Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder – Teil I: Auswirkungen der Corona-Krise auf das Familienklima und die Familienbeziehungen

Renate Sabine Kränzl-Nagl und Martina Beham-Rabanser

Der Begriff der Kindheit bezieht sich auf eine bedeutungsvolle Entwicklungsspanne, die durch viele Veränderungen geprägt ist – während der Corona-Krise gilt dies noch mehr als sonst. Durch die Schließung von Krippen, Kindergärten, Schulen hat sich das Leben von Kindern und Jugendlichen massiv verändert und das innerhalb kürzester Zeit.

Im ersten Teil dieses Interviews, das am 31. August 2020 geführt wurde, bitten wir Univ.-Ass. Mag. Dr. Martina Beham-Rabanser gemeinsam mit FH-Prof. Mag. Dr. Renate Kränzl-Nagl um ihre Einschätzung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Familienklima und die Familienbeziehungen.

Martina Beham-Rabanser lehrt und forscht an der Johannes-Kepler-Universität Linz am Institut für Soziologie. Aktuell beschäftigt sie sich in Lehre und Forschung mit den Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf Kinder und Kindheit, mit Familie als Bildungspartnerin und mit den Auswirkungen gesellschaftlicher Veränderungen auf die Geschlechterrollen. Renate Kränzl-Nagl lehrt an der Fachhochschule Oberösterreich im Department für Gesundheits-, Sozial- und Public Management. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Familien-, Jugend- und Kindheitsforschung, assistierende Technologien für Senior*innen, Sozialplanung, Evaluationsforschung u.a. Unsere Interviewpartnerinnen verfügen über langjährige Forschungserfahrung und sind Autorinnen zahlreicher Publikationen.

Wie verändert sich das Familienleben Ihrer Ansicht nach aufgrund der globalen Covid-19-Pandemie?

Durch die Schließung von Kindergärten, Schulen, Kitas, den weitgehenden Ausfall von Großeltern zur Kinderbetreuung ist vielen Familien ihr Betreuungsnetz gleichsam von einem Tag auf den anderen weggebrochen. Alltag und Familienleben wurden völlig auf den Kopf gestellt. Familien, die bereits vor Corona mehrfach belastet waren und am Limit lebten – Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern, jene in beengten Wohnverhältnissen –, kommen dabei als Erste an ihre Belastungsgrenzen. Gerade in der ersten Phase der pandemiebedingten strikten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen haben Eltern unglaubliche Anstrengungen und Mammutaufgaben auf sich genommen bzw. auf sich nehmen müssen, um all die Anforderungen, die ihnen zugemutet wurden, zu bewältigen. Eltern waren zum Teil rund um die Uhr im Einsatz und im Schnitt 12 Stunden pro Tag entweder mit Erwerbsarbeit, den Kindern oder Hausarbeit beschäftigt. Die Anforderungen an Eltern waren enorm, wie u.a. unsere eigenen Analysen der Austrian Corona Panel Data zeigen.

Vor allem das Home-Learning bedeutete für Eltern und Kinder eine enorme Herausforderung in einer bis dahin nicht gekannten Form, die Familien unterschiedlich erlebt haben und mit der sie auch unterschiedlich umgegangen sind. Erste Ergebnisse des Bildungsbarometers, einer Studie mit Lehrpersonal, Eltern und Schüler*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die bereits im April dieses Jahres, wenige Wochen nach der Schulschließung veröffentlich wurden, zeigen: etwa die Hälfte der Eltern hatte den Eindruck, dass ihre Kinder in der aktuellen Situation viel Unterstützung bei der Bewältigung der schulischen Aufgaben benötigen, aber zugleich geben etwa ebenso viele an, dass ihre Kinder zu Hause selbstständig an ihren Aufgaben arbeiten.

