Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen - Gesundheitliche Betreuung von Kindern in Kindereinrichtungen

Aus: Dieter Kirchhöfer, Gerhart Neuner, Irmgard Steiner, Christa Uhlig (Hrsg.): Kindheit in der DDR - die gegenwärtige Vergangenheit. Berlin: Verlag Peter Lang, Sonderdruck 2003, S. 127-132 (Auszug)

Ursula Boßdorf, Christa Grosch und Gerda Niebsch

In Kinderkrippen (Tages-, Wochen- und Saisonkrippen) und Dauerheimen fanden Kinder im Alter bis zu drei Jahren Aufnahme. Diese Einrichtungen waren dem Ministerium für Gesundheitswesen zugeordnet.

In Kindergärten wurden Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr aufgenommen und bis zum Schuleintritt betreut. Diese Einrichtungen lagen in der Obhut des Ministeriums für Volksbildung, desgleichen die Horte, in denen Kinder im Alter bis zu zwölf Jahren außerhalb der Unterrichtszeiten spielten oder Schulaufgaben machten. Kindereinrichtung war ein Sammelbegriff; er entspricht dem jetzigen Begriff der Kindertagesstätte (KITA).

Kinderkrippen hatten soziale, gesundheitliche und erzieherische Funktionen. Der Auf- und Ausbau von Kinderkrippen wurde von politischen Zielen, ökonomischen Aspekten, sozialen Gesichtspunkten und wissenschaftlichen Ergebnissen beeinflusst [...]. Der Prozesscharakter der Krippenentwicklung lässt sich auch an Tabelle 1 [...] ablesen.

In den Nachkriegsjahren waren Schutz vor Erkrankungen, ausreichende Ernährung und hygienische Pflege vorrangige Aufgabe der Säuglings- und Kleinkinderbetreuung. So wurden zunächst auch die Kindereinrichtungen nach dem Muster von Kinderkliniken als Dauerheime und Wochenkrippen eingerichtet und geführt, in denen die gesunde körperliche Entwicklung der Kinder durch hygienische und medizinische Maßnahmen weitgehend gesichert wurde. Die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchungen zur Entwicklung und zum Verhalten von 0- bis 3-jährigen Kindern in Familien, Tages- und Dauerheimen (Schmidt-Kolmer und Mitarbeiter ab 1960) ergaben, dass die Entwicklung umso günstiger verlief, je mehr die Kinder mit der Familie und dem gesellschaftlichen Alltag verbunden waren. Das führte in der DDR nach und nach zur bevorzugten Unterbringung der Kleinkinder unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und zum Entwurf eines ersten Leitfadens "für die Erziehung in Krippen und Heimen" (Schmidt-Kolmer und Reumann 1958). Rund zehn Jahre später lag das Diskussionsmaterial "Pädagogische Aufgaben und Arbeitsweise der Krippen" (Schmidt-Kolmer 1968) vor, dass auf wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen fußte und von den Mitarbeiterinnen der Krippen bereitwillig angenommen wurde.

Im Zuge der Erarbeitung des "Gesetz[es] über das einheitliche sozialistische Bildungssystem" vom 25. Februar 1965 wurden die Krippen als unterste Stufe dieses Systems ausgewiesen; sie verblieben aber weiterhin im Verantwortungsbereich des Gesundheitswesens. Alle folgenden Aktivitäten wurden zugleich unter gesundheits- wie bildungspolitischen Zielsetzungen wirksam.

In den 70er Jahren setzte sich zeitgleich mit der Schaffung des eigenständigen Berufsbildes "Krippenerzieher" (1972) und einer systematisierten Weiterbildung der Erzieher in Krippen bis hin zur Hochschulausbildung von Kleinkindpädagogen eine zunehmende Pädagogisierung der Arbeit in den Kinderkrippen durch. Sie war gekennzeichnet durch Planarbeit mit dem Erziehungsprogramm und teilweise formales Herangehen an die Erfüllung von sogenannten Planzielen.

