Ursula Lävemann
Kleine Menschen sind von Beginn an mit allen Sinnen ausgestattet, um die Welt zu erkunden: fühlen, hören, schmecken, riechen, sehen. Babys haben ein angeborenes Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Sie können dies zum Ausdruck bringen und ihre Eltern reagieren darauf. Alle sinnlichen Erfahrungen sind wichtig für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der kleinen Menschen und mit jeder Erfahrung lernen sie etwas dazu. Die Bindung zu den Eltern, die durch Geborgenheit entsteht, ermöglicht es dem Kind ein Urvertrauen zu entwickeln. Dies ist die Basis für die Exploration der kleinen Menschen, die sie unaufhörlich dazu antreibt, Neues zu entdecken. Der Motor dieses Erforschens ist die Neugier.
Ohne einen Dialog mit einem Gegenüber kommt das Kind nicht weiter, es lernt sich und seine Handlungen nicht kennen und nicht einordnen. Die sichere Basis der Eltern oder anderer wichtiger Bezugspersonen ermöglicht Exploration. Der kleine Mensch braucht immer wieder die Gewissheit, dass das, worauf er seine Aufmerksamkeit lenkt und das, was er tut bestätigt wird, um diesen Weg in das noch „Unbekannte“ gehen zu können.
Werden die Kinder durch ihre Vertrauenspersonen bestätigt
- in dem, worauf sich ihre Aufmerksamkeit richtet und
- in dem, was sie tun
werden in Ihnen positive Emotionen geweckt. Es entsteht das Gefühl: „Ja, ich kann das“. Das Kind erlebt sich durch die Bestätigung als selbstwirksam und baut seinen Selbstwert auf.
Die Kraft liebevoller Blicke. Foto U. Lävemann
Normalerweise läuft die entwicklungsunterstützende Kommunikation „wie von selbst“. Wenn alles gut geht, muss man sich nicht groß darum kümmern. Ist die Kommunikation gestört, dann gibt es Verunsicherung auf Seiten des Kindes und auf Seiten der erwachsenen Bezugspersonen. Das kann zu kleineren oder größeren Problemen im Alltag führen. Möglicherweise werden die Alltagsschwierigkeiten in der Folge so groß, dass dadurch das Bedürfnis entsteht sich Hilfe zu holen. Der häufigste Anlass für die Arbeit mit der Methode Marte Meo sind Schwierigkeiten im alltäglichen Zusammenleben mit Kindern und/oder mögliche Entwicklungsprobleme.
Die Methode Marte Meo geht davon aus, dass Eltern bzw. erwachsene Bezugspersonen und Kinder intuitive Fähigkeiten haben einen Dialog zu führen, der förderlich für die Entwicklung ist. Dieser Dialog (siehe auch die Ausführungen von Øvreeide u. Hafstad, 1996) hat sieben grundlegende Elemente, die ich hier in einem Schaubild darstellen möchte:
Der natürliche entwicklungsunterstützende Dialog
nach Øvreeide/Hafstad
Anmerkung: Der natürliche entwicklungsunterstützende Dialog ist ausführlich beschrieben in dem Buch „Entwicklung unterstützen - Unterstützung entwickeln“ von Hawellek/Schlippe, 2011, Seite 83.
Maria Aarts, die Begründerin der Methode Marte Meo, hat „Marte-Meo-Checklisten“ als Orientierungshilfe für die Auswertung der Videoclips entwickelt, die auf dem beschriebenen Dialog basieren. (Aarts, Ein Handbuch, 2016 und Aarts/Aarts/Foerster/Bösche, Marte Meo – Möglichkeiten der alltäglichen Entwicklungsunterstützung, 2023) Die Videoclips werden im Kita-Alltag oder im Familienalltag erstellt. Wie schon erwähnt sind Alltagsschwierigkeiten mit Kindern und/oder Entwicklungsprobleme der häufigste Anlass für die Arbeit mit der Methode Marte Meo. Durch die Checklisten kann sich der/die Marte Meo BeraterIn in relativ kurzer Zeit einen Überblick über das Problemfeld und mögliche Lösungsgelegenheiten verschaffen. Ich möchte einige der Checklisten in Kurzform darstellen, um die Arbeit zu verdeutlichen.