Unterschiedlich je nach der Anzahl bzw. Schulstufe der Kinder, der eigenen beruflichen Situation bzw. der eigenen Lebenssituation investierten Eltern im Durchschnitt täglich rund 2 Stunden, manche noch deutlich mehr, in die Lernbegleitung. Dabei ging es nicht nur um inhaltliche Unterstützung, sondern auch um das Erstellen von Tagesplänen oder die Motivation der Kinder. Viele Eltern – im Austrian Corona Panel Project ist dies mehr als die Hälfte der Befragten – beschreiben, dass Home-Learning ganz gut funktioniert. Andere, die den Arbeitsaufwand ihrer Kinder im Home-Learning als sehr hoch erlebten, fühlten sich allerdings damit überfordert, wie u.a. auch die qualitativen Analysen des Schulbarometers zeigen. Ein Teil der Schwierigkeiten ist dadurch bedingt, dass schätzungsweise in etwa 10 bis 20 Prozent der Familien den Kindern keine Arbeitsgeräte (wie Laptop, Drucker, Webcam) zur Verfügung stehen bzw. diese mit Geschwistern geteilt werden müssen.

Dort, wo immer es möglich war, sind Eltern den Aufrufen der Regierungen gefolgt und haben die Möglichkeit zum Home-Office genutzt. Je nach beruflicher Situation waren die Möglichkeiten dazu allerdings unterschiedlich. Umfragen zeigen: rund zwei von drei Akademiker*innen konnten in der Phase des Lockdowns von zuhause arbeiten, unter Erwerbstätigen mit Lehrabschluss war dies nur bei jedem Dritten der Fall. Noch schwieriger als für jene im Home-Office war die Situation für Familien, insbesondere für Alleinerziehende, die weiterhin außer Haus tätig waren, etwa in systemkritischen Berufen. Sie waren ganz besonders hin- und hergerissen zwischen dem schlechten Gewissen sowohl gegenüber den Kindern als auch gegenüber dem Arbeitgeber. Unter anderem auch deshalb, weil der gesellschaftliche Druck auf Familien, Kinder möglichst zuhause zu betreuen, zu Beginn des Ausbruchs der Pandemie groß war.

Institutionelle Betreuungs- und Bildungsangebote standen zunächst nur Eltern in systemkritischen Berufen offen bzw. als Notprogramm für jene Eltern, denen die Decke auf den Kopf fällt, wie dies seitens einiger verantwortlicher Politiker*innen ausgedrückt wurde. Es überrascht daher nicht, dass das institutionelle Angebot wenig in Anspruch genommen wurde, wie Untersuchungen sowohl für Deutschland als auch für Österreich zeigen. Eltern – selbst wenn sie sich überfordert, übermüdet und überlastet fühlten – strebten vielfach individuelle, private Lösungen an, um dem Leitbild verantwortungsbewusster Eltern zu entsprechen und das eigene Kind nicht vermeintlichen gesundheitlichen Risiken in Institutionen auszusetzen. Zudem sind Notbetreuungen in Kindergärten, Schulen oder Kitas wenig attraktiv, wenn Kinder dort nicht ihre Freund*innen treffen können, weil kaum andere Kinder gleichzeitig anwesend sind bzw. sein dürfen.

Zwar gibt es auch jene Familien mit günstigen Rahmenbedingungen, sowohl finanziell als auch in Bezug auf das Wohnumfeld, die der covid-19-bedingten Entschleunigung anfangs durchaus positive Seiten abgewinnen konnten. Aber auch sie leiden mit fortschreitender Dauer der Pandemie unter den Einschränkungen und undurchsichtigen Regelungen. Besonders fordernd wurde die Zeit der schrittweisen Wiederöffnung der Geschäfte und Betriebe erlebt, während die Kindergärten und Schulen weiterhin geschlossen blieben und unsicher war, wie lange dieser Zustand noch andauern wird. Viele Eltern fühlten sich in dieser Phase der Pandemie mit ihren Bedürfnissen von der Politik oftmals im Stich gelassen.

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf das Familienklima und die Familienbeziehungen aus?

