Kinderspielformen und ihre Bedeutung für Bildungsprozesse

Margarete Blank-Mathieu

Von Aussprüchen wie: "Die spielen ja nur", bis zu: "Das Spiel ist die Arbeit des Kindes" gibt es vielerlei, was Menschen über das kindliche Spiel denken und dann auch zum Ausdruck bringen. Weder das eine noch das andere trifft das kindliche Spiel wirklich. Kinder beim Spielen zu beobachten ist eine ganz besondere Erfahrung. Ernsthaft und konzentriert vergessen sie dabei alles, was um sie herum geschieht. Und Kinder können jederzeit und überall spielen. Wenn sie am Esstisch sitzen und sich bei den Gesprächen der Erwachsenen langweilen, finden sie Messer und Gabel zum Spielen oder erfinden mit der Serviette kunstvolle Kreationen. Sie brauchen weder bestimmte Materialien noch eine vorbereitete Umgebung, um spielen zu können.

Erwachsene bestimmen häufig, welche Spielräume Kinder brauchen und wie diese gestaltet sein müssen. Obwohl das mit der besten Absicht geschieht, fühlen sich Kinder oft in solchen Spielräumen am wohlsten, die von Erwachsenen unbeobachtet und unbeachtet sind. Der Dachboden mit vielen alten Kisten, in denen wundervolle Entdeckungen gemacht werden können, bietet sich zum Spielen an. Im Keller gibt es eine Stehleiter, auf der man sich groß fühlen kann und entweder zum Olympiaturner aufsteigen kann oder eine Karriere als Gesangssolistin vor sich hat. Gerade die Spielräume, die Kinder für sich selbst als besonders anregend empfinden, sollten wir hier mitbedenken, wenn es um die Bedeutung von Bildungsprozessen im kindlichen Spiel geht.

Die Bedeutung des Spiels in den Bildungsplänen der Bundesländer

Bildungspläne, Orientierungspläne oder wie auch immer sie heißen, sollen den Bildungsaspekt der Kindertageseinrichtungen wieder in den Vordergrund rücken. Sie sollen das kindliche Spiel als Grundlage des Lernens und der Erfahrungen definieren Die Jugendministerkonferenz hat im Mai 2004 in ihren gemeinsamen Rahmenbedingungen für die Bildungspläne der Kindertageseinrichtung die "spielerisch erkundende Lernform" als Grundlage für Bildung definiert.

Im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan, der wohl der umfangreichste unter den Bildungsplänen ist, wird viel von Grundkompetenzen und Förderung gesprochen. Das Spiel wird so gut wie nie erwähnt. Bildung wird hier als etwas bezeichnet, das im Kind selbst meist nur durch Unterstützungsprozesse hervorgebracht werden kann. Im mecklenburgischen Bildungsplan ist ebenso viel von Lernen und Leistung und von der Unterstützung durch erwachsene Personen die Rede. Das kindliche Spiel als Grundlage des Lernens wird hier auch nicht explizit erwähnt.

Im sächsischen Bildungsplan heißt es: "Spiel und Lernen gelten als die kindlichen Aneignungstätigkeiten von Welt...".

Der Orientierungsplan Baden-Württembergs verdeutlicht, dass das Spiel des Kindes Grundlage für alle Lernerfahrungen ist. "Spielen und Lernen sind bei kleinen Kindern untrennbar miteinander verbunden" ist eine der Grundaussagen.

Ebenso ist in Rheinland-Pfalz der Gedanke von Spielen und Lernen aufgenommen. In Nordrhein-Westfalen geht es wie in Thüringen ebenfalls um Spielen und Gestalten als Grundlage von Lernen.