Erst zu Beginn der 80er Jahre konnte - unter Berücksichtigung pädagogischer, pädiatrischer, sozialhygienischer, soziologischer und psychologischer Untersuchungsergebnisse - unter Federführung des Institutes für Hygiene des Kinder- und Jugendalters die Arbeit an einem "Programm für die Erziehungsarbeit in Kinderkrippen" begonnen werden, das die Gesunderhaltung der Kinder, ihr Wohlbefinden, das emotionale und individuelle Eingehen auf jedes Kind und die Gestaltung des Lebens in der Kindergruppe in ein ausgewogenes Verhältnis zum Erziehungs- und Bildungsauftrag brachte. 1985 wurde dieses Programm verbindliche Arbeitsgrundlage für alle Einrichtungen (Schmidt-Kolmer 1985).

Mit der gesetzlichen Einführung des Mütterjahres nach der Geburt eines Kindes wurde der Zeitpunkt der Erstaufnahme in die Krippe zeitlich verschoben; immer weniger Säuglinge wurden betreut (Tab. 1).

Tabelle 1: Alterszusammensetzung der Kinder in den Krippen der DDR in Prozent

Jahr

unter 1 Jahr

1 bis unter 2 Jahre

2 bis unter 3 Jahre

3 Jahre und älter

1970

20,6

37,8

39,6

2,6

1975

22,5

38,4

38,4

1,0

1980

10,5

42,8

45,5

1,2

1985

8,5

40,6

49,4

1,5

1988

1,0

43,9

53,7

1,3

Einerseits wurde mit dieser Maßnahme den Diskussionen um die durch frühe "Fremdbetreuung" hervorgerufenen gestörten Mutter-Kind-Bindungen der Boden entzogen [...], andererseits entstanden neue Probleme dadurch, dass die Aufnahme der 1- bis 1½-Jährigen in einer für sie kritischen Phase erfolgte. Die Erkrankungshäufigkeit der Krippenkinder, die als sprichwörtlich galt und oft Anlass zur Kritik darstellte, war bei den Kindern, die im Kleinkindalter erstmals in die Kindereinrichtungen kamen, deutlich erhöht. Auch war sie häufig vergesellschaftet mit anderen passageren Störungen der kindlichen Entwicklung (Schmidt-Kolmer et al. 1979).

Die quantitative und qualitative Entwicklung der Krippen und die Festigung ihrer Rolle verliefen nicht ohne Probleme, auch nicht für die gesunde Entwicklung der Kinder. Die Aufgaben eines umfassenden Gesundheitsschutzes verlangten nach analytischen Untersuchungen der Wirkungen der Lebensbedingungen auf Gesundheit und Entwicklung der Kinder. Eines dieser Probleme war die Morbidität von Krippenkindern. Die sogenannten infektiösen Kinderkrankheiten wurden durch ein umfassendes Impfprogramm mit hohem Durchimpfungsgrad für alle Kinder erfolgreich bekämpft [...]. So konnten Masern und Pertussis durch Immunisierung erheblich eingedämmt werden; Mumps und Röteln traten infolge damals fehlender Impfungen unvermindert auf. Bei den Darm- und Hautkrankheiten zeigte sich ein deutlicher Rückgang.

Solche Trends führten zur Modifizierung hygienischer Vorschriften, im Interesse der Kinder konnten die Prioritäten neu gesetzt werden. Es ging nicht mehr in erster Linie um die Verhütung von Infektionen mit antiepidemischen Maßnahmen, sondern um die hygienische Gestaltung der Bedingungen. Es galt, die nach dem Muster von Kinderkliniken gestalteten Räume in Gruppenräume für gesunde Kinder umzuwandeln, sie durch Kindermöbel, Spielzeug, Bewegungsgeräte, Teppiche und Gardinen wohnlich und anregend auf die Aktivitäten der Kinder auszustatten.

Die erste Richtlinie für die Planung und Projektierung von Vorschuleinrichtungen entstand 1966. Sie wurde 1974 durch eine neue abgelöst, die zahlreiche materielle und hygienische Gemeinsamkeiten für Krippen und Kindergärten enthielt.

Ein Raumprogramm für Kindergruppen mit Flächennormativen für Gruppenräume (2,5 qm pro Kind), gesonderte Schlaf- und Sanitärräume wurde durch einen Grundausstattungsplan und ein Sanitätsausstattungsprogramm ergänzt und rechtsverbindlich gemacht. Jede Vorschuleinrichtung war mit einer eigenen Küche auszustatten, um ernährungsphysiologisch adäquate Kost anbieten zu können. Für die Standortwahl einer Kindereinrichtung war maßgeblich, dass jede Krippe und jeder Kindergarten über eine eingezäunte und im unmittelbaren Zusammenhang zum Gebäude befindliche Freiflächen verfügen musste (15,5 qm Flächenbedarf pro Platz).

