Silvana Polotzek, Nicole Hofmann, Jeanette Roos, Hermann Schöler
Der Anteil an Kindern und Jugendlichen, die in unserer Gesellschaft zwei- oder mehrsprachig aufwachsen, ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Mehr als jeder fünfte Heranwachsende in Deutschland kommt aus einer Familie mit Migrationshintergrund. Forschungsbefunde internationaler Vergleichstudien wie PISA und IGLU zeigen, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse Angebote des deutschen Bildungssystems häufig nicht nutzen können und dadurch deutlich geringere Bildungschancen haben als Heranwachsende ohne Migrationsgeschichte (Baumert & Schümer, 2002; Bos et al., 2003; Gogolin & Krüger-Potratz, 2006).
Erkenntnisse der Spracherwerbsforschung zeigen, dass im Vergleich zu einem gesteuerten Zweitspracherwerb, bei dem eine Fremdsprache z.B. im schulischen Kontext erworben wird, die Aneignung der Zweitsprache (Verkehrssprache) von Migrantenkindern meist ungesteuert verläuft und in Abhängigkeit zur natürlichen Sprachumgebung der Kinder steht. Sowohl die Muttersprache als auch die Verkehrssprache sind an unterschiedliche Lebensbereiche und -inhalte gebunden, so dass für beide zu lernende Sprachen nicht alle Kontexte und Inhalte abgedeckt werden. Neben diesem quantitativ eingeschränkten sprachlichen Input kennzeichnet den Zweitspracherwerb von Migrantenkindern häufig auch ein qualitativ unzulängliches Sprachangebot. Gerade in Einrichtungen mit einem hohen Anteil an zugewanderten Kindern werden diese vielfach mit fehlerhaftem Deutsch konfrontiert. Folge dieser unsystematischen und mangelhaften Darbietung der deutschen Sprache ist eine unzureichende Sprachkompetenz, die es Kindern allenfalls ermöglicht, situationsgebundene und alltagsrelevante Kommunikation zu verstehen bzw. zu äußern, während abstraktere und formalere sprachliche Fertigkeiten, die für das Verständnis von Unterrichtsinhalten relevant sind, nicht erworben werden.
Die "natürliche Sprachprogression" (Röhner, 2005, S. 7) reicht somit nicht aus, um ein angemessenes Sprachentwicklungsniveau in der Zweitsprache zu erreichen, so dass gezielte Sprachfördermaßnahmen erforderlich sind, die Migrantenkindern eine erfolgreiche, ihren Potenzialen entsprechende Schullaufbahn ermöglichen. Hinsichtlich einer frühzeitigen und vorbeugenden Einflussnahme auf den sprachlichen Entwicklungsprozess von Kindern finden zunehmend Sprachförderprogramme Beachtung, die im Elementarbereich eingesetzt und von Erzieher/innen (mit entsprechender Fort- und Weiterbildung) bzw. speziell ausgebildeten Sprachförderkräften durchgeführt werden können (Gogolin, 2005; Kany, 2007; Rezavandy, 2005; Steinig & Huneke, 2002).
Kommunen und Länder sowie private Stiftungen unterstützen den Einsatz und die Umsetzung verschiedener vorschulischer Sprachfördermaßnahmen. Exemplarisch sei hier die Landesstiftung Baden-Württemberg genannt, welche die Durchführung unterschiedlicher Förderkonzepte auf Landesebene finanziert. Neben dieser direkten Unterstützung zur Entwicklung der Sprachkompetenz von Migrantenkindern ließ die Landesstiftung unter anderem in den Städten Heidelberg und Mannheim drei der dort eingesetzten vorschulischen Sprachförderprogramme wissenschaftlich begleiten und evaluieren (Weber & Potnar, 2006).
Im Folgenden werden diese drei Förderkonzepte von Zvi Penner, Rosmarie Tracy sowie Erika Kaltenbacher und Hana Klages nacheinander vorgestellt. Die Darstellung der genannten Sprachfördermaßnahmen beinhaltet neben allgemeinen Angaben (u.a. Ziel- und Altersgruppen) jeweils eine Erläuterung des theoretischen Hintergrundes sowie eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Förderschwerpunkte und -bereiche. Zusätzlich werden die Materialien der einzelnen Programme vorgestellt und das damit in Verbindung stehende Fortbildungs- bzw. Schulungsangebot. Praxisbezogene Beurteilungen von Sprachförderkräften, die mit den jeweiligen Programmen gearbeitet haben, ergänzen die zusammenfassenden Ausführungen.
"Neue Wege der sprachlichen Frühförderung von Migrantenkindern" nach Zvi Penner
Allgemeine Angaben
Das Sprachförderkonzept nach Penner (2002, 2003) ist sowohl für Kinder mit Migrationshintergrund konzipiert als auch für Kinder geeignet, die eine Spracherwerbsverzögerung oder ein Risiko für Lese-Rechtschreibschwäche aufweisen. Sprachunauffällige Kinder sollen ebenso von der gezielten Förderung profitieren. Der Altersbereich, indem das Programm angewandt werden kann, umfasst für alle Kinder laut Penner die ersten sieben Lebensjahre. Die Förderung erfolgt in Gruppen, wobei keine Angaben bezüglich einer optimalen bzw. angemessenen Gruppengröße und -zusammensetzung gemacht werden. Unklar ist ebenso, welchen Zeitraum die Sprachförderung insgesamt einnimmt. Die einzelnen Übungseinheiten sollten drei bis fünfmal wöchentlich für ca. zehn Minuten durchgeführt werden.