Im Berliner Bildungsprogramm wird dem "Spiel der Kinder" eine ganze Seite gewidmet. Spiel wird folgendermaßen definiert: "Das Spiel der Kinder ist eine selbstbestimmte Tätigkeit, in der sie ihre Lebenswirklichkeit konstruieren und rekonstruieren... sie verhalten sich, als ob das Spiel Wirklichkeit wäre. Kinder konstruieren spielend soziale Beziehungen und schaffen sich die passenden Bedingungen. Kinder verbinden immer einen Sinn mit dem Spiel und seinen Inhalten. Sie gebrauchen ihre Fantasie, um die Welt im Spiel ihren eigenen Vorstellungen entsprechend umzugestalten. Für die Spielenden ist allein die Handlung, in der sie ihre Spielabsichten und Ziele verwirklichen, wesentlich und nicht ihr Ergebnis. Gerade darin liegen die bildenden Elemente des Spiels. Das Spiel ist in besonders ausgeprägter Weise ein selbstbestimmtes Lernen mit allen Sinnen, mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistigem und körperlichem Krafteinsatz. Es ist ein ganzheitliches Lernen, weil es die ganze Persönlichkeit fordert und fördert..."

Die Aufgaben der Erzieherin bei der Spielbegleitung und -gestaltung werden anschließend in 9 Punkten beschrieben.

Leider wird das kindliche Spiel als Selbstaneignung von Bildung bei vielen Bildungsplänen noch zu wenig in den Mittelpunkt gestellt. Bildung wird noch immer mit vielen Unterstützungsprozessen von außen in Verbindung gebracht.

In diesem Artikel sollen Kinderspielformen, vor allem auch den selbstinitiierten Spielen von Kindern, Bedeutung für ihre eigenen Bildungsprozesse beigemessen werden. Was Erzieherinnen dann jeweils zur Unterstützung dieser Prozesse leisten können, wird in zwei gesonderten Kapiteln vorgestellt.

Spielformen in Bezug auf Bildungsprozesse

Übungsspiele

Mit allen Sinnen Erfahrungen sammeln, ausprobieren, üben, vergewissern, dass die gemachten Erfahrungen wiederholbar sind, sind die Grundlage allen Lernens und beginnen schon im Babyalter. Wenn man Babys und Kleinkinder beobachtet, so werden hier Übung und Wiederholung als Spaß erlebt, anders als dann bei älteren Kindern oder gar den Erwachsenen.

Mit Experimenten und Wiederholungen können vielfältige Erfahrungen gemacht werden. Die Sinneserfahrungen spielen dabei eine entscheidende Rolle: Wie fühlt sich etwas an, wie schmeckt es, wie hört es sich an, wie sieht es aus?

Sinneserfahrungen Bildungsbereich Besondere Bedeutung ab...

Hören von Musik, Geräuschen, Stimmen

Auditive Wahrnehmung; Gefühle entwickeln für Harmonie, Disharmonie

Beginn bereits vor der Geburt

Betrachten von Bildern, Naturphänomenen, Gesichtern, Farben, Materialien

Visuelle Wahrnehmung, Farben, Formen, Gefühle entwickeln für emotionellen Ausdruck, Harmonie, Disharmonie

Beginn ab dem ersten Lebenstag

"Begreifen" mit Händen und Füßen von Kuscheltieren, Rasseln, Bettdecke, Gegenständen aller Art

Taktile Wahrnehmung, Kennen lernen unterschiedlicher Materialien nach Farbe, Form

Beginn ab der Geburt

Wie schmeckt meine Bettdecke, mein Ball, das Bilderbuch, der Sand...

Geschmackssinn erfahren, unterschiedliche Geschmacksrichtungen erlernen, z.B. süß, sauer, sandig, glatt, weich, hart..."was schmeckt mir?"

Beginn ab Geburt

Sinneserfahrungen und die dabei empfundene Gefühle werden miteinander verknüpft, und so entsteht nach und nach ein "Wissen" über Dinge und Menschen. Dieses Wissen ist zunächst noch ganzheitlich. Nach und nach lernen Kinder dann, die einzelnen Sinneserfahrungen zu differenzieren und sprachlich mehr und mehr aufzugliedern.

Das Lernen mit allen Sinnen beginnt zwar sehr früh, hört aber nie auf. Je mehr wir unser Wissen durch Sinneserfahrungen ergänzen, desto stärker wird der Gesamteindruck. Die Sinneserfahrungen verknüpfen unsere Gefühlswelt mit der Welt des Wissens.

Kinder, die viele unterschiedliche Sinneserfahrungen machen können, erwerben dadurch viel an Grundwissen, auf dem sie aufbauen können, um neue Erfahrungen zu integrieren.

