Saskia-Valentina Barriga
1. Einleitung
„Den Leitungskräften des Kindergartens [kommt] eine Schlüsselrolle in der Personal- und Organisationsentwicklung zu (…) Von ihrer Einstellung, von ihrem Leitungsstil und ihrem Aufgabenverständnis hängt vieles ab. Ihre Vorstellung von Demokratie, ihr Umgang mit den Mitarbeiterinnen und ihre Haltung zum pädagogischen Handeln der Erzieherinnen sowie zu den Eltern wirken nachhaltig auf den Stil des Hauses und somit auch auf die Bildungsumwelt der Kinder“ (Internationale Akademie 2007, S. 178).
Wie aus dem Zitat klar ersichtlich, nimmt die Leitung in Kindertageseinrichtungen eine tragende Rolle ein. Sie entscheidet als ganzheitlicher Mensch mit ihrer Persönlichkeit, ihrer Haltung sowie ihrer persönlichen Grundeinstellung gegenüber Mitarbeitenden, wie sie die Einrichtung und das Team leitet. Die charakteristischen Grundausrichtungen eines Leitungsverhaltens stellen den Leitungsstil dar, welcher ein langfristig stabiles, situations-beständiges Verhaltensmuster einer Leitungskraft bezeichnet (vgl. Huber 2008, S. 144).
Zentrale Punkte der Leitungspersönlichkeit sind also die Selbstdefinition sowie die Vorbildfunktion. Leitungen sollten sich daher ihres eigenen Leitungsstils bewusst werden und ihn kontinuierlich reflektieren. Dafür bieten sich zum Beispiel Mitarbeitergespräche an, in denen sich die Leitung Feedback von den pädagogischen Fachkräften einholt, welches sie im Anschluss als Reflektionsgrundlage nutzt.
In diesem Beitrag soll herausgefunden werden, ob die kooperative Leitung als Balanceakt im Spannungsfeld oder als idealer Führungsstil angesehen werden kann, denn heutzutage spielt nicht nur die Leitungspersönlichkeit eine große Rolle, sondern auch betriebswirtschaftliche Anforderungen, wie die Struktur-, Finanz- und Ressourcengestaltung. Ist es also empfehlenswert kooperativ zu arbeiten und sich die vielfältigen Aufgaben im Team zu teilen?
2. Die kooperative Leitung
Im Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2017 wurden Ergebnisse über die momentane Leitungssituation in Kindertageseinrichtungen vorgestellt. 79% der Einrichtungen werden demnach von einer einzigen Person geleitet und 8% von einem Team (S.10), was laut dieser Studie bedeutet, dass die Einrichtung kooperativ geführt wird (vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2017, S. 10).
Jung (2008) definiert die kooperative Leitung folgendermaßen: „Kooperative Führungsstile zeichnen sich durch eine mitarbeiterzentrierte Führung aus, bei welcher Vorgesetzte Mitarbeitern innerhalb bestimmter Grenzen gestatten, völlig frei zu handeln bzw. Grenzen festzulegen. Mitarbeiter werden zu Entscheidungen aufgefordert oder sollen Probleme selbst formulieren und Mitarbeiterentscheidungen erbringen“ (S. 423f.).
Der Schwerpunkt dieses Leitungsstils liegt demnach im Entscheidungsspielraum der Mitarbeitenden. Neben der „Kooperativen Leitung“ gibt es in der Kontinuum Theorie nach Tannenbaum und Schmidt noch die „Autoritäre“ (Leitung entscheidet und ordnet an), die „Patriarchalische“ (Leitung trifft Entscheidungen und „verkauft“ diese) sowie die „Partizipative Leitung“ (Leitung zeigt Probleme, Mitarbeitende entwickeln Ideen und Leitung entscheidet). Grob kann man diese Leitungsstile auch in autoritär, demokratisch und laissez-faire unterscheiden. Dies ist wichtig zu benennen, da die Leitungsstile in einer reinen Ausprägung selten in der Realität vorkommen. Sie dienen als Idealtypen einer Orientierung von spezifischen Leitungsverhalten (vgl. Huber 2008, S.145). Im Berufsalltag vermischen dich die Formen jedoch häufig situationsbedingt.
