kinder motivierend sind.
  • Motorisch stärkere Kinder hingegen bringen häufig bereits Bewegungserfahrungen aus dem privaten Umfeld (Sportverein, Spiel in Freizeit) mit. Auf Grund des starken Unterschieds zu den schwächeren Gleichaltrigen überschätzen sie ihre Fähigkeiten und unterschätzen gleichzeitig das Risiko von Situationen. Sie haben das starke Bedürfnis, ihre Grenzen auszutesten, und benötigen (in ungefährlicher Form) Misserfolgserlebnisse in Situationen, die sie überfordern.
    Für diese Kinder sollten daher Bewegungsangebote zur Verfügung stehen, in denen sie an ihre motorischen Grenzen gehen können, ohne dass aber das Risiko ernsthafter Verletzungen besteht. Dazu gehören z.B. Kletternetze oder Kletterwände.

Weiterhin müssen für alle Kinder auch außerhalb der angeleiteten Angebote Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die nicht zu hohe Anforderungen stellen, gleichzeitig aber sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten fördern und außerdem einen hohen Aufforderungscharakter besitzen.

Bewegungsfreundliche Bauplanung

Die genannten Anforderungen sind Grundlage jeden Konzepts einer bewegungsfreundlichen Bauplanung. Dieser kommt somit eine Schlüsselrolle zu, um organisierte Bewegungsspiele zu ermöglichen und auch um Kinder zu selbstständiger Bewegung zu motivieren: Bei der Planung von Flächen, auf denen spielerische Bewegungsförderung über das ganze Jahr hinweg und als selbstverständlicher und täglicher Teil des pädagogischen Konzepts angeboten werden könnte, gibt es für alle Orte des Kindergartens Möglichkeiten baulicher Gestaltung:

