Werner Eitle
Erwin Knam wurde am 28.06.1926 in Langenargen am Bodensee in eine Gärtnerfamilie hineingeboren. Hier erlebte er, was es heißt, in der Geborgenheit einer Familie aufzuwachsen.
Nach Kriegserlebnissen als Flakhelfer und durch das Vorbild des Vikars Josef Thalheimer, mit dem er während des Krieges korrespondierte, entschied sich Erwin Knam nach dem Krieg zum Theologiestudium. Knam wurde 1951 zum Priester geweiht und leitete von 1959 bis 2000 als Direktor die Marienpflege in Ellwangen.
Als ehemaliger Heimleiter begegnete ich Erwin Knam 1985 zum ersten Mal. Sein heilpädagogischer Ansatz, den er im familienorientierten Kinderdorf lebte, hatte für mich als Heilpädagogen Vorbildcharakter.
Erwin Knam war mir im Heimleiterkreis des Caritasverbandes stets ein Beispiel für sein selbstloses und couragiertes Auftreten vor allem für die Interessen seines Kinderdorfes und die ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien. Als einmal eine gesetzliche Veränderung, die finanzielle Einbußen vorsah, in diesem Kreis diskutiert wurde, drohte Erwin Knam, sich an das Eingangstor des Ministeriums anzuketten, wenn diese Änderung in Kraft treten sollte.
Auch nach meinem Stellenwechsel in eine neue Tätigkeit als Fachlehrer in der Erzieherausbildung blieb ich mit Erwin Knam in Verbindung. Neben Exkursionen in die Marienpflege, kam Knam auch zu Vorträgen an die Fachakademie für Sozialpädagogik nach Dillingen. Hier konnte er den angehenden Erzieherinnen und Erziehern aus seinem reichen Erfahrungsschatz und aus seiner Biographie berichten, die für ihn "Gnade und Abenteuer" war. Vor allem betonte er immer wieder, dass er in seinem Leben und auch während der Kriegszeit Glück gehabt habe. Dieses Glück wollte er den Kindern und Jugendlichen, die im Kinderdorf lebten, weitergeben.
Als Direktor wandelte er die vorgefundene Kinderrettungsanstalt in ein modernes Kinderdorf um. Vorbild war ihm dabei das 1949 als erstes Kinderdorf der Welt gegründete SOS Kinderdorf in Imst (Österreich) von Hermann Gmeiner.
Im von Knam erbauten und kontinuierlich erweiterten und sanierten Kinderdorf stehen derzeit 16 Familienhäuser, Gebäude für das Heilpädagogische Zentrum mit Psychologischer Beratungsstelle, Kindergarten, Schule, Verwaltung, Wirtschaftsgebäude, Personalwohnungen und Freizeiteinrichtungen. Die immensen Finanzmittel konnte er mit Hilfe eines engagierten Freundeskreises und vieler Bettelpredigten realisieren.
1969 erhielt das Kinderdorf den Hugo-Häring-Architektenpreis. Als Begründung führte die Jury vor allem die Integration des Kinderdorfes in die Stadt Ellwangen und die damit verbundene Kommunikation an. Rund 20 Jugendhilfeangebote für Kinder, Jugendliche und deren Familien sind mit der Stadt Ellwangen und der Region vernetzt.
Für seine Verdienste erhielt Knam 1974 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 1975 erfolgte die Ernennung zum "Päpstlichen Ehrenkaplan" mit dem Ehrentitel "Monsignore" durch Papst Paul VI.
1992 wurde das alte Kloster, das früher die Keimzelle der Einrichtung bildete, saniert und mit Bildern des Künstlers Sieger Köder, der ein Verwandter von Knam war, künstlerisch ausgestaltet.
Mit dem Ziel "Fördern und Fordern" will die Einrichtung bis zum heutigen Tag das Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen stärken. Ziel ist es, junge Menschen dazu zu befähigen, selbständig und verantwortungsvoll zu handeln.
Am 17.12.2015 erhielt Monsignore Erwin Knam die Staufermedaille in Gold. Diese hohe baden-württembergische Auszeichnung hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem ehemaligen Kinderdorfvater für seine "besonderen und vielseitigen Verdienste um die Allgemeinheit" verliehen.
Im Alter von 89 Jahren starb Knam am 02.03.2016 im Ellwanger Hospiz der Anna-Schwestern.
Anmerkung
Das Buch "Gnade & Abenteuer", mit 168 Seiten und vielen Fotos, wurde anlässlich des 80. Geburtstages von Erwin Knam durch die Marienpflege veröffentlicht.