Da in der kooperativen Leitung Demokratie eine große Rolle spielt, ist dieser Leitungsstil auf die Zusammenarbeit von Leitung und Team ausgerichtet. Zusammenarbeit kann in den folgenden Aufgabenfeldern geschehen: Mitarbeiterführung, Personalentwicklung, Dienstplangestaltung, Sozialmanagement, Finanzmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Der kooperative Leitungsstil bedeutet daraus schließend für die Leitung:
- Wertschätzung und Unterstützung – Die Kompetenzen sowie die Persönlichkeit der Mitarbeitenden werden gesehen und wertgeschätzt. Somit ist das Leitungshandeln auf die Stärkung ausgerichtet.
- Transparenz – Die Leitung gewährt Einblicke in ihre Tätigkeit und Arbeitsprozesse. Sie teilt ihren Wissensvorsprung und informiert die Mitarbeitenden über alle Entscheidungsgründe.
- Partizipation und Delegation – Mitbestimmung ist ein durchgehendes Merkmal der Leitungstätigkeit, sie fordert und fördert dieses. An Entscheidungen sind die Mitarbeitenden beteiligt und die Leitung delegiert Verantwortung für Teilbereiche (vgl. Hocke 2010, S.52).
2.1. Richtig delegieren
Wie in der Einleitung bereits beschrieben, spielt das Vertrauen der Leitung eine zentrale Rolle in der Leitungsfunktion. Die Anforderungen an eine Leitung haben sich stark verändert. Das Spektrum an Leitungsaufgaben hat sich durch diese Veränderungen stark erweitert, so dass die Leitung entsprechend breit aufgestellt sein muss um dem Bildungsauftrag, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dem Kindesschutzauftrag, der Inklusion, der Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit etc. gerecht zu werden. Damit die Leitung ihren Kernaufgaben nachgehen und sich auf das Wesentliche konzentrieren kann, empfiehlt es sich Aufgaben an die Mitarbeitenden zu delegieren. Welche Vor- und Nachteile dies mit sich bringt wird in den Kapiteln 3 und 4 erläutert.
Damit Aufgaben jedoch sinnvoll delegiert werden können, braucht es eine entsprechende Haltung. Die Leitung muss einerseits in der Lage sein, Aufgaben und damit einhergehend auch ein Stück ihrer „Macht“ abzugeben. Andererseits muss ihr muss bewusst sein, dass sie – auch wenn sie Aufgaben abgibt – am Ende die Verantwortung übernimmt. Um dieses Vertrauen in die Tat umsetzen zu können, ist es hilfreich, wenn sie sich vor der Delegation mit folgenden Fragen auseinandersetzt:
- Welche Mitarbeiterin ist für diese Aufgabe am besten geeignet?
- Benötigt die Mitarbeiterin Unterstützung?
- Ist Kontrolle nötig?
- Welcher Entscheidungsspielraum kann zugelassen werden?
2.2. Mitarbeitender motivieren
Leitung und Motivation sind eng miteinander verknüpft. Es gibt bestimmte Motive und Beweggründe, welche einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin dazu bewegen, eine bestimmte Leistung zu erbringen – dies nennt sich Motivation. Die Arbeitsleistung wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Die drei Hauptkomponenten sind die Leistungsbedingungen, das Leistungsvermögen und die Leistungsbereitschaft. Als Antriebskraft für die Mitarbeitenden können Motive und Anreize verstanden werden. Durch das Zusammenspiel von Motiven (Bedürfnissen) und den von dem Arbeitgeber angebotenen Anreizen (z.B. Gehalt, Gesundheitsmanagement) kann Motivierung entstehen. Motive die, die Mitarbeitenden motivieren, werden in intrinsische (aus sich selbst heraus) und extrinsische Motive (von außen beeinflusst) eingeteilt (vgl. Wicher 2015, S.113ff.). Somit lässt sich Motivation als Resultat eines Zusammenspiels von Personen und Situationen zusammenfassen.
Die Aufgabe der Leitung besteht darin, die Mitarbeitenden zu motivieren und ihnen die Gewissheit zu geben, selbst etwas zu leisten und dafür auch Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten. Dies führt zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit und somit zu einer Identifikation mit der Kindertageseinrichtung (vgl. Dettling 2012, S. 24ff.).
