Thekla von Gumpert, verh. von Schober (1810-1897)Frauen in der Geschichte des Kindergartens

Manfred Berger

Thekla von Gumpert ist insbesondere durch ihre zwei Zeitschriften "Töchter-Album" und "Herzblättchens Zeitvertreib" als Begründerin der trivialen Mädchenliteratur" (Budeus-Budde 1986, S. 4) bekannt. Sie spielte aber auch eine bedeutende Rolle für das Kindergartenwesen. Die Pädagogik in ihren jugendschriftstellerischen Werken ist bestimmt "durch ihre engen Beziehungen zum preußischen Adel und eine altväterische, unproblematische Religiosität. Damit wollte sie die jungen Mädchen auf eine Gesellschaft vorbereiten, deren ständische Gliederung für sie sakrosankt (unantastbar, hochheilig; M.B.) war" (Dahrendorf 1977, S. 513).

Thekla Charlotte erblickte am 28. Juni 1810 als drittes von fünf Kindern des Medizinalrats und Kreisphysikus Christian Gottlieb von Gumpert und seiner Ehefrau Henriette, geb. von Eckartsberg und Weißtrupp, in Kalisch (Preußisch Polen) das Licht der Welt. Theklas Vater wurde im Februar 1810 von Friedrich August I., König von Sachsen und Herzog von Warschau, in den erblichen Adelstand erhoben. Die Ehe der Eltern und auch das Familienleben schilderte Thekla von Gumpert rückblickend als "unendlich glücklich":

"Die innigste Liebe und Hochachtung hatte meine Eltern verbunden, solche Ehe, darf man sagen, wird im Himmel geschlossen, aber wo äußere Bedingungen Veranlassung zur Heirath sind, da ruht wohl Gottes Segen nicht darauf" (zit. n. Budeus-Budde 1986, S. 12).

Im Jahre 1815 übersiedelte die Familie nach Posen. Dort hatte der Vater intensiven Kontakt zum Stadthalter von Posen, Anton Fürst Radziwill, "und dadurch war auch der kleinen Thekla das erlauchte Haus geöffnet, worin des Fürsten Gemahlin, die edle Prinzessin Louise von Preußen, mütterlich waltete" (Schwerdt, o. J., S. 15). Mit der Tochter des Hauses, Prinzessin Wanda, verband Thekla eine besonders innige Freundschaft. Nachdem die Familie von Gumpert verarmt war, betätigte sich Thekla von Gumpert als Privaterzieherin und Hauslehrerin, zuerst bei Baron von Seydlitz und Kurtzbach, anschließend bei ihrer Jugendfreundin, inzwischen verheiratete Fürstin Czartoryska. Im Jahre 1846 beschloss Fürst Czartoryski, sich in Dresden zu etablieren. Dort lernte die Schriftstellerin Friedrich Fröbel persönlich kennen:

"Ich habe in Dresden viel bedeutende Männer kennen gelernt, auch den Schöpfer der Kindergärten Friedrich Fröbel. Sein Wahlspruch: 'Kommt, lasset uns unseren Kindern leben!' trieb ihn selbst zu eifriger Arbeit, er besuchte mich oft am Abend und sprach mit Begeisterung von seinem System" (Schober 1891, S. 199).

Friedrich Fröbels Kindergartenbewegung fand in Thekla von Gumpert "eine große Anhängerin und wird oft im Töchter-Album erwähnt, obwohl 1851 die Kindergärten in Preußen wegen angeblicher sozialistischer, liberaler und atheistischer Gesinnung verboten wurden" (Budeus-Budde 1986, S. 34). So stellte sie z. B. im 42. Band des "Töchter-Albums" die unterschiedlich verlaufenden Lebensläufe von 12 Freundinnen vor. Eine davon, Edda von Börner, wird "Kindergärtnerin in einer Fröbelschen Anstalt, nachdem sie als Gouvernante zwei Kinder erziehen musste, deren Mutter ihren Pflichten nicht nachkam. Pädagogischer Leitgedanke: eine Mutter, die ihren Pflichten nicht nachkommt, weil sie selbst nicht erzogen wurde, ist ein Unglück für ihre Kinder. - Zöglinge des Fröbelschen Kindergartens wirken auch veredelnd auf ihre Kinder" (Budeus-Budde 1986, S. 164).

Im Jahre 1848 publizierte Thekla von Gumpert die kleine Schrift "Für deutsche Frauen", die auf der vom 17. bis 19. August 1848 in Rudolstadt/Thüringen standgefundenen Lehrer- und Erzieherversammlung gratis verteilt wurde und hohe (positive wie negative) Aufmerksamkeit erlangte. Darin forderte die Autorin u.a. die Errichtung von Kindergärten und die Ausbildung von jungen Mädchen zu Kindergärtnerinnen:

