Übergänge in Kita Teams systemisch-theaterpädagogisch begleiten

Martina Ruggeri-Neuscheler

Ein Blick in die sozialpädagogische Praxis – mögliche Ausgangssituation

Das Team der Kita Sonnenschein ist mit zwei neuen Kolleginnen ergänzt worden. Eine langjährige Kollegin wird zur Leiterin der Einrichtung. Eine Berufspraktikantin wird zur pädagogischen Fachkraft und verbleibt in der Einrichtung. Das Team wendet sich an die Fachberatung des Trägers, die daraufhin auf die Fortbildung zur Teambildung einer Theaterpädagogin hinweist.

Berufliche Übergänge im System Kita

Ein Übergang wird in der Pädagogik Transition genannt (https://www.duden.de/rechtschreibung/Transition, zuletzt 13.10.23). Transitionen bedeuten Veränderungen, die häufig mit einer Neuausrichtung einhergehen oder durch diese ausgelöst werden. Zum Beispiel durch die Geburt eines Kindes, dem Verlust einer Arbeitsstelle oder dem Neustart in einem Arbeitsumfeld. Wichtige Transitionen können in jeder Lebensphase identifiziert werden. Mit Blick in den Kontext der Kindertageseinrichtung und auf die Person der Erzieherin ist eine Transition beispielsweise der Rollenwechsel von der Praktikantin hin zur eigenverantwortlichen pädagogischen Fachkraft mit Gruppenleiteraufgaben. Oder auch der „Rollenwechsel“ von der pädagogischen Fachkraft hin zur Leitungskraft in einer Kindertageseinrichtung.

Exemplarische Bestandteile für eine Kita – Team Fortbildung mit systemisch-theaterpädagogischer Ausrichtung

Je nach Zielsetzung und Rahmenbedingungen wäre es möglich z.B. eine eineinhalbtägige Fortbildung zu konzipieren. Das Grobziel wäre, dass das Team die vergangene(n) Transition(en) verarbeitet und sich für die anstehende z.B. den Leitungswechsel stärkt. Es könnten weitere operationalisierten Ziele ermöglicht werden.

Ziel 1: Das Team stärkt sich als eine Gemeinschaft und erlebt dabei die Wirkung von Zielsetzungen wie Klarheit und Verantwortung. (Verarbeitung vergangener Transition)

Ziel 2: Das Team erhält die Möglichkeit Wünsche und Erwartungen, Sorgen und Unsicherheiten zu erarbeiten. (Verarbeitung und Aussicht auf anstehende Transition)

Ziel 3: Das Team etabliert Rituale, die sie stärken z.B. eine ressourcenorientierte Feedbackkultur. (In Aussicht auf anstehende Transition)

Ziel 4: Das Team übt sich im Perspektivenwechsel und einer adäquaten Kommunikation zu inneren Anteilen. (In Aussicht auf anstehende Transition)

Systemisches Grundverständnis

Grundsätzlich finden Systeme ihre Abgrenzungen immer aus Sicht einer jeweiligen (Außen-)Perspektive, wodurch sie sich von der Außenumwelt unterscheiden lassen. D.h., wer alles zu einem System gehört, ist eine individuelle oder gruppenbezogene Einschätzung bzw. Entscheidung.

Ein häufig verwendetes Bild zur Erklärung eines Systems ist das Mobile. Dieses ist die Organisation einzelner Elemente. Wenn ein einzelnes Teil in Bewegung kommt, so werden auch die anderen in Bewegung kommen, demnach es zu so genannten „Interdependenzen“ (vgl. Mosell 2016, S.22) kommt und eine gegenseitige Einflussnahme die Folge ist. Um im verwendeten Bild zu bleiben, kommt das Mobile (als System) deshalb in eine Veränderung, da sich einzelne Elemente bewegen und damit einen Einfluss auf das Gesamtsystem nehmen bzw. Veränderung erwirken können.

Die Beteiligten eines Systems stehen in einer Wechselwirkung zueinander und nehmen Einfluss aufeinander. Dadurch wird ein monokausaler Blick zugunsten einer Mehrperspektive abgelöst. Wenn sich die Menschen in einem System beeinflussen, so verändern sich Situationen und Zusammenhänge. Es kommt bestenfalls zur Erweiterung verschiedener Wirklichkeiten, die der Mensch selbstständig, d.h. autonom konstruiert. Das in der systemischen Pädagogik verwendete Menschenbild ist „positiv und auf soziale Ressonanz und Kooperation“ ausgelegt (vgl. Mosell sowie Bauer in Mosell, 2016, S. 30).

Grundhaltung(en) systemischer Pädagogik

Als wesentliche Grundhaltung(en) systemischer Pädagogik (vgl. Mosell 2016, S. 25) können die folgenden genannt werden. Das Bemühen um Kontextualisierung, die Berücksichtigung von Wechselwirkungen und der Kommunikation sowie die Verbindung von Innen-, Außen- und Metaperspektive.

Dem zu folge bietet das Verständnis des systemischen Ansatzes in der Pädagogik u.a. einen dekonstruierenden Blick auf Verhaltensauffälligkeiten oder andere Dysbalancen, wie diese auch in Arbeitsteams vorkommen. Aus systemischer Perspektive handelt es sich dabei nicht um ein „individuelles Phänomen“ (vgl. Mosell 2016, S. 24) sondern ist vielmehr ein „gemeinsames Geschehen“ (ebd., S. 24), zu welchem sich die Beteiligten (z.B. die Erzieher*innen) einbringen.

Im Zusammenhang des Lehrplans für angehende Erzieher*innen ist die systemische Sichtweise im Handlungsfeld Unterschiedlichkeit und Vielfalt leben zu finden. Der systemisch-konstruktivistische Ansatz wird hier als ein möglicher Erklärungsansatz für auffälliges Verhalten benannt (vgl. Lehrplan für das BK: Unterschiedlichkeit und Vielfalt leben 2010, S. 9, online). Im weiteren Verlauf werden Bezugspunkte zu systemischen Beratungsmethoden hergestellt. Dies ist angebracht, da die benannten Methoden in der Erwachsenenbildung Eingang finden und damit auch in einem Fortbildungsangebot theaterpädagogisch umgesetzt werden können.

Definition einer Theaterpädagogik

Das Wörterbuch der Theaterpädagogik von Koch und Streisand ist ein umfangreiches Werk, das sich der Erklärung der Theaterpädagogik auf rund 360 Seiten annimmt. Um nun eine Definition ermöglichen, die wichtige Aspekte aufnimmt und in gleichem Maße noch schlank und operationalisiert „daherkommt“, bedarf es einer Auswahl. Die Theaterpädagogik wird als ein „Spiel des Lebens“ verstanden (vgl. Becker 2013, S. 11). Das Theater als einen dritten Raum betrachtet Höhn in ihrem Buch Theaterpädagogik. Höhn erschafft diesen Raum, in dem das „Wir tun so als ob“ eine gemeinsame Verabredung zum Spiel ist. (vgl. Höhn 2018, S. 11). Mit dieser Vereinbarung formuliert sie eine „Einladung und zugleich eine Erlaubnis, in andere Rollen und Situationen zu schlüpfen“ (ebd., S. 11).

