Sybille Höhne
Die Kultusministerkonferenz fordert eine stärkere Zusammenarbeit von Kindergärten und Schulen. Ziel ist es dabei, pädagogische Brüche zu vermeiden und die Kinder optimal auf die Schule vorzubereiten. In der Praxis hat sich eine intensive Kooperation zwischen den abgebenden Kindereinrichtungen und den aufnehmenden Schulen als ein wichtiger Baustein für eine frühe individuelle Förderung der Kinder bewährt. Erzieher/innen und Lehrer/innen stehen dabei vor immer neuen Herausforderungen. Eine Zusammenarbeit zwischen den Pädagog/innen beiden Einrichtungsformen wird aber allein schon wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Bundesländern noch nicht überall flächendeckend realisiert.
Die konkrete Umsetzung vor Ort sollte sowohl zeitlich als auch personell und finanziell den regionalen Gegebenheiten angepasst werden. Da ist mitunter guter Rat teuer, denn Kooperationen basieren auf aktiv agierenden Netzwerken und sind meist keine historisch gewachsenen Strukturen. Sie leben zum großen Teil auch von den persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren und werden von den eigenen Kooperationserfahrungen geprägt. Gemeinsam gilt es jedoch zum Wohle der Kinder neue Wege zu beschreiten. Eine optimale Abstimmung des Bildungsprozesses zwischen der Elementarbildung und der Grundschulpädagogik ist daher unabdingbar und somit anzustreben.
Denn: Das Lernen der Kinder beginnt nicht erst mit der Einschulung in die Grundschule. Schon viel früher, so haben es diverse wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesen, muss mit der Herausbildung der Kompetenzen nicht nur bezüglich der Grundschulfähigkeit begonnen werden. Daher sollte die individuelle Förderung der Kinder in der Grundschule z.B. auf den Ergebnissen und Bewertungen - mittels Beobachtungsbogen zur Kinderbeobachtung an Tagesstätten und Horten - in der Kindereinrichtung aufbauen. Die optimale Lösung ist eine schon in der Kindertageseinrichtung anlaufende Förderung bei Feststellung vorhandener Defizite (Feinmotorik, Grobmotorik, sprachliche bzw. soziale Kompetenz usw.).
Zur Aufarbeitung von Entwicklungsverzögerungen benötigt das Kind neben der familiären Unterstützung ein angemessenes Zeitfenster und die Begleitung durch professionell geschulte Erzieher/innen und Lehrer/innen. In diesem Zusammenhang sei hier auf die Tendenzen in der akademischen Erzieherausbildung hingewiesen. Es gibt in allen Bundesländern zunehmend entsprechende Ausbildungsofferten, jedoch fehlt derzeit ein länderübergreifendes Konzept. So bestehen derzeit Angebote der Fachschulen neben Angeboten von Universitäten (aktuelle Angebote Stand Januar 2008 - siehe GEW "Entwicklung der akademischen Erzieher/Innen - Ausbildung", Tessa C. Hermann).
An der "Basis" nehmen die Diskussionen zum Thema Ausbildung und Fachkräfte zu. Doch die tägliche Bildungsarbeit steht hier an erster Stelle und daher im Vordergrund. Das zeitliche Budget ist endlich und die personellen Ressourcen sind mitunter knapp. Da heißt es, sich erst einmal auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Vorbereitungen für den nächsten Schulanfang stehen an...
Wollen Kindergarten und Grundschule miteinander kooperieren, dann sollten alle am Prozess beteiligten Akteure sich auch mit den verschiedenen pädagogischen Zielen der Einrichtungen auseinandersetzen. Gemeinsame Berührungspunkte in der Bildungsarbeit gilt es zu suchen, damit die Kooperation ein gutes Fundament bekommt. Prioritäten sind zu setzen, denn manchmal ist weniger mehr. Aufeinander zugehen, miteinander kommunizieren, sich gegenseitig informieren und das Schaffen von gemeinsamen Erlebnissen stärkt den Zusammenhalt und verhindert Fehlinterpretationen und Missverständnisse in der Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen (Kindergarten, Grundschule, Hort). Nur wenn alle Beteiligten mehr voneinander wissen, lässt sich der Bildungsprozess der Kinder ganzheitlich ausrichten. Und auch den Kindern - denn um sie geht es ja bei der engeren Verzahnung der beteiligten Einrichtungen - wird dadurch der Einstieg in die Schuleingangsphase und in das lebenslange Lernen erleichtert.
