Karin Wecker
In unserer Münchner Kindertageseinrichtung Dillingerstraße 15 mit seinem familienintegrativen und stadtteilorientierten Ansatz leben wir seit Jahren unter anderem den Schwerpunkt Umwelt- und Naturerfahrung. Dieser pädagogische Schwerpunkt gliedert sich bei uns in die Bereiche:
Gelebte Naturerfahrungen |
Tiergestützte Pädagogik |
Schrebergartenprojekt |
Wertehaltung gegenüber der Natur |
Waldprojekte: Entdecken des Lebensraumes Wald
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Kinder lernen von und mit dem Hund
Prävention: "zwischen Angst und Übermut"
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Von der Ansaat zur Ernte...
Generationsübergreifendes Arbeiten im Schulgarten zusammen mit Kleingärtnern
Stadtteilorientiertes Arbeiten
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Ansaat
Pflege
Verantwortung
Ernten
Verarbeitung
Kochen, Backen...
Essen mit Lust und Liebe von regionalen und saisonalen Lebensmitteln
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Leben am Bach
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Insektenhotel: Lebensraum für Insekten
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Generationsübergreifendes Arbeiten
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Umweltbewusstsein: "nur was ich kenne, kann ich schützen"
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Natur und Umwelt im Jahreskreis erleben
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Aquarium
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Essen achten (z.B. Ernährungslenkung)
Erntedank: Gottesdienst mit Danksagung und Segnung der Ernte
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Anlegen und Pflegen einer Kräuterschnecke
Anlegen und Pflegen von Hochbeeten im Kita-Garten
Pflege des eigenen Gartens im Jahreskreis
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In diesem Artikel möchte ich näher auf unser Schrebergartenprojekt eingehen. Durch Nachbarschaftskontakte entstand im Mai 2010 eine "Partnerschaftsvereinbarung" zwischen dem Kleingartenverein "Michael-Walther", dem kirchlichen Kindergarten Maria Trost und der Kindertageseinrichtung Dillingerstraße. Es wurden die Neugründung und Nutzung eines Schul- und Lehrkindergartens zwischen den genannten Partnern vereinbart. Die Nutzung des Schulgartens erfolgt in Kooperation. Wir - die "Dillinger Kindertageseinrichtung" - haben die Möglichkeit erhalten, unter professioneller Anleitung erfahrener Kleingärtner an vier Tagen der Woche im "Schulgarten" sein zu können. Dieses Angebot nehmen wir sehr gerne an, da es zum einen zu unserem Schwerpunkt "Umwelt- und Naturerfahrung" passt und zum anderen zusätzlich generationsübergreifend und stadtteilorientiert ist.
In jeder der vier Gruppen unseres Hauses befindet sich jeweils eine Kollegin, die an dem Projekt teilnehmen will. Die Kolleginnen hatten bislang im Garten der Einrichtung die Hochbeete oder die Kräuterschnecke betreut und freuten sich darauf, auch außerhalb der Einrichtung "garteln" zu können - und das sogar in einem "eigenen Schrebergarten" vor der Haustüre und kostenneutral. Ein unglaublicher Gewinn für unsere Kinder!
Die bislang bereits an Naturerfahrung interessierten Kinder fanden sich recht schnell zu Kleingruppen zusammen. Auch im Kleingartenverein richtete man sich auf unsere Kinder ein.
An einem festen Tag in der Woche steht jeweils ein kompetenter Ansprechpartner für die Kinder zur Verfügung. Mit diesem wird jedes Mal gemeinsam besprochen, welche Arbeiten anstehen. Mal richten die Kinder die Beete zur Ansaat her, mal pflanzen sie nach einem vorgedachten Plan die Salat- und Gemüsepflanzen bzw. -Samen ein.
Die Kinder merken sehr schnell, dass es im Schrebergarten immer etwas zu tun gibt. An manchen Tage muss das Unkraut gezupft, müssen die Beete gepflegt oder die Saaten auf Schädlinge untersucht werden. Am schönsten ist es natürlich, wenn die Erntezeit ansteht. Stolz und auch ehrfurchtsvoll nehmen die Kinder jeden Salatkopf und jede Zucchini aus dem Beet und legen sie vorsichtig in ihre Schubkarre, um sie in den Kindergarten zu bringen. Dort bereiten sie zusammen mit ihrer Erzieherin und der Küchenkraft "ihre Ernte" als Teil der gemeinsamen Mahlzeit zu. Es ist jedes Mal erstaunlich, mit welchem Appetit die Kinder ihren Salat oder ihr Gemüse essen. Schon auf dem Weg in die Einrichtung wird allen vorübergehenden Passanten und am liebsten den Eltern mitgeteilt, dass ihr Essen selber angebaut wurde und nicht aus dem Supermarkt kommt.