Eine für diesen Beitrag sehr passende und damit auch abschließende Betrachtung erscheint die von Hippe (vgl. Höhn 2018, S. 7). Er beschreibt die Theaterpädagogik als eine Möglichkeit der unterschiedliche(n) Zugänge zum Theatermachen für alle. (vgl. ebd.).

Zum Selbstverständnis der Theaterpädagogik

„Theaterpädagogik ist verwurzelt in der Realität. Sie versucht, Realität nachzuvollziehen und zu begreifen(...). Sie schafft, entwickelt und ordnet Beziehungen zu Menschen, Orten, dem Umfeld und zu sich selbst.“ (vgl. Becker 2013, S. 124)

Demnach die Theaterpädagogik „vielfältige“ und „verschlungene Wege“ (ebd.) findet, Menschen in einen Spielfluss zu bringen, sie in ihrer Persönlichkeit zu stärken und Potentiale freizulegen. Die Theaterpädagogik ist „ganzheitlich ausgerichtet“, so Becker, so dass das Bewegen, Fühlen, Denken und Handeln im Zusammenspiel aktiviert wird. Die Theaterpädagogik arbeitet mit Einzelnen, aber auch in Gruppen und kann als eine allumfassende Aktivierung des Menschen betrachtet werden.

Höhn beschreibt den so genannten „theaterpädagogischen Aktionsraum“ als eine Schiffsreise, auf der die Spielleiterin begleitet und steuert. Dabei hat der Theaterpädagoge/ die Theaterpädagogin auch das Ziel „differenziertes und konstruktives Feedback zur Weiterentwicklung (...)“ (vgl. Höhn 2018, S. 14-15) zu geben. Zwar liegt der Fokus hier auf der Vorbereitung einer Inszenierung, aber diese Haltung ist auch auf die theaterpädagogische Begleitung von Kita-Teams übertragbar.

Abriss von Gemeinsamkeiten: Die systemische Didaktik in der Theaterpädagogik

Da der Theaterpädagoge in der Zusammenarbeit mit einer Gruppe durch Interaktion sofort in einen Lehr- Lernprozess einmündet, ist es wichtig das systemische in der Didaktik zu kennen. Auf die Frage wozu, könnte genannt sein, da sich darin die Gemeinsamkeiten beider Richtungen entdecken lassen. In diesem folgenden Abschnitt soll exemplarisch auf das Systemische in der Lehr-Lern-Situation, der so genannten Didaktik eingegangen werden. Ausgehend von den bisherigen Ausführungen gibt es keine objektive Realität. Dem Konstruktivismus folgend basiert die Objektivität auf der subjektiven Wahrnehmung und dem Beimessen einer individuellen Bewertung. Die Pädagogik im Allgemeinen und die Theaterpädagogik im Besonderen regen im Sinne einer „künstlerischen, theatralen Gestaltung“ an, den „Prozess der Selbstorganisation von Wissen zu verstehen.“ (vgl. Anklam u.a., 2018)

Theaterpädagogik eröffnet damit einen Aktionsraum, der aus Anregung und vorausschauender Gestaltung Lernen ermöglicht. Dabei ist der Theaterpädagoge, so Anklam, aufgefordert in einem Konglomerat aus Ich, Wir und Sache „kommunikationsorientierte Möglichkeiten und Räume zu schaffen, welche die subjektiven Erfahrungsbereiche der Teilnehmenden ansprechen“ (vgl. ebenda). Im theaterpädagogischen Handeln erfolgt damit eine individuelle (Aus-) Wirkung auf die Teilnehmer*innen, gleich in welchem Kontext. Mit Blick auf eine theaterpädagogische Begleitung im Sinne einer Teamfortbildung gibt es also einen Auftrag oder auch als „Problemdefinition“ benennbar, der im Fokus steht. Dies kann im Allgemeinen die Transition als solches sein oder aber auch die Herausforderungen, die sich durch diese ergeben. Die Theaterpädagogin schafft, gemeinsam mit dem Team, eine theatrale Wirklichkeit, in welcher eigene Bilder entstehen. Das sich daraus ergebene Spiel bildet dann die subjektiven Wirklichkeiten der beteiligten Personen ab. Mit einer erweiterten Sicht darauf, wird eine, möglicherweise neue Ebene „eingezogen“, die eine Metaperspektive ermöglicht. Team-Mitglieder wechseln die Perspektive und lernen die Sicht des anderen verstehen. Daraus können sich neue Wechselwirkungen ergeben, die das System reorganisieren und „individuelle Neukonstruktionen von (Lebens-) Wirklichkeiten“ ermöglichen (vgl. Anklam 2018, S. 47-48). An dieser Stelle werden drei Perspektiven deutlich, die mit Hilfe der Theaterpädagogik begreifbar werden (vgl. Anklam 2018, S. 48).

Anklam (2018) führt hier die Begriffstriade: „Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion“ an. Das heißt, dass das Individuum Bestandteil eines eigenen “inneren“ Prozesses ist und mit sich Wirklichkeiten aushandelt. In der Rekonstruktion und mit Blick auf das Team als solches schafft es das Individuum die „Handlung anderer- auch von Figuren und Rollen“ nachzuvollziehen. Dies wäre im Vergleich zur Konstruktion ein „äußerer“ Prozess. Denn hierbei gehen die Personen möglicherweise mit Hilfe einer Rolle in den Ausdruck von Positionen. Diese werden dann durch die Person selbst aber auch durch die Außenperspektive anderer sichtbar gemacht. Die Dekonstruktion ist eine Chance im Sinne einer „Öffnung neuer Sichtweisen“.