Aus Ergebnissen raumklimatischer Untersuchungen ergab sich als materiell-technische Voraussetzung für das Leben in der Kindereinrichtung z.B. die Einhaltung differenzierter Raumtemperaturen in den Schlaf-, Gruppen- und Sanitärräumen. Gleichzeitig wurde - wie bereits seit 1962 mit der ersten Richtlinie für die Hygiene in Krippen und Heimen für Säuglinge und Kleinkinder begonnen - ganz allgemein auf die Bedeutung der Bekleidung, Abhärtung, Ernährung und des Raumklimas für die Gesundheit der Kinder verwiesen.

Mit der Einführung der Fertignahrung für Säuglinge (1967) und des einheitlichen Ernährungsregimes für Krippenkinder (1973) wurden ernährungshygienische und ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt. Darüber hinaus hatte der Krippenarzt Aufgaben bei der gesunden Ernährung der Krippenkinder (Michalk und Niebsch 1972).

Seit 1965 wurden die Krankheiten aller Krippenkinder, die mit ihrem Fehlen aus der Einrichtung verbunden waren, systematisch erfasst und epidemiologisch ausgewertet, so dass seit dieser Zeit Trends verfolgt werden konnten, die sich auf Erfolge, Teilerfolge und Misserfolge allgemeiner hygienischer Maßnahmen, Impfungen und Ernährungshygiene zurückführen ließen.

Je mehr Erfolge durch alle diese Maßnahmen bei der Eindämmung bzw. Zurückdrängung einiger Krankheiten entstanden, umso mehr wurde der Anteil der Erkrankungen der Atemwege und der Ohren dominierend. Zwar konnte erreicht werden, dass die krankheitsbedingten Fehltage pro Erkrankungsfall gesenkt wurden (von 10,2 im Jahr 1965 auf 6,7 im Jahr 1988) und damit die Mütter eine kürzere Ausfallquote in ihrer Arbeitsstelle hatten, aber das Problem an sich war damit nicht geringer geworden.

Der sogenannte "Krankenstand" der Krippenkinder und der dadurch bedingte wiederholte bzw. häufige Arbeitsausfall der Mütter oder Väter schadete dem Ruf der Kinderkrippen in der Gesellschaft. Dabei wurden drei Faktoren nicht genug ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

  1. die physiologische Krankheitsbereitschaft bzw. Erkrankungshäufigkeit von Kleinkindern infolge der Unreife des Immunsystems (Grimmer 1990),
  2. die Exposition eines Kleinkindes in einer Kindergruppe bzw. -krippe im Gegensatz zur Familie mit weitaus geringeren Infektionsmodalitäten,
  3. die Tatsache, dass unter Krippenbetreuung - wie in der Familie - neben der Mehrzahl der "normal oft" erkrankten Kinder eine Anzahl kaum kranker und ebenso ein Anteil überhäufig erkrankter Kleinkinder zu finden ist (Grosch und Niebsch 1974).

So blieb in dieser Zeit ein Viertel der Kinder das ganze Jahr über gesund, aber ein Anteil von ca. 10 Prozent erkrankte sechs Mal und öfter jährlich (Grosch und Niebsch, 1974). Die Untersuchungen von Zwiener, Zwiener-Kumpf und Grosch (1994) an mehr als 6.500 Krippenkindern der DDR bestätigten dieses Ergebnis (keine Erkrankungen bei 15 Prozent und überhäufiges Erkranken bei 18 Prozent der Kinder) auch noch für die Untersuchungen aus den Jahren 1988/89.

Fortan galt die besondere Aufmerksamkeit den häufig Erkrankenden bzw. denen mit verzögerter Rekonvaleszenz. Viele Möglichkeiten wurden gesucht und gefunden, diese Kinder gesundheitlich zu stabilisieren und zugleich deren Müttern und Vätern die Weiterarbeit zu sichern.

Drei Wege zur Betreuung oft erkrankter Kinder wurden beschritten:

  • die Bildung von kleinen Krippengruppen, in denen sogenannte infektanfällige Kinder gezielt betreut wurden (z.B. Training der Thermoregulation),
  • die längerfristige Unterbringung auf Tagesstationen für Infektanfällige, die Kinderkliniken angeschlossen waren (Sandeck und Bätz 1990),
  • die Aufnahme in eine Kinderklinik zur spezialisierten immunologischen Diagnostik und grundlegenden Therapie.