Checkliste für die Beobachtung entwicklungsunterstützender Dialoge in Bezug auf die erwachsene Bezugsperson (z.B. Fachkräfte oder Eltern)
Kann die Bezugsperson
|
Zeit im Videoclip
|
Notizen
|
- beobachten und eine Initiative des Kindes erkennen (=wahrnehmen)
|
|
|
- Eine Initiative des Kindes benennen
|
|
|
- Die kindlichen Gefühle benennen
|
|
|
- Abwarten auf die Reaktion des Kindes
|
|
|
- Dem Kind Sicherheit geben durch: Schritt für Schritt Benennen der Initiativen des Kindes und der eigenen Initiativen
|
|
|
- Eine klare Struktur einer Situation schaffen
|
|
|
- Klare Übergänge schaffen durch deutliche Anfangssignale und Endsignale
|
|
|
- Das Kind positive durch die Situation leiten
|
|
|
Beim Ansehen eines Videos wird diese Checkliste mit Beobachtungsmomenten „gefüllt“. Diese sind dann die Grundlage für das Review (das Beratungsgespräch der Methode Marte Meo) und der/die KlientIn erfährt, dass es z.B. für dieses Kind wichtig wäre, seine Gefühle zu benennen, damit es Worte für Alltagssituationen bekommt, diese verstehen lernt und das, was es tut dadurch einen Sinnzusammenhang erhält.
Zufriedene Kinder explorieren gerne. Sie wenden sich einem angebotenen Spielmaterial zu, erkunden es und können sich meist mit ca. 18 Monaten bereits für ca. 10 – 15 Minuten mit einem Material alleine beschäftigen. Sie haben einen Wortschatz von um die 200 Wörter, sprechen 2- bis 3-Wortsätze, sie sprechen in einem sinnvollen Kontext mit einem Teddy oder einer Puppe und wenden sich sehr gerne einem Kommunikationspartner zu. „Mama/Papa guck“, hört man häufig und quasi „überall“. Sie suchen also nach der Bestätigung durch ein Gegenüber. Das können die Eltern oder PädagogInnen sein, oder auch ein anderes Kind.
Spielen macht Spaß. Foto U. Lävemann
Spiel ist ein grundlegender Bestandteil der kindlichen Entwicklung. Das Kind lernt durch das Spielen neue Fähigkeiten und entwickelt seine Persönlichkeit. Das gilt im Besonderen für die sozialen Kontakte. „Spielend“ lernt das Kind seine kognitiven Fähigkeiten ebenso wie Problemlösung, Kreativität und Konzentration kennen und stetig verbessern. Gleichzeitig hilft das Spiel dabei, Emotionen zu verstehen, soziale Kompetenzen aufzubauen und sich selbst auszudrücken. Während des Spielens müssen Kinder sich auf eine Aufgabe konzentrieren und verschiedene Lösungswege ausprobieren, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Dieser Prozess erfordert Fokussierung und Ausdauer, was wiederum die Konzentrationsfähigkeit stärkt.
Marte Meo achtet vorrangig auf die sozialen Kompetenzen der beteiligten Personen. Um die Spielfähigkeiten eines Kindes beurteilen zu können, hat Maria Aarts die Beobachtungscheckliste Spielfähigkeiten (siehe Marte Meo – Möglichkeiten der alltäglichen Entwicklungsunterstützung, 2023, S. 40-47) entwickelt. Einen Auszug aus dieser Checkliste möchte ich an dieser Stelle gerne vorstellen:
Spielfähigkeiten für Kinder 2 bis 3 Jahre
Ursula Lävemann nach: Checklisten Maria Aarts
Ein Kind kann
|
entwickelt
|
das ist zu beobachten
|
- Initiativen selbst auswählen
|
|
|
|
|
|
|
|
|
- eigene Initiativen benennen
|
|
|
- emotionale Äußerungen zeigen
|
|
|
|
|
|
- Initiativen Anderer wahrnehmen (= soziale Aufmerksamkeit)
|
|
|
- (nonverbale) Signale aufnehmen und sich darauf einstellen
|
|
|
- Blickkontakt zu seinem Gegenüber aufnehmen
|
|
|
|
|
|
- seine Alltagsprobleme selber lösen
|
|
|
- sich einem ihm angebotenen Material zuwenden
|
|
|
Ein Kind
|
|
|
- hat Freude am gemeinsamen Spiel
|
|
|
|
|
|
- sucht Bestätigung durch Blickkontakt bei seinem Gegenüber
|
|
|
Mit Hilfe dieser Checkliste können die Spielfähigkeiten eines Kindes im Kita-Alltag beobachtet werden. Es wird erkennbar, welche Fertigkeiten das Kind bereits entwickelt hat, um in ein Spiel eintauchen und mit Spielpartnern zusammen zu spielen können. Die Fertigkeiten, die noch nicht entwickelt sind, gilt es im Alltag so anzuregen und zu unterstützen, dass das Kind diese lernen kann.