Vertraute und festgetretene Richtungen können neu betrachtet und bewertet werden. Das künstlerische und theatrale Arbeiten ist anregend und lustvoll, denn das Spiel erfolgt zunächst und grundsätzlich ohne Konsequenz in der realen Welt. Es findet eine geschützte Erprobung neuer Realitäten statt, die betrachtet und wieder verworfen werden kann. Ein bisher noch nicht beleuchteter Punkt wird mit Betrachtung dieser Triade sichtbar. Die Zirkularität des Systems, die Wechselwirkungen verdeutlichen. Damit werden „Beziehungen der Mitglieder des Systems“, aber auch unterschiedliche Sichtweisen und Vorstellungen klar gemacht, die neue Reaktionen erzeugen können. (vgl. Schwing u.a. 2015, S. 211)

Systembetrachtung Kita Team

Nach Tuckman (2014) durchlaufen (Arbeits-) Teams insgesamt fünf Phasen Ihrer Gruppenentwicklung bis sich dann wieder „auflösen“. Mit Hilfe dieses Prozessmodells werden die Beziehungsqualitäten der Teammitglieder beschrieben. Tuckman und Kollegen wie Bernstein/Lowy gehen davon aus, dass jede Gruppe dieses Phasenmodell (forming – storming – norming – performing - adjourning) durchläuft. Es können Phasen übersprungen oder in bereits abgeschlossene Phasen zurückgekehrt werden. In Anbetracht des aktuellen Fachkräftemangels in deutschen Kitas werden Teams immer wieder neu zusammengesetzt bzw. bleiben Stellen unter Umständen lange unbesetzt. Das Mobile kommt in Bewegung, Phasen überschneiden oder wiederholen sich. Demnach ein Kita Team immer wieder in eine Machtkampf- und Kontrollphase (storming) überleiten kann, wenn Kolleg*innen eingestellt oder Leitungspositionen wie die der Kita – Leitung oder Gruppenleitung neu besetzt werden. Demnach sich Konfliktsituationen ergeben können, die das System Team in eine weitere Auseinandersetzung führen.

Gründe für den Einsatz der Theaterpädagogik in der Begleitung von Kita-Teams

Um theatrales Tun und Handeln für das eigene Lernen nutzen zu können, stellt Becker die Grundpfeiler Stanislawkis in das Zentrum. Dieser sieht „Handeln, Echtheit des Gefühls und Psychotechnik“ als Basis für das Theater (vgl. Becker 2013, S. 39). In den folgenden Beschreibungen werden diese in der Ausführung Beckers dargestellt und für die Arbeit mit Kita- Teams verfügbarer gemacht. Hier erfolgt sogleich die Verbindung zu den Elementen Erleben und Verkörpern (vgl. ebenda, S. 40).

Handlung in Verbindung mit dem inneren und äußeren Erleben

Die innere und äußere Haltung sei die Kunst des Schauspielers, so Stanislawski. Dabei ist das Tun als Handlung stets begründet, aber kein Spiel von „Gestalten und Leidenschaften“. In der Begleitung von Teams könnte dieses Wissen dabei unterstützen, in die eigene Körperhaltung zu spüren. Damit ist auch das „innere und äußere Befinden gebunden“ (vgl. ebd., S. 42). Stanislawski geht davon aus, dass das innere Befinden weitestgehend davon abhängt, wo der Schauspieler sich auf der Bühne befindet. Wie die eigene Wahrnehmung zu beschreiben ist und wie diese wirkt. Das Verständnis dazu ermöglicht dem Kita - Team die Chance mögliche Wechselwirkungen zu ergründen und auszusprechen. Im Alltag kann auf dieses Wissen zurückgegriffen werden, wenn beispielsweise inkongruente Verhaltensweisen in der kollegialen Zusammenarbeit Gefahr laufen, fehlinterpretiert zu werden.

Echtheit des Gefühls

Becker führt hier aus, dass der Begriff „Gefühl“ nach Stanislawski häufig missverstanden würde. Demnach das Gefühl immer eine Folge von etwas ist. In diesem Fall einer vorhergegangenen Handlung, die dieses Gefühl begründet. Im Theaterspiel selbst ist es daher wesentlich zu wissen, dass die gegebene Situation das Gefühl erzeugt und dies „ganz natürlich und intuitiv“ (vgl. Becker 2013, S. 39). Daraus speist sich das Verständnis, dass ein Kita -Team Einfluss auf eine Atmosphäre oder Stimmung im Arbeitsprozess nehmen kann. So können Glaubenssätze, die hemmend wirken abgebaut und stärkende Glaubenssätze ausgebaut werden (hierzu auch die Verbindung zum Neurolinguistischen Programmieren- NLP und der Bearbeitung von Glaubenssätzen).

Zum Beispiel: „Montag ist für mich furchtbar. Da haben wir unsere lange Teamsitzung. Ich komme da schon mit Verspannungen zur Arbeit und meine Schultern hängen besonders tief.“

Ein Team kann es schaffen, hierzu positivere Gefühle über Körperarbeit zu erzeugen und diese noch zu „ankern“ und damit wieder abrufbar zu machen (vgl. Dannemeyer, 2016, 180ff.). D.h. das mit Hilfe von Theaterpädagogik erzeugte neue Gefühl über einen bestimmten Reiz an eine Wiedererkennung zu koppeln (Konditionierung und Generalisierung). Damit kann dieses Gefühl durch eine Körperbewegung erzeugt und damit willentlich aufgerufen werden. Hierzu kann sicherlich auch das „emotionale Gedächtnis“ nach Stanislawski angeführt werden, denn dieses ermöglicht den Zugang zur „richtigen Erinnerung“ (vgl. Becker 2013, S. 41), die dann entsprechend abgerufen werden kann.

Psychotechnik

Stegemann führt in seinem veröffentlichten Stanislawski Reader unter der Arbeit des Schauspielers an sich selbst u.a. auch die „Muskelentspannung“ an (vgl. Stegemann, 2011, S. 63). Die Arbeit an der eigenen Regulation von An- und Entspannung unterstützt dabei die „körperlichen Verklemmungen“ (ebd.) aufzulösen. Die Theaterpädagogik kommt dieser Auflösung nach, indem sie im Rahmen von Warming-ups und Bodyscans darauf aufmerksam macht, wo Verspannungen sein können. Die Begleitung eines Teams in den eigenen Körper zu spüren und ansatzweise z.B. eine progressive Muskelrelaxation anzuleiten (vgl. Hartmann-Strauss 2020) kann diesen Zugang ermöglichen.

„Solange der Körper angespannt ist, kann von richtigem, feinfühligem Empfinden und von einer normalen seelischen Entwicklung der Rolle gar keine Rede sein (vgl. Stegemann 2011, S. 65).

Diesem Zitat folgend nimmt das körperliche Empfinden Einfluss auf das psychische Empfinden und damit auf Stimmung und Wohlbefinden. Wenn die Arbeit mit einem Kita-Team aufgenommen wird, so ist es wesentlich, dass die Gruppe in ein gutes Ausgangsgefühl kommt. Damit ist gemeint, dass der Kontakt zum Körperempfinden hergestellt und durch das Warming-up eine Regulationshilfe geboten wird. Über die Reflexion dazu, kann die inhaltliche Verbindung hergestellt werden.