Theoretischer Hintergrund
Im Gegensatz zu anderen Sprachfördermaßnahmen möchte sich das Programm dadurch unterscheiden, dass der Schwerpunkt nicht auf der Vermittlung von situationsgebundenen und alltagsrelevanten Sprachfertigkeiten liegt, sondern auf dem Erwerb von kontextreduzierten und abstrakten Formen des Sprachgebrauchs. Dies beinhaltet im Besonderen formales Regelwissen sowie das Verständnis von wort- und satzbezogenen Abhängigkeiten und Zusammenhängen. Im Rahmen des Förderprogramms werden den Kindern sprachliche Merkmale des Deutschen systematisch dargeboten, die sie für bestimmte sprachliche Regelmäßigkeiten sensibilisieren und dadurch in die Lage versetzen sollen, linguistische Besonderheiten selbstständig zu erwerben. Folglich geht Penner davon aus, dass die Förderkinder sich sprachliches Wissen intuitiv erschließen, und verzichtet auf eine explizite Vermittlungsmethode (Penner, 2003).
Förderbereiche
Das Programm ist in drei aufeinander aufbauende Module gegliedert, die die Bereiche "Sprachrhythmus und Wortbildung", "Grammatik" und den Bereich des "Sprachverstehens" abdecken (Penner, 2002).
Modul 1: Penner hebt in seinem ersten Modul die Bedeutung der Regelmäßigkeit der deutschen Sprachrhythmik, d.h. die trochäische Grundstruktur (einer betonten Silbe folgt eine unbetonte Silbe im Wort), hervor. Seiner Auffassung nach müssen Kinder die Fähigkeit erwerben, Betonungsmerkmale sowie weitere sprachrhythmische und lautbezogene Eigenschaften von Wörtern zu erkennen und daraus Regeln abzuleiten. Übungen zur Wort- und Pluralbildung, zur Wortzusammensetzung sowie zur Silbenstruktur dienen dem Erwerb der sprachrhythmischen Sensitivität und der Erweiterung des Wortschatzes. Die Förderdauer für dieses Modul wird mit drei Monaten angegeben.
Modul 2: Ziel des zweiten Moduls ist das Erschließen der Basisgrammatik der Nominalphrase (Satzteil, dessen Kern ein substantives Element ist) und die Klärung der damit in Verbindung stehenden syntaktischen und semantischen Funktion des Artikels. Dieses Modul ist in zwei Unterstufen gegliedert, zum einen wird die "Grammatik des (bestimmten) Artikels und seine Verwendung im Deutschen" behandelt und zum anderen werden Hauptsatzstrukturen "von AUCH- und NICHT-Sätzen" (Penner, 2002, S. 86) aufgegriffen. Für dieses Modul wird ein Förderzeitraum von bis zu sechs Monaten angeführt.
Modul 3: Nach Penner stellt das dritte Modul die "Schnittstelle zwischen Grammatik und Sprachverstehen" (Penner, 2002, S. 118) dar. Schwerpunkt dieser letzten Fördereinheit sind Übungen zu folgenden abstrakten, sprachlichen Verstehensmerkmalen: Referenzen (Bestimmtes versus Allgemeines), Zeitabfolgen, Mengen, Frageverstehen sowie Aktiv- und Passivformen. Angaben über die zeitliche Spanne dieses Moduls liegen nicht vor.
Materialien und Schulung
Erzieher/innen, die im Rahmen der Ausbildung zur Sprachförderkraft eine Schulung des Autors bzw. seiner Mitarbeiter/innen besuchen, bekommen im Rahmen von sechs halbtägigen Sitzungen die wissenschaftlichen Grundlagen des Spracherwerbs vermittelt, erhalten Informationen über kindergartenpädagogische und lernpsychologische Ansätze und werden in der Durchführung des Sprachförderprogramms sowie in der Anwendung der dem Konzept zu Grunde liegenden Materialien geschult. Die Schulung in den drei oben beschriebenen Basismodulen kostet insgesamt 288 €; inklusive einem Programmhandbuch, das die Grundprinzipien der Förderung erklärt und verschiedene Übungsbeispiele zu den einzelnen Bausteinen enthält.
Das Programm umfasst nach den Angaben von Penner (2003) insgesamt 32 "cross-medial" gestaltete Bausteine, die gemäß den drei Fördermodulen hierarchisch aufeinander aufbauen. Die multimediale Ausführung und die Reichhaltigkeit der Materialien (Printmedien, Audio- und Videomaterialien, PC-Lernspiele) des Programms gewährleisten eine hohe Flexibilität und Abwechslungsreichtum bei der Gestaltung der Übungseinheiten und hinsichtlich der Nutzung des Materials zu Hause. Das Vorhandensein eines PC in der jeweiligen Einrichtung ist bei diesem Programm von Vorteil. Beim Kauf des Gesamtpakets der Materialien fallen Kosten in Höhe von 585 € an; werden die Materialien für die unterschiedlichen Module sukzessiv erworben, belaufen sich die Kosten auf 723 € (Penner, 2008).