3. Ressourcen des kooperativen Führungsstils
Die Leitung ist für einen einwandfreien Betrieb der Kindertageseinrichtung verantwortlich und somit auf eine gute Zusammenarbeit im Team angewiesen, denn die Aufgaben und Verantwortungsbereiche sind vielfältig und anspruchsvoll.
Der kooperative Leitungsstil fordert von der Leitung zunächst viel Zeitaufwand, Einfühlungsvermögen und Geduld. Wenn das Team jedoch eingespielt ist, werden die pädagogischen Fachkräfte selbstverantwortlich und eigenständig arbeiten, wodurch sie wiederum motivierter sind und mehr Verständnis für Probleme und Herausforderungen zeigen. Dies entlastet die Leitung. Daher wird dieser Leitungsstil eher in einem partnerschaftlichen Verhältnis gesehen, denn das Team wird in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen und übernimmt wichtige Aufgaben. So kann die Leitung Aufgaben entsprechend der individuellen Fähigkeiten/Ressourcen der Mitarbeitenden verteilen, ihnen aber auch mal Herausforderungen zutrauen. Durch dieses Vertrauen fühlen sie sich wertgeschätzt und dies führt zu qualitativ hochwertiger Erziehungs- und Bildungsarbeit. Diese beinhaltet, dass die pädagogisch Tätigen sich weiterentwickeln können, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten besser und effektiver zum Ausdruck bringen können und sich mit ihrer Arbeitsstelle identifizieren. Denn durch die Übernahme verschiedener Aufgaben wird der Arbeitsplatz abwechslungsreicher und interessanter (vgl. Brede 2012, S. 50).
Das Gute dabei ist: Es bringt nicht nur Vorteile für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Leitung selbst. Denn wie bereits erwähnt, wird sie entlastet, wodurch sich der alltägliche „Kleinkram“ reduziert und mehr Zeit für Führungsaufgaben gewonnen wird, was sich wiederum positiv auf die Qualität der Arbeit auswirkt. Ein großes Leitungsthema ist – neben dem Aufgabenspektrum und der Persönlichkeit – die verfügbare Zeit für die Leitungsaufgaben. 2016, stellte die Bertelsmann-Stiftung in Ihrer Expertise vor, dass es 52.743 Leitungskräfte in Deutschland gab, die nach Angaben der amtlichen Statistik über Zeitressourcen für ihre Leitungsaufgaben verfügen. Im vollen Umfang können sich 42% der Leitungen ihren Aufgaben widmen, 58% der Leitungen müssen sich jedoch neben ihren Aufgaben noch mindestens einem weiteren Aufgabenbereich widmen oder gar ihre Leitungsaufgaben „nebenbei“ erledigen (vgl. Bertelsmann-Stiftung 2017, S.58).
Durch eine kooperative Zusammenarbeit können sich die Leitungen wieder auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren und es entsteht eine hohe Garantie, dass die Arbeitsabläufe auch in der Abwesenheit der Leitung reibungslos funktionieren.
Doch wie in Kapitel 2.1. beschrieben muss Delegieren gelernt sein. Hat die Leitung das Vertrauen gefasst, sollte ihr bewusst sein, dass es im Team verschiedene Herangehensweisen, Ideen, Talente und Erfahrungen gibt. Diese können die Kindertageseinrichtung bereichern, denn es hat den Vorteil, dass Kenntnisse und die Kreativität der pädagogischen Fachkräfte genutzt werden können (vgl. Van Wickeren 2015, S. 50). Die Beteiligung hat eine enorme Motivationswirkung, so dass das Team erfolgreich an der Umsetzung der Entscheidungen mitarbeitet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der kooperative Leitungsstil positiv zum Betriebsklima und zur Unternehmenskultur beiträgt (vgl. Wicher 2015, S. 77f.).
