Manfred Berger
Katharina Agnes Edith, von frühester Kindheit an Käthe genannt, wurde am 2. Oktober 1889 in wohlsituierten Verhältnissen im oberschlesischen Ratibor geboren. Zu Käthes Leidwesen mussten ihre Eltern, der Obergerichtsrat Karl Ernst Julius Heintze und seine Frau Pauline Therese Hermine, geb. Selle, aus beruflichen Gründen häufig umziehen - das machte es Käthe schwer, Freundschaften aufzubauen.
Nach Absolvierung der "Höheren Töchterschule" und eines vornehmen Pensionats führte sie zunächst das Leben einer Haustochter und wartete im Sinne ihrer Eltern auf eine gute Partie. Im Alter von 20 Jahren konnte sie die Eltern von ihrem Berufswunsch mit Kindern arbeiten zu wollen überzeugen und absolvierte von 1910 bis 1911 eine Ausbildung zur Kindergärtnerin in Arnstadt/Thüringen. Anschließend arbeitete die junge Kindergärtnerin in „Vor- und Elementarklassen“ im renommierten „Pestalozzi-Fröbel-Haus“ (PFH) in Berlin, gefolgt von der einjährigen Ausbildung (1912-1913) zur Jugendleiterin am PFH. Anschließend bildete sie in Braunschweig selbst Erzieherinnen aus. Später leitete sie in Zusammenarbeit mit Elfriede Strnad die Berliner "Auskunftsstelle für Kleinkinderfürsorge" am "Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht".
Ab 1920 nutzte sie ihre reichhaltige Erfahrung für den Aufbau des Kindergartenwesens in Jena. Dabei berücksichtigte Käthe Heintze auch Aspekte der Montessori-Pädagogik: "Zunächst glaubten wir, den Kindern zu größerer Selbsttätigkeit zu verhelfen und uns eine bessere Kenntnis dessen, was die Kinder wirklich wollen und was sie fördert, zu verschaffen, indem wir mindestens einmal in der Woche 'Beschäftigung nach freier Wahl der Kinder' ansetzten. Alle Beschäftigungsmittel standen dann auf einem Tisch, und die Kinder holten sich, was sie brauchten. Bald aber sahen wir, dass dieses eine Mal durchaus nicht genügte, um die Kinder zur Selbständigkeit zu erziehen. Dr. M. Montessori, für deren Methode die Kindergärtnerin dieser Abteilung besonders viel Verständnis und Interesse hatte, wies uns dann noch eindringlicher den Weg mit ihrem Buch 'Selbsttätige Erziehung'. Zwar besaßen wir nicht das eigentliche Montessori-Material, doch kam es uns auch weniger auf das Material als auf den Grundgedanken an, und wir fanden, dass dieser auch mittels des Fröbelschen Materials durchzuführen war. Später hätten wir es allerdings gern durch eigenes Montessori-Material ergänzt" (Heintze 1920, S. 128).
1926 übernahm Käthe Heintze die Leitung des neugegründeten "Friedrich Fröbel-Hauses" im thüringischen Schweina, das einen Kindergarten und eine "Landkinderpflegerinnen-Schule" beherbergte. Die Einrichtung bildete in zweijährigen Lehrgängen "landeigene Erzieherinnen und Leiterinnen für Landkindergärten" (Heintze 1935, S. 66) aus. Während der Nazi-Diktatur wurden auf Weisung des Innenministeriums auch vierzehntägige "Sonderlehrgänge zur Einführung in die Landkindergarten-Arbeit" durchgeführt. Dazu vermerkte Käthe Heintze:
"Sie sind für Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen bestimmt, die aus innerer Hinwendung zum Lande die Absicht haben, Erntekindergärten zu übernehmen oder dauernd in der ländlichen Erziehungsarbeit tätig zu sein. Die Lehrgänge stellen zugleich einen Umschulungsversuch für arbeitslose Angehörige der genannten Berufe dar, und zwar für solche, die sich wohl für die Erziehungsarbeit auf dem Lande interessieren, auf Grund ihrer Ausbildung aber vorzugsweise für die Erziehungsarbeit in städtischen Kindergärten in Frage kommen" (zit. n. Kern 2001, S. 74).