Ferner bietet der Autor weitere Materialien für zusätzliche Aufbaumodule an, die weitere sprachliche Lernfelder (z. B. Mathematik, Naturwissenschaft) abdecken, deren Kosten allerdings nicht ermittelt werden konnten (http://www.bildung-von-anfang-an.de/konlab_programmbest.asp).
Beurteilung des Programms durch Förderkräfte
Die befragten Förderkräfte äußerten sich differenziert zum Sprachförderkonzept nach Penner. Übereinstimmend wurde die Zeitspanne von 10 bis 15 Minuten täglich als optimaler Förderzeitraum bewertet. Die Materialien wurden als kindgerecht und vielfältig beurteilt, wobei insbesondere der Einsatz von Computern als Lernhilfe sich für die Kinder als neu und spannend erwies. Sprachförderkräfte, die aufgrund struktureller Bedingungen auf den Einsatz des PCs verzichten mussten, äußerten ihr Bedauern darüber.
Die Strukturierung und der modulare Aufbau des Programms wurden von einigen Sprachförderkräften als übersichtlich und insbesondere in der Anfangsphase der Förderung als hilfreich erlebt. Sprachförderkräfte, die schon länger im Bereich der Sprachförderung tätig sind, beschreiben das Programm hingegen als starr und unflexibel und beklagen den Mangel an Freiräumen, um spontan auf die Kinder und deren Äußerung einzugehen. Unterschiedliche Einschätzungen finden sich auch hinsichtlich der thematischen Einbettung der Förderbausteine in den Kindergartenalltag. Während einige Förderkräfte berichten, dass die Übertragung einzelner Inhalte auf Alltagssituationen gut funktioniert, erachten andere dies für schwierig. Kritisch äußerten sich die Förderkräfte zu der Passung von gestellten Anforderungen und dem (sprachlichen) Entwicklungsstand der Kinder. Die Inhalte und die Komplexität des Förderprogramms sollten nach Meinung der Förderkräfte stärker dem jeweiligen Alter der Kinder angepasst werden. Insbesondere während der ersten beiden Module, in denen häufig Memory-Material eingesetzt wird, werden wiederkehrende Aufgabenstellungen von älteren Kindern als einseitig und langweilig erlebt. Das Bildmaterial sollte zudem ein größeres Format aufweisen und das schweizerische Vokabular an das Deutsche adaptiert werden (Hasselbach, Schakib-Ekbatan, Roos & Schöler, 2007).
Zusammenfassung und Fazit
Penners Programm der sprachlichen Frühförderung verfügt über ein theoretisches Konzept, das "gezielt in denjenigen 'Gefahrenzonen', in denen bei den Risikokindern Stagnationen im Sprachlernprozess zu erwarten sind" (Penner, 2003, S. 50), ansetzen möchte. Die Relevanz der geförderten Strukturen begründet Penner allerdings nur unzureichend. Es werden einige grundlegende Sprachbereiche (Wortprosodie, Grammatik der Nominalphrase, Satzbedeutung) abgedeckt, andere bedeutsame linguistische Entwicklungsbereiche (z.B. Phonologie und Teile der Syntax, wie Verbendstellung und -klammer) bleiben hingegen unberücksichtigt.
Verbessern lässt sich das Programm auch hinsichtlich der Anwenderfreundlichkeit. Neben den hohen Erwerbskosten muss kritisiert werden, dass Materialien nicht über den Buchhandel sondern ausschließlich über die Internetseiten des vertreibenden Verlags (http://www.bildung-von-anfang-an.de) erworben werden können. Auch das Handbuch (Penner, 2002), das "Herzstück" des Programms, bleibt trotz detailreichen und präzisen Durchführungsbeschreibungen unstrukturiert und aufgrund einer fehlenden Gesamtübersicht unübersichtlich.
Eindeutig positiv hervorgehoben werden muss die Vielfältigkeit des Materials, dessen Gestaltung und seine multimediale Einsetzbarkeit. Wünschenswert wäre hier dennoch eine Weiterentwicklung, die in Anbetracht der unterschiedlichen Ziel- und Altersgruppen, bei denen das Programm eingesetzt werden kann, dem differenzierten Sprachentwicklungsstand der Kinder Rechnung trägt.
"Sprachliche Frühförderung" nach Rosemarie Tracy
Allgemeine Angaben
Zielgruppe der sprachlichen Frühförderung nach Tracy (2003, 2004) sind vornehmlich Kinder, deren Muttersprache altersgemäß entwickelt ist, die aber über keine oder nur geringe Deutschkenntnisse verfügen. Um negativen Begleit- und Folgeerscheinungen vorzubeugen, sollte die Sprachförderung so früh wie möglich beginnen, "denn je jünger Kinder sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf jene Erwerbsmechanismen zurückgreifen können, die den Erstspracherwerb erfolgreich machen" (Tracy, 2003, S. 5). Die Frühförderung richtet sich auf Grund dessen schon an Dreijährige, wobei auch mit älteren Kindern Fördermaßnahmen durchgeführt werden können. Hinsichtlich der methodischen und zeitlichen Umsetzung spricht sich Tracy dafür aus, die Kinder täglich ein Stunde lang in kleinen Gruppen (max. drei Kinder) zu fördern, und diese Förderung über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten durchzuführen.
