Was können Leitungskräfte tun, um ihre Führungskompetenzen zu entwickeln?

Volker Fischer

Leitungskräfte nehmen in Teams von Erzieherinnen eine besondere Position ein. Sie befinden sich mitunter im Spannungsfeld ihrer Doppelrolle als Mitglied des Teams und ihrer Position als Leitungskraft Was können Leitungskräfte tun, um ihre Führungskraft so zu entwickeln, dass sie sich wirklich in der Lage fühlen, ein Team kompetent und effektiv zu leiten?

Aufgaben von Leitungskräften

Zunächst einmal ist eine Leitungskraft für die Erziehung der Kinder und Jugendlichen verantwortlich, die in ihrer Einrichtung sind. Darüber hinaus muss sie für die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags und die Einhaltung pädagogischer Standards sorgen. Sie ist für die gesamte Einrichtung verantwortlich. Da Leitungskräfte z.B. im Kindergarten vom normalen Gruppendienst ganz bzw. teilweise freigestellt sind, ist es möglich (und notwendig), dass die Leitung auch übergeordnete und repräsentative Aufgaben erfüllen kann.

Die Rollenerwartung erstreckt sich weit über eine umfassende Fachkompetenz hinaus. Eine Leitungskraft muss Ansprechpartner sein für ihre Mitarbeiterinnen und die Einrichtung gut nach außen vertreten. Sie muss in der Lage sein, ihre fachliche Kompetenz an Mitarbeiterinnen vermitteln zu können und diese in schwierigen Situationen zu beraten. Sie muss Konflikte klären und den alltäglichen Ablauf in der Einrichtung "im Griff haben".

Leitungskräfte sind Mitglied des Teams und haben durch ihre Aufgabenbereiche eine besondere Stellung in der Einrichtung. Sie müssen Entscheidungen treffen und Weisungen erteilen. Dies verlangt eine Reihe von Kompetenzen, und nicht selten kann dies zu Spannungen und Rollenkonflikten kommen. Sie sind außerdem meistens verantwortlich für die Auswahl von geeignetem Personal.

Die Leitungskraft muss nicht nur die Einrichtung und ihr Personal führen, sondern sie ist auch im wesentlichen für den reibungslosen Ablauf des alltäglichen "Dienstleistungsgeschäfts Kindertagesstätte" verantwortlich. Dazu gehört auch die Anleitung von Erzieherinnen, die sich in der Ausbildung befinden. Sie ist zuständig für die Gestaltung der Dienstpläne und der Kommunikationsstrukturen der Einrichtung. Leitungskräfte sind hohen Erwartungen und Ansprüchen ausgesetzt. Deshalb ist es notwendig, dass sie ihre Leitungskompetenz in qualifizierten Fort -und Weiterbildungsgängen (z.B. als Sozialfachwirtin) kontinuierlich weiterentwickeln.

Die wesentlichen Aufgaben von Leitungskräften sind in der folgenden Aufstellung zusammengefasst:

Von einer Leitungskraft wird erwartet, dass sie...

  • den täglichen Ablauf der Einrichtung plant und organisiert,
  • für die Einhaltung pädagogischer Standards verantwortlich ist,
  • die Einrichtung in der Öffentlichkeit repräsentiert,
  • fachkompetente pädagogische Arbeit macht,
  • Personal auswählt und führt,
  • Mitarbeiter und Praktikantinnen berät und anleitet,
  • Kommunikations- und Informationsstrukturen installiert,
  • Entscheidungen trifft und Weisungen erteilt,
  • Aufgaben delegiert und Teamarbeit fördert.

Erkennen Sie sich? - Leitungstypen und Führungsstile

Leitungskräfte sind auch nur Menschen. Die Art und Weise, eine Einrichtung zu leiten, hängt größtenteils von der Persönlichkeit der Leitung ab. Im folgenden werden Typen und Führungsstile vorgestellt.

Zwei unterschiedliche Leitungstypen

1. Die Herrscherin

Dieser Typus beherrscht die Kindertagesstätte. Macht ist kein Fremdwort für sie. Sie ist die Stärkste und duldet wenig Widerspruch. Es wird gemacht, was sie sagt - diskutiert wird gar nicht bis selten und wenn, dann nur über Nebensächlichkeiten. Sie dominiert und unterdrückt, sie hat das Sagen. Punkt! Wenn es sein muss, vertritt sie ihre Interessen auch gegen die Gruppe ihrer Mitarbeiterinnen. Denn hier gibt es wenig Miteinander. Unter den Mitarbeiterinnen verursacht sie Angst und Schrecken. Manche werden begünstigt, manche ausgestoßen. Es bilden sich Sündenböcke, das Team wird gespalten. Kolleginnen spielen sich gegenseitig aus. Ein wunderbarer Nährboden für Neid und Missgunst, Macht und Ohnmacht und für den Ausbau des Machtzentrums der Herrscherin...