„Alles, was stört, soll beseitigt, was hilft, verstärkt, befestigt werden!“ Und: „Das Bewusstsein gibt die Richtung, in der die unterbewusste Tätigkeit fortfährt zu arbeiten.“ (vgl. Becker 2013, S. 40)

Theaterpädagogik mit pädagogischen Fachkräften in Ausbildung und Praxis

Für Theaterpädagogik an Fachschulen für Sozialpädagogik ist keine fest verankerte Umsetzung vorgesehen. Der Lehrplan für die Fachschulen für Sozialpädagogik des Landes Baden-Württembergs thematisiert verbindlich das (freie) Spiel im Kontext der Frühpädagogik. Eine inhaltliche Auseinandersetzung erfolgt hauptsächlich in Bezug zur Spielentwicklung des Kindes und seinen Spielformen. Der Aufbau des Lehrplans nach dem Handlungsfeldprinzip ermöglicht einen flexiblen Umgang mit Inhalten aus der Theaterpädagogik. So ist es möglich, dass durch die Bildung von Wahlpflichtfächern bzw. einer Umverteilung von Unterrichtsstunden ein erweitertes Lehrangebot geschaffen werden kann.

Je nach Zielsetzung und inhaltlicher Ausrichtung sind daher unterschiedliche Modelle in der Ausbildung von Erzieher*innen vorzufinden. Wichtig ist hierbei, dass die Leistungen der Schüler*innen im Theaterunterricht bewertungsfrei bleiben. Demnach von einer Notengebung abzusehen ist, wenn das Ausprobieren und Erproben der Spielfähigkeit und der Persönlichkeitsentwicklung im Mittelpunkt stehen sollen. Das Spiel des Kindes ist ein wesentlicher Schwerpunkt in der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte. Die kindlichen Spielformen zu erkennen, entwicklungspsychologisch zu deuten und das Spiel zu begleiten sind dabei die wesentlichen Aufgaben von Erzieher*innen.

Für die Entwicklung der Spielfähigkeit der Kinder wie auch der pädagogischen Fachkräfte bedarf es eines vertrauten Rahmens. Eine Schulklasse kommt dann in einen vertrauensvollen Spielkontakt, wenn die Fremdheitsgefühle überwunden sind und das Gruppenziel im Fokus steht. Wenn Theaterpädagogik mit dem Ziel der Persönlichkeitsentwicklung umgesetzt wird, so bedarf es diesen vertrauensvollen Rahmen. Theaterpädagogik als Fortbildung kann nur dann Teamprozesse nachhaltig begleiten, wenn sich die Teammitglieder vertraut werden wollen und alle in diesen Entwicklungsprozess mit theaterpädagogischen Methoden eingewilligt haben. So ist es nicht überraschend, wenn Fortbildungsausschreibungen für Erzieherinnen nicht frequentiert werden, wenn es sich um ein offenes Angebot handelt, in dem es dann auch noch um Persönlichkeitsentwicklung gehen soll.

Es ist davon auszugehen, dass diese Form einer Fortbildung zur Begleitung von Transitionen in einem geschlossenen Team die größtmögliche Reichweite erzielt. Darüber hinaus erkennt Becker den besonderen Wert der Theaterpädagogik als ein „Medium der Kommunikation“. Die Theaterpädagogik ermöglicht durch ihr vielfältiges Angebot an methodischen Zugängen, dass die kommunikativen Fähigkeiten gefördert und möglicherweise bisher vernachlässigte Wahrnehmungskanäle wieder geöffnet werden. Bei der Theaterpädagogik ist davon auszugehen, dass die Wirkung des Theaters automatisch erfolgt und es hierbei keine „Vorbildung“ als solches benötigt wird (vgl. Becker 2013, S. 49).

Für den Einsatz der Theaterpädagogik in einem Kita-Team, wie hier angenommen, wäre es nun bestenfalls so, dass ein Team, in der Aussicht auf eine Transition, begleitet würde. Das Team weiß um einen Wechsel, bereitet diesen organisatorisch vor und überlegt auch die möglichen Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Teams. Es antizipiert die Veränderung und setzt sich mit Sorgen aber auch Vorfreuden, sowie neuen Aufträgen auseinander.

Die grundsätzlich konstruktive Haltung im systemischen Ansatz ermöglicht in der Arbeit mit Teams einen notwendigen Perspektivwechsel. Mosell erläutert hierzu u.a., dass der systemische Ansatz zugeschriebene Eigenschaften auf Individuen zurück in Handlungen führe, demnach Zuschreibungen wieder verflüssigt würden (vgl. 2016, S. 23).

Das Spielprinzip so tun als ob nach Stanislawski

Nach Stanislawski bedeutet das Spielprinzip „so tun als ob“, dass Wirklichkeiten reproduziert werden, reflektiert und evaluiert werden können. Von dieser Behauptung ausgehend ist es möglich ein z.B. gut funktionierendes Team zu antizipieren, dass eine Gruppe von Erzieher*innen einer Einrichtung zukünftig werden möchte. Eine theaterpädagogische Begleitung ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den individuellen Realitäten der Teammitglieder und gibt die Option der Entwicklung einer gemeinsamen Vision. Damit können neue bzw. erweiterte Perspektiven auf Konflikte oder zwischenmenschliche Phänomene entwickelt werden. Beruflichen Übergängen würde damit die fachliche Unterstützung gegeben sein, verbale Diskussionen und Auseinandersetzungen zu entlasten, um mit Hilfe des Spiels Klarheiten zu schaffen. Eine neue Teamkonstellation, in der es voraussichtlich zu Unzufriedenheiten kommt, die ggf. noch unausgesprochen sind, kann im Spiel eine Veränderung erfahren und beeinflusst werden. Demnach von der Körperhaltung in die Emotion gekommen werden kann. 

Die Technik Viewpoints nach Bogart/ Landau

Eine weitere Möglichkeit Teams in eine neue Spielerfahrung zu führen, könnte die Technik „Viewpoints“ (vgl. Bogart/ Landau 2017) sein. Ein ursprünglich für Tänzer*innen und Schauspieler*innen entwickeltes Bühnentraining, das auch zum Aufbau des Ensembles entwickelt wurde. Das Ensembles oder hier nun: das Team steht in Bezug zueinander, in dem sie mit dem „gesamten Körper hören (...)“ (vgl. Bogart/ Landdau 2021, Klappentext) und in zügiger Reaktion aufeinander abgestimmte Bewegungen und Bilder herstellt. Diese neun Bezugspunkte (Physical Viewpoints) sind nach Bogart / Landau die folgenden.

Spatial relationship (räumliche Beziehung); Kinesthetic Response (Kinästhetischer Reflex); Shape (Form/ Gestalt); Gesture (Gestik); Repetition (Wiederholung/Nachahmung); Architecture (Architektur); Tempo (Tempo/ Geschwindigkeit); Duration (Dauer) und Topography (Topografie).

Die Arbeit mit Viewpoints gleicht einem Training, das im Subtext einer Teamfortbildung gemäß einer entsprechenden Zielsetzung ausgerichtet sein sollte. Exemplarisch wird nun an dieser Stelle der Viewpoint Tempo in Bezug zu einer Teambegleitung beleuchtet bzw. auf seinen Nutzen dafür untersucht. In Verbindung mit entsprechender Zielsetzung für die Teamfortbildung ist zu prüfen, ob und inwieweit weitere Viewpoints sinnvoll ein - und umgesetzt werden können.