Spiele mit Materialien/Experimentierspiele

Bei Spielen mit unterschiedlichen Materialien können sowohl naturwissenschaftliche Erfahrungen gemacht als auch physikalische Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Vorgänge gezielt zu beobachten und Zusammenhänge zu begreifen gelingt hier spielerisch. Experimentierspiele entsprechen dem kindlichen Bedürfnis nach Aktivität und der kindlichen Neugierde. Dies beginnt relativ früh, kann aber erst mitgeteilt werden, wenn die sprachlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Materialspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung ab...

Spielen mit Sand, Ton, Wasser, Schnee, Eis, Erde, Wind, Seifenblasen, Magneten, Naturmaterialien wie Blättern, Zapfen, Ästen...

Naturerfahrungen: Die Welt wird hier mit allen Sinnen erfahrbar und als Wissensinhalt gespeichert.

Ab dem 1. Lebensjahr

Spielen mit unterschiedlichen Materialien, die in Zusammenhang gebracht werden, z.B. Gefäße mit Wasser füllen, einen Sandeimer auskippen, eine Feder zu Boden gleiten lassen, unterschiedliche Materialien mit verschiedenen Gegenständen bearbeiten

Physikalische Gesetzmäßigkeiten werden spielerisch herausgefunden, z.B.: die schräge Ebene, auf der etwas hinabrutscht (Anziehungskraft der Erde). Was ist groß, was klein, was passt in welches Gefäß?

Ab dem 6. Lebensmonat experimentieren Kinder mit unterschiedlichen Materialien

Je nach Lebensumfeld machen Kinder unterschiedliche Erfahrungen. Es gibt Unterschiede zu den vorhandenen Materialien, zu den Bewegungs- und Erfahrungsräumen.

Kinder brauchen Erwachsene, die ihnen Möglichkeiten und Materialien zur Verfügung stellen, um diese ausprobieren zu können

Rollenspiele

Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Diesen Fragen kann man in Rollenspielen nachgehen. Die Erlangung einer eigenen Identität/ Geschlechtsidentität wird mit Rollenspielen erlernt.

Rollenspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Kinder spielen ihren Alltag nach, sie spielen kochen, putzen, einkaufen, zum Arzt gehen...

Sozial-emotionale Entwicklung, Fantasie, kreatives Handeln, Konflikte bearbeiten, Sicherheit gewinnen: Wer bin ich, wer möchte ich sein, wie fühlt es sich an, in eine andere Rolle zu schlüpfen?

Ab dem 1. Lebensjahr

Kinder spielen unterschiedliche Geschlechtsrollen, z.B. Vater, Mutter, Handwerker, Erzieherin, Zauberer, Hexe...

Kinder machen dadurch Erfahrungen auf dem Weg zur Erlangung einer Geschlechtsidentität

Ab dem 3. Lebensjahr

Um Rollenspiele spielen zu können, benötigen Kinder Spielpartner: gleichaltrige, gleich- und gegengeschlechtliche, größere und jüngere Kinder. Je mehr Spielpartner zur Verfügung stehen, desto mehr Erfahrungen können gemacht werden.

Bewegungsspiele

Der Drang nach Bewegung wird für viele Kinder immer mehr eingeschränkt. Motorische Grundfähigkeiten können so wenig erprobt werden. Dies gilt vor allem für großräumige, großmotorische Bewegungsmöglichkeiten. Bewegungsspiele bilden zudem eine Verknüpfung mit Sinneserfahrungen und sind so für die körperlich-sinnlichen Erfahrungen eine wichtige Grundlage des Körperempfindens.

Bewegungsspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Nachahmende Bewegungsspiele, z.B. Werfen, Ziehen, Öffnen, Schließen, Zerreißen, Schlagen, Schneiden, Malen...

Grob- und Feinmotorik, Handlungssteuerung

Ab dem 6. Lebensmonat beginnen Kinder mit Nachahmungsspielen. Vieles erlernen Menschen alleine durch Nachahmung, auch in späteren Lebensaltern.