3.1. Die Ressource Widerstand
Widerstände treten in der pädagogischen Arbeit häufig auf. Betrachtet man diese unter einem positiven Blickwinkel, können sie jedoch auch als Ressource dienen. Denn Widerstände veranlassen die Leitung dazu ihre Entscheidungen noch einmal kritisch zu überdenken und plausibel zu begründen. Risiken und Probleme werden dadurch möglicherweise aufgedeckt und können so auch vor schwerwiegenden Fehlentscheidungen bewahren. Jedoch bedeutet dies nicht, dass sich die Leitung allen Widerständen beugt. Es bedeutet eher, konstruktiv und kooperativ mit den Bedenken des Teams umzugehen. Das heißt: ins Gespräch gehen, Probleme aufnehmen, gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln und Überzeugungsarbeit zu leisten. Dieser kooperative Weg ist anzustreben, weil dadurch echtes Engagement geweckt wird und das steigert die Leistungsbereitschaft. Dadurch wird eigenverantwortlich und selbstständig gearbeitet und es kann für zukünftige Widerstände vorgebeugt werden. Um konstruktiv mit diesen Widerständen umgehen zu können, sollten Mitarbeiter- sowie Feedbackgespräche fest in der pädagogischen Konzeption verankert sein und gelebt werden (vgl. Laufer 2010, S. 82f.).
3.2. Die Ressource Teamarbeit
Innerhalb des kooperativen Stils wird die Leitung als Teil des Teams angesehen. Damit das Team sie als „Eine von ihnen“ ansieht, ist es wichtig, dass ihre Leitungspersönlichkeit für alle transparent ist. Sie sollte greifbar sein, damit das Team sich mit ihr vergleichen kann um Ähnlichkeiten zu erkennen. C. Rogers (1974) forderte die „Bereitschaft zur Selbstmitteilung“, Echtheit und Offenheit. Dazu zählt auch, dass sie ihre Schwächen zeigt, denn Fehler passieren jedem. Jedoch sollte sie souverän damit umgehen und aus ihren Fehlern zu neuen Lösungen finden. Sie sollte gerade so viel besser sein als die anderen, dass sie zu Recht die Leitungsposition einnimmt (vgl. Künkel/Watermann 1993, S. 60f.). Doch diese Position bringt mit sich, dass die Leitung hin und ihre Entscheidungsmacht einsetzen muss, wenn z.B. das Team mit der Entscheidungsfindung überfordert ist oder ein Verantwortungsvakuum entsteht (vgl. Hocke 2010, S. 52). Wie solch alleinige Entscheidungen auch zu Spannungsfeldern führen können, wird im folgenden Kapitel erläutert.
4. Spannungsfelder des kooperativen Leitungsstils
Macht ist ein großes Spannungsfeld im kooperativen Leitungsstil, denn im sozialen Berufsfeld herrscht oft eine Ablehnung von Macht. Durch die Identifikation mit den Schwachen und Benachteiligten unserer Gesellschaft werden Formen der Machtausübung grundsätzlich kritisch oder negativ begegnet (vgl. Lotmar/Tondeur 2004, S. 25ff.). Dieser gesellschaftliche bildet jedoch nicht die einzige Begründung für die Ablehnung bestimmter Entscheidungen, die „von oben“ getroffen werden. Auch aufgrund von individuellen Erfahrungen, Mentalitäten und Lebenssituationen haben pädagogische Fachkräfte unterschiedliche Bedürfnisse und Absichten, die dazu führen einen Arbeitsauftrag mit Skepsis, Vorbehalten und sogar Widerständen zu begegnen. Es gibt folgende Gründe für die Widerstände:
- Die Mitarbeitenden verstehen den Auftrag/die Entscheidung nicht.
- Sie verstehen es, sind aber anderer Meinung.
- Es wurde verstanden, aber es wird geglaubt, den Auftrag/die Entscheidung nicht umsetzen zu können.
- Oder aber sie lehnen es aus bestimmten persönlichen/fachlichen Gründen einfach ab.
Hierbei ist ein konstruktiver Umgang wichtig, denn oftmals meinen es die Mitarbeiter nicht böswillig und es kann durchaus auch etwas Positives bewirken, wie schon bei den Ressourcen in Kapitel 3.1 beschrieben (vgl. Laufer 2010, S.81f.).
4.1. Das Spannungsfeld Team
Kooperation und Konkurrenz stehen miteinander im Spannungsverhältnis. Wenn sich pädagogische Fachkräfte auf einer Ebene befinden, haben sie grundsätzlich ein gemeinsames Ziel (die Erziehung und Bildung es Kindes), wollen gemeinsam an einem Strang ziehen und sich ergänzen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass sie unterschiedliche Überzeugungen haben oder im Sinne ihrer persönlichen Karriere aneinander vorbeiziehen (vgl. Weigang/Wöhrle 2015, S.143ff.). Eifersucht, Neid und Missgunst sind zutiefst menschliche Emotionen. Nichts ist produktiver, nichts aber auch schwerer als Teamarbeit.