Tempo: Mit diesem Viewpoint wird die Aufmerksamkeit auf die Ausführung des „wie schnell oder langsam“ gelegt. Aktionen, die in verschiedenen Tempi und Extremen ausgeführt werden, ermöglichen das Erkennen von Auswirkung. Landau/ Bogart (2021) gehen davon aus, dass mit einer gleichen Bewegung in unterschiedlichem Tempo, d.h. langsam, mittel und schnell unterschiedliche „Verben impliziert“ (vgl. ebd., S. 48) werden. Mit diesen zugeteilten Verben werden die Bewegungen bewertet und dadurch interpretierbarer. Im Kontext der Zusammenarbeit eines Kita-Teams kann die isolierte Betrachtung von Zeit und Tempo darin unterstützen, Wechselwirkungen in täglichen Abläufen aus verschiedenen Perspektiven zu interpretieren. Die pädagogischen Fachkräfte erhalten die Möglichkeit ihr eigenes Empfinden in langsamen bis hin zu schnellen Tempi zu beobachten.

Im Kita-Alltag sind viele Übergänge mit Kindern zu leisten und die pädagogische Arbeit ist wenig planbar. Eine zeitliche Taktung und Personalmangel befördern schnelles Handeln, das unterschiedlich konnotiert wahrgenommen wird und dann eine positive, aber auch negative Wechselwirkung zwischen Teammitgliedern erzeugen kann. Mit dieser isolierten Betrachtung des Viewpoints Tempo wird ein theatrales Mittel genutzt, um mögliche Wechselwirkungen in Arbeitsbeziehungen zu identifizieren und auf ihre Qualität Einfluss zu nehmen.

Viewpoints bietet an „Beschränkungen zu erkennen, (...), weil wir es gewöhnt sind, uns ständig (...) unterzuordnen. (vgl. ebd., S. 29). Diese Technik eröffnet den Raum zu mehr Bewusstheit zu kommen, die körperlich erfahrbar wird. Kognitionen werden erlebt und können veranschaulicht werden.

Die vier demokratischen Führungsjoker nach Plath

In ihrer Arbeit mit Jugendlichen hat die Berliner Theaterpädagogin Maike Plath eine partizipative Vorgehensweise in ihrer Theaterarbeit etabliert. Im Rahmen ihres Konzepts des theatralen Mischpults entwickelte sie ein kleinschrittiges Vorgehen in der Einführung und Vermittlung der Sprachcodes im Theater. Sie ermöglicht mit diesem Konzept eine Fragmentierung von Wissen, das sich den Lernkompetenzen der Spieler*innen anpasst. Die Spieler*innen können, mit Hilfe der (Karten-) Methode ihr Theaterspiel autonom und stetig weiterentwickeln (vgl. Plath 2014, S. 75).

Im Zusammenhang dieses praktischen Konzepts geht Plath von vier demokratischen Führungskompetenzen aus. Diese sind Empathie als eine Kompetenz sich „in die Perspektive anderer hineinzuversetzen. Als eine weitere Kompetenz führt Plath die Toleranz an. Tolerant zu sein bedeutet in diesem Zusammenhang, die „Anerkennung fremder Lebensentwürfe, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen.“ Das Vertrauen als eine Fähigkeit, die ermöglichen solle, dass man „auf verschiedenen Ebenen“ in eine Zusammenarbeit kommt. Die vierte Kompetenz in der Führung ist nach Plath die Identifikation, d.h. „der Wille und die Kreativität“ gemeinsame Ziele zu entwickeln und zu erreichen (vgl. Plath 2017, S. 39). Auf der Basis dieser Kompetenzen, die nach Plath wesentlich für eine adäquate Führung sind, entstehen die demokratischen Führungsjoker. Aus ihrer Sicht ist die Führung wesentlich, so dass sich die Gruppenmitglieder, die geführt werden, sicher fühlen und den Stress der Unklarheit minimieren können.

„Demokratische Führung hat das Ziel, allen Mitgliedern der Gruppe Schritt für Schritt die Grundprinzipien demokratischer Führung vorzuleben und diese transparent zu machen, so dass alle Beteiligten diese Prinzipien erfahren und selbst anwenden können.“ (vgl. ebd. S. 47).

Mit der Einführung mittels eines Spiels z.B. dem Ballzuwurf (drei Farben- drei Richtungen) lernt ein Kita-Team die Begriffe: Klarheit-Tempo-Verantwortung-Veto kennen. Die Autorin weist darauf hin, dass diese Instrumente der Partizipation nicht nur in der Schule und der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Anwendung finden können, sondern auch in Arbeitskontexten und somit auch in der Arbeit mit Kita Teams. Das Team lernt, dass „Arbeits- und Lernprozesse von Anfang an demokratisch gestalten zu können“ (vgl. ebd., S. 83). Diese Führungsjoker könnten als Basisbegriffe zu Beginn einer Fortbildung mit dem Team bekannt gemacht werden. Sie dienen als Instrumente für Verständnisprozesse (Klarheit), für eine adäquate Lerngeschwindigkeit (Tempo), für den Respekt eigener Grenzen und Grenzen der anderen (Verantwortung) und ein Widerspruchsrecht (Veto), das ermöglicht, dass jederzeit und ohne weitere Begründung, eine Ausführung oder dergleichen, abgelehnt oder unterbrochen werden kann. Diese eingeführten Basissäulen sichern die Transparenz für den eigenen Führungsstil des Theaterpädagogen und ermöglichen Partizipation von Seiten des Teams.

Für den Aufbau einer Reflexionsfähigkeit und einer positiven Grundhaltung bietet das Tool nach Plath „Lieblingsmomente“ (vgl. Plath 2014, S. 138) eine Möglichkeit in die Ressourcenorientierung zu kommen. Der Begriff der Ressource ist klassischerweise ein Begriff, der in der systemischen Theorie verankert ist und mit Hilfe der Theaterpädagogik erlebbar gemacht werden kann. Mit Hilfe dieses Feedback - Verfahrens lernen die beteiligten Teammitglieder Rückmeldungen ressourcenorientiert und auf der Sachebene erstens zu beschreiben und zweitens zu begründen.

Das Selbstbewusstsein erfährt Stärkung durch annehmbares Feedback.

Die Kompetenz Beobachtung und Bewertung voneinander zu trennen wird kontinuierlich trainiert.