Die Qualität des Lernens und des Lehrens hängt in diesem Zusammenhang nicht nur vom abrufbaren Wissen der Multiplikator/innen ab. Den Erzieher/innen und Lehrer/innen sollten daher entsprechende Möglichkeiten für einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch - moderiert z.B. von externen Experten (Kontakt- und Beratungsstellen der Frühförderung, Schulpsychologischer Beratungsdienst, Kompetenzzentrum für Hochbegabung, ...) - zur Verfügung stehen. In der Praxis hat sich gezeigt, das nicht der Austausch mit dem Experten, sondern der Austausch mit den Experten gemeinsam am "Runden Tisch" hinsichtlich der individuellen Förderung oder bei der Aufarbeitung von Defiziten den höheren Wirkungsgrad besitzen. Die ganzheitliche Entwicklung des Kindes steht hier im Vordergrund (fordern und fördern).
Probleme und Konflikte lassen sich besser gemeinsam und in Absprache mit den Beteiligten lösen. Im Kooperationsvertrag sollte es daher auch zum Thema Informationsaustausch verbindliche Aussagen geben. Gemeinsame Weiterbildungsveranstaltungen über Lehrmethoden, die individuelle Gestaltung des Unterrichts, die Förderung der Medienkompetenz oder die Elternarbeit erfüllen den Kooperationsvertrag mit Leben.
Nicht immer gestaltet sich die Zusammenarbeit der regionalen Akteure einfach. Erzieher/innen und Lehrer/innen übernehmen ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber den Familien. In den Gesprächen erwarten Eltern Unterstützung in der Ausübung ihrer erzieherischen Aufgaben. Sie sind bei bestimmten Problemlagen auf der Suche nach Auskünften bzw. nach kompetenten Ansprechpartnern und wenden sich meist in erster Instanz an Erzieher/innen und Lehrer/innen.
Von den pädagogischen Fachkräften wird daher auch erwartet, das sie in der Lage sind, entsprechende inhaltliche, fachliche und regional bezogene Informationen und Materialien anzubieten. Zur Vermeidung von Irritationen sollten sich Erzieher/innen und Lehrer/innen auch zu diesen Themen partnerschaftlich und übergreifend miteinander vernetzen und ergänzen. Zahlreiche weitere Kooperationspartner (Bildungsagentur, Fachberater, regionale Vereine und Verbände usw.) können und sollten, wenn erforderlich und sinnvoll, in diesen Prozess eingebunden werden.
Orientiert am tatsächlichen Bedarf ergeben sich nach einer entsprechenden Analyse für alle am Kindeswohl interessierten Partner meist vielfältige Möglichkeiten zur Mitgestaltung in der Erziehungs- und Bildungsarbeit. Ohne Kooperation und Netzwerkarbeit lassen sich die Rahmenbedingungen für die Zukunft daher nur sehr schwer gestalten. Und unsere Zukunft - das sind die Kinder von heute. Geben Sie Ihnen durch Ihre Zusammenarbeit einen guten Start - es lohnt sich!
Anmerkung
Mehr als 100 Ideen für die Planung, Durchführung und Finanzierung einer erfolgreichen Zusammenarbeit befinden sich in dem von Sybille Höhne herausgegebenen "Kooperationskalender für Kindergarten und Grundschule", der im Forum-Verlag erschien. Er umfasst einen Wandkalender in DIN A1 und ein Arbeitshandbuch, in denen Vorschläge für die Zusammenarbeit von Erzieher/innen, Lehrkräften und Eltern gemacht, Aktivitäten für Kindergartenkinder und Schulanfänger vorgestellt, Modellprojekte präsentiert sowie Kopiervorlagen und Checklisten dargeboten werden. Die Aktivitäten für Kinder bauen inhaltlich aufeinander auf und dienen schwerpunktmäßig der Förderung sprachlicher, emotionaler und sozialer Kompetenzen. Außerdem beinhaltet das Handbuch Erläuterungen zu Finanzierungsmöglichkeiten und Modellprojekten.