Das Selbstbestimmungsbedürfnis der Mitarbeitenden ist zu beachten, denn manchmal erschwert genau dies die Zusammenarbeit. Daher sollte eine gute Balance zwischen Team- und Einzelarbeit herrschen, um dem Wettstreit entgegenzuwirken. Die Aufgabe der Leitung ist es somit das Konkurrenzverhalten innerhalb des Teams zu minimieren, Teambuilding-Prozesse zu initiieren und Aufgaben so zu verteilen, dass sich Einzelne mal hervortun und auch mal zurückhalten können (vgl. Künkel/Watermann 1993, S. 29ff.).
Jedoch ist die Leitung auch in einem gut harmonisierten Team nicht vor Herausforderungen sicher, denn als Leitung kann man es nicht immer allen recht machen. Darum ist es wichtig, darauf vorbereitet zu sein, dass es zu Kritik an der eigenen Person und dem Vorgehen kommt und dass die Teammitglieder ihre eigenen Kräfte erproben, evtl. streben sie sogar nach der Übernahme der Leitungsposition und somit wird die Leitung durch Kritik und destruktives Verhalten getestet. Erweist sich die Leitung als nicht kompetent, mangelt es ihr beispielsweise an Durchsetzungsvermögen, kann der Teamzusammenhalt sehr stark werden und die Leitung im schlimmsten Fall „stürzen“.
Um solchen Konflikten vorzubeugen, ist es empfehlenswert regelmäßig Mitarbeitergespräche sowie bei Auseinandersetzungen und Herausforderungen konstruktive Konfliktgespräche zu führen. Konflikte haben Vorrang und je länger sie ungelöst bleiben, desto eher „brodelt“ es im Team. Ein Leitbild für die pädagogische Arbeit und regelmäßig stattfindende gemeinsame Aktivitäten stärken die Teambildung und den Zusammenhalt zusätzlich (vgl. Barth/Bartoli 2014, S. 13).
4.2. Das Spannungsfeld Kommunikation
Teamarbeit setzt eine funktionierende Kommunikation voraus, damit ein Informations- und Ideenaustausch gegeben ist. Eine gute Kommunikation ermöglicht die sinnvolle und für alle transparente Verteilung von Aufgaben. Daher sollte eine gemeinsame Kommunikationskultur in der Kindertageseinrichtung herrschen, damit auf einer kooperativen Basis gearbeitet werden kann.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Kommunikation fehlschlagen kann. Die Leitung sollte über grundlegende Kenntnisse der Kommunikation verfügen, um eine Kommunikationskultur in der Einrichtung zu fördern. Wie Watzlawick schon feststellte, kann ein Mensch nicht nicht kommunizieren. Kommunikation besteht nicht nur aus Worten, es ist auch der Tonfall, Seufzen, Lachen, das Sprachtempo, die Körperhaltung sowie die Ausdrucksbewegungen (vgl. Watzlawick et. al. 1996, S. 50). Auch diese Aspekte der Kommunikation sollte die Leitung kennen, bei ihren Mitarbeitenden wahrnehmen und zu deuten wissen.
Eine weitere grundlegende Erkenntnis der Kommunikationswissenschaften ist, dass eine Mitteilung immer aus mehreren Komponenten besteht und oft mehr als das Gesagte oder offensichtlich Gezeigte beinhaltet. Es wird - bildhaft – mit vier Mündern und vier Ohren gehört. Watzlawick spricht über die Inhalts- und Beziehungsebene der Kommunikation, Schulz von Thun fügt noch die Selbstoffenbarung sowie den Apell hinzu. Auf der Beziehungsebene wird beispielsweise die Beziehung zwischen Sender und Empfänger definiert und ist somit eine persönliche Stellungnahme zum anderen. Die Art (der Ton, die Stimme, der Gesichtsausdruck, der Kontext etc.), wie gesprochen oder gefragt wird, kann entweder als wohlwollend, freundlich, bewundert oder ablehnend empfunden werden. Die Beziehungsebene wird selten bewusst und ausdrücklich definiert. Im Allgemeinen, rückt die Definition der Beziehung umso mehr in den Hintergrund, je spontaner und „gesünder“ die Beziehung ist, während konfliktreiche Beziehungen durch wechselseitiges Ringen um ihre Definition gekennzeichnet sind. Die Inhaltsebene dagegen vermittelt ausschließlich Fakten und Daten (vgl. Watzlawick et al. 1996, S. 53 ff.). Die Selbstoffenbarung ist die Äußerung der eigenen persönlichen Interessen/Bedürfnisse/Empfindungen. Als letztes und viertes wird der Apell beschrieben. Durch den Apell wird deutlich, dass Kommunikation auch immer heißt Einfluss zu nehmen. Der Apell möchte eine Wirkung erzielen und einen Zustand hervorbringen oder verhindern, der noch nicht ist (vgl. Schulz von Thun 2000, S. 209f.) Sich als Leitung dieser Theorie bewusst zu sein, hat eine enorme Bedeutung für die gemeinsame pädagogische Arbeit.