Anhand der Checklisten wählt der/die Marte Meo BeraterIn entsprechende Szenen aus dem erstellten Video aus, und zeigt und erläutert diese mit den folgenden drei Fragen, (die Aarts auch Das Marte Meo 3W-Beratungssystem nennt):
Wann ? In welchen Momenten genau ein Kind in Bezug auf die bekannte Schwierigkeit unterstützt werden kann
Was ? Der/die Bezugsperson (Pädagoge/In (Mutter/Vater und andere) konkret tun kann, um das Kind bei seinem nächsten Entwicklungsschritt zu begleiten
Wozu ? Hier wird erklärt wie diese Unterstützung (= das WAS) dem Kind und den Bezugspersonen den Alltag erleichtert, wenn diese Fähigkeit entwickelt wird.
Um zu zeigen, wie in Marte Meo mit den Checklisten gearbeitet wird, habe ich hier ein Filmbeispiel einer Familiensituation gewählt. Die Arbeit mit diesen Checklisten kann natürlich ebenso im Alltag einer Kita verwendet werden.
Ein Beispiel:
Eine Familie kam auf mich zu, da sie sich unaufhörlich durch den 2 1/2-jährigen Sohn gefordert fühlte. Der Junge, nennen wir ihn Lars, wird mir beschrieben als ein Kind, das nur sehr kurze Spielphasen hat. Auf Äußerungen, Ansagen und Wünsche der Eltern geht er kaum ein. Am Tisch bliebe er nur sehr kurze Zeit zum Essen sitzen. Wickeln und ins Bett bringen seien täglich aufs Neue belastende Herausforderungen für die Eltern. Auf unerwartete Situationen, reagiere er mit Wutanfällen. Er äußere sein Unbehagen durch Abwehr, hauen, lautes Schreien. In Spielsituationen komme es rasch zu unangemessenem Verhalten, das schwer zu stoppen sei.
Die Familie nahm Kontakt mit mir auf, da die Mutter während eines Kuraufenthaltes die Methode Marte Meo kennengelernt hatte und damit auch zu Hause weiterarbeiten wollte. Die Aufnahmen wurden im häuslichen Umfeld gemacht und ich danke dieser Familie sehr, dass ich einige Fotos aus den Clips an dieser Stelle verwenden darf.
|
Das erste Video zeigt Lars mit seiner Mutter. Er interessiert sich sehr für die Kamera, will immer wieder die Clips ansehen. Es stehen viele Spielmaterialien zur Verfügung, denen er sich nur kurz widmet. Die Mama bietet ihm ein Material an, er wendet sich diesem zunächst zu. Er entdeckt dann ein Handtuch, mit dem er sich im weiteren Verlauf beschäftigt. Er schüttelt das Tuch aus, deckt etwas damit zu, will es in seinem kleinen Zelt weicher machen, dann leert er die Bauklötze aus und deckt diese mit dem Tuch zu, nimmt mehrere Bauklötze mit dem Tuch hoch. „Anhänger“ sagt er, Mama holt den Anhänger, er lädt die Bausteine auf und sagt „fahren“, er fährt damit zu dem Bulldog. Am Handtuch hat er ein kleines Fädchen entdeckt, das versucht er in den Haken des Bulldogs zu fädeln. Er versucht es mehrmals mit guter Aufmerksamkeit. Als ihm das Einfädeln nach einer Weile nicht gelingt, wendet sich wieder dem Handtuch zu und wedelt damit herum.