Spiele mit Bewegungsinhalten, z.B. Ballspiele, Wettspiele, Fangspiele

Grobmotorik, die Möglichkeit, den eigenen Körper kennen zu lernen

Ab dem 4. Lebensjahr wollen Kinder sich erproben, sich mit anderen messen.

Bewegung ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Kleine Kinder können nicht still sitzen, sie müssen immer irgendetwas bewegen und seien es nur die (baumelnden) Füße. Dieses Bewegungsbedürfnis darf nicht zu sehr eingeschränkt werden, da Kinder nicht nur ihre motorischen Fähigkeiten trainieren, sondern auch die geistigen Fähigkeiten, die eine Grundlage für das organische Gleichgewicht bilden, nach Betätigung verlangen.

Langeweile und Bewegungsmangel bedingen sich gegenseitig. So kann Bewegung als Impulsgeber für andere Erfahrungen gute Dienste leisten.

Musikspiele

Ohne Musik wäre unsere Welt um vieles ärmer. Musik ist Ausdruck der Freude am Leben, kann anregen und entspannen, ist Grundlage für schöpferisches Handeln. Musik und Bewegung können für Kinder meist gar nicht getrennt werden. Wenn Musik ertönt, beginnen bereits die Kleinsten im Kinderwagen, sich mit der Musik zu bewegen.

Musikspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Töne erzeugen durch Schlagen auf Gegenstände, Handhabung von Rasseln, Hören von Musik und Umsetzen in Bewegung, Kreisspiele, Singen, Tanzen

Sozial-Emotionaler Bildungsbereich: Musik und Emotionen sind eng miteinander verknüpft und werden zusammenhängend erlebt.

Ab dem 6. Lebensmonat. Die Bedeutung von Musikspielen bleibt lebenslang erhalten und spielt je nach Vorerfahrung eine dauerhaft wichtige Rolle.

Musikspiele bilden die Grundlage für emotionales Erleben. Spiele, die mit Musik verknüpft sind, schreiben sich tief in den "Körper" ein und können allein durch das Hören dieser Musik wiederbelebt und -erfahren werden.

Der spielerische Umgang mit Musik, ob mit Geräuschen, Tönen oder ganzen Musikstücken, ist für die emotionale Entwicklung von Kindern sehr wichtig. Wir sollten Kinder mit vielen Möglichkeiten des Musikhörens, des Singens, des Tanzens, der Erzeugung von Tönen vertraut machen und die Erfahrung von selbsterzeugten Tönen in ausreichendem Maß zulassen.

Entspannungsspiele

Laut - leise, Anspannung - Entspannung: In diesem Rhythmus entsteht ein gesundes Lernklima für Kinder (und nicht nur für diese). Kinder fühlen selbst, wenn sie eine Entspannungsphase benötigen, und ziehen sich dann zurück. Sie erfinden ihre eigenen Entspannungsspiele, spielen z.B. mit dem Kuscheltier oder einem Stoffstück, schauen ein Bilderbuch an, unterhalten sich mit sich selbst oder singen ihre Gedanken vor sich hin.

Entspannungsspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Kinder spielen mit einem Luftballon, blasen Seifenblasen, spielen eine Geschichte nach, gehen auf eine Fantasiereise...

Körperliche und nervliche Entspannung, Angstabbau, Verspannungen lösen, Aufmerksamkeitsdefizite abbauen

Besonders für Schulkinder, aber auch bei Reizüberflutung von Kleinkindern, sind Entspannungsspiele wichtig.

Entspannungsspiele werden von Kindern dann inszeniert, wenn sie das Bedürfnis nach Erholung haben. Kinder haben ein feines Gespür dafür und müssen die Möglichkeit haben, sich zurückziehen zu können, ihren eigenen Gedanken und Gefühlen nachzulauschen und ihre eigene Art des "Abschaltens" zu entwickeln.

Beobachtungs- und Wahrnehmungsspiele

Kinder haben Freude daran, ihre Beobachtungen zu benennen, sie mit anderen zu vergleichen. Sie nehmen weitaus mehr wahr als Erwachsene und teilen dies auch gerne mit. Kinder müssen lernen wahrzunehmen, zu unterscheiden und zu beurteilen, um sich in der sie umgebenden Welt zurechtzufinden. So helfen alle Beobachtungs- und Wahrnehmungsspiele Kindern, diese Fähigkeiten zu erlernen und zu festigen.