Ungewohntes Zusammensein in Familien zum Teil auf engem Raum, Arbeit und Schule in den eigenen vier Wänden, Abstand halten zu Verwandten und Freund*innen – die krisenbedingten Einschränkungen bergen viel Konfliktpotential für Familien. Die Mehrheit der Eltern beschreibt in Befragungen während des Shutdowns das Familienklima aber durchaus nur im mittleren Maße konfliktträchtig und hat mehrheitlich nicht den Eindruck, dass die Beziehung zu den Kindern durch Home-Learning leidet. Meist handelt es sich dabei allerdings um nicht repräsentative Onlinebefragungen, an denen sich schwer belastete Familien vermutlich weniger beteiligten, wodurch das Konfliktpotential unterschätzt sein dürfte.

Aufgrund der bisher publizierten Befunde ist davon auszugehen, dass in rund jeder fünften Familie mit Kindern (sehr) häufige Konflikte zum Alltag während der Corona-Krise gehören und bei rund einem Drittel der Familien können wir aufgrund vorliegender Befunde annehmen, dass Homeschooling für die Beziehung zum Kind zur Belastung wird. In Familien mit mehreren Kindern, bei beengten Wohnverhältnissen, dort wo die technische Ausstattung für Home-Learning schlecht ist, weil etwa kein ungestörter Platz zum Lernen vorhanden ist, steigt das Risiko für Konflikte.

Wie erwähnt, hat sich für viele Eltern die Erwerbstätigkeit covid-19-bedingt nach Hause verlagert. Arbeit im Home-Office wirkt sich unterschiedlich aus: je nachdem, ob ein Partner oder beide im Home-Office arbeiten und vor allem, ob Kinder zu betreuen sind. Für Eltern mit Klein- und Schulkindern, die beide im Home-Office arbeiten, und sich abstimmen müssen, wem welche Tageszeiten und welcher Platz zum Arbeiten zur Verfügung stehen, wer sich um die Kinder kümmert, die beschäftigt werden wollen, wer kleine Kinder während beruflicher Video-Calls ruhiggestellt, birgt die Arbeit von zuhause aus viele zusätzliche Konflikt- und Reibungspunkte. Jüngere Paare, in der Lebensphase ohne Kinder, die Arbeitszeiten nicht wegen der Kinder an den Rand des Tages oder ins Wochenende verlagern müssen, erleben das Arbeiten im Home-Office und das Mehr an gemeinsam verbrachter Zeit hingegen deutlich häufiger als Bereicherung ihrer Beziehung.

Verändert die Corona-Krise traditionelle Rollenmuster?

Aufgrund der Covid-19-Pandemie sind Männer und Frauen von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit betroffen. In Familien, in denen nun der Vater arbeitslos ist oder in Kurzarbeit, die Partnerin hingegen z.B. in einem systemrelevanten Beruf tätig ist, sind Frauen in der Krise zum Teil erstmals in einem höheren Stundenausmaß erwerbstätig als ihre Partner. Fragen der Aufgaben- und Rollenteilung stellen sich neu. Väter, die im Homeoffice sind, kümmern sich, wie sich zeigt, in einem zeitlich größeren Umfang als vorher um die Kinder. Aber nicht nur Männer, sondern noch viel mehr Frauen wenden in der Corona-Krise mehr Zeit für Hausarbeit und insbesondere die Betreuung, Beschäftigung und das Lernen mit den Kindern auf.

Bezahlte und unbezahlte Arbeit ist auch in diesen Krisenzeiten sehr ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt. Frauen leisten den Großteil der unbezahlten Arbeit. Die Corona-Pandemie hat an der traditionellen Rollenverteilung in Paarhaushalten wenig geändert, wie zahlreiche Umfragen, die in den letzten Monaten durchgeführt wurden, zeigen. Die krisenbedingten gravierenden Veränderungen am Arbeitsmarkt tragen nicht zu einer gleichberechtigteren Aufteilung der Sorgearbeit bei, ganz im Gegenteil: traditionelle Rollenmuster scheinen sich zu verfestigen. Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste gesellschaftliche Krise hat jedoch das Engagement einer (kleinen) Gruppe von Vätern erhöht.