Allgemein orientierten sich sowohl die zweijährige Ausbildung als auch die Sonderlehrgänge stark an den nationalsozialistischen Erziehungsidealen. So hatte nach Käthe Heintze der "Kindergarten und damit auch die Kindergärtnerin vordergründig den Anforderungen der Familie und des Staates zu genügen, weshalb für individuelle Vorstellungen und Ansprüche kein Freiraum mehr gegeben ist" (zit. n. Kern 2001, S. 78). Im April 1939 gab sie die Schulleitung ab und ging zur weiteren Fortbildung zurück nach Jena. Dort studierte sie bei dem bedeutenden Pädagogen Peter Petersen. Zugleich übernahm Käthe Heintze die Leitung eines Halbtagskindergarten und eines Kindertagheims. Beide Einrichtungen waren der Universität als Übungsstätte für die Studenten angeschlossen, die unter der "wissenschaftlichen Aufsicht" Petersens standen. Zwei Jahre später wurden die Einrichtungen um eine "Vermittlungsgruppe" erweitert:
"Für den Versuch einer 'Vermittlungsgruppe' auf der von Fröbel aufgezeigten Grundlage bot sich eine Möglichkeit im Sommer 1941, als der Einschulungstermin durch Gesetz auf den Herbst verlegt wurde. Die dem Kindergarten entwachsenen Sechsjährigen verlangten nach besonderer Führung. Unter einer derzeit studierenden Jugendleiterin wurden diese Kinder gemeinsam mit den entsprechend alten Kameraden aus dem Tagheim für 2 1/2 Stunden des Vormittags in einer Gruppe zusammengefasst und ihrer Entwicklung gemäß gefördert. Die sorgfältig aufgenommenen Protokolle aus den verschiedenen pädagogischen Situationen, sonstige Aufzeichnungen sowie eine Serie gelungener Fotos gaben ein deutliches Bild von der Besonderheit dieser Altersstufe wie auch von der Verschiedenheit der individuellen Entwicklungsstufen, die sie umfasst, entgegen der Meinung des damaligen Gesetzes, das alle gleichermaßen als schulreif nahm. Wenn Petersen später ernsthaft eine besondere Fortbildung von Kindergärtnerinnen für die Führung solcher Übergangsgruppen plante und zwar im Zusammenhang mit der Ausbildung von Lehrkräften für die Untergruppe der Grundschule, so zeigte das, wie stark es ihm mit Fröbel darauf ankam, den 'richtigen Zeitpunkt zu erfassen', und wie sehr er der kindergartenmäßigen Führung vertraute" (Heintze 1964, S. 530).
Nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur bekam Käthe Heintze aufgrund ihrer NSDAP-Zugehörigkeit zunächst keine Anstellung. Doch nach ihrer Entnazifizierung vermittelte ihr Peter Petersen 1948 die Geschäftsführung des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes. Dabei war sie zum einen mit der Ausarbeitung von Richtlinien, Statuten und Arbeitsprogrammen für Kindergärten und soziale Ausbildungsstätten befasst. Zum anderen widmete sie sich der Publikation zahlreicher Aufsätze im Fachorgan des Verbandes, u.a. "Der Kindergarten - Ein Garten für Kinder". Darin erinnerte sie an den eigentlichen Sinn des Fröbelschen Wortes Kindergarten:
"In unserer heutigen Zeit der Betriebsamkeit, der Überfülle an Reizen und Belehrung, sollten wir das stille Bildungsgeschehen stärker betrachten, das von der eigenen zähen, sorgsamen und geduldigen Gartenbestellung genährt, den ganzen Menschen erfasst. Über Körperbewegung und Körperübung, über Sinnesreize, erste Gemeinschaftserlebnisse, echte Gemütsbewegung und staunendes Ergriffensein schenkt es bleibende Eindrücke und Erkenntnisse. Fröbel sagt: 'Wichtig, ganz besonders wichtig ist in diesem Alter das Bearbeiten von Gärten..., denn der Mensch sieht da zuerst auf einem organischen, geistig gesetzmäßigen, notwendig bedingten Wege Früchte aus seinem Tun, aus seinem Handeln hervorgehen, Früchte, die vielseitig, obgleich den inneren Gesetzen der Naturkraft unterworfen, doch auch von seiner Tätigkeit abhängen.' Sollten wir nicht allen Widerständen zum Trotz den Kindern unserer Heime in Großstadt und Kleinstadt, ja auch auf dem Lande, einen 'Garten der Kinder' als Eigentum, als naturgegebenen Wachstumsboden, als ein Stück seelischer Heimat zu sichern suchen?" (Heintze 1953, S. 37).
Einige Jahre nach ihrer Pensionierung übersiedelte Käthe Heintze nach Wald Kraiburg/Ldkr. München, wo sie ihren Lebensabend im "Adalbert-Stifter-Heim" verbrachte. Dort verstarb sie am 7. Oktober 1973 - wenige Tage nach ihrem 84. Geburtstag.
Literatur
Heintze, K.: Selbsttätigkeit im Kindergarten, in: Kindergarten 1920
Dies.: Das Friedrich Fröbel-Haus in Schweina und seine Landkinderpflegerinnen-Schule, in: Döpel, W. (Hrsg.): Der Dorfkindergarten als Erziehungsstätte, Weimar 1935
Dies.: Der Kindergarten - Ein Garten für Kinder, in: Blätter des Perstozzi-Fröbel-Verbandes 1953
Dies.: Peter Petersen und die Thüringer Fröbel-Bewegung, in: Pädagogische Rundschau 1964
Berger, M.: Frauen in der Geschichte des Kindergartens. Ein Handbuch, Frankfurt/Main 1995
Kern, H.: Zur Geschichte des "Friedrich Fröbel-Hauses" in Schweina/ Thüringen und die Entstehung neuer Aufgabenbereiche für das weibliche Geschlecht im ländlichen Milieu der Jahre 1926-1945, Bamberg 2001 (unveröffentl. Magisterarbeit)