Daniela Schäfer-Pichula
Einleitung
Wahrscheinlich kennen Sie auch die ein oder andere Situation, in der sich die Kommunikation mit Kolleg:innen, Vorgesetzten oder im privaten Umfeld schwierig gestaltet. Wenn dann noch Kommunikationssperren (vgl. Gordon 2002) den Dialog blockieren, wird die konstruktive Gesprächsführung zusätzlich erschwert. In zahlreichen Berufen stellt die Kommunikation einen Schwerpunkt im Arbeitskontext dar. Für die Gesundheit ist es zudem förderlich, in einem angstfreien Klima zu arbeiten. Dies wird u.a. unter dem Konzept der psychologischen Sicherheit zusammengefasst (vgl. Edmonson 1999; zit. n. Pichler 2022).
„Psychologische Sicherheit bezeichnet eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der alle Teammitglieder sich offen äußern können und dürfen, ohne beschämt zu sein, abgewiesen oder anderweitig negativ sanktioniert zu werden“ (Edmonson 1999; zit. n. Koschek/Trbojevic 2022, S. 67).
Zeigt die psychologische Sicherheit eine hohe Ausprägung (vgl. Edmonson 1999; zit. n. Pichler 2022) werden folgende Aspekte deutlich:
- die Kommunikation ist offen und wertschätzend,
- neue Ideen werden kommuniziert,
- Verantwortung wird eher übernommen.
Ist die Ausprägung gering (vgl. ebd.) ist erkennbar, dass
- verdeckt oder aggressiv kommuniziert wird,
- vermieden wird, Verantwortung zu übernehmen,
- neue Ideen zurückgehalten werden.
Für die Gestaltung eines vertrauensvollen Klimas ist es nach Pichler (2022) entscheidend, einen offenen und strukturierten Kommunikationsprozess zu pflegen. Die Durchführung von systemischen Methoden wie bspw. der Retrospektive oder des Reframings können diesen Prozess unterstützen.
Häufen sich die Kommunikationssperren oder werden zunehmend Vorwürfe geäußert, weist dies vermutlich auf die unerfüllten Bedürfnisse der Kommunizierenden hin. In der systemischen Beratung oder dem Coaching kann aus einem großen Methodenrepertoire gewählt werden. Eine Methode, die sich gut in den Alltag implementieren lässt und auf die Erkundung der jeweiligen Bedürfnisse zielt, wird im Folgenden vorgestellt. Die beschriebene Methode ist angelehnt an die Gewaltfreie Kommunikation und eignet sich zur Selbst- und Teamreflexion sowie für Themen, die ein mögliches Konfliktpotenzial bergen. Die Methode „Fragen zum Nachspüren und Nachdenken“ (modifiziert nach Holler 2016) ist als Einladung zu verstehen und erhebt insofern keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wird die Methode mit einem Team durchgeführt, bietet es sich an, die Fragen im Vorfeld auszuteilen. Die angeführten Fragetechniken werden ebenfalls in der systemisch-lösungsorientierten Beratung genutzt (vgl. Bamberger 2015; Middendorf 2018). Die Befragten haben somit die Möglichkeit, eigene Lösungen zu generieren.
Ablauf der Methode
Bitte denken Sie an eine für Sie belastende Situation im Berufsalltag, von der Sie gerne hätten, dass diese anders verlaufen soll.
- „Was hätten Sie gerne, dass sich verändert?“
- „Aus welchem Grund hätten Sie gerne, dass sich die Situation verändert?“
- „Wie fühlt es sich für Sie an, wenn sich die Situation verändert?“
Hat jede Person für sich Antworten gefunden, werden diese reihum vorgestellt. Es gibt hierbei keine „Ja, aber!“ – Diskussion, die Beteiligten hören einfach nur zu, ohne eine Bewertung abzugeben.
Die Fragen können eine erste Erhebung darstellen und ermöglichen das Verbalisieren von Bedürfnissen. Im zweiten Schritt wird dann überlegt, welche Situation für alle Anwesenden den geringsten Widerstand auslöst, wenn eine Änderung angestrebt wird. Folglich den größten Konsens bei allen Beteiligten aufweist. Hierfür ließe sich eine Widerstandsmatrix erstellen. Diese kann nach der Idee des Systemischen Konsensierens realisiert werden (vgl. Visotschnig et al. 2022). Der nächste Schritt wäre dann die Verschriftlichung der konkreten Änderung auf einem Flipchart/Plakat. Jede Person, die an dem Prozess beteiligt war, unterschreibt abschließend darauf. Von Vorteil ist es, wenn das Plakat weiterhin gut sichtbar positioniert wird.
Ausblick
Mittels der skizzierten Methode ist es möglich, die Aufmerksamkeit der Beteiligten auf Lösungen zu richten sowie ein Perspektivenwechsel anzuregen. Das Verharren in Problemen kann enorme Anstrengungen kosten und sich nachteilig auf die Arbeitsleistung sowie die mentale Gesundheit auswirken. Ein Arbeitsklima, in dem divergierende Meinungen oder Konflikte offen kommuniziert werden, kann zur Etablierung einer konstruktiven Konfliktkultur beitragen.
Literatur
Bamberger, G. (2015): Lösungsorientierte Beratung. 5. überarbeitete Auflage, Weinheim, Basel: Beltz.
Edmondson, A. (1999): Psychological Safety and Learning Behavior in Work Teams. Administrative Science Quarterly, 44(2), 350-383.
Gordon, T. (2002): Die neue Beziehungskonferenz. Effektive Konfliktbewältigung in Familie und Beruf. München: Heyne.
Holler, I. (2016): Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation. 8. überarbeitete und erweiterte Auflage, Paderborn: Junfermann.
Koschek, H.; Trbojevic, M. (2022): Jedes Team ist anders: Ein Praxisbuch für nachhaltige Teamentwicklung. Heidelberg. dpunkt.verlag.
Middendorf, J. (2018): Lösungsorientiertes Coaching. Wiesbaden: Springer.
Pichler, O. (2022): Psychologische Sicherheit. [Zugriff am: 22.03.2023]. Verfügbar unter: https://www.pichler-training.at/psychologische-sicherheit-2/
Visotschnig, E.; Schrotta, S.; Paulus, E. (2022): Systemisches KONSENSIEREN: Der Schlüssel zum gemeinsamen Erfolg. Holzkirchen: Danke-Verlag.