2. Die Führerin

Dieser Typus entwickelt sich aus der Berufserfahrung heraus. Sie ist die am besten geeignete Leitungsperson und wird von allen anerkannt. Sie ist kompetent und zuverlässig. Ihre soziale Motivation ist hoch. Sie legt besonderen Wert auf das Miteinander im Team. Ziele und Aufgaben der Einrichtung stehen hier ganz oben. Der Sinn und Zweck des Teams ist klar. Gemeinsame Interessen werden gefördert. Durch ihren Führungsstil schafft die Leitungskraft Vertrauen und Zusammenhalt in der Gruppe; sie bezieht alle in Entscheidungsprozesse ein. Kritik und Anerkennung verteilt sie gleichmäßig.

Beide Beschreibungen sind sicher ein wenig übertrieben. Wie sooft im Leben liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, so auch bei diesen beiden "Typen". Jeder von uns ist jedoch sicher schon Menschen begegnet, die der einen wie der andern Beschreibung ziemlich nahe kamen. Wählen Sie selbst...

Leitungsstile

Der Leitungsstil einer Leitung beeinflusst das Miteinander im Team und die pädagogische Arbeit mit den Kindern sowie die Außendarstellung (z.B. über die Elternkontakte). Gutes Leitungsverhalten ist nur begrenzt trainierbar. Leitungspersönlichkeiten müssen mit ihrer Persönlichkeit hinter dem stehen, was sie machen. Im Grunde unterscheidet man vier unterschiedliche Leitungsstile: der elterliche, der autoritäre, der laissez-faire und der partnerschaftliche Leitungsstil. Alle Stilformen unterscheiden sich hinsichtlich des Verhaltens der Leitungskraft und ihrer Auswirkungen auf das Team und die Gruppenmitglieder.

1. "So wird's gemacht!" - Der patriarchalische Führungsstil

Der elterliche Führungsstil setzt eine sehr aktive Leitungskraft voraus. Sie leitet matriarchalisch und fürsorglich, lässt den Mitarbeitern dabei allerdings wenig eigene Entscheidungsspielräume Diese verfallen dadurch eher in ein kindliches Verhalten und sind dementsprechend angepasst oder aufmüpfig. Die Atmosphäre kann z.B. durch Respekt gepaart mit Angst vor Liebesentzug betont sein. Das Team wirkt unselbständig. Die Kommunikation im Team findet am ehesten auf einer familiären Ebene statt.

2. "Macht mal!" - Der Laissez-faire-Stil

Laisser-faire kommt aus dem Französischen und heißt "machen lassen". Hier zeigt sich die Leitungskraft sehr passiv. Sie äußert weder Kritik noch Anerkennung. Es gibt also wenig Rückmeldung. Sie wirkt gleichgültig. Es finden kaum Entscheidungsprozesse statt. Alles läuft eben so, wie es gerade läuft. Im Team kann sich unter einer solchen Leitung schnell Lustlosigkeit und Aggression breit machen. Da jeder macht was er will, kann leicht eine Atmosphäre von Rücksichtslosigkeit entstehen. Die Arbeit hat wenig Kontinuität und wirkt bisweilen strukturlos. Übertragen auf die Erziehungsstile spiegelt sich dies Art der Leitung in der antiautoritäre Erziehung.

3. "Ich sage, wo's langgeht!" - Der autoritäre Leitungsstil

Hier finden wir eine Leitung, die anderen wenig eigene Entscheidungsspielräume lässt. Es werden Befehle ausgegeben. Die Leitung "kommandiert". Kritik und Anerkennung werden auf der Beziehungsebene kommuniziert ("Du bist blöd" oder "Gut gemacht, Kleines!"). Eine autoritäre Leitung unterbricht oft die Arbeit und lässt wenig Arbeitsfluss zu. Sie "dirigiert" ihr Team, und es gibt wenig Absprachen. Eine gemeinsame Arbeitsplanung ist schwer durchzusetzen. Für die Mitarbeiterinnen sind Arbeitsaufträge oft nicht nachvollziehbar. Im Team herrscht eine erhöhte Reizbarkeit. Die Stimmung ist leicht aggressiv. Die Mitarbeiterinnen zeigen dabei wenig Eigeninitiative und sind anweisungsorientiert. Das Verhalten spannt sich dabei von übertriebener Unterwürfigkeit bis rebellisch.