Als ein schönes Ritual stellte sich auch der Bau einer Vogelscheuche heraus, welche mitten in unserem Garten aufgestellt wurde. Diese bekam schnell den Namen "Nessi" und wird nun jedes Mal zur Begrüßung gefragt, was geschehen ist, und beim Abschied gebeten, Unheil und Schaden von unserem Garten abzuhalten.
Neben der Arbeit in und um die Beete war es für unsere Kinder auch mehr als nur interessant, gemeinsam mit den Senioren die Gartenlaube von innen und außen zu gestalten. Hier legten alle Hand an und strichen die Laube innen und außen in leuchtenden Farben an. In der Einrichtung wurden Tiere aus Holz gesägt und bemalt, welche dann im Rahmen eines interkulturellen Einweihungsfestes an der Laube befestigt wurden.
Natürlich mussten auch noch kindgerechte Stühle, Tische, Kissen usw. organisiert werden. Wir taten dies mit großer Freude. Zudem wurden wir auch von den Nachbarn in der Kleingartenanlage mit Werkzeug, Handschuhen und allerlei Nützlichem beschenkt.
Unsere Kinder, Eltern und Kollegen sind begeistert vom neuen Lernfeld Schulgarten. Einen Schrebergarten zu haben ist für sie alle etwas ganz Besonderes. Sie lernen für das Leben, sie lernen Verantwortung und Achtung vor der Schöpfung.
Weitere Lernerfolge sind das Entstehen einer emotionalen Beziehung zwischen Kind und Natur. Die Kinder erleben die Natur mit allen Sinnen. Sie lernen zu riechen, zu schmecken. Sie greifen in die Erde und entdecken dort allerhand Lebewesen. Sie sind fasziniert von Regenwürmern und Schnecken. Sie erkennen Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen Wasser, Luft, Sonne, Klima, Kälte, Wind und Sturm. Hierzu gibt es eine Menge Fragen von Seiten der Kinder, die durchaus professionelle Antworten fordern.
Die Kinder nehmen die Artenvielfalt von Pflanzen wahr, sorgen sich um deren Pflege, übernehmen Verantwortung und Schutz. Sie entwickeln Achtung und Respekt gegenüber der Natur - und den Menschen, die ihnen mit ihrem Wissen zur Seite stehen. Das generationsübergreifende Miteinander ist für unsere Kinder eine wertvolle Erfahrung. Viele Kinder haben keinen Opa bzw. Oma oder Sozialkontakte zu älteren Menschen. So bauen sie über den Schrebergarten positive Beziehungen zu Seniorinnen und Senioren auf. In sozialen und emotionalen Bezügen erfahren sie eine Stärkung des "Wir-Gefühls". Die Kinder entwickeln Vertrauen zu den älteren Menschen und gewinnen an Lebensfreude.
Die Erfolge der Gartenarbeit geben den Kindern Mut und Offenheit zum weiteren "Wirken". Sie erfahren sich in der Gemeinschaft mit ihrer eigenen Selbstwirksamkeit: "Durch mein Zutun geschieht etwas"!
Ein Höhepunkt eines Schrebergartenaufenthaltes ist immer wieder das gemeinsame Essen und Brotzeitmachen - bei schlechtem Wetter in der Gartenlaube, bei schönem Wetter natürlich draußen. Gegessen wird mit Lust und Liebe, einfach mit Genuss. Wer hätte gedacht, dass Kindergartenkinder an Radi, Radiserl oder einem selbst gestrichen Butterbrot, welches in Schnittlauchröllchen gedrückt und gewendet wird, so viel Gefallen finden und mit einfachen Dingen des Lebens zufrieden sein können!
Abschließend möchte ich zusammenfassend sagen, dass unsere Natur- und Erlebnispädagogik zu Lernen mit Kopf, Herz und Hand führt. Nur was ich kenne, kann ich auch schätzen und schützen, was schon bei den kleineren Kindergartenkindern große Wirkung erkennen lässt.
Wir hoffen, unseren Schulgarten noch lange Zeit für uns haben zu können. Und wir danken an dieser Stelle nochmals allen, die dies möglich machen!
Karin Wecker mit Team, Kindern und Eltern