Abgrenzung zum Psychodrama

Das Begleiten von Kita Teams und die Umsetzung von theaterpädagogischen Methoden ist ganzheitlich angelegt. Teamprozesse sind systemisch betrachtet organisch und das Handeln eines Teams ist als eine Synthese zu verstehen. Um so wesentlicher ist es, dass Grenzgänge erkannt werden und sich die Theaterpädagogin ihrer Verantwortung bewusst ist. Psychodrama nach Jacob Moreno richtet das Augenmerk, ebenso wie die Theaterpädagogik, auf die Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern, allerdings unterscheidet sich der Ablauf und Auftrag deutlich voneinander. Der Ablauf einer psychodramatischen Begleitung teilt sich grundsätzlich in drei Schwerpunkte auf. In einem ersten Durchlauf wird z.B. ein Konflikt oder berufliche Herausforderung beschrieben, in einem weiteren Schritt erfolgt die szenische Darstellung. Es kommt dann zu einer „Bearbeitungsphase“, die mit einer „Integrationsphase“ abgeschlossen wird (vgl. Dorsch 2009, S. 798). Der Auftrag orientiert sich an einer Ausgangsfragestellung, die ein Team oder ein Mitglied des Teams formuliert. Die Klärung dieser Ausgangsfrage oder einer Problemstellung ist der Auftrag.

Eine Theaterpädagogin benötigt eine zusätzliche Qualifizierung zur Psychodramatikerin, um diese tiefgehenden Prozesse moderieren zu können. Es ist davon auszugehen, dass unbewusste Konflikte aufgedeckt werden, die insoweit eine Klärung bedürfen, als dass die grundsätzliche Zusammenarbeit des Teams erhalten bleibt. Demnach die Ausrichtung ihrer Begleitung daran orientiert sein sollte den Teamprozess zu flankieren und eine weitere Vertiefung mit einer Psychodramatikerin oder Supervisorin anzuregen. Vor allem dann, wenn in einem Vorgespräch mit der Leitung des Teams oder des Trägers bestehende Konflikte zwischen einzelnen Personen gegeben sind oder sich Teamkrisen anbahnen. Realistisch betrachtet wird jede Gruppe, bei vertiefender Auseinandersetzung und auch mit den Methoden der Theaterpädagogik, in innerpsychische Prozesse kommen. Mit der Abbildung von Rollen in einem Team und dessen Struktur als solches blicken wir auf ein weiteres Format, dem Soziodrama. In der Regel wird darin die „inter-subjektive Wahrheit“ einer Gruppe oder zwischen zwei Gruppen fokussiert. Eine Ausrichtung auf Einzelne wird dabei nicht aufgenommen.

„Die Gruppe bzw. die Gruppen arbeiten zu einem „Thema“, das mit der „Tiefenstruktur“ der Gruppe in Beziehung steht.“ (Koch 2003, S. 276).

Abgrenzung zur Supervision

Supervision (lat.-engl., Kontrolle, Beaufsichtigung, etwas Überblicken) ist eine besondere Form der Beratung (vgl. Dorsch 2009, S. 976). Diese Beratungsform ist auf den beruflichen Kontext gerichtet mit dem Ziel der Reflexion und (Neu-) Betrachtung von beruflichem Handeln. Die Arbeitsfelder der Supervision sind dabei heterogen und besonders in psychosozialen Tätigkeiten implementiert. Die Arbeitsthemen orientieren sich beispielsweise an „Konflikten bzw. Problemen mit Klienten, Kollegen, Vorgesetzten etc. mit sich selbst, d.h. Psychohygiene ( Burn-out ), mit methodischen oder organisatorischen Vorgehensweisen“ (vgl. ebd.). Im Vergleich zum Psychodrama, das eine tendenziell therapeutische Ausrichtung hat, arbeitet die Supervision als solches ausschließlich beratend. Mit Hilfe der Supervision wird „professionelles Handeln unterstützt, verbessert oder weiterentwickelt“. Es können „Widerstände aufgedeckt und bearbeitet werden“ (vgl. ebd., S. 977). Darüber hinaus kann Supervision „das Betriebsklima verbessern oder auch die Handlungskompetenz der MitarbeiterInnen“.

Diese Beratungsform ist pädagogischen Fachkräften bekannt und im beruflichen Kontext sehr vertraut. Supervision kann im Teamsetting oder mit Einzelpersonen durchgeführt werden. Im Rahmen einer Supervisionsberatung ist die Auftragsklärung von Bedeutung. So ist die Auftraggeberin nicht selten auch die so genannte „Falleingeberin“, die eine Fragestellung (mit Hilfe der Gruppe) bearbeitet. (Systemische) Supervision ist „lösungsorientiert und ermöglicht spielerische Lösungen“ (vgl. Ebbecke-Nohlen 2017, S. 27). Ein Supervisionsprozess kann über mehrere Sitzungen angelegt sein bzw. kontinuierlich und bedarfsgerecht von einem Kita -Team in Anspruch genommen werden. „In der systemischen Supervision verliert die SupervisorIn ihren ExpertInnenstatus für inhaltliche Lösungen und tritt ihn an die SupervisandIn ab.“ (ebd., S. 32). Dennoch bleibt sie in der Rolle der Verantwortlichen, moderiert den Prozess und den Einsatz der Methoden, wie z.B. zirkuläres Fragen oder das Reframen.

Die Rolle der Theaterpädagog*in in der Begleitung eines Kita-Teams

Höhn (2018, S. 19) geht davon aus, dass mit der Begleitung einer jeden neuen Gruppe der „Werkzeugkoffer der Theaterpädagogin“ neu gepackt wird. Dabei unterscheiden sich die Spiele und Aufgaben von Gruppe zu Gruppe und deren jeweiligen Gruppenphasen (vgl. unter Punkt 3.1). Bevor die Theaterpädagogin hier: ihre Fortbildung vorbereitet, benötigt sie das Wissen um die Gruppenphase des Teams. Mit Hilfe von Beschreibungen durch die Leiterin der Einrichtung wird es möglich werden, diese zu erkennen. Tuckman geht bei der Teamentwicklung von folgenden Phasen aus: „forming – storming – norming – performing – adjourning“. Jede Phase erfordert ein anderes Spielleiterverhalten. In diesem Kontext ist es wichtig zu wissen, dass neben der Organisation des Ablaufs der Fortbildung und dem „Management“ der Gruppe das eigene Auftreten eine hohe Präsenz erfordert. In jeder Phase kann es zu „Verteilungs-, Ziel-, Beziehungs- und identitätsbasierten Konflikten“ kommen, die den spielerischen Erkundungsraum beeinflussen (vgl. Gartinger 2014, S. 745).

Häufig lassen sich bestimmte Konflikte in bestimmten Phasen des Teamentwicklungsprozesses eher erkennen als andere. So ist die Ausgangssituation eines Teams, in dem sich einzelne Teammitglieder bereits kennen eine andere als eine Ausgangssituation, in der das Team gänzlich neu zusammenkommt. Die Frage nach der Begleitung einer Transition und ihren Zielsetzungen stellt sich daher in jeder Phase neu. Als eine besonders herausfordernde Zeit im Teamprozess kann die storming Phase (Machtkampf- und Kontrollphase) bezeichnet werden. Hier werden Meinungen und Vorstellungen der Teammitglieder konfrontiert, soziale Rollen ausgehandelt und die Führung überprüft bzw. auch in Frage gestellt. Es bedarf Klärungen, um in die nächste Phase überleiten zu können. In der so genannten norming Phase (Vertrautheitsphase) „konsolidiert“ sich das Team. Die Rollen und Funktionen innerhalb des Teams sind verteilt und es kann in weitere Arbeitsprozesse eingestiegen werden. Im Zuge der Überwindung von Fremdheit und Machtkampf und der Überführung in die Vertrautheit folgt die forming – Phase. In dieser Phase der Differenzierung ist das Team arbeitsfähig und zielorientiert. Es ist anzunehmen, dass besonders in dieser Phase eine hohe Motivation und Arbeitszufriedenheit gegeben ist. Gerade in dieser Phase eine Fortbildung mit einer Theaterpädagogin zu buchen, um einen Übergang zu „lotsen“, ist eher unwahrscheinlich.