Im weiteren Verlauf wirft Lars schließlich das kleine Handtuch durch dem Raum, auch auf seine Mama. Das Spiel ist zuerst lustig, bald zeigt sich, dass Lars von der Mama benannte Grenzen nicht akzeptieren möchte, schließlich macht er die Türe auf, schmeißt das Handtuch aus dem Raum und läuft hinterher und lacht. An dieser Stelle wird das Filmen beendet.
In dem Clip war zu sehen, dass Lars Spielideen hat und diese umsetzt. Seine Mutter schaut ihm zu, benennt, was sie sieht. Die Anregungen der Mutter nimmt er in diesem ersten Film selten an.
Anhand der o.a. Checkliste möchte ich die Fertigkeiten die Lars in diesem Clip zeigt dokumentieren. Die Spalten, die nicht angekreuzt wurden sind Hinweise auf seinen derzeitigen Entwicklungsbedarf. Anschließend wird dann mit den Eltern besprochen wie sie Lars unterstützen können, damit er seine Kompetenzen weiter entwickeln kann, um besser in Kontakt mit seiner Umgebung kommen zu können.
Lars hat Spielideen - Fotos U. Lävemann
Spielfähigkeiten für Kinder 2 bis 3 Jahre
Ursula Lävemann nach: Checklisten Maria Aarts
Ein Kind kann
|
entwickelt
|
Das ist zu beobachten
|
- Initiativen selbst auswählen
|
x
Er kann Initiativen auwählen. Es zeigt sich, dass Lars von selbstgewählten Aktivitäten nur schwer abweichen kann.
|
|
|
x
|
|
|
x
|
|
- eigene Initiativen benennen
|
x
Lars spricht meist in Ein-Wort-Sätzen.
|
|
- emotionale Äußerungen zeigen
|
X
Lars findet es lustig, wenn das Handtuch durch den Raum fliegt, er lacht.
|
|
|
X
Ein kurzer Blickkontakt verschaffen Lars und seiner Mama die Möglichkeit Freude zu teilen. Das Beziehungskonto wird „aufgefüllt“.
|
|
- Initiativen Anderer wahrnehmen
(= soziale Aufmerksamkeit)
|
x
|
|
- (nonverbale) Signale aufnehmen und sich darauf einstellen
|
|
Lars guckt eher wenig zu seiner Mama, deshalb übersieht er wichtige Signale.
|
- Blickkontakt zu seinem Gegenüber aufnehmen
|
|
Dadurch, dass er wenig Blickkontakt aufnimmt, sieht er das bestätigende Gesicht seiner Mama nicht.
|
|
|
Das ist in dieser Filmsequenz nicht zu beobachten.
|
- seine Alltagsprobleme selber lösen
|
|
Eine Regulation in Bezug auf sein unpassendes Verhalten am Ende der Spielsequenz schafft er nicht.
|
- sich einem ihm angebotenen Material zuwenden
|
x
(für ca. 1 Minute)
|
|
Ein Kind
|
|
|
- hat Freude am gemeinsamen Spiel
|
|
Er spielt allein, die Mama schaut zu und er bezieht sie nicht ein.
|
|
|
Nachdem er noch nicht „Ich“ sagt und die Mama wenig anspricht ist davon auszugehen, dass er eine Vorstellung des Unterschieds von Ich und Du noch nicht ausreichend entwickelt hat.
|
- sucht Bestätigung durch Blickkontakt bei seinem Gegenüber
|
|
Das passiert in dieser Filmsequenz selten.
|
Lars zeigt, dass er sich nicht lange auf ein Spiel konzentrieren kann. Er hat kreative und ungewöhnliche Ideen, die er benennt, die lustig sind und rasch zu überbordendem, nicht mehr der Situation angemessenen Spielverhalten führen. Aufforderungen nach einem „ Stop“ sind schwierig für ihn umzusetzen. Dadurch, dass er sein Gegenüber wenig anschaut (weil er eher dem Material zugewandt ist) sieht er nicht die Veränderungen in der Mimik und kann von daher sein Verhalten an diese noch nicht anpassen.
Anhand der Checkliste für die Beobachtung entwicklungsunterstützender Dialoge durch die erwachsene Bezugsperson können wir in den für das Review erstellten kurzen Videoclips sehen, welche Möglichkeiten, in diesem Fall die Mutter, mehr nutzen könnte, um in Alltagssituationen neue Impulse zu setzen. In Marte Meo kommt es darauf an, die „kleinen Momente“ zu beachten, denn hierin stecken die Entwicklungspotentiale der KlientInnen. Ein Beispiel aus der obigen Checkliste möchte ich exemplarisch mit vertiefen.
Im anschließenden Review werden diese Momente in Kurzclips gezeigt und mit Hilfe der Marte Meo 3W-Beratungsmethode besprochen. In den Reviews werden zuerst immer die unterstützenden Entwicklungsmomente gezeigt. Wir feiern diese Momente in der Marte Meo Beratung, denn daraus entsteht die Energie, die wichtig ist, um neue Entwicklungsprozesse zu initiieren.
Lars kommt aus dem Zelt Foto U. Lävemann
Wann
|
In dem Moment, in dem das Kind ein zu der Situation passendes Verhalten zeigt.
|
Mama sagt: „Lars komm doch aus dem Zelt, hier draußen können wir besser zusammen spielen.“
Diese Aufforderung ist eine positive Anleitung.
Das Kind kooperiert und kommt aus dem Zelt heraus. Im Review wird der Mutter dieses passende Verhalten des Kindes gezeigt. Das ist für die Mutter eine Bestätigung: ich kann mein Kind leiten, so dass es sich kooperativ verhält.
|
Was
|
Passende Initiativen und passendes Verhalten wahrnehmen und benennen/
bestätigen.
|
„Oh, ja, du bist aus dem Zelt herausgekommen.“
|
Wozu
|
Das Kind lernt zu erkennen, was zu einer Situation passt. Bekommt es eine Bestätigung dafür, lernt es die Anforderung der Umgebung kennen und lernt zunehmend sich danach zu richten. Das könnte Lars dabei helfen wichtige soziale Signale zu bemerken.
|
Die Mutter verbalisiert die Situation und schafft eine wertschätzende Atmosphäre.
Das könnte dabei helfen, einen Blickkontakt häufiger herzustellen.
|
Blickkontakt. Foto U. Lävemann
Kleiner Dialog zwischen Mama und Lars:
M: „Ja, nun bist du aus dem Zelt herausgekommen und schüttelst das Tuch“ (Initiative wahrnehmen und benennen) – L: „Ja“ – M: „Magst du es hier herlegen“ – L: „Nein“ – M: „Nein, nicht da herlegen?“ (Lars Aussage bestätigen) – L: „Nein“ - Lars guckt die Mama an und kann das bestätigende Gesicht seiner Mama sehen.
|
Dies ist ein Moment des Verstehens für Mama und Lars – das Beziehungskonto wird aufgefüllt. Es ist ein wertvoller Moment zur Stärkung der Vertrauensbasis zwischen Mutter und Kind. Ein möglicher Beginn für Lars mehr Blickkontakt aufzunehmen und seine Aufmerksamkeit auf seine Mama zu lenken, um seine Umwelt besser kennenzulernen und in seine Welt mit einzubeziehen.
Maria Aarts sagte zu einem ähnlichen Fall:
In vielen Filmen sehen wir, dass er nicht umherschaut. Das sagt uns: er nimmt keine sozialen Signale auf. Er ist sich der Gegenwart der anderen Leute um ihn herum nicht bewusst. Da er nicht wahrnimmt, dass es in seiner Welt noch andere Menschen gibt, sind es nur seine eigenen Gefühle, die ihn ausfüllen. Daher braucht er Unterstützung, wenn er lernen soll „andere Menschen zu sehen.“ (Aarts – Marte Meo Handbuch. 2016)
Marte Meo Begriffe
Marte Meo Checkliste
Maria Aarts: „Die Marte Meo Entwicklungscheckliste habe ich seit den 1980iger Jahren entwickelt als ein Werkzeug für Therapeuten. Sie sollen helfen anhand von Videoausschnitten aus alltäglichen Interaktionsmomenten des Kindes eine Entwicklungsdiagnose zu stellen. Dadurch wird der Blick auf das gelenkt, was das Kind an sozialen Fähigkeiten bereits entwickelt hat und nicht auf das problematische Verhalten. Mit dem Ergebnis der Entwicklungsdiagnose kann der Therapeut die Marte Meo Informationen benutzen, um zu sehen, wie das Kind im alltäglichen Umgang in seiner Entwicklung unterstützt werden kann und wie damit der Entwicklungsprozess wieder hergestellt werden kann. (Aus: Marte Meo Handbuch. 2016)
Wer sich intensiver mit den Marte Meo Checklisten auseinandersetzen möchte findet mehr und ausführlichere Checklisten in dem Buch: Marte Meo – Möglichkeiten der alltäglichen Entwicklungsunterstützung. Wer das Buch kauft kann diese direkt beim Verlag downloaden.
Weitere Checklisten finden sich in dem Buch: Marte Meo Methode für Schulen von Josje Aarts. Die in diesem Buch inkludierte CD verdeutliche die erläuterten Checklisten.
Soziale Aufmerksamkeit
Darunter versteht man in Marte Meo, dass ein Kind in der Lage ist, sich in einer Gruppe zurecht zu finden. Ein Kind nimmt andere Kinder wahr, interessiert sich für diese und sucht nach Kontakt und kann auch mal alleine spielen. Es kann abwarten, bis es an der Reihe ist, kann teilen und Freude haben an einem gemeinsamen Spiel.
Marte Meo 3W-Beratungssystem: Wann – Was - Wozu
Das Marte Meo 3W-Beratungssystem ist als Leitfaden für die Beratung in den Reviews gedacht. Es gibt dem Review eine Struktur und erleichtert es dem/der Marte Meo Berater/In die Basisinformationen für die konkrete Unterstützung spezieller Fähigkeiten für den Alltagskontext zu verdeutlichen. Zu jeder Information wird ein kurzer Clip aus den erstellten Videos gezeigt.
Marte Meo Aus- und Weiterbildung
Wer Interesse an einer Marte Meo Weiterbildung hat, findet sicherlich im Internet ein wohnortnahes Ausbildungsinstitut. Das Marte Meo Netzwerk ist in Deutschland vielfältig.
Der nächste Baustein dieser Marte Meo Info Reihe wird sein:
Folgen und Leiten als Elemente einer entwicklungsförderlichen Eltern-Kind-Interaktion.
Literatur
Aarts, M. (2016): Marte Meo Handbuch Marte. Niederlande: Aarts Produktion.
Aarts, M., Aarts, J., Foerster, A., & Bösche, H. (2023): Marte Meo: Möglichkeiten der alltäglichen Entwicklungsunterstützung. Verlag Herder GmbH
Aarts, Josje (2005): Marte-Meo-Methode für Schulen. Eindhoven: Aarts Productions.
Berk, L. E. (2005). Entwicklungspsychologie (3. Auflage ed., p. 1066): München, Boston, San Francisco, Harlow, Don Mills, Sydney, Mexico City.
Bunder, P., Sirringhaus-Bunder, A., & Helfer, A. (2015): Lehrbuch der Marte-Meo-Methode. Entwicklungsforderung mit Videounterstutzung.
Hawellek, C. (2016): Marte Meo im Überblick. BoD – Books on Demand.
Hawellek, C./Schlippe, A. (2011): Entwicklung unterstützen -Unterstützung entwickeln. Vandenhoeck & Ruprecht Gmbh & Co.
Kiem, B./Lävemann, U./Meyer, H./Strobl, C. (2019): Marte Meo - Aus der Praxis für die Praxis.Westarp BookOnDemand.
Kiphard, E. J. (2014): Wie weit ist ein Kind entwickelt. Dortmund: Verlag modernes lernen.
In diesen Fachartikel von Kita Online finden Sie weitere Informationen zu Marte Meo und Elternarbeit:
Marte Meo-Methode - Entwicklungsförderung mit Videounterstützung. Ein Überblick.
Peter Bünder
Vektorgrafik von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Danke an die Menschen, die mir gestattet haben, Fotos aus meiner Marte Meo Arbeit in diesem Fachartikel zu veröffentlichen.
Die Autorin
Ursula Lävemann
Lizenzierte Marte Meo Supervisorin - NMMI (Norddeutsches Marte Meo Institut) - Ansprechpartnerin München
http://www.marte-meo-muenchen.de/