"Fröbel's Kindergärten sind Anstalten wie wir sie brauchen: aber sie sind wenig bekannt bis jetzt. Dr. Fröbel aus Keilhau, früher in Blankenburg, dieser warme, treue Kinderfreund, hat die Absicht, in deutschen Städten Vorlesungen für Frauen zu halten, um ihre Theilnahme zu gewinnen für seinen Zweck, die Kindergärten zu vervielfältigen. Der thatkräftige, geistesfrische Greis arbeitet seit mehr als dreißig Jahren für das Wohl der Kinder, hin und wieder wurden seine Bemühungen gekrönt; aber zum Besten des Volkes sollte sein Wirken allgemein bekannt werden. Er setzte seine Hoffnung auf Frauen, und er meint, dieselben würden durch Vorstellungen, die aus einer weiblichen Feder kommen, leichter für seine Pläne gewonnen werden. Ein Wunsch, welchen er gegen mich ausgesprochen, gab die erste Veranlassung zu diesen Zeilen.
Es wäre ein großer Fortschritt in der glücklichen Entwickelungsgeschichte aller Volksklassen, wenn überall, in den Städten und Dörfern, Kinderbewahranstalten, d. h. geistige Erweckungsschulen, denen ihr Gründer Fröbel den freundlichen Namen Kindergärten gegeben, errichtet werden...
'Lasset uns den Kindern leben', sagt Fröbel. - Möchten seinem Rufe Viele folgen. Die Kinderwelt ist himmlisch schön, es geht dem reiferen, betrachtenden Gemüthe ein Paradies darin auf. Kindlicher Sinn, welch eine wundervolle Mitgabe für das Leben! Dieses Sinnes wegen denkt der Erwachsene, ja mit so großer Rührung an die eigene Kindheit zurück. Sollte man sich denselben aber nicht bewahren können bis zum höchsten Alter? Ich glaube, man könnte. - Wenn z. B. junge Mädchen Kindergärtnerinnen würden, so gäbe das eine doppelte Erziehung: bei dem Streben, in den Kleinen den Schutz ächter Kindlichkeit zu pflegen, würden sie denselben im eigenen Herzen wieder auffrischen. Ich möchte Kindergärten mit allen Mädchenschulen in Verbindung bringen; die Schülerinnen der ersten Classe müssten abwechselnd das geistvolle Spiel Fröbels mit den Kleinen vornehmen. Hieraus könnte die Beleuchtung für das ganze Bild des Lebens hervorgehen! Frauen aller Stände mit dem ächten Kindersinn, wie müssten sie unwillkürlich die Gesellschaft veredeln! Um diese von ihren Schlacken zu reinigen, braucht man den unbefangenen, natürlichen Blick für die Erscheinungen, die das Leben bietet. Arbeiten wir also mit der Begründung des neuen Volksglückes, wir können es, wenn wir wollen. Ein Volk mit der Erkenntniß des Erwachsenen, mit dem Sinne des Kindes, müsste ein herrliches Volk sein!" (Gumpert 1848, S. 5 ff).

In den Wintermonaten 1848/49 hielt Friedrich Fröbel in Dresden einen Ausbildungskurs für Kindergärtnerinnen. Thekla von Gumbert meldete sich an, doch letztlich konnte sie wegen einer Erkrankung nicht daran teilnehmen. Thekla von Gumpert bedauerte in einem Brief an den Begründer des Kindergartens, dass sie nicht seine Schülerin, nur seine "Verehrerin werden konnte" (zit. n. König 1990, S. 160).

Nach dem Tod der Fürstin Czartoryska und erneuter Heirat des Fürsten mit einer jungen polnischen Gräfin, die sich sehr schnell die Zuneigung der mutterlosen Kinder erwarb, verließ Thekla von Gumpert Dresden und zog zu ihrer Mutter nach Berlin. Von nun an betätigte sie sich vorwiegend schriftstellerisch. Pläne zur Errichtung einer privaten Bildungs- und Erziehungsanstalt für Mädchen konnten letztlich aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden.

Im Alter von 46 Jahren heiratete Thekla von Gumpert den 60-jährigen weimarischen Legationsrat Franz von Schober. Doch sie fand in dieser Ehe nicht das erhoffte Glück. Bereits 1860 trennten sich die Eheleute, ließen sich aber nie scheiden. Thekla von Schober, die weiterhin unter von Gumpert publizierte, war bis zu ihrem Tode publizistisch tätig. Für ihr schriftstellerisches Werk wurde sie von Großsultan Abbdul-Hamid-Khan mit dem "Chefakat-Orden III. Classe" geehrt. Thekla von Schober, geb. von Gumpert, starb am 1. April 1897 in Dresden.

Literatur

Berger, M.: Zum 100. Todestag von Thekla von Gumpert, in: Beiträge Jugendliteratur und Medien 1997/H. 1

Budeus-Budde, R.: Das Töchteralbum von Thekla von Gumpert, Frankfurt 1986

Dahrendorf, M.: Gumpert, Thekla von, in: Doderer, K. (Hrsg.): Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Erster Band: A-H, Weinheim 1977

Gumpert, T. v.: Für deutsche Frauen, Dresden 1848

König, H. (Hrsg.): Mein lieber Herr Fröbel. Briefe von Frauen und Jungfrauen an den Kinder- und Menschenfreund, Berlin 1990

Schober, T.: Unter fünf Königen und drei Kaisern. Unpolitische Erinnerungen einer alten Frau, Glogau 1891

Schwerdt, H.: Thekla von Gumpert. Ein biographisch-kritisches Denkmal zur fünfundzwanzigjährigen Jubelfeier ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, Glogau o. J.

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