Mit der Frage, wie die Kinder mit überhäufigen Erkrankungen, vor allem der Atemwege, unter Krippenbedingungen zu stabilisieren waren, beschäftigten sich viele Pädiater wissenschaftlich (Friedrich 1988; Grimmer 1990; Lorenz et al. 1988). Die von Kinderärzten verlangte Festlegung von Kontraindikationen für die Erstaufnahme in die Krippe bei Kindern mit medizinischen Belastungsfaktoren in der frühkindlichen Anamnese scheiterte bei staatlichen Stellen mit der Begründung, dass kein Aufnahmezwang für Kinderkrippen bestünde. Seit 1986 gab es für Kinder, die sehr oft erkrankten, eine zeitweise, auf 3 bis 6 Monate begrenzte "Krippenunfähigkeit" mit bezahlter Freistellung der Mütter von der Arbeit bei weiter bestehendem Arbeitsrechtsverhältnis. Darüber hinaus wurden in großen Städten sogenannte Leichtkranken- oder Rekonvaleszentenstationen mit täglicher ärztlicher Betreuung geschaffen, in denen die Kinder gesundheitlich konditioniert wurden.

In den Krippen waren sei Beginn Ärzte tätig, die in der Regel Kinderärzte waren. Ihre Verantwortung und die Aufgaben waren durch Rechtvorschriften geregelt. Die "Ordnung für die Ärzte in Krippen und Heimen" von 1973 enthielt als ersten Grundsatz: "Die gesundheitliche Betreuung der Krippenkinder dient der Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung ihrer Gesundheit; sie ist darauf gerichtet, gesundheitlichen Störungen und Schäden vorzubeugen, sie frühzeitig zu erkennen und rechzeitig entsprechende Maßnahmen der Behandlung einzuleiten. Dabei finden physische, psychische und soziale Aspekte gleichermaßen Berücksichtigung." Die erste Untersuchung wurde bald nach der Neuaufnahme jedes Kindes durchgeführt. Sie diente dazu, den Gesundheits- und Entwicklungsstand einzuschätzen und mit den Erziehern gemeinsam Vorschläge zur individuellen Gestaltung der Adaption des Kleinkindes zu machen. Alle nachfolgenden Untersuchungen erfolgten zu den vorgegebenen Zeitpunkten unter Berücksichtigung altersspezifischer Gefährdungen. Vor dem Übergang eines Kindes in den Kindergarten oder eine andere Einrichtung wurde es untersucht und eine Bewertung des gesundheitlichen Verlaufs angestrebt, um eine eventuell nachfolgende medizinische Weiterbetreuung einzuleiten.

Die Untersuchungen sollten nach Möglichkeit mit den anstehenden Schutzimpfungen gekoppelt werden; häufig jedoch wurden diese aus zeitlichen Gründen als Impfaktionen in den Kindereinrichtungen durchgeführt. Die im jeweils gültigen Impfkalender aufgeführten aktiven Immunisierungen galten als Pflichtimpfungen. Das bedeutete gleichzeitig sowohl die Pflicht des Impfarztes zur Durchführung der Schutzimpfung als auch die Pflicht der Eltern bzw. der Erzieher, das Kind zum Regelimpftermin vorzustellen.

Die Zusammenarbeit der Kinderkrippen mit den Mütterberatungsstellen erfolgte zunächst an der Nahtstelle, an der die "Krippenfähigkeit" attestiert wurde. Diese bezog sich auf die Tatsache, dass von dem aufzunehmenden Krippenkind keine ansteckenden Krankheiten ausgehen sollten. Bei der Beurteilung des Kindes spielten in Hinsicht auf die Krippenbetreuung auch die sozialen Umstände eine Rolle; bei schwierigen familiären Bedingungen erschien der Krippenbesuch besonders ratsam.

Mit der Übergabe der unverschlüsselten Originaldokumentation von der Mütterberatungsstelle an die Krippe erhielt diese sämtliche anamnestische Daten, auf die der Krippenarzt jederzeit zurückgreifen konnte.