Theoretischer Hintergrund
Nach Tracy (2003, 2007) gehört das Sprachlernen bei Kleinkindern noch zum "biologischen Programm", wonach Kinder intuitiv auf bestimmte Eigenschaften des sprachlichen Inputs achten, daraus eigenständig Wissen über Sprache ableiten und in Folge dessen automatisch deren wichtigste Strukturen erkennen (Universität Mannheim, 2003). Voraussetzung für das so genannte Bootstrapping ist laut Tracy eine Optimierung des sprachlichen Angebots, die unter anderem durch regelmäßige und verlässlich kommunikative Situationen gewährleistet wird, in denen sich die Kinder ungestört auf das Sprachangebot konzentrieren können. Die besondere Aufgabe der Sprachförderkräfte besteht darin, eine intensive sprachliche Interaktion ("Sprachbad") zu ermöglichen, bei der Sprache systematisch, strukturiert und mit der Unterstützung von Gestik und Mimik dargeboten wird (Tracy, 2003).
Förderbereiche
Das Förderkonzept von Tracy beruht auf dem unauffälligen Verlauf des deutschen Spracherwerbs, den sie in "vier Meilensteine" gliedert. Jede dieser Stufen stellt eine Beschreibung markanter Entwicklungsschritte dar: von Einwort-Äußerungen über erste Wortkombinationen und einfachen Sätzen mit finiten Verben bis hin zu komplexen Satzstrukturen. Jedem dieser Meilensteine werden verschiedene Förderempfehlungen zugeordnet. So stellt die Kontrastierung von Satzmustern (Passt du in die Kiste rein, in die ein Käfer reinpasst?) eine nach Tracy geeignete Förderempfehlung für die Kinder dar, die sich auf der zweiten Entwicklungsstufe befinden, d.h. ausschließlich einfache Wortkombinationen produzieren (Da wegfliegen Vogel).
Den Sprachförderkräften dienen diese Meilensteine zusätzlich als Leitfaden für die informelle Einschätzung der Deutschkompetenz der zu fördernden Kinder. In Abhängigkeit des festgestellten Sprachvermögens sollen geschulte Erzieher/innen unter Berücksichtigung der Förderempfehlungen Gesprächsinhalte von Sprachlernsituationen nach linguistischen (wortschatz-/ syntax- und morphologiebezogenen) Gesichtspunkten aufbereiten (Tracy, 2004).
Materialien und Schulung
Die Frühförderung nach Tracy (2003) versteht sich nicht als Übungs- und Lernprogramm im eigentlichen Sinne, da den Sprachförderkräften keine konkreten Materialen und Übungseinheiten vorgegeben werden, die die Basis der Förderung bilden. Der Grundgedanke des Konzepts liegt darin, Erzieher/innen durch entsprechende Fort- und Weiterbildungen dazu zu befähigen, das Sprachangebot anhand eigener Materialien zu entwickeln und dem jeweiligen Sprachstand der Kinder anzupassen. In den von Tracy und ihren Mitarbeitern/innen angebotenen Fortbildungsreihen werden somit verstärkt sprachwissenschaftliche Grundlagen, Wissen über den Spracherwerbsverlauf bei ein- und mehrsprachigen Kindern vermittelt sowie Möglichkeiten der Erfassung des Spracherwerbsstands vorgestellt. Diese Weiterbildungen bestehen aus drei halbtägigen Basismodulen, zwei halbtägigen Praxismodulen und einem ganztägigen Workshop zur Sprachstandsdokumentation. Des Weiteren besteht die Möglichkeit einer fortlaufenden Supervision (Kontaktstelle Mehrsprachigkeit, 2008a, 2008b). Auskünfte über die Schulungskosten werden auf Einzelanfrage erteilt (http://kontaktstelle-mehrsprachigkeit.uni-mannheim.de).
Beurteilung des Programms durch Förderkräfte
Bezüglich des offenen Konzepts der Frühförderung nach Tracy vertreten die befragten Förderkräfte gegensätzliche Positionen. Während einige Förderkräfte dem freien Gestaltungsspielraum und der eigenständigen Zusammenstellung der Materialen positiv gegenüber stehen, fühlen sich andere mit der faktischen Umsetzung des Programms überfordert. Insbesondere die Erzieher/innen, die über wenig Fördererfahrung verfügen, vermissen konkrete Anleitungen und Orientierungshilfen für die Durchführung der Übungseinheiten und beklagen zugleich das hohe Maß an geforderter Eigeninitiative, die für die Konzipierung und Beschaffung der Fördermaterialien sowie für die Selbstaneignung des theoretischen Wissens benötigt wird. Sprachförderkräfte, die länger im Bereich der Sprachförderung arbeiten, begrüßen hingegen die Freiräume, die das Konzept bietet, und sehen es als Vorteil an, Gesprächsinhalte eigenständig auszuwählen, eigene Materialen einzusetzen und interessengerecht auf die Kinder und deren Äußerungen einzugehen.