  • Gestaltung des Gruppenraumes: In einem ausreichend großen Gruppenraum ist es möglich, eine Spielfläche von Einrichtungsgegenständen freizuhalten oder frei zu räumen. Als Mindestspielfläche sind für ein Kreisspiel etwa 25 m2 vorzusehen.
  • Flur als Bewegungsfläche: Ein großer Flur kann ebenfalls die Funktion eines Innenbewegungsraumes übernehmen, wenn er entsprechend gestaltet ist. Da gerade für Lauf- und Kreisspiele quadratische Spielflächen benötigt werden, sollte der Flur in dieser Art gestaltet sein. Garderoben oder Schränke sollten sinnvoller weise in Nischen angeordnet sein, um nicht als Hindernis zu wirken. Die Nutzung des Flures durch mehrere Gruppen setzt eine Planung der Bewegungszeiten voraus. Daher ist ein spontanes Eingehen auf die Gruppensituation hier - im Gegensatz zur Möglichkeit des Spielangebotes in einem ausreichend großen Gruppenraum - nicht mehr möglich.
  • Turnraum: Die dritte Alternative ist die Planung eines genügend großen Turnraumes. Dieser sollte nicht als Mehrzweckraum benutzt werden, in dem die Kinder auch schlafen, da dann gewöhnlich die Betten dauerhaft stehen bleiben und somit die Nutzung als Bewegungsraum nur begrenzt möglich ist (es fehlt oft das Personal, die Betten immer wieder fortzuräumen). Besser ist die Einrichtung kleiner Schlafräume direkt angrenzend an die Gruppenräume.
    Wie in Schulsporthallen üblich, sollten anschließend an den Turnraum abteilbare Abstellflächen für Geräte geschaffen werden.
  • Bewegungsflächen für jede Gruppe: Um es zu ermöglichen, dass Bewegungsspiele direkt in den Tagesablauf eingebaut werden, sollte eine Bewegungsfläche möglichst nah am Gruppenraum liegen. So wäre es günstig, wenn die Bewegungsfläche direkt vom Raum aus zugänglich und auch so gestaltet wäre, dass sie als Vergrößerung des Gruppenraumes wirkt. Sinnvoll wäre eine teilweise Überdachung, um sie auch in der Übergangszeit oder im Winter nutzen zu können. Da hier insbesondere Laufspiele, Lauf- und Kreisspiele gespielt werden sollten, wäre ein ebener, aber rutschfester Bodenbelag nötig (möglichst fern vom Sandkasten, da Sand festen Boden leicht rutschig macht). Hindernisse im Laufbereich wie z.B. Säulen sind bei der Planung zu vermeiden.
  • Spielgeräte: Spielgeräte müssen den Möglichkeiten aller Leistungsstände entsprechen. Es muss also Geräte für sehr kleine und/oder motorisch retardierte Kinder geben, aber auch solche für ältere und motorisch entwickelte. Hierdurch trauen sich auch die Schwächeren an die Geräte und werden durch diese Bewegungen gefördert. Die Geräte müssen sich außerdem in normale Kinderspiele einbauen lassen.
  • Außengelände: Die Gestaltung des Außengeländes muss viele unterschiedliche Bewegungserfahrungen zulassen. Hierzu gehören z.B. Schrägen in unterschiedlichen Winkeln und Materialien, Hügel zum Hinabrollen, Kletterwände, Möglichkeiten zu Sprüngen aus unterschiedlichen Höhen usw. Sinnvoll wären hier auch Spielgeräte aus verschiedenen Materialien (Holz, Metall, Stein). Da das Gleichgewicht bei den Kindern besonders schlecht entwickelt ist, sollten außerdem vielfältige Möglichkeiten zum Balancieren zum festen Repertoire der Kindergartenausstattung gehören. Neben Balken und Mauern könnten z.B. auf Federn gelagerte Plattformen angeschafft werden.
  • Lärmschutz: Damit Bewegungsangebote tatsächlich selbstverständliche Bestandteile der Tagesabläufe der Kindergärten werden, sind auch negative Auswirkungen auf die Erzieher/innen zu vermeiden. Untersuchungen in hessischen Kindergärten erbrachten z.B., dass durch fehlende oder fehlerhafte Schalldämmung in mehr als einem Drittel der Kindergärten Lärmpegel existieren, die eigentlich zu einer Ausstattung der Erzieher/innen mit Gehörschutz führen müssten. Dies gilt insbesondere für Bewegungsräume, in denen es auf Grund ihrer speziellen Nutzung (Laufgeräusche, Verständigung im Spiel etc.) besonders laut ist. Durch den Einbau einer Lärmdämmung konnten im Rahmen der Untersuchung die Belastungen der Nutzer stark reduziert werden. Akzeptable Rahmenbedingungen fördern mit Sicherheit die Bereitschaft der Erzieher/innen, sich im Bereich der Bewegungsförderung zu engagieren.

Bewegungsräume außerhalb der Einrichtung

Langfristig wirksamer als die genannten kompensatorischen Angebote ist allerdings die Schaffung oder Sicherung wohnortnaher Bewegungsräume, die auch von jüngeren Kindern gefahrlos erreicht und spontan genutzt werden können. Dazu gehört neben einer konsequenten Verkehrsberuhigung (Spielstraßen) die Erhaltung von Brachflächen (z.B. Baulücken) oder die Zusammenlegung von Hinterhöfen zu Spielflächen. Sinnvoll (gerade in Großstädten) ist auch die Öffnung der Schulhöfe an den Nachmittagen als Spielraum für die angrenzenden Wohngebiete. Diese Ziele sind auch Aufgabe der Stadtplanung und von den Kindergärten und -horten (Personal und Elternschaft) z.B. durch Kontakte zu Parteien oder Initiativen erreichbar.

Auch die Umgestaltung öffentlicher Spielplätze im Sinne des oben beschriebenen umfassenden Erwerbs vielfältiger Bewegungsmuster ist eine Anforderung an Architekten, Bau- und Stadtplaner. Gerade dort sollten die Angebote durch die üblichen Spielgeräte durch eine Modellierung der Landschaft (Hügel, Schrägen etc.) ergänzt werden.