Eine Herausforderung in der Begleitung eines Teams ist sicherlich die Begleitung von Übergängen, wenn sich die Gruppe in der storming Phase befindet. Möglicherweise wird von der Leitung eine unruhige Arbeitsatmosphäre und ein „zähes“ Arbeitstempo festgestellt. Es entsteht eine Belastungssituation, wodurch immer wieder Kolleg*innen in den Krankenstand gehen. Wir stellen uns vor, dass das Team in einen Neubau gezogen und der Träger das Team vergrößert hat. Die Leitung wird wechseln. Diese konstruierte Fallsituation lässt eine vergangene Transition des Teams erkennen (Umzug in den neuen Kindergarten) und eine geplante Transition (Aussicht auf Leitungswechsel) erkennen. Mit der steigenden Anzahl fehlender Kolleg*innen steigt auch die individuelle Arbeitsbelastung im Kita- Alltag.

Um auf die Aufgaben der Theaterpädagogin im Rahmen ihres Fortbildungsangebots in der storming Phase eingehen zu können, erfolgt hier ein Bezug zu didaktischen Überlegungen für diese Phase (vgl. Anklam 2018, S. 75). Es ist von Bedeutung, die Bedarfe eines Teams in der storming Phase zu kennen, um in der angewandten Didaktik hilfreiche Vorbereitungen nehmen zu können. Folgende Grundsätze sind u.a. hier hilfreich.

  • Einführung eines Feedback- Verfahrens (vgl. Lieblingsmomente nach Plath)
  • Kommunikation, die in ihrer Struktur transparent ist und Sicherheit gibt
  • Verstärkung von "Positivem Handeln“ der Teammitglieder
  • Etablierung „Identitätsstiftender Rituale“ (vgl. ebd., S. 76).

Auf dieser Basis kann die Theaterpädagogin bei der Bewältigung und Aussicht diverser Transitionen eine Unterstützung sein. Wenn diese Grundsätze so oder so ähnlich (noch) nicht vorgesehen sind, könnten diese auch theaterpädagogisch gezielt etabliert werden.

Systemische Methoden und ihre theaterpädagogische Umsetzung

In folgender Tabelle werden systemische (Beratungs-)Methoden in eine theaterpädagogische Umsetzung überführt. Mit dieser Gegenüberstellung wird deutlich, dass die systemischen Methoden und theaterpädagogische Umsetzungen sehr kompatibel sind und einander sehr nahekommen. Der Einsatz dieser Methoden im Rahmen einer Fortbildung eignen sich besonders.

Systemische Methode

Zielsetzung

Theaterpädagogische Umsetzung

Joining: Kontaktgestaltung z.B. in Form von „Smalltalk“ zur Anfahrt, zur Parkplatzsuche, Angebot eines Kaffees etc.

Personen kommen miteinander in einen Kontakt. Es wird eine gemeinsame Basis geschaffen, um miteinander zu arbeiten.

Warming up mit Raumlauf, Wahrnehmungsübungen, Bewegungsspielen. Blickkontakt aufnehmen; Lampenblick (vgl. Stanislawski)

Skulpturen – Arbeit: mit Hilfe unterschiedlicher Formen können Bilder erzeugt werden. Z.B. mit Hilfe eines Systembrett und entsprechenden Figuren, aber auch mit Tassen oder anderen Figuren.

Mit Hilfe von Skulpturen kann eine Ist-Situation abgebildet werden. Durch die mögliche Dekonstruktion und Veränderung der Figuren entstehen neue Bilder und Veränderungen werden sichtbar.

Die Gruppe stellt, gemäß einem entsprechenden Auftrag, Standbilder, die sich über das Durchzählen der Zahlenreihe 1-5 auch in eine andere Szene verändern können.

Variante: Gruppen-Report (vgl. Renolder 2006, S. 158): d.h. zu Begrifflichkeiten werden „Gruppeninstallationen“ erstellt und mit Hilfe eines Galeriegangs betrachtet und interpretiert.

Es können Haltungen z.B. im Hoch- oder Tiefstatus eingenommen werden. Anschließend wird zur jeweiligen Wahrnehmung reflektiert. Damit wird eine Introspektive erzeugt. Haltungen werden verändert-> Bildhauer

Reframing

Aus dem Englischen übersetzt bedeutet refraiming in einen anderen Rahmen setzen. Es handelt sich dabei um die Umdeutung einer Perspektive, die die Sicht auf die „guten Gründe“ richtet.

Mit Hilfe eines leeren Bilderahmens als Requisit wird ein Fokuspunkt gesetzt und anschaulich „platziert“. Das „Bild dahinter“ spricht.

Reflecting Team

Diese Methode eignet sich, um die Gruppe als Gedankenressource nutzen zu können. Das zusammengestellt Team reflektiert, d.h. überlegt sich mögliche Antworten auf Fragestellungen oder entwickelt Handlungsmöglichkeiten zu einem Auftrag.

Rollenspiel: König ist anwesend und lauscht seinem Volk, welche Ideen diese haben. Der König gibt nach der Ideensammlung an, welche Idee am hilfreichsten eingeschätzt wird.

ggf. mit Kombination Maske (vgl. Lecoq, Aufschriebe TPZ- Unterlagen, 2018)

Inneres Team

Die Aufstellung eines inneren Teams beabsichtigt die Darstellung der inneren Anteile einer Person. Dabei werden diese inneren Anteile personifiziert und in ihren Eigenschaften beschrieben. Damit wird einer „inneren Pluralität“ eines Menschen Rechnung getragen.

(vgl. Schulz von Thun, 1998, S. 45)

Es wird eine Gruppe von Personen zusammengestellt, die die einzelnen Rollen übernehmen. Die Auftraggeberin instruiert zu typischen Sätzen oder Gesten, so dass das „innere“ Team in einen Austausch kommen kann.

Verknüpfung mit Statusverhalten (vgl. Plath bzw. Johnstone)

Zirkuläre Fragen

Mit Hilfe zirkulärer Fragen können Antworten erwirkt werden, die aus einer bestimmten Rolle heraus generiert werden. Übung durch zirkuläres Vorstellen mit Hilfe von erdachten Zuschreibungen.