Die Vorgabe der täglich einstündigen, gesonderten Förderung der Risikokinder in Kleingruppen wird von den sprachfördernden Erzieher/innen bisweilen als schlecht vereinbar mit dem normalen Kindergartenalltag erlebt. Unabhängig von der Durchführung des Konzepts, plädierten die Förderkräfte für einen sehr frühen Einsatz dieser Sprachförderung, da ältere Kinder (5-6 Jahre) ihres Erachtens nicht in gleichem Maße davon profitieren wie jüngere Kinder (3-4 Jahre; Hasselbach et al., 2007).
Zusammenfassung und Fazit
Das Frühförderkonzept nach Tracy stellt kein vorstrukturiertes Übungs- und Lernprogramm dar; auf konkrete Anleitungen und spezifische Handlungsanweisungen sowie vorgefertigte Materialien wird verzichtet. Im Vordergrund steht die Vermittlung von sprachwissenschaftlichen Grundlagen, die die Erzieher/innen dazu befähigen sollen, selbstständig und in Eigeninitiative Sprachlernprozesse zu initiieren. Diese hohen Anforderungen auf theoretischer und konzeptioneller Ebene könnten insbesondere Sprachförderkräften Schwierigkeiten bereiten, die über keine oder nur geringe Vorerfahrungen im Bereich der Sprachförderung verfügen.
Positiv hervorgehoben werden muss die Tatsache, dass die Erzieher/innen in der Sprachstandsdiagnostik geschult werden und darauf aufbauend die Förderung der Risikokinder erfolgt. Somit bestimmen nicht vorgegebene Programminhalte, sondern die individuellen Fähigkeiten der Kinder den Ausgangspunkt der Fördermaßnahmen.
Das Sprachförderprogramm nach Erika Kaltenbacher und Hana Klages
Allgemeine Angaben
Zielgruppe dieses Sprachförderprogramms sind Kinder, deren sprachliche Fähigkeiten im letzten Kindergartenjahr nicht ausreichen, um schulische Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Dies trifft insbesondere auf Kinder mit Migrationshintergrund und auf Kinder aus bildungsfernen Familien zu, die ein nur eingeschränktes und damit unzureichendes Sprachangebot erhalten. Das Sprachprogramm ist für Kinder konzipiert, die zwischen fünf und sechs Jahre alt sind. Es umfasst insgesamt 180 Förderstunden, die im Laufe des letzten Kindergartenjahres durchgeführt werden sollen. Bei Kindern mit größeren sprachlichen Defiziten kann es sich nach Kaltenbacher und Klages als sinnvoll erweisen, einzelne Förderbausteine mit leichten Modifikationen im ersten bzw. zweiten Schuljahr weiterzuführen. Im Kindergarten sollte die tägliche, einstündige Förderung in kleinen Gruppen bis maximal sechs Kinder erfolgen (Kaltenbacher & Klages, 2006, 2007).
Theoretischer Hintergrund
Ähnlich dem Sprachkonzept von Zvi Penner zielt das Förderprogramm "Deutsch für den Schulstart" nicht nur auf die Entwicklung alltagsrelevanter Sprachfertigkeiten, sondern soll ebenso die Ausbildung "akademischer" sprachlicher Fähigkeiten unterstützen (Kaltenbacher & Klages, 2007). Die Autorinnen legen demzufolge Wert auf das Verstehen von dekontextualisierten Äußerungen und sehen dieses als für den Schulerfolg entscheidend an. Um ein entsprechendes Sprachniveau zu erreichen, wollen Kaltenbacher und Klages mit ihrem Programm gezielt die linguistischen Spezifika fördern, die sie u.a. durch ihre eigenen Sprachstandserhebungsstudien als Problembereiche des Zweitspracherwerbs identifiziert haben. Migrantenkinder zeigen demnach vornehmlich Schwierigkeiten bei der Anwendung des Genus- und Kasussystems, der Syntax sowie beim Erwerb räumlicher Präpositionen. Weitere Defizite bestehen im Wortschatz, im Verstehen und Produzieren zusammenhängender Äußerungen sowie in der Aussprache und im Sprachrhythmus. Ausgehend von diesen mangelnden sprachlichen Fähigkeiten leiten Kaltenbacher und Klages die systematischen, aufeinander aufbauenden (curricularen) Fördereinheiten des Sprachprogramms ab (Kaltenbacher & Klages, 2006, 2007).
Förderbereiche
Insgesamt beinhaltet das Curriculum fünf Förderbereiche: Drei Fördereinheiten zielen spezifisch auf die Verbesserung sprachlicher Kompetenzen (Wortschatz, Grammatik und Text), während zwei Förderbereiche Vorläuferfertigkeiten (Mathematische Vorläuferfähigkeit und phonologische Bewusstheit) trainieren. Alle fünf Teilbereiche werden parallel und anhand einer vorgegebenen Thematik (z.B. Kleidung, Tagesablauf, Familie) bearbeitet. Jede Fördereinheit teilt sich in vier unterschiedliche Niveaustufen auf, so dass die Kinder in Abhängigkeit ihrer individuellen Sprachkompetenz gefördert werden können. Der Sprachstand der einzelnen Kinder wird durch die Sprachförderkraft zu Beginn und am Ende der Förderung durch ein von Kaltenbacher und Klages entwickeltes Diagnoseverfahren erfasst. Dadurch soll nach Ansicht der Autorinnen sowohl der richtige Einstieg in die Förderung gewährleistet als auch der Lernfortschritt der Kinder überprüft werden (Kaltenbacher & Klages, 2008).