Sichere Bauplanung

Zur Vermeidung von Unfällen wurden von Fachleuten der Unfallprävention Anforderungen an die bauliche Gestaltung und Einrichtung in Kindertageseinrichtungen formuliert, die im Folgenden dargestellt werden. Die Anforderungen sind zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit der Kinder erforderlich, sofern die betreffenden Anlagen und Einrichtungen den Kindern bestimmungsgemäß zugänglich sind.

Räume

Gruppen- und Bewegungsräume sind so zu wählen, dass Kindern genügend freie Spiel- und Bewegungsflächen ohne einengende Behinderung zur Verfügung stehen. Aufenthaltsbereiche müssen ausreichend belichtet sein und beleuchtet werden können (siehe DIN EN 12464 und DIN EN 12665). Mindeststandards der Bau- und Raumakustik sind einzuhalten und durch Maßnahmen umzusetzen, die dem Stand der Technik entsprechen. Die Einhaltung der zulässigen Nachhallzeiten nach DIN 18041 ist in besonderem Maße zu beachten, wenn Kinder mit Hörverlusten oder Kinder, die die benutzte Sprache als Fremdsprache sprechen und verstehen müssen, in der Einrichtung betreut werden.

In Aufenthaltsbereichen der Kinder sind Stolperstellen und grundsätzlich auch Einzelstufen zu vermeiden. Lassen sich Einzelstufen nicht vermeiden, müssen sie von angrenzenden Flächen deutlich unterschieden werden können. Stolperstellen sind z.B.

  • nicht bündig liegende Fußmatten oder Abdeckungen,
  • Aufkantungen im Fußbodenbereich,
  • Türpuffer oder -feststeller in Geh- und Laufbereichen, die mehr als 15 cm von der Wand abstehen,
  • lose auf dem Fußboden liegende Leitungen im Spiel- und Verkehrsbereich sowie
  • vorstehende Fußgestelle von Einrichtungsgegenständen.

Deutliche Unterscheidungsmerkmale sind z.B.

  • Kontrast durch Farbgebung,
  • Wechsel in der Materialstruktur und
  • Stufenbeleuchtung.

Stolperstellen bei Türen, die zu Bewegungsflächen im Freien unmittelbar vor den Gruppenräumen führen, werden vermieden, wenn sie höhengleich mit den angrenzenden Bodenbelägen ausgeführt werden.

Zur Erhaltung der rutschhemmenden Eigenschaften von Bodenbelägen im Eingangsbereich sind z.B. großflächige und langgestreckte Schuhabstreifmatten geeignet. Sie sollen über die gesamte Durchgangsbreite reichen und mindestens 1,50 m lang sein.

Kanten von Wänden und Stützen müssen bis zu einer Höhe von 2,00 m mindestens 2 mm gerundet oder gebrochen bzw. gefast sein.

In Aufenthaltsbereichen von Kindern müssen Verglasungen und sonstige lichtdurchlässige Flächen bis zu einer Höhe von 2,00 m ab Oberkante Standfläche aus bruchsicheren Werkstoffen bestehen oder ausreichend abgeschirmt sein. Größere Glasflächen müssen leicht erkennbar sein, z.B. durch Aufkleber in Augenhöhe der Kinder.

Absturzsicherungen/ Geländer dürfen nicht zum Rutschen, Klettern, Aufsitzen oder Ablegen von Gegenständen verleiten. An Treppen sind auf beiden Seiten Handläufe in kindgerechter Höhe (ca. 80 cm) anzubringen.

Das unbeabsichtigte Unterlaufen offen zugänglicher Flächen unter Treppenläufen und -podesten mit weniger als 2,00 m Durchgangshöhe ist zu verhindern. Dafür geeignet sind z.B. eine Absperrung durch Geländer oder die Aufstellung von Schränken, Blumentrögen, Regalen o.ä.

Türen oder Tore, die direkt in den öffentlichen Verkehrsraum führen, sind so zu sichern, dass Kinder die Einrichtung nicht unerlaubt verlassen können.