Dass dieses väterliche Engagement längerfristig anhält, ist allerdings zu bezweifeln. Um dies zu erreichen, bedarf es darüber hinaus jedenfalls langfristig flankierender Maßnahmen, wie den Ausbau vollzeitnaher Teilzeitstellen in frauen- und männerdominierten Berufen, faire Entlohnung von Sorgearbeit, den weiteren Abbau des Gender-Pay Gaps. Die Erfahrungen in der Corona-Krise können möglicherweise aber eines bewirken: mehr Einsicht von Vätern, wie schwierig für ihre Partnerinnen auch in Nicht-Corona-Zeiten der alltägliche Work-Family-Balanceakt ist, und dass Betreuung, Beschäftigung und Lernen mit Kindern Aufwand bedeutet – Arbeit, die oft unbemerkt und unbezahlt bleibt.

Nimmt der Kontakt zu Großeltern und anderen Verwandten ab?

Abstand halten gehört neben Hygienemaßnahmen zu den zentralen präventiven Grundpfeilern in der Covid-19-Pandemie. Regierungen appellierten vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklungen von Covid-Todesfällen in Ländern wie Italien, Spanien oder England, soziale Kontakte einzuschränken und auf Abstand zu gehen – auch innerhalb der Familie. Insbesondere Kontakte zur älteren Generation sollten weitgehend aufgrund des statistisch deutlich höheren Erkrankungsrisikos vermieden werden. Selbst kleinen Kindern wurde in den ersten Tagen und Wochen des gesellschaftlichen Shutdowns vielfach vermittelt: weil wir Oma und Opa liebhaben und sie nicht gefährden wollen, kommen sie jetzt nicht zu uns und wir besuchen sie nicht. Auf die Unterstützung der Großeltern bei der Enkelbetreuung wurde vielfach verzichtet. Persönliche Kontakte zwischen den Großeltern und Enkeln wurden radikal eingeschränkt. Eine Umfrage des Instituts SORA zeigt für Österreich: Vor der Corona-Krise wurde knapp ein Drittel der Kinder (regelmäßig) von den Großeltern betreut, mit der Schließung der Kindergärten und Schulen ging dieser Anteil zurück auf unter 5% – groß war die Angst bei vielen, die eigenen Eltern oder Schwiegereltern zu gefährden.

Für Großeltern, für die die regelmäßige Betreuung ihrer Enkel ganz häufig strukturgebend, sinnstiftend und erfüllend ist, gehörten die massiven Kontakteinschränkungen zu den schmerzlichsten Einschränkungen in der Corona-Zeit. Aber auch Eltern und Kinder beschreiben in Interviews, wie sehr ihnen in der Zeit der strikten gesellschaftlichen Quarantäne der Kontakt zu Großeltern fehlte. Familien mussten neue Wege finden, um trotz räumlicher Distanz in Kontakt zu bleiben oder umgekehrt bei räumlicher Nähe, etwa in einem gemeinsamen Haus, Kontakte auf Abstand zu gestalten. In der ersten Zeit wurde im Falle räumlicher Distanz in vielen Familien ersatzweise mehr telefoniert, Videoanrufe getätigt und – wo möglich – auch digitale Medien genutzt. Dies setzt allerdings nicht nur die Verfügbarkeit entsprechender Geräte und Programme voraus, sondern auch eine ausreichende Kompetenz, diese zu bedienen – nicht alle Älteren und vor allem Hochaltrigen verfügen darüber. Deutlicher denn je zeigt sich in der Corona-Krise: Digitale Ausstattung und Kompetenz von Senior*innen entscheidet wesentlich darüber, wie sehr die Pandemie für sie auch mit Risiken sozialer Isolation einhergeht.

Im Laufe der Pandemie erhoben daher zunehmend mehr Gerontolog*innen ihre Stimme und warnten vor den negativen Folgen der Kontaktbeschränkungen. Gerade in der Zeit rund um Ostern, in der üblicherweise in vielen Familien gemeinsame Treffen und Zusammenkünfte stattfinden, war die Situation schwierig. Und mehr und mehr Familien waren dann auch nicht mehr gewillt, die seitens der Politik kommunizierten strikten Besuchsbeschränkungen einzuhalten. Zum Teil mit einem schlechten Gewissen wurden und werden Wege gesucht, wie persönliche Kontakte und Treffen zwischen den Generationen unter mehr oder weniger strenger Einhaltung von Abstandsregeln gestaltet werden können.

Zum Teil noch schwieriger war und ist die Situation, wenn Angehörige pflegebedürftig sind und in einem Altenpflegeheim leben. Alles wurde in Ländern wie Deutschland oder Österreich daran gesetzt alte Menschen in Heimen vor dem Coronavirus zu schützen. Mit einem hohen Preis für Menschen in Altenpflegeheimen: Persönliche Besuche von Angehörigen waren wochenlang überhaupt nicht möglich und selbst im Zuge der Lockerungen blieb der Zutritt für Kleinkinder weiterhin eingeschränkt. Mittlerweile lautet die politische Devise, ein Maximum an sozialen Kontakten sicherzustellen, bei gleichzeitig bestmöglichem Schutz älterer Menschen in Pflegeeinrichtungen. Besuche in Altenpflegeheimen sind unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln erlaubt – die seit Ende des Sommers 2020 wieder steigenden Corona-Fallzahlen lassen zweifeln , dass dies im kommenden Herbst und Winter, wenn auch andere Infektionskrankheiten zunehmen, so bleibt. Durch die geltenden Sicherheitsmaßnahmen, wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und dem Appell, körperliche Berührungen aus Sicherheitsgründen nach wie vor weitgehend zu vermeiden, fällt es schon jetzt schwer, bei Besuchen Nähe und Vertrautheit entstehen zu lassen.

Die Covid-19-Pandemie beeinflusst jedoch nicht nur die Beziehungen zwischen Generationen innerhalb Familien, sondern sie berührt zutiefst auch Fragen der Generationensolidarität auf der gesellschaftlichen Ebene. Appelle der Politik an Jüngere, Maßnahmen zum Schutz Älterer ernst zu nehmen, Etikettierungen wie Corona-Party-Generation, um eine nachlassende Verantwortung der jüngeren Generation gegenüber Älteren anzuprangern, schüren eher die Kluft zwischen den Generationen als den Zusammenhalt. Berichte über das soziale Engagement von jungen Menschen in der Covid-19-Pandemie sind hingegen Ausdruck von gelebter Solidarität und können das wechselseitige Verständnis fördern.

Wie sich die einschneidenden Erfahrungen der Covid-19-Krise für die Generationenbeziehungen und unsere Gesellschaft langfristig auswirken werden, wird uns erst die Zukunft zeigen. Die Erfahrungen während der heurigen Sommerferien im Ausnahmejahr 2020 und neue Erkenntnisse zu den Übertragungsrisiken lassen annehmen, dass insbesondere jüngere Großeltern jedenfalls bei pandemiebedingten zeitlich befristeten Kindergarten- und Schulschließungen im Herbst die Betreuung ihrer Enkelkinder wieder übernehmen werden, da die Möglichkeit von Sonderfreistellungen zur Betreuung der Kinder für Eltern – etwa in Österreich – begrenzt sind. Bei Enkeln im Jugendalter, bei denen sich entwicklungsbedingt ganz allgemein die Kontakte zu den Großeltern reduzieren, könnte die Covid-19-Krise aber durchaus dazu führen, dass die Beziehungen insgesamt loser und distanzierter werden.

Ob der Kontakt zwischen den Generationen mittel- und langfristig abnehmen wird, oder vielleicht umgekehrt ganz neue Brückenschläge zwischen den Generationen entstehen, wird u.a. wesentlich davon abhängen, wie lange die – regional mehr oder weniger strikten – Distanzregeln gelten, welche neuen Formen des distanzierten, aber vertrauten Miteinanders wir finden, aber auch wie der öffentliche Diskurs in Politik und Medien Generationensolidarität fördert oder gefährdet.

Autorinnen

FH-Prof. Mag. Dr. Renate Sabine Kränzl-Nagl, Research & Development, FH OÖ Forschungs und Entwicklungs GmbH

Univ.Ass. Mag. Dr. Martina Beham-Rabanser, Johannes Kepler Universität, Institut für Soziologie

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