Die Beantwortung zirkulärer Fragen können kann an einzelne Personen vergeben werden, die diese formulieren. Z.B. „Was würde x sagen, wenn er wüsste, dass y, z informiert hat?“ Dadurch werden Hypothesen formuliert und Antworten antizipiert.

(vgl. Schwing, Fryser 2015/ Renolder 2006)

Fazit

Theaterpädagogik arbeitet systemisch! Und auch die systemischen Methoden haben eindeutig identifizierbare theaterpädagogische Anteile. Im Kontext von Fortbildung und der Begleitung von Kita-Teams ermöglicht Theaterpädagogik ein sichtbar machen theoretischer Inhalte. Damit ist der Fokus gänzlich auf die „Bühne des Teams“ gerichtet. Es geht nicht um die Schulung von theatralem Spielvermögen, um am Ende des Tages ein Bühnenstück zu inszenieren. Die Theaterpädagogik lässt die Teammitglieder in eine Verantwortung kommen, gibt Orientierung und lässt Raum für Emotionen. Mit Hilfe des theatralen Ausdrucks wird ein „symbolisches Kommunizieren“ (vgl. Becker 2013, S. 136 ff.) möglich. Theaterpädagogik wird zur Entwicklungs- und Reflexionshilfe. Die Wirklichkeit, die in beiden Perspektiven bzw. Disziplinen konstruiert ist und sich in einer „so tun als ob“ Realität bewegt, lässt ein Team „geregelt kooperieren“ (vgl. ebd.). Es erfordert von der Spielleiterin ein hohes Maß an Verantwortlichkeit und adäquate Einschätzung der eigenen Kompetenz im Hinblick auf die Grenzen zu anderen Arbeitsfeldern wie des Psychodramas und der Supervision.

Ein Team meldet sich an, um sich weiterzuentwickeln, d.h. es fordert Reflexion, Weiterentwicklung und Evaluation ein. Interventionen sind akzeptiert und erwartet, vor allem im Setting einer Fortbildung. Das „theatrale Intervenieren“ ist die natürliche Voraussetzung für die Eröffnung eines Raumes, in dem „Probehandeln zur Überprüfung von Handlungen“ durchgeführt wird. Diese Interventionen bringen Bewegung in das Systemmobile und verändern dieses. Veränderung geht von „Bildern und Perspektiven aus“, so Heindl (vgl. Becker 2013) daher ist der theatrale Ausdruck in besonderer Form geeignet, diese Transitionen zu begleiten. In welcher Form die Begleitung eines Teams vorgenommen wird, dies ist deutlich geworden, ist abhängig von seiner Entwicklungsphase aber auch von der Zielsetzung, die darauffolgend die systemisch-theaterpädagogische Methode bestimmt. Denn: das Ziel bestimmt die Methode!

Es wäre zu optimistisch zu glauben, dass für jedes Team eine theaterpädagogische Begleitung, die einzig gewinnbringende wäre. Vielmehr sollte es darum gehen, diesen Spielraum mit einzubeziehen und dafür Angebote zu schaffen.

„Die Theaterpädagogik bietet Spielraum für handlungsorientiertes, ganzheitliches Spiel mit allen Sinnen, Emotionen und Gefühlen, wie einen geschützten Handlungsspielraum.“ (vgl. Becker 2013, S. 131)

Literaturverzeichnis

Anklam, S./Meyer, V./Reyer, T. (2018): Didaktik und Methodik in der Theaterpädagogik. Szenisch-Systemisch: Eine Frage der Haltung!? 1. Auflage. Klett/ Kallmeyer Verlag. Seelze

Becker, A. (2013): Theaterorientierter Ansatz im Coaching. Perspektiven verändern, neue Wege beschreiten, Sinne eröffnen. Beltz Verlag. Weinheim und Basel

Bogart, A,/ Landau, T (2021): Viewpoints. Ein praktisches Handbuch für Schauspielr, Regisseure und Choreographen. Alexander Verlag Berlin

Ebbecke-Nohlen, A. (2017): Einführung in die systemische Supervision. Carl Auer Verlag. Heidelberg

Dannemeyer, P./Dannemeyer, R. (2016): NLP- Practitioner-Lehrbuch. Potenziale entfalten mit Neurolinguistischem Programmieren. Junfermann Verlag. Paderborn

Hartmann-Strauss, S. (2020): Entspannungstherapie. Praxishandbuch für Kursleitung und Psychotherapie. Springer Verlag. Berlin

Häcker, H./ Stapf, K. (2009): Dorsch. Psychologisches Wörterbuch. Huber Verlag. Bern. 15. Auflage

Höhn, J. (2018): Theaterpädagogik. Grundlagen, Zielgruppen, Übungen. Henschel Verlag Leipzig. 2. aktualisierte Auflage

Koch, G./ Streisand, M. (Hrsg.) (2003): Wörterbuch der Theaterpädagogik. Schibri Verlag. Uckerland

Hruschka, O. (2016): Theater machen. Wilhelm Fink Verlag. Paderborn

Mosell, R. (2016): Systemische Pädagogik. Ein Leitfaden für Praktiker. Beltz Verlag. Weinheim

Plath, M. (2014): Partizipativer Theaterunterricht mit Jugendlichen. Praxisnah neue Perspektiven entwickeln. Beltz Verlag. Weinheim und Basel

Plath, M. (2017): Befreit euch! Anleitung zur kleinen Bildungsrevolution. Theorie und Praxis. Books on Demand. Norderstedt

Theaterpädagogisches Zentrum (2018-2023): Weiterbildungsunterlagen im Rahmen der Grundlagenbildung zur/ zum theaterpädagogischen Spielleiter/in und der Aufbaufortbildung bzw. Supervision. Reutlingen

Tuckman in Gartinger, S. (Hrsg) (2014): Erzieherinnen und Erzieher. Cornelsen Verlag Berlin. S.743-745

Online-Quelle:https://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents_E1168167439/lsbw/Bildungsplaene-BERS/MediaCenter/bk/bk_I-II/fs_sozpaed_BK/BK-FS-Sozpaed_Untersch-Vielfalt-leben_09_3693_07.pdf (zuletzt: 03.10.23) 

Renolder, C./ Scala, E./ Rabenstein, R. (2006): Einfach systemisch! Systemische Grundlagen & Methoden für Ihre pädagogische Arbeit. Ökotopia Verlag. Aachen

Schulz von Thun, F. (1998): Miteinander Reden. Das „innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation. Band 3. Rowohlt Verlag. Hamburg

Schwing, R./ Fryser, A. (2015): Systemisches Handwerk. Werkzeug für die Praxis. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen. 7. durchgesehene Auflage

Stegemann, B. (Hrsg) (2011): Stanislawski Reader. Die Arbeit des Schauspielers an sich selbst und an der Rolle. Henschel Verlag. Leipzig

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