In Aufenthaltsbereichen der Kinder sind elektrische Anlagen unter Berücksichtigung der Kindersicherheit zu betreiben. Hier ist besonders auf Steckdosen, Leuchten im Greifbereich und Dekorationen (Lichterketten) zu achten.

Räume und Ausstattungen zur Bewegungserziehung

Fußböden und Wände sind so zu gestalten, dass Verletzungs- und Gesundheitsgefahren vermindert werden. Folgende Materialien haben sich für Fußböden bewährt:

  • Verbundbeläge als Bahnenware mit elastischer Schicht von ³ 5 mm,
  • Kork- oder andere nachgiebige Beläge in einer Schicht von ³ 5 mm.

Räume zur Bewegungserziehung gelten z.B. als sicher gestaltet, wenn

  • sie vom Fußboden bis zu einer Höhe von mindestens 2,00 m ebenflächig und glatt sind,
  • bei Türnischen und Fensterwänden die Wandecken bzw. Fensterbänke mit einem Radius von 10 mm gerundet oder entsprechend stark gefast sind,
  • Fensterbänke nicht überstehen,
  • Türen nicht nach innen aufschlagen.

Bei Einbauten oder Möblierungen in Fluren, die auch als Bewegungsfläche genutzt werden, sind diese Vorgaben sinngemäß anzuwenden.

Spiel- und Sportgeräte müssen so aufbewahrt werden, dass sie die freien Bewegungsräume nicht einengen und die Kinder nicht gefährden. Geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten sind z.B. Wandschränke oder gesonderte Räume.

Zum Vermeiden von Verletzungen an Sport- und Klettergeräten oder deren Kombinationen sind geeignete stoßdämpfende Matten in ausreichender Größe und Anzahl bereitzustellen und zu verwenden. Dies trifft insbesondere bei Sprossen- und Kletterwänden sowie bei Benutzung von Sprungkästen zu. Die Mattenart und Mattenanzahl ist abhängig von den Geräten, die genutzt werden sollen. Ausreichende Stoßdämpfung kann angenommen werden, wenn Matten DIN 7914 in Verbindung mit DIN EN 12503-1 oder DIN EN 12503-2 entsprechen. Als besonders geeignet gelten ausreichend große Weichbodenmatten. Hinweise sind z.B. in GUV-SI 8035 "Matten im Sportunterricht" enthalten.

Erhöhte Spielebenen im Innenbereich

Für das Erreichen der erhöhten Spielebenen sind sichere Aufstiege vorzusehen. Aufstiege in Treppenform mit Umwehrungen sind Leitern vorzuziehen. Für baurechtlich nicht notwendige treppenförmige Aufstiege sollte das Maß für die Treppensteigung 19 cm nicht überschreiten und der Treppenauftritt wenigstens 26 cm betragen. Die lichte Weite zwischen den Trittstufen darf nicht mehr als 11 cm betragen. Bei beengten Platzverhältnissen sind auch Aufstiege denkbar, deren Stufenauftritte wechselseitig über der Laufbreite angeordnet sind (sog. "Samba-Treppen").

Sind Leitern als Aufstiege vorgesehen (z.B. Anlegeleitern, Steigleitern), müssen die möglichen Fallbereiche mit stoßdämpfenden Bodenbelägen (z.B. Matten) ausgelegt werden. In diesen Fällen ist zusätzlich über die gesamte Breite der Einstiegsöffnung ein Querriegel als Absturzsicherung in Höhe der Umwehrung für die erhöhte Spielebene anzubringen. Für diese Art der Aufstiege darf die Höhe der Spielebene maximal 2,00 m betragen.

Umwehrungen auf erhöhten Spielebenen sind so zu gestalten, dass der Aufenthaltsbereich unmittelbar dahinter eingesehen werden kann.

Außenspielflächen

Die zum Spielen ausgewiesenen Außenflächen sowie Objekte, die zum Spielen, Bauen und Gestalten zur Verfügung gestellt werden, sind hinsichtlich der Gestaltungskriterien und altersgerechten Spielangebote so auszurichten, dass für Kinder nicht kalkulierbare Risiken vermieden werden. Dazu gehören beispielsweise befestigte Bodenbeläge, die auch bei Nässe rutschhemmende Eigenschaften besitzen und so beschaffen sind, dass Verletzungen bei Stürzen möglichst vermieden werden. Nicht geeignet sind beispielsweise Waschbetonplatten, polierte Steinplatten oder ungebundene Splittbeläge.

Spielplatzgeräte müssen sicher gestaltet, aufgestellt, geprüft und gewartet sein. Das gilt auch für Objekte, die in Aufenthaltsbereichen der Kinder als darstellende Kunst errichtet sind und zum Klettern und Spielen genutzt werden können. Bei naturnaher Gestaltung der Außenspielflächen sind einschlägige DIN-Normen für Spielplatzgeräte sinngemäß anzuwenden. Bei einem als Klettergerät vorgesehenen Baum sind z.B. die zulässigen freien Fallhöhen und ausreichender Fallschutz zu beachten. Geringere Gefährdung geht von einem liegenden Baumstumpf mit Wurzelteller aus. Die Fallhöhe ist relativ gering, und Kinder haben die Möglichkeit, Rinde, Erde oder Wurzeln als Spielmaterial zu verwenden. Wenn der Baum "abgespielt" ist, kann er durch einen anderen ersetzt werden, und das Spiel geht von vorne los.

Der Boden im Fallbereich von Spielplatzgeräten muss so ausgeführt sein, dass Verletzungsgefahren vermindert werden. Das gilt auch für Boulder- und Kletterwände. Bei einer freien Fallhöhe bis 60 cm können diese an Wänden neben betonierten oder asphaltierten Flächen errichtet werden.

Feuchtbiotope und Teichanlagen sind sicher zu gestalten und so anzulegen, dass ein Hineinfallen ausgeschlossen ist oder keine erhebliche Gefährdung für Kinder entsteht. Eine sichere Gestaltung ist anzunehmen, wenn die Wassertiefe maximal 20 cm beträgt und Uferbereiche als 1,00 m breite flach geneigte, trittsichere Flachwasserzone ausgebildet sind. Ansonsten wird eine mindestens 1,00 m hohe Einzäunung empfohlen.

Bei Anpflanzungen auf dem Außengelände dürfen Bäume, Gehölze, Sträucher, Blumen etc. keine erheblichen Gesundheits- und Verletzungsgefahren für Kinder darstellen (Stichwort: Giftpflanzen, Stacheln in Augenhöhe).

Sind diese Bedingungen erfüllt und auch den genannten Anforderungen an eine bewegungsfreundliche Bauplanung Genüge getan, sind von der baulichen Seite her optimale Voraussetzungen für eine gute motorische Entwicklungsförderung gegeben. Nur ein so gestalteter Kindergarten kann den Anspruch erheben, eine ganzheitliche Entwicklungsförderung der Kinder wirklich zu gewährleisten.

Fazit

Eine normale motorische Entwicklung ist unverzichtbarer Bestandteil jeder kindlichen Entwicklung. Daher gehört ihre Förderung zu den pädagogischen Zielen der Kindergärten - häufig festgehalten in den Kindergartengesetzen der Länder. Aufgabe der Planer von Kindertageseinrichtungen muss es somit sein, auch diesen Teil der kindlichen Entwicklung zu unterstützen. Dies gilt umso mehr, da die Umgebung besonders in den Städten zunehmend weniger Bewegungsmöglichkeiten bietet, passive Beschäftigungen der Kinder stark zunehmen und bei vielen Kindern bereits starke motorische Defizite nachzuweisen sind.

Eine optimale Förderung ist zum einen dadurch möglich, dass das Kindergartengelände eine Vielzahl verschiedener Bewegungsanreize für alle Kinder bietet - auch für solche mit motorischen Problemen. Dadurch können die Kinder die freie Bewegungszeit nutzen, um sich im verhältnismäßig gefahrenarmen Kindergarten verschiedene Bewegungsmuster anzueignen, die für alle späteren neuen Bewegungsanforderungen von großem Wert sind.

Weiterhin sollte das Gebäude den flexiblen Einbau von kurzen Phasen des Angebots von Bewegungsspielen in den Tagesablauf zulassen. Dies ist dann optimal möglich, wenn die Bewegungsräume vom Gruppenraum aus mit geringem Aufwand (also ohne Vorbereitungszeit) erreichbar und benutzbar sind und den heutigen Standards hinsichtlich der Sicherheit und Ergonomie entsprechen. Somit kommt insbesondere der baulichen Sicherheit eine Schlüsselrolle bei der Planung von Bewegungsangeboten zu: Erzieher/innen unterbinden sie dann, wenn die Einrichtung aus ihrer Sicht besondere Gefahren bietet.

Sind die Bedingungen Sicherheit und Bewegungsfreundlichkeit erfüllt, sind von der baulichen Seite her optimale Voraussetzungen für eine motorisch gute Entwicklungsförderung gegeben. Nur ein so gestalteter Kindergarten könnte den Anspruch erheben, eine ganzheitliche Entwicklungsförderung der Kinder zu gewährleisten.

Die Bewegungsangebote im Kindergarten müssen unbedingt ergänzt werden durch die Schaffung oder zumindest Erhaltung wohnortnaher Bewegungsflächen und die Gestaltung öffentlicher Spielplätze gemäß der beschriebenen Ziele. Somit kommt der Bau- und Stadtplanung bei der Ermöglichung bzw. Unterstützung von Bewegungsangeboten für Kinder eine Schlüsselrolle zu. Es ist zu wünschen, dass sie sich dieser wichtigen Aufgabe in noch stärkerem Masse annimmt.

Checkliste: Ist unsere Einrichtung sicher und bewegungsfreundlich?

  • Wird im pädagogischen Konzept der Einrichtung die Förderung von Wahrnehmung und Bewegung als Ziel beschrieben?
  • Besteht im Team Einigkeit über die Wichtigkeit von Wahrnehmung und Bewegung?
  • Wird in Elternabenden die Wichtigkeit von Wahrnehmung und Bewegung thematisiert?
  • Sind alle Erzieher/innen bezüglich Bewegungsförderung ausgebildet?
  • Gibt es in jeder Gruppe neben der wöchentlichen Turnstunde auch täglich mindestens 15 Minuten angeleiteter Bewegungsangebote?
  • Beziehen die Angebote auch schwächere Kinder mit ein?
  • Können sich die Kinder im Jahresschnitt täglich mindestens zwei Stunden (bei Ganztagskindern entsprechend länger) auf dem Außengelände frei bewegen?
  • Sind für alle Gruppen Bewegungsmaterialien sowie Spielanleitungen vorhanden?
  • Existieren ein jederzeit nutzbarer Bewegungsraum und/oder Bewegungsflächen direkt am oder im Gruppenraum?
  • Lädt das Außengelände zu selbstständigem Bewegen ein und lassen sich dort vielfältige Bewegungserfahrungen machen?
  • Sind die Spielgeräte sicher, entsprechen sie den einschlägigen Normen (insbesondere der DIN EN 1176 und 1177) und werden die geforderten Inspektionen und Wartungsarbeiten regelmäßig durchgeführt?
  • Beteiligt sich der Kindergarten zu Gunsten der Erhaltung oder Schaffung von Bewegungsräumen aktiv an der Planung seines Umfeldes?

Literatur

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Schad, M. (2002): Erziehung ist (k)ein Kinderspiel - Gefährdungen und Belastungen des pädagogischen Personals in Kindertagesstätten. Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen, Band 7. Wiesbaden: Universum.

Autoren

Dr. Torsten Kunz und Edgar Gutsche
Unfallkasse Hessen
Leonardo-da-Vinci-Allee 20
60486 Frankfurt am Main

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