Förderbereich 1: Wortschatz. Das Ziel dieser Fördereinheit besteht darin, Kindern "in den relevanten Themenbereichen die wesentlichen Substantive, Verben und Adjektive zu vermitteln und ihnen die Grundverfahren der Wortbildung (Wortzusammensetzungen und -ableitungen) transparent zu machen" (Kaltenbacher & Klages, 2006; S. 93). Ausgehend von anfänglich einfachen, situationsgebundenen und lebensnahen Bereichen (Körper, Kleidung, Familie) werden gegen Ende der Förderung abstraktere und situationsungebundene Wörter und Inhalte (Natur, Schule) vermittelt.
Förderbereich 2: Grammatik. Diese Fördereinheit umfasst alle grammatischen Phänomene, die den Kindern beim Zweitspracherwerb nach Kaltenbacher und Klages erhebliche Probleme bereiten. Die Kinder werden insbesondere in den Bereichen der Satzstruktur mit den verschiedenen Positionen für Verben ("er hat die Lampe angemacht; sie geht aus dem Zimmer raus") gefördert und mit der (unregelmäßigen) Konjugation von Verben ("schlafen - er schläft; springen - gesprungen") konfrontiert. Weitere curriculare Inhalte sind der Gebrauch des grammatischen Geschlechts sowie die Verwendung (räumlicher) Präpositionen und der Fälle (Kasus) des Deutschen.
Förderbereich 3: Text. Anhand von Geschichten, Erzählungen, Beschreibungen und Anweisungen werden die Kinder in diesem Förderabschnitt an verschiedene Texttypen herangeführt. Die Kinder sollen erkennen, dass in den mündlich vorgetragenen Textarten Ereignisse durch zeitliche und logische Relationen miteinander verbunden sind, und lernen, diese Relationen als Interpretationshilfe zu nutzen und beim eigenen Sprechen in angemessener Weise zum Ausdruck zu bringen.
Förderbereich 4: Mathematische Vorläuferfertigkeiten. Dieses Modul umfasst die Unterweisung der Kinder in grundlegenden mathematischen Teilfähigkeiten wie Zählfähigkeit, Kenntnis von Mengen- und Größenbegriffen, Fähigkeit zur Kategorisierung, Bezeichnung geometrischer Figuren sowie Verständnis von zeitlicher Anordnung und kausaler Verknüpfung von Ereignissen. Mit Raumausdrücken und Dimensionsadjektiven werden die Kinder an geometrische Aspekte des mathematischen Denkens herangeführt.
Förderbereich 5: Phonologische Bewusstheit. In dieser Fördereinheit wird zunächst die auditive Aufmerksamkeit der Kinder durch Lauschspiele geschult. Im Anschluss daran sollen die Kinder lernen, sich auf formale Aspekte von Sprache zu konzentrieren. Sie üben das Segmentieren von Sätzen in Wörter und die Analyse von Wörtern in Silben und Einzellauten. Nach Kaltenbacher und Klages kann allerdings die Förderung der "Einsicht in die Silben- und Lautstruktur von Sprache" nur mit einem ausreichenden Wortschatz der Kinder lernzielorientiert erfolgen (Kaltenbacher & Klages, 2007, 2008).
Materialien und Schulung
Insgesamt enthält das Sprachprogramm 400 Spiele, die alle fünf Förderbereiche abdecken. Das multimedial gestaltete Arbeitsmaterial (u.a. Bildkarten, CDs, Videos, Bewegungsspiele) kann ausschließlich unter der Kontaktadresse http://www.xn--deutsch-fr-den-schulstart-nwc.de für insgesamt ca. 120 € bezogen werden. Förderkräfte, die mit diesem Material arbeiten möchten, werden allerdings zu der Teilnahme an einer zweitägigen Kurzschulung verpflichtet (Kosten: 120 € pro Teilnehmer), die nach Kaltenbacher und Klages den kompetenten Umgang mit dem Förderprogramm gewährleisten soll.
Im Rahmen eines durch die Autorinnen veranstalteten Wochenendseminars werden die Sprachförderkräfte sowohl in theoretischen Grundlagen als auch in Aspekten der Sprachdiagnostik und -didaktik geschult. Darüber hinaus erhalten die Erzieherinnen eine Einführung in die Arbeit mit dem Förderprogramm. Während bei der Vermittlung der theoretischen Grundlagen Erkenntnisse der (Zweit-) Spracherwerbsforschung im Vordergrund stehen, liegt der Schulungsschwerpunkt des sprachdiagnostischen Themenbereichs auf der Unterweisung in einem von den Autorinnen konzipierten Sprachstandsdiagnostikum. Des Weiteren werden im Verlauf des Kurztrainings Grundprinzipien der Sprachdidaktik erörtert und anhand konkreter Beispiele veranschaulicht und besprochen.
Neben der (obligatorischen) Teilnahme am Kurztraining, besteht für die Erzieherinnen darüber hinaus die Möglichkeit einer Praxisbegleitung, die einen Erfahrungsaustausch beinhaltet und der eine beratende Funktion während der Anfangs-, Durchführungs- und Endphase der Förderung zukommt.