Beobachtungs- und Wahrnehmungsspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Kinder beobachten Käfer, legen ihnen Hindernisse in den Weg. Sie beobachten, wie Kinder und Erwachsene reagieren und stellen ihr Verhalten darauf ein. Sinneswahrnehmungen sind die Grundlage aller Beobachtungs- und Wahrnehmungsspiele. Dazu gehören z.B. Versteckspiele aller Art.

Beobachtungs- und Wahrnehmungsfähigkeit erweitern.

Für Kinder ab dem 2. Lebensjahr sind Beobachtungs- und Wahrnehmungsspiele sehr gut geeignet, um ihre Wahrnehmungsfähigkeit zu trainieren.

Das Lebensumfeld von Kindern gibt genügend Raum, um zu beobachten und wahrzunehmen. Kinder gehen mit einem wachen Blick und mit aufmerksamen Sinnen durch die Welt. Anregende Spiele können diese kindliche Neugier auf alles, was sie umgibt, noch fördern und weiter entwickeln.

Reaktionsspiele

Reaktionsspiele werden gerne von Kindern gespielt, die ihren Körper schon kennen gelernt haben und auf bestimmte Reize reagieren können. Reaktionsspiele verbessern die Reaktion und die Aufmerksamkeit und fördern die geistige und körperliche Beweglichkeit.

Reaktionsspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Kreisspiele wie Plumpsack, Fangspiele, Ballspiele (z.B. mit Ländernamen), Abklatschspiele, Tanzspiele

Förderung der Motorik, der Aufmerksamkeit, der Konzentrationsfähigkeit

Für Kinder ab dem 4. Lebensjahr ist diese Spielform als Herausforderung an den eigenen Körper und die eigene Leistungsfähigkeit von Bedeutung.

Die Reaktionsfähigkeit ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Sie kann jedoch trainiert werden. Gerade bei Reizüberflutung können solche Reaktionsspiele die Kinder wieder zu einer gesammelten Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt verhelfen.

Gruppenspiele

Gruppenspiele können nur gemeinsam gespielt werden. Es muss also eine Spielgruppe gefunden werden, um solche Spiele spielen zu können. Kinder haben dabei Spaß am Miteinander, lernen sich nach Regeln zu verhalten, erfahren, wie es ist, zu gewinnen oder zu verlieren, können sich körperlich oder kognitiv ausprobieren, lernen Rücksichtnahme, Selbstbeherrschung und Selbstbehauptung. All dies geschieht im Rahmen von Gruppenspielen ohne Zwang und Ermahnung von selbst.

Gruppenspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Ballspiele, Brettspiele, Wettspiele, Ratespiele, Rollenspiele, Spiele mit verbundenen Augen

Soziale Kompetenzen werden spielerisch erlernt und trainiert, Fairness und Rücksicht können dabei spielerisch erfahren werden.

Für Kinder ab vier Jahren sollen Erfahrungen mit Gleichaltrigen, größeren und kleineren Kindern zur Verfügung stehen, um sich einer sozialen Gruppe einfügen zu können.

Um soziale Kontakte herzustellen und diese aufrechterhalten zu können, müssen Kinder spielerisch erfahren haben, wie es ist, wenn sie ihre Bedürfnisse zum Ausdruck bringen, was es bedeutet, wenn sie sich durchsetzen können, aber auch, wenn sie sich zurücknehmen müssen, um anderen den Vortritt zu lassen. Um eine demokratische Grundhaltung zu erwerben, ist es notwendig, viele Erfahrungen bei Gruppenspielen gemacht zu haben.

Konstruktionsspiele/Konzentrationsspiele

Konstruktionsspiele sind für Kinder im Vorschulalter wichtig, um Erfahrungen von Raum und Materialien zu machen. Wie ist es, wenn ich ein Flugzeug mit dem Konstruktionsspielzeug oder ein Haus mit den Legosteinen bauen will? Was gibt das Material vor, