Von der KES zum nationalen KriterienkatalogQualitätsfeststellung und Qualitätsentwicklung in den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen

Aus: Kita aktuell NRW, Nr. 3/2003, S. 52-55.

Ulrich Braun

In den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen sind erstmalig in Deutschland in einer Trägergruppe alle Gruppenformen eingeschätzt worden. Für die Kindergartengruppen wurde die Kindergarten-Einschätz-Skala (KES) und für die Gruppen mit Schulkindern und Kindern unter drei Jahren amerikanische Einschätzskalen eingesetzt. Die Ergebnisse hatten erhebliche Auswirkungen auf Qualitätsentwicklungsprozesse. Für die weitere Qualitätsentwicklung wird der nationale Kriterienkatalog zur pädagogischen Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder (1) hinzugezogen.

Anwendung der Kindergarten-Einschätz-Skala (KES) in Kindergartengruppen

Im Rahmen des Qualitätsmanagementprozesses für Tageseinrichtungen für Kinder der Stadt Recklinghausen (2) ist eine Einschätzung der pädagogischen Qualität aller Gruppen (3) vorgenommen worden. Dies hat es bisher innerhalb einer Trägergruppe noch nicht gegeben, weil die erforderlichen Instrumente zur Fremdevaluation noch nicht in Deutsch zur Verfügung stehen.

In einem ersten Schritt sind zunächst alle 16 Leitungen städtischer Tageseinrichtungen für Kinder in der Anwendung der KES ausgebildet worden. Der städtische Fachberater, ausgebildet in der Anwendung der KES, und ein langjährig erfahrener Trainer in der Anwendung der KES (4) haben diese Ausbildung vorgenommen. Ziel war es neben der Qualifizierung zu einer systematischen Qualitätseinschätzung, eine hohe Akzeptanz für die Anwendung der KES zu erreichen.

Begleitend wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Fortbildungsveranstaltungen mit dem Instrument "KES" vertraut gemacht. Dies hatte zum Ergebnis, dass alle Leitungen und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Einschätzung das Instrument kannten, darüber diskutiert und gegebenenfalls schon in pädagogische konzeptionelle Überlegungen einbezogen hatten.

Während des Prozesses der Qualifizierung gab es bereits Synergieeffekte. Zum Beispiel bekamen Leitungen während der KES-Ausbildung in anderen Tageseinrichtungen Anregungen für die eigene pädagogische Praxis, die sie in die eigene Einrichtung mit zurücknahmen.

Die Einschätzung der Kindergartengruppen wurde nach Abschluss der Ausbildung der Leitungen vorgenommen (5). Alle Kindergartengruppen sind von jeweils zwei Leitungen eingeschätzt worden. Die Zuordnung der Einschätzungs-Teams und der einzuschätzenden Gruppen erfolgte ausschließlich nach dem Zufallsprinzip (Losverfahren). Die Leitungen waren verpflichtet, sich auf ein Gesamtergebnis zu einigen, so dass auch hier noch einmal ein zusätzlicher fachlicher Kommunikationsprozess subjektive Einschätzungen reduzierte. Das Auswertungsgespräch zu den jeweiligen Gruppenergebnissen wurde durch den Fachberater vorgenommen. Zumeist nahm das gesamte Team, manchmal auch nur das Gruppenteam und die Leitung an den Auswertungsgesprächen teil.

Abschließend wurde ein Abschlußbericht gefertigt, der Aussagen über die Qualität in den verschiedenen Bereichen für alle städtischen Kindergartengruppen machte (6). Das Gesamtergebnis der pädagogischen Qualität in Kindergartengruppen unterschied sich nur wenig von den zuvor vorgestellten Studien von Prof. Dr. W. Tietze und der Evangelischen Kirche in Bremen (7).

Die Ergebnisse zeigten eindeutige Stärken und Schwächen, die eine Schwerpunktbildung für die Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit ermöglichten.

Ein Qualitätsentwicklungsprozess aus der KES heraus ist besonders herauszustellen. Manche Items der KES formulierten einen pädagogischen Anspruch, der dazu herausforderte, über Konzepte der Raumgestaltung und der Materialausstattung neu nachzudenken, wie z.B. bei der Vielfältigkeit des Materials, das unterschiedliche Rollenspiele ermöglichen soll. Eine "gute" Qualität ist auf Gruppenebene kaum herstellbar, weil die räumlichen Möglichkeiten für den pädagogischen Anspruch der "Vielfältigkeit von Material" zumeist nicht ausreichen. Dies führte dazu, die gruppenbezogene Rollenspielecke zugunsten einer großen vielfältigen Ausgestaltung eines Rollenspielbereiches in der Tageseinrichtung aufzugeben.

Dies war erst der Anfang. Mit der Zeit wurde immer deutlicher, dass Vielfältigkeit auch im Bereich des Bauteppichs oder im Bereich des bildnerischen Gestaltens auf Gruppenebene nur begrenzt herstellbar ist. Inzwischen haben einige städtische Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen als Ergebnis eines Qualitätsentwicklungsprozesses ihr Konzept zur sogenannten "Offene Arbeit" hin weiterentwickelt. Die Ergebnisse sind - nicht nur im Sinne der KES - ausgezeichnet.

Die Organisation der pädagogischen Arbeit, die Konzentration auf unterschiedliche Entwicklungsbereiche und die pädagogische Verantwortung des Teams für die pädagogische Arbeit der ganzen Tageseinrichtung für Kinder hat nachweisbar (auch durch neuerliche Einschätzungen der pädagogischen Qualität) zu Qualitätsverbesserungen geführt. Diese Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass gruppenbezogene Einschätzungsverfahren, wie sie nach wie vor die Regel sind, hin zu einrichtungsbezogenen Einschätzverfahren verändert werden müssen (8).

Die "Öffnung der Gruppen" wird auch zum Thema, wenn man die Ergebnisse von Qualitätseinschätzungen anderer Altersgruppen mit in eine Konzeptdiskussion für die gesamte Tageseinrichtung für Kinder einbezieht. Das zeigen die Untersuchungen anderer Gruppenformen der städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen.

Anwendung ausgewählter Items der SACERS (9) und der ITERS (10) in Gruppen mit Kindern unter drei Jahren und mit Schulkindern

Die KES kann nur auf Kindergartengruppen angewendet werden. Einschätzungen anderer Altersgruppen sind bisher nur im Rahmen von Forschungsvorhaben von Prof. Dr. W. Tietze vorgenommen worden. So sind in der Stadt Münster eine größere Anzahl von kleinen altersgemischten Gruppen eingeschätzt worden, um damit der Krippen-Skala (KRIPS) einer ersten Erprobung zu unterziehen (11). Die Hort-Skala (HOS) ist in einer Probeversion bei den Untersuchungen in Bremen (12) eingesetzt worden.

In Recklinghausen wurden die Einschätzungen für kleine altersgemischte Gruppen (0,4 - 6 Jahre), große altersgemischte Gruppen (6 - 14 Jahren) und Hortgruppen mit den Einschätzskalen SACERS und ITERS (und der KES für die Kinder im Kindergartenalter bei altersgemischten Gruppen) durchgeführt. ICERS und SACERS sind amerikanische Einschätzskalen zur Bewertung der Qualität in Gruppen mit kleinen Kindern bzw. Schulkindern. Nicht alle Items wurden angewendet. Es wurden nur Items ausgewählt, die für pädagogische Prozesse besonders bedeutsam sind. Auf andere Items konnte verzichtet werden, weil sie bereits im Rahmen der Untersuchungen mit der KES Anwendung gefunden hatten, wie Fortbildungsmöglichkeiten, Elternarbeit etc.

Die Einschätzungen mit der SACERS und ITERS wurden ausschließlich durch Fremdevaluation (13) vorgenommen. Die Auswertungsgespräche fanden direkt im Anschluss an die Einschätzung statt. Der städtische Fachberater kam zu jedem Auswertungsgespräch hinzu, um Impulse für die Qualitätsentwicklung aufnehmen zu können.

Die Auswertungsgespräche hatten den Charakter eines Qualitätsentwicklungsgespräches, basierend auf einer externen Evaluation. Eine Dokumentation oder eine statistische Auswertung der Ergebnisse aller Gruppen wurde nicht vorgenommen. Die Mitarbeiterinnen der Gruppen waren durch die KES-Einschätzungen in ihren Einrichtungen (14) mit Fremdeinschätzung vertraut.

Bei der Auswertung der pädagogischen Arbeit in kleinen altersgemischten Gruppen zeigte sich durchgehend, dass die Entwicklungsbedingungen für "kleine Kinder" (unter 2 Jahren) und für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren, vor allem im letzten Jahr vor Schulbeginn, sehr unterschiedlich waren. Zumeist lag ein - erst durch die externe Evaluation offengelegter - Schwerpunkt bei einer der beiden Altersgruppen. Zum Beispiel war die "Zugänglichkeit und Wahlmöglichkeit von Material" oftmals ein Problem, weil viele Materialien wegen der sehr jungen Kinder hochgelegt waren und nur auf ausdrückliche Bitte älterer Kinder zur Verfügung gestellt wurden. Pädagogisch wünschenswert wäre es aber, wenn eine gut vorbereitete Umgebung Anregungsvielfalt für alle Kinder bieten könnte. Das war aber zumeist nicht gegeben.

Bereits in den Auswertungsgesprächen wurde deshalb die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit aller Gruppen in der Einrichtung thematisiert mit dem Ziel, den älteren Kindern mehr und andere Erfahrungen zu ermöglichen. Gleichzeitig sind damit ganz neue Perspektiven für die Raumgestaltung und die Bereitstellung von Material für die kleinen Kinder in der Gruppe entstanden.

Die Ergebnisse werden in den Qualitätszirkeln (QZ) "Schulkinder" und "Kinder unter 3 Jahren" aufgegriffen und weitergeführt. Im QZ Schulkinder werden Qualitätskriterien für die Arbeit mit Schulkindern erarbeitet (15).

Einschätzskalen als Teil von Qualitätsmanagement

Mit Einschätzungen auf der Grundlage von Einschätzskalen können Schwachstellen pädagogischer Arbeit aufgezeigt und damit Veränderungsprozesse angeregt werden. Externe Einschätzungen können das, was in einer Einrichtung sehr gut entwickelt ist, herausstellen und somit Qualität abbilden. Viele Mitarbeiterinnen fühlen sich in ihrer Arbeit bestätigt, und durch die "Objektivität" des Einsatzes von Einschätzskalen und Fremdevaluation sind sie motiviert, ihre Stärken zu erhalten und ihre Schwächen zu verringern. Damit eignen sich Einschätzskalen, um eine in vielen Qualitätsmanagementsystemen enthaltene "Stärken-Schwächen-Analyse" vornehmen zu können.

Aber sollten Einschätzskalen als Evaluationsinstrument regelmäßig zum Einsatz kommen? PädQuis (16) vertritt diese Auffassung, wie in den Empfehlungen nachgelesen werden kann, die für den Evangelischen Landesverband in Bremen formuliert worden sind. Empfohlen wird dem Landesverband von PädQuis u.a. als internen Mindeststandard für alle Einrichtungen ein mittleres Niveau zugrunde zu legen. "Als Mindeststandard schlagen wir einen KES-R Wert bzw. einen HOS-Wert von 3,5 vor" (17). Die Erreichung dieses Mindeststandards soll durch ein "Verfahren der Dauerbeobachtung pädagogischer Qualität in den Einrichtungen im Sinne einer externen Evaluation" (18) regelmäßig geprüft werden. "Die Dauerbeobachtung könnte so angelegt sein, dass jedes Jahr ein Drittel der Gruppen evaluiert wird" (19). Damit der festgelegte Mindeststandard vergleichbar überprüfbar bleibt, sind hierzu immer wieder die eingeführten Einschätzskalen KES-R und HOS anzuwenden.

Im Ergebnis würden bei einer solchen Einschätzung nach drei Jahren Verbesserungen des Gesamtergebnisses mit einer Steigerung von z.B. "4,2 zu 4,6" abgebildet werden. Dies würde Aussagen, dass sich die Qualität insgesamt verbessert hat und auch wo genau, ermöglichen.

Die städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen werden zukünftig nicht durch ein KES-basiertes Verfahren extern eingeschätzt

Während manchmal eine einmalige Beobachtung bereits zu Erkenntnissen führen kann, müssen andere Bereiche täglich, wöchentlich, monatlich regelmäßig beobachtet und dokumentiert werden, bevor angemessene Qualitätsaussagen möglich sind. Hierzu können unterschiedlichste Evaluationsverfahren hinzugezogen werden. Manchmal ist eine Befragung, die Beauftragung eines externen, spezialisierten Beobachters (z.B. Mitarbeiter des Landessportbundes für den Bereich der Bewegungserziehung) oder auch eine interne Einschätzung durch Mitarbeiterinnen der Einrichtung das richtige Verfahren.

Insgesamt lässt sich beobachten, dass Einschätzskalen zu wenig differenzieren. Sie sind gut geeignet, um möglichst pragmatisch eine Stärken-Schwächen-Analyse durchführen zu können. Aber für regelmäßige Qualitätsentwicklungsprozesse geben Einschätzskalen letztlich kaum Anregungen.

In den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen fiel deshalb die Entscheidung zugunsten eines differenzierten Qualitätsentwicklungsverfahrens, das von einzelnen Qualitätskriterien ausgeht und diese regelmäßig dokumentiert und evaluiert.

Dieser Prozess von einer Einschätzung zu der Erstellung von differenzierten Qualitätskriterien ist in den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen begonnen worden.

Einschätzung als Beginn von Qualitätsentwicklung

In Recklinghausen wissen alle städtischen Tageseinrichtungen für Kinder für alle ihre Gruppenformen um den Stand der pädagogischen Prozessqualität. Daraus lassen sich Erkenntnisse über Qualifizierungsbedarf folgern, die Auswirkungen haben auf die Fortbildungssteuerung. Fortbildungen orientieren sich an den Ergebnissen der Einschätzungen. So haben beispielsweise einige Mitarbeiterinnen begonnen, das Gitarrenspiel zu erlernen, weil der Bereich "Musik" in der Einschätzung nicht so gut abgeschnitten hat. Die Analyse hatte ergeben, dass keine Mitarbeiterin im Team ein Instrument spielt. Nun lernen gleich mehrere Mitarbeiterinnen eines Teams ein Musikinstrument, um die Qualität im Bereich "Musik" dauerhaft verbessern zu können. Der Träger übernimmt die Kosten dieser Weiterbildung.

Es wurde aber in den vielen Diskussionen und Gesprächen um die pädagogischen Aussagen der "Items" der KES auch klar, dass die Benennung von pädagogischer Qualität mehr sein muss als z.B. bei "Musik/ Bewegung" (Item 22) gute Qualität mit "Wöchentlich mehrmals eingeplante Zeiten für Singen, Musikinstrumente spielen oder Bewegung/ Tanzen" zu bezeichnen.

Deshalb werden nun in einem weiteren Schritt Qualitätskriterien, die auch Dokumentation und Evaluation einschließen, für die pädagogischen Qualitätsbereiche zusammengestellt. Jede Leiterin entwickelt gemeinsam mit Mitarbeiterinnen aus anderen städtischen Tageseinrichtungen ein Qualitätskriterium - z.T. auf der Grundlage des nationalen Kriterienkataloges - mit den Leitgesichtspunkten "Räumliche Bedingungen", "Erzieherin-Kind-Interaktion", "Planung", "Vielfalt und Nutzung von Material", "Individualisierung" und "Partizipation" (20). Hinzu kommt, dass für jedes Qualitätskriterium Verfahren zur Dokumentation und zur (Selbst-) Evaluation entwickelt werden. Damit wird die pädagogische Arbeit in ihrer Vielfalt transparenter, verbindlicher und einer regelmäßigen Evaluation unterzogen. Für die Evaluation werden möglicherweise auch Materialien aus den Teilprojekten I und II des Bundesprojektes der Nationalen Qualitätsinitiative (21) hinzugezogen werden können.

Jedes Qualitätskriterium wird nach nachfolgender Gliederung aufgebaut sein:

Qualitätskriterium (QK) Hier wird das QK benannt.
Gesetzliche Grundlagen In diesem Punkt werden die gesetzlichen Grundlagen, die sich vor allem auf das Bundesgesetz (KJHG) oder das Landesgesetz (z.B. GTK) beziehen, zusammengestellt. Sie stellen den Auftrag eines jeden QK dar. Hinzugezogen werden auch Verordnungen, eigene kommunale Beschlüsse oder auch internationale Vereinbarungen, z.B. über die Rechte von Kindern.
Qualitätskriterien In diesem Punkt werden die Kriterien, nach denen die Arbeit stattfinden soll, beschrieben. Leitgesichtspunkte (22) sollen die verschiedenen Blickwinkel deutlich machen.
  1. Räumliche Bedingungen
  2. Erzieherin-Kind-Interaktion
  3. Nutzung und Vielfalt von Materialien
  4. Individualisierung
  5. Partizipation
  6. Pädagogische Planung
Dokumentation Mit der Dokumentation werden Planung, Verlauf und Ergebnisse der pädagogischen Prozesse und Ziele beschrieben. Mit einfach zu handhabenden Verfahren (standardisierten Dokumentvorlagen) werden die wesentlichen Inhalte dokumentiert und Grundlagen für Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Verbesserungspotentiale geschaffen.
Evaluation Es gibt unterschiedliche Evaluationsmethoden. Zur internen Evaluation gehören z.B. Selbstbewertung, Teamreflexion, kollegiale Beobachtung, Mitarbeiterbefragung/ Mitarbeitergespräch, zur externen Evaluation z.B. Elternbefragung, Trägerbefragung, Expertenbeobachtung. Für jedes QK wird geprüft, welche Methode und welcher Umfang der Evaluation geeignet ist und ob die Evaluation mehrerer QK in einem Verfahren möglich ist.
Literatur/ Material Hier werden grundlegende Materialien zusammengestellt, die eine Weiterarbeit an diesem QK ermöglichen. Das können Fachbücher, Internet-Adressen, Materialsammlungen, Hospitationsmöglichkeiten, Vernetzungspartner, etc. sein.

Die Qualitätskriterien, wie sie in Recklinghausen der Arbeit zugrundegelegt werden sollen, werden sich am nationalen Kriterienkatalog orientieren. Dies soll deshalb geschehen, weil es für die Zukunft einfacher ist, wenn man eine gemeinsame "Sprache" hat, mit der man sich im Handlungsfeld Tageseinrichtungen für Kinder über pädagogische Qualitätskriterien verständigt. Es macht zudem Sinn, sich der Ergebnisse zu bedienen, die im Rahmen von Forschung in der Frühpädagogik entstehen. Für Eltern ist damit eine höhere Sicherheit vorhanden, dass die Einrichtung, die ihr Kind betreut, wissenschaftlich abgesicherte Ergebnisse der Arbeit zugrundelegt. Für den Träger ist nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Arbeit in den Tageseinrichtungen für Kinder der Trägergruppe basiert. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Tageseinrichtungen für Kinder ist es eine "Visitenkarte", wenn sie ihr Konzept und die Ziele ihrer pädagogischen Arbeit an den Ergebnissen einer "Nationalen Qualitätsinitiative", die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde, ausrichten.

Einige Kriterien, wie z.B. "Gender-Erziehung", "Medienpädagogik" und "Vorbereitung auf die Schule/ Verabschiedung aus der Kita", sind allerdings nicht im Kriterienkatalog enthalten. Sie werden zusätzlich auf der Grundlage der Leitgesichtspunkte erarbeitet. Es wird auch versucht werden, die Leitgesichtspunkte auf einen Kriterienkatalog für Schulkinder anzuwenden. Im Rahmen der Nationalen Qualitätsinitiative hat das Sozialpädagogische Institut (ehemals) des Landes Nordrhein-Westfalen Qualitätskriterien für Schulkinder entwickelt (23). Da Schulkinder in Recklinghausen aber fast alle unter einem Dach mit Kindern anderer Altersstufen sind, erscheint es sinnvoller, ein System von Qualitätskriterien - und damit eine gemeinsame "Sprache" - über die Leitgesichtspunkte zu entwickeln.

Stadt Recklinghausen, Fachbereich Kinder Jugend und Familie
Qualitätskriterien (QK) Tageseinrichtungen für Kinder
- Entwurf -
(Stand Januar 2003)
QK 1: Tagesgestaltung
QK 2: Sprache und Kommunikation
QK 3: Kognitive Entwicklung
QK 4: Sozial-emotionale Entwicklung
QK 5: Bewegungsanregung
QK 6: Phantasie- und Rollenspiel
QK 7: Bauen & Konstruieren
QK 8: Umwelterfahrung, Natur-, Umgebungs- und Sachwissen
QK 9: Kunst & Kreativität
QK 10: Musik & Tanz
QK 11: Eingewöhnung, Begrüßung und Verabschiedung
QK 12: Ruhen & Schlafen
QK 13: Mahlzeiten
QK 14: Gesundheitserziehung & Körperpflege
QK 15: Vorbereitung auf den Schuleintritt/ Verabschiedung aus der TEK
QK 16: Interkulturelle Erziehung und Sprachförderung
QK 17: "Gender"-Erziehung
QK 18: Schulkinder (Hausaufgabenbetreuung; Zusammenarbeit mit Schule; Geschlechtsspezifische Erziehung; Selbständigkeitserziehung; Freizeitgestaltung; Elternarbeit; Gestaltung von Räumen - innen und außen - u.a.m.)
QK 19: Kinder mit Beeinträchtigungen und Behinderungen/ Gemeinsame Erziehung
QK 20: Medienpädagogik

Das Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend hat die Gründung einer Kommission zur Erarbeitung eines nationalen Bildungsplans angekündigt. "Eine wichtige Vorarbeit für den nationalen Bildungsplan haben wir bereits in der nationalen Qualitätsinitiative geleistet, mit der wir gemeinsam mit 10 Bundesländern und Trägern Qualitätskriterien für die frühkindliche Bildung entwickelt haben" (24). Auch vor diesem Hintergrund ist die Orientierung an Qualitätskriterien, die mit Experten, Fachleuten aus der Praxis und unter Hinzunahme bereits vorhandener Forschungsergebnisse erarbeitet wurden, sicherlich zukunftsfähig.

Für Nordrhein-Westfalen ist eine "Bildungsvereinbarung" in Vorbereitung. Die dort aufgeführten Bildungsbereiche (Soziale und ethische Entwicklung; Umgang mit Konflikten und emotionale Entwicklung; Sprachentwicklung und Kommunikationsfähigkeit; mathematisch-logische Grundzusammenhänge; Natur- und Sachverständnis, Umwelt; kreativer Ausdruck und Gestaltung, Musik; Umgang mit Medien; Bewegung, Ernährung) sind in den vorgenannten Qualitätskriterien ebenfalls abgebildet.

Fußnoten

(1) Tietze, Wolfgang., Viernickel Susanne (Hrsg.), Dittrich, Irene, Gödert, Stefanie, Grenner, Katja, Groot-Wilken, Bernd und Sommerfeld, Verena: Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog. Beltz-Verlag. Weinheim, Berlin, Basel 2002. Entgegen mancher fälschlicher Behauptungen handelt es sich bei diesem Kriterienkatalog nicht um eine Weiterentwicklung der KES. Dem Kriterienkatalog zugrundegelegt sind alle wichtigen Veröffentlichungen im Bereich der Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Dazu gehören aus dem deutschsprachigen Raum neben der KES und der KES-R auch die Qualitätskriterien des "Kronberger Kreises" und die österreichische Zusammenstellung von Qualitätsstandards "Mehr Qualität für Kinder". Hinzu kamen internationale Studien.

(2) Vgl. KGSt-Bericht Nr. 2/2001. Kommunales Qualitätsmanagement von Bildung, Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen für Kinder. S. 53: Stadtverwaltung Recklinghausen: Der QM-Prozess in Kürze.

(3) Alle in NRW möglichen Gruppenformen sind in den Städtischen Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen vorhanden: "Kleine" altersgemischte Gruppen (0,4 - 6 Jahre), Kindergartengruppen, Kindergartentagesstättengruppen, "große" altersgemischte Gruppen (3 - 14 Jahre) und Hortgruppen (6 - 14 Jahre).

(4) Martin Schlattmann, Scharnhorststraße 11, 48151 Münster, Tel.: 0251/5348334; E-Mail: Martin.Schlattmann@gmx.de Martin Schlattmann ist seit vielen Jahren als KES-Trainer tätig und hat vielfältige, auch internationale Erfahrungen, mit Qualitätseinschätzungen.

(5) Für den erfolgreichen Abschluss war es erforderlich, dass eine mindestens 80%ige Übereinstimmung bei den jeweiligen Einschätzungen mit denen des Trainers vorlag. Dieser Standard entspricht dem Ausbildungskonzept zur Anwendung der KES. Über den Ausbildungsstandard hinaus haben alle Leitungen städt. Tageseinrichtungen für Kinder in Recklinghausen an drei statt der sonst üblichen zwei praktischen Anwendungstage teilgenommen.

(6) Schlattmann, M., Braun, U.: Qualitätsfeststellung in Kindergartengruppen der Stadt Recklinghausen mit der Kindergarten-Einschätz-Skala. Der Bericht kann zum Preis von 10,- EUR bei der Stadt Recklinghausen, Fachbereich Kinder, Jugend und Familie, 45655 Recklinghausen, bestellt werden. Das Gesamtergebnis der pädagogischen Qualität in Kindergartengruppen unterschied sich nur wenig von den zuvor vorgestellten Studien von Prof. Dr. W. Tietze und der Evangelischen Kirche in Bremen.

(7) Vgl. Braun, U.: Fünf Jahre Einschätzskalen. Qualitätsfeststellung in Tageseinrichtungen für Kinder nimmt zu. In Kita aktuell NW. 02/2003. S. 40-43 und http://www.kindergartenpaedagogik.de/924.html

(8) Es gibt bisher kaum Veröffentlichungen, wohin sich Einrichtungen entwickeln, die mit der KES eingeschätzt worden sind. Die externen Einschätzungen durch die Bundesstudie und in Bremen haben ausschließlich Feststellung von Qualität vorgenommen. Ob Qualitätsentwicklungsprozesse entstanden sind, ist nicht bekannt. Die Ergebnisse in Recklinghausen, dass Qualitätsentwicklungsprozesse zu einem neuen Verständnis der Einrichtungsorganisation führen können ("Offene Arbeit"), sind vor allem deshalb so interessant, weil die KES und die KES-R als gruppenbezogene Instrumente nicht weiter einsetzbar sind, wenn eine KES-eingeschätzte Einrichtung sich in eine solche Richtung weiterentwickelt. Es wäre gut, wenn es zu diesen Entwicklungsprozessen mehr Forschungen und Publikationen gäbe.

(9) Thelma Harms, Ellen Vineberg Jacobs, Donna Romano White: School-Age Care Environment Rating Scale. Published by Teachers College Press, New York 1996.

(10) Thelma Harms, Deborah Reid Cryer, Richard M. Clifford: Infant/ Toddler Environment Rating Scale. Published by Teachers College Press, New York 1990.

(11) Mündliche Mitteilung. Eine Veröffentlichung von Ergebnissen hat es bisher nicht gegeben.

(12) http://www.kiki-bremen.de. Die Evaluationsstudie wurde von PädQuis, gGmbH, Kooperationsinstitut der Freien Universität Berlin, unter der Leitung von Prof. Dr. W. Tietze durchgeführt. Dabei wurden Testversionen der "KES-R" und der "Hort-Skala" verwendet

(13 Martin Schlattmann,, vgl. Fußnote. 4

(14) In den eingruppigen Horten hatte keine KES-Einschätzung stattgefunden, aber die Leitungen der Horte hatten auch an der KES-Ausbildung teilgenommen.

(15) Hinzugezogen wird hierfür der Kriterienkatalog "Qualität für Schulkinder in Tageseinrichtungen" (QUAST), hrsg. v. Fuchs, R., u.a., veröffentlicht im September 2001 im Internet: http://www.spi.nrw.de. Bei dem QUAST-Projekt handelt es sich um das Teilprojekt III im Rahmen der "Nationalen Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder".

(16) Pädagogische Qualitäts-Informations-Systeme gGmbH (PädQuis). Prof. Dr. W. Tietze, Limastr. 28, 14163 Berlin oder Takustr. 4, 14195 Berlin - http://www.paedquis.de

(17) "Feststellung und Entwicklung pädagogischer Qualität in den evangelischen Kindertagesstätten in Bremen", S. 101. Veröffentlicht in: http://www.kiki-bremen.de (18) Ebd., S. 104

(19) Ebd.

(20) Vgl. Fußnote 1

(21) Eine Broschüre mit der Darstellung der Teilprojekte wird herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 11018 Berlin: http://www.bmfsfj.de. Teilprojekte I und II: Prof. Dr. Tietze, PädQuis gGmbH - Berlin, Email: tietze@zedat.fu-berlin.de

(22) Vgl. Fußnote 1

(23) Vgl. Fußnote 15

(24) Pressemitteilung Nr. 469, veröffentlicht am 20. September 2002 von der Pressestelle BMFSFJ.

Autor

Ulrich Braun, Diplom-Pädagoge, ist Fachberater für Tageseinrichtungen für Kinder und stellvertretender Abteilungsleiter im Fachbereich Kinder Jugend und Familie der Stadt Recklinghausen (Stadt Recklinghausen, Fachbereich Kinder, Jugend und Familie, 45655 Recklinghausen, Email: Ulrich.Braun@recklinghausen.de). Weitere Informationen unter http://www.u-braun.de

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