Weitere Informationen und Materialien erhalten die Förderkräfte zusätzlich für die Elternarbeit, da nach Kaltenbacher und Klages die Sprachförderung dann besonders wirkungsvoll ist, wenn im Elternhaus eine positive Grundhaltung herrscht und für die Kinder ein gutes Erfahrungs- und Lernumfeld besteht (Kaltenbacher & Klages, 2008).
Beurteilung des Programms durch Förderkräfte
Insgesamt bewerten die Förderkräfte die Sprachförderung nach Kaltenbacher und Klages als gut strukturiert und inhaltlich durchdacht. Positiv hervorgehoben wurde die gute Passung zwischen den linguistischen/ inhaltlichen Aspekten der Fördereinheiten und dem Sprachvermögen der fünf- bis sechsjährigen Kinder.
Auch zu anwendungsbezogenen Aspekten äußerten sich die Sprachförderkräfte positiv. Anweisungen zur Durchführung der Fördereinheiten wurden als klar und verständlich bewertet, und lange Vorbereitungszeiten entfielen aufgrund des äußerst umfangreichen Materials. Zum damaligen Zeitpunkt kritisierten allerdings manche Sprachförderkräfte, dass einige der Geschichten zu konstruiert seien und es an farblichen Bildern im geeigneten Format mangelt. Das verpflichtende Kurztraining wurde überwiegend als praxisnah beschrieben, wobei sich unerfahrenere Förderkräfte längere Schulungszeiten und eine Vertiefung pädagogischer Lehranteile gewünscht hätten (Hasselbach et al., 2007).
Zusammenfassung und Fazit
Ausgehend von den Erkenntnissen der Spracherwerbsforschung entwickelten Kaltenbacher und Klages ein umfangreiches und gut strukturiertes Sprachförderprogramm. Es beinhaltet fünf Fördermodule, mit denen die Risikokinder in den festgestellten sprachlichen Problembereichen gezielt/ systematisch gefördert werden können. Ebenso wie Penner (2003) und Tracy (2003) favorisieren auch die Autorinnen eine implizite Vermittlungsmethode und vertrauen darauf, dass die geförderten Kinder durch ein gut strukturiertes und wiederholendes Sprachangebot sich charakteristische Systematiken des Deutschen intuitiv aneignen. Ähnlich der Konzeption von Tracy erhalten die Förderkräfte eine Schulung in Sprachstandsdiagnostik, so dass in Abhängigkeit des jeweiligen Sprachniveaus der Kinder eine differenzielle Förderung möglich ist. Weitere Inhalte der Schulung betreffen die Anwendungs- und Durchführungsmodalitäten des Programms. Ausschließlich im Rahmen dieser Weiterbildung erhalten die Sprachförderkräfte konkrete Vorgaben bzw. Richtlinien, wann, welche Materialien (Sprachspiele) in welcher Form eingesetzt werden. Da die Sprachspiele somit nicht für Außenstehende vorab einsehbar sind, kann nicht beurteilt werden, ob die Materialien die Inhalte der einzelnen Förderbereiche angemessen aufgreifen und inwieweit sie zu den angegebenen Förderzielen führen.
Das von Kaltenbacher und Klages konzipierte Programm befand sich zum Zeitpunkt der wissenschaftlichen Evaluation noch in der Entwicklung. Es wurde seit dieser Zeit in Teilen überarbeitet und im Jahre 2008 unter dem Titel "Deutsch für den Schulstart" (Kaltenbacher 2008) neu veröffentlicht. Die vorliegende Darstellung beschreibt den Stand des Sprachförderprogramms zum Zeitpunkt des Evaluationsbeginns.
Zusammenfassende Bewertung der drei Sprachförderprogramme
Die vorgestellten Programme von Penner, Tracy und Kaltenbacher und Klages stellen Sprachfördermaßnahmen dar, die vorschulisch, d.h. im Elementarbereich, einzusetzen sind. Alle Konzeptionen sehen eine tägliche Sprachförderung vor, die zwar zum festen Bestandteil des Kindergartenalltags gehören, aber dennoch separiert vom Alltagsgeschehen stattfinden sollte. Gemein ist allen Programmen ebenso, dass die Aufgabe der (unterschiedlich) ausgebildeten Sprachförderkräfte darin besteht, mit Hilfe von eigenen oder vorgefertigten Materialien die Kinder für sprachliche Regelmäßigkeiten zu sensibilisieren. Sowohl Penner als auch Tracy sowie Kaltenbacher und Klages gehen davon aus, dass sich Kinder mit Migrationshintergrund sprachliche Merkmale des Deutschen intuitiv erschließen - vorausgesetzt sie erhalten ein entsprechendes sprachliches Angebot -, und favorisieren aus diesem Grund eine implizite Vermittlungsmethode.
Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist die Vermittlung sprachlichen Wissens auf dem Weg der impliziten Lernprozesse allerdings umstritten. Bisher ist nicht eindeutig geklärt, ob dem Erwerb der Muttersprache und dem Zweitspracherwerb, der üblicher Weise erst später erfolgt, nicht unterschiedliche Lernprozesse zu Grunde liegen. Man kann in Frage stellen, ob die Zweitsprache wie die Erstsprache sozusagen beiläufig erworben wird. "Für Kinder mit Migrationshintergrund bedeutet dies, dass sie die Zweitsprache Deutsch vor dem Hintergrund ihrer Erstsprache 'bewusster' erlernen und unter Umständen auch einer anderen Förderung bedürfen" (Kany & Schöler, 2007, S. 15f.). Gerade älteren Kindern (ab ca. vier Jahre) müsste demzufolge eine ihrem kognitiven Entwicklungsstand angemessenere, reflexionsorientierte Zugangsweise beim Zweitspracherwerb angeboten werden. Die wenigen existierenden Sprachförderprogramme beinhalten aber in aller Regel keine altersdifferenzierten Vermittlungsmethoden.
Angesichts der geringen Anzahl von unabhängigen Evaluationsstudien werden allerdings auch in naher Zukunft viele Fragen hinsichtlich der entwicklungsabhängigen Wirksamkeit von Lernmechanismen und der Bedeutung von entsprechend angepassten didaktischen Konzepten offen bleiben.
Darüber hinaus bleibt ungeklärt, ob die einzelnen Programme tatsächlich bedeutsame Veränderungen der Sprachkompetenz bei Kindern hervorrufen, da weder Penner, noch Tracy, noch Kaltenbacher und Klages ihre Förderprogramme bisher haben extern evaluieren lassen. Um deren Effektivität festzustellen, wären demnach weitere Studien notwendig, die zeigen, dass die von dem Autor und von den Autorinnen konstatierten Fördereffekte auf Wirkungsmechanismen der jeweiligen Programme zurückzuführen sind und nicht auf den fortgeschrittenen Entwicklungsstadien der Kinder oder auf der allgemeinen zeit- und übungsintensiven Zuwendung beruhen.
Trotz dieser noch unzureichenden Erforschung von Aneignungsmechanismen des ungesteuerten Zweitspracherwerbs und der Wirksamkeit von Sprachfördermaßnahmen steigt die Zahl der Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen, und dringender Handlungsbedarf bleibt weiterhin bestehen (Kany, 2007). Sofern Erzieher/innen Kinder mit Migrationshintergrund beim Erwerb der Zweitsprache unterstützen und auf die Anforderungen von Schule vorbereiten wollen, können sie demnach nicht auf ausgereifte Förderprogramme zurückgreifen. Bisherige Sprachfördermaßnahmen erfüllen nur teilweise die Mindeststandards bezüglich Konstruktion, Anwendung und Evaluation (s. Kany, 2007). Welches Programm letztlich in der Praxis ausgewählt wird, richtet sich nicht nur nach dem theoretischen Hintergrund, in dem sich alle drei nicht grundsätzlich voneinander unterscheiden, sondern ebenso nach den Durchführungsmodalitäten (u.a. dem erforderlichen Zeitaufwand, dem jeweiligen Kindergartenkonzept) und den Kosten des Programms (u.a. für Material, für Schulung, für zusätzliche Förderkräfte).
Literatur
Baumert, J. & Schümer, G. (2002). Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb im nationalen Vergleich. In J. Baumert, C. Artelt, E. Klieme, J. Neubrand, M. Prenzel, U. Schiefele, W. Schneider, K.-J. Tillmann & M. Weiß (Hrsg.),
PISA 2000. Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich (S. 11-38). Opladen: Leske + Budrich.
Bos, W., Lankes, E.-M., Prenzel, M., Schwippert, K., Valtin, R. & Walther, G. (2003). Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich - Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse [PDF].Verfügbar unter: http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-bildung/ schulqualitaet/schulleistungsuntersuchungen/ iglu_kurz_end.pdf [15.01.08].
Gogolin, I. (2005). Erziehungsziel Mehrsprachigkeit. In Ch. Röhner (Hrsg.), Erziehungsziel Mehrsprachigkeit - Diagnose von Sprachentwicklung und Förderung von Deutsch als Zweitsprache (S. 13-25). Weinheim: Juventa.
Gogolin, I. & Krüger-Potratz, M. (2006). Einführung in die interkulturelle Pädagogik. Opladen: Budrich.
Hasselbach, P., Schakib-Ekbatan, K., Roos, J. & Schöler, H. (2007). Die Bewertung der Sprachfördermaßnahmen aus der Sicht der Förderkräfte - Interviews (Forschungsprojekt "EVAS", Bericht Nr. 2). Stuttgart: Landesstiftung Baden-Württemberg.
Kaltenbacher, E. (2008). Deutsch für den Schulstart. Ein Förderprogramm für Vorschüler und Schulanfänger mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache. Heidelberg: Seminar für Deutsch als Fremdsprachenphilologie, Universität Heidelberg.
Kaltenbacher, E. & Klages, H. (2006). Sprachprofil und Sprachförderung bei Vorschulkindern mit Migrationshintergrund. In B. Ahrenholz (Hrsg.), Kinder mit Migrationshintergrund - Spracherwerb und Fördermöglichkeiten (S. 80-97). Freiburg: Fillibach.
Kaltenbacher, E. & Klages, H. (2007). Deutsch für den Schulstart: Zielsetzungen und Aufbau eines Förderprogramms. In B. Ahrenholz (Hrsg.), Deutsch als Zweitsprache (S. 135-150). Freiburg: Fillibach.
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