5. Fazit
Wie in der Einleitung bereits erwähnt, kommt der Leitung eine bedeutende Schlüsselposition zu und sie muss über vielfältige Kompetenzen verfügen, um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden. In der Praxis werden jedoch oft pädagogische Fachkräfte zu Leitungen befördert – auch ohne Erfahrung und vor allem ohne eine entsprechende Weiterbildung. Doch heutzutage reicht die Ausbildung zur Erzieherin nicht mehr für die Stelle der Leitung aus. Daher wird immer häufiger ein akademischer Abschluss empfohlen, der besser auf die vielfältigen Aufgaben vorbereitet. Doch ebenso bedeutend wie Fachwissen und Kenntnisse im administrativen Bereich etc., sind die sozialen Kompetenzen der Leitung. Denn die soziale Kompetenz wird als ein wichtiges Kennzeichen erfolgreicher Leitungspersönlichkeit angesehen.
Wie in diesem Artikel analysiert und beschrieben, ist die Leitungspersönlichkeit ausschlaggebend für den Leitungsstil und dieser beeinflusst die Motivation/Identifikation der Mitarbeitenden. Somit muss das Thema Leitung als ganzheitliches betrachtet werden, mit all seinen Facetten: nicht nur das Personalmanagement, sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung/Reflexion und die Kommunikation. Der gelebte Leitungsstil spielt somit eine bedeutende Rolle in der Kindertageseinrichtung. Die Leitung sollte sich über ihren eigenen Stil bewusst sein und auch Wissen, dass es DEN Leitungsstil nicht gibt, sondern sich meist – je nach Situation – verschiedene Leitungsstile vermischen. Sie sollte in der Lage sein Entscheidungen selbstständig zu treffen, denn auch dies gehört zum kooperativen Leitungsstil dazu.
Der Artikel verdeutlicht, dass der kooperative Leitungsstil durchaus als sinnvoll angesehen werden kann, jedoch müssen immer beide Seiten betrachtet werden: die Ressourcen wie auch die Spanungsfelder, da sich beide gegenseitig bedingen.
Zusätzlich braucht es eine gute Zusammenarbeit im Team, die neben den Chancen auch mit Herausforderungen verbunden ist. Oftmals werden Teamdynamiken unterschätzt, da besonders in sozialen Berufen gern alles harmonisiert wird und Konflikte ignoriert werden. Wird ein Weg gefunden, konstruktiv mit Konflikten umzugehen, findet meist eine gute Teamzusammenarbeit statt. Übt die Leitung einen kooperativen Stil aus, können Aufgaben vertrauensvoll delegiert werden, was einen positiven Einfluss auf die pädagogische Qualität hat, damit die pädagogischen Fachkräfte ihr Hauptziel und ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können: die ihnen anvertrauten Kinder bestmöglich zu bilden, zu betreuen und zu erziehen.
Anmerkung zum Text
Zur Vereinfachung der Lesbarkeit, wird in diesem Beitrag von der Leitung gesprochen und dies soll sowohl die weibliche wie auch die männliche Form beinhalten. Da in der Literatur die beiden Begriffe „Leiten“ und „Führen“ synonym verwendet werden, werden diese nun definitorisch voneinander abgegrenzt. Denn „Führen“ bedeutet das Management von Personal, wohingegen „Leiten“ das Management von Aufgaben beinhaltet (vgl. Laufer 2010, S.16f.). In diesem Artikel wird von der Leitung gesprochen, die aber auch das Management von Personal beinhaltet.
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