Eine zunehmend wichtige Aufgabe der Mütterberatung wurde die Vorbereitung jedes Kindes und dessen Eltern auf die Krippenaufnahme und die Eingewöhnungsphase. Zwischen beiden Einrichtungen konnten die individuellen Maßnahmen wie stundenweise Eingewöhnung, Mitaufnahme der Mutter für einen bestimmten Zeitraum, Beibehaltung von Gewohnheiten des Kindes u. a. m. abgesprochen werden, damit die soziale Adaption des Kindes möglichst ungestört verlaufen konnte.

Unter der Prämisse "Es ist das Recht und die vornehmlichste Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu gesunden, lebensfrohen tüchtigen und allseits gebildeten [...] zu erziehen" (Verfassung der DDR, Art. 38, I4I) wurden die Krippen niemals als Ersatz der Familie verstanden. Für die Rolle der Kindereinrichtung - als dominierende Erziehungsinstitution oder als familienbegleitender Erziehungsträger - wurden in den 40er Jahren jedoch unterschiedliche Akzente gesetzt [...]. Dabei wurde das Mitspracherecht der Familien respektiert und genutzt unter Wahrung von Artikel 38 (s. oben): "Die Eltern haben Anspruch auf ein enges und vertrauensvolles Zusammenwirken in den gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungseinrichtungen". In Elternversammlungen, Elternabenden, Elternweiterbildungen auf freiwilliger Basis und in gewählten Elternvertretungen konnten die Eltern für die jeweiligen Krippen Veränderungen bewirken, sofern sie nicht staatlich vorgegebene Aufgaben oder Planziffern betrafen.

Grundsätzlich verstanden sich die Krippen als Einrichtungen zur Pflege und Erziehung gesunder Kinder bis zu drei Jahren. Um auch behinderten Kindern und ihren Familien Chancengleichheit zu geben, wurden ab 1974 Sondergruppen zur Frühförderung geschädigter Kinder im Kleinkindalter geschaffen (Ordnung zur Förderung geschädigter Säuglinge und Kleinkinder in Krippen und Heimen, 1974). Das war ein entscheidender Schritt der Hinwendung zu behinderten Kindern durch staatliche Initiativen [...]. Zuvor hatten im wesentlichen konfessionelle Häuser diese Aufgabe übernommen. Ein von Rehabilitationswissenschaftlern erarbeitetes Rahmenprogramm (Anleitungsmaterial zur Früherziehung geschädigter Säuglinge und Kleinkinder in Sondergruppen der Kinderkrippen und Dauerheime, 1987) bot viele Möglichkeiten für die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes entsprechend dem Grad der Behinderung und dem Entwicklungsstand. Die in den Sondergruppen tätigen Erzieher absolvierten eine Zusatzausbildung, die eine Ergänzung zur Fachschulausbildung "Krippenerzieher" darstellte [...].

Neben der Betreuung in Kinderkrippen galt als eine Betreuungsvariante die Unterbringung von Kindern bis zu drei Jahren in Pflegestellen. In Einzelfällen vermittelten die Fürsorgerinnen in den Mütterberatungsstellen Kinder in eine Pflegefamilie. Sie boten jedoch keinen Vergleich zu den vielfältigen Möglichkeiten der Krippen, waren oft hygienisch nicht zureichend und entzogen sich der Einflussnahme der Mütterberatungsstellen. Daher war diese Pflegemöglichkeit zwar zugelassen, aber nicht empfohlen.

Zunehmend wurden Ernährung, Tageslaufgestaltung und räumliche Bedingungen des Aufwachsens der Kinder in den Gesundheitsschutz einbezogen. So wurden in Rechtsvorschriften Grundlagen für ein tägliches Ernährungsregime in Krippen und Heimen für Kinder von ein bis drei Jahren, für die Gestaltung des Tagesablaufes in den Kindergärten und Horten und für die materiell-hygienischen Rahmenbedingungen wie Bau, Standort, Freiflächen, Raumgrößen, Spielgeräte, Raumklima usw. festgelegt und kontrolliert.

Anmerkung

Eine vollständige Bibliographie des Instituts für Hygiene im Kindes- und Jugendalter (ab 1966) und des Forschungsprojekts "Gesundheitsschutz im Kindes- und Jugendalter" (ab 1970) ist bei den Autoren vorhanden.

Kontakt

Email: christa.grosch@web.de

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