4. "Was können wir gemeinsam tun?" - Der partnerschaftliche Leitungsstil

Eine Leitung, die diesen Stil kultiviert, lässt ihren Mitarbeitern viel Spielraum zur Eigeninitiative und fördert somit die Selbstständigkeit des Teams. Bei Entscheidungsprozessen wird das gesamte Team mit einbezogen. Kritik und Anerkennung werden auf der Sachebene ausgesprochen, und es wird ein verständnisvoller Umgang mit Gefühlen kommuniziert. Die Teammitglieder unterstützen sich gegenseitig, sind freundlich und hilfsbereit. Im Kontakt mit der Leitung besteht eine persönliche Ebene. Das Team zeichnet sich durch Konfliktfähigkeit und konstruktive Zusammenarbeit aus.

Zwei in einem - Leitungsteam

Eine besondere Form von Leitung ist das Leitungsteam. Ein gutes Leitungsteam zeichnet sich dadurch aus, dass die Leitungspersönlichkeiten sich gut ergänzen und ihr kreatives Potenzial zielgerecht einsetzen. Sie müssen ähnliche Auffassungen vom Leitungsverständnis haben und dürfen nicht konfliktscheu sein. Ein gutes Leitungsteam hebt sich außerdem durch eine hohe fachliche, organisatorische und soziale Kompetenz hervor.

Wenn man mit der einen oder anderen beschriebenen Führungskraft bisher irgendwann zu tun gehabt hat, wird man erkennen, dass es sich hierbei um Typisierungen handelt. Die Wahrheit liegt immer etwas daneben bzw. in der Mitte. Trotzdem lässt sich vieles davon im Alltag von Erzieherinnen finden.

Leitungskräfte sind meistens für die gesamte Arbeit in der Einrichtung zuständig. Das heißt allerdings nicht, dass sie alles alleine tun müssen. Im Gegenteil, sie sollten einige Arbeiten delegieren, um sich nicht zu überfordern und um die Effektivität der Arbeit nicht zu gefährden. Dafür ist eine gute Teamarbeit unter der Voraussetzung von Kooperation und Vertrauen notwendig.

Zunächst einmal kann die Leitung dafür sorgen, dass sich die Teammitglieder mit ihren unterschiedlichen Arbeitsauffassungen und pädagogischen Perspektiven gegenseitig kennen lernen. Sie fördert die Kooperationsbereitschaft ihres Teams, indem sie z.B. Arbeitsgruppen in Kleinteams initiiert. Darüber hinaus sollte sie für klare Kommunikationswege (regelmäßige Dienstbesprechungen, Informationsfluss...) und die Einhaltung dieser Strukturen sorgen.

Sich fortbilden hilft zu führen

Die Leitungskraft delegiert und überträgt Verantwortung auf ihre Mitarbeiterinnen. Dadurch wird die Motivation der Mitarbeiterinnen gefördert, die Ziele und Aufgaben der Einrichtung selbstverantwortlich zu verfolgen. Die Leitungskraft unterstützt einzelne Mitarbeiterinnen durch konstruktive Kritik und Anerkennung. Sie spricht z.B. besondere Fähigkeiten an und hebt Leistungen hervor. Sie sollte sich regelmäßig fortbilden und sollte keine Autoritätsprobleme haben. Letztendlich und vor allem sollte sie sich selbst kontinuierlich und konstruktiv mit ihrer eigenen Persönlichkeit und ihrer Leitungsfunktion auseinandersetzen.

Bei einer Befragung von Erzieher und Erzieherinnen, die in Leitungsfunktionen aufgestiegen sind, wurde deutlich, dass annähernd der Hälfte aller Befragten nicht oder nur unzureichend klar war, worauf sie sich hinsichtlich einer Leitungsfunktion einlassen. Nahezu 40% wurden mehr oder weniger gedrängt, eine Leitungsfunktion zu übernehmen. In der Regel fand keine Einarbeitung statt; nur ungefähr die Hälfte der betreffenden Personen nahm an einschlägigen Fortbildungen teil, 85% davon erst nach Antritt ihrer neuen Funktion. Zudem haben die OECD-Studien der letzten Jahre einen Qualifizierungsbedarf u.a. in den Bereichen Leitungsmanagement, Organisationsentwicklung und Personalführung festgestellt.

Die Weiterbildung zur/zum Sozialfachwirt/in bietet diesen Fachkräften das gesamte Spektrum von Führungskompetenzen zur Entwicklung an. Die Inhalte der Weiterbildung behandeln in dreizehn über zehn Monate verteilten, aufeinander aufbauenden Wochenendseminaren für die Leitungstätigkeit von Erzieherinnen relevanten Bereiche wie Personalmanagement, Organisationsentwicklung, Gesprächsführung und Teamentwicklung.

Am Ende der Weiterbildung können die Teilnehmenden ihre fachliche Qualifizierung für Führungs- und Managementaufgaben mit der Zertifizierung zur/zum Sozialfachwirt/in nachweisen. Zielgruppe ist das pädagogische Personal in Kindertagesstätten sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen für Führungs-, Verwaltungs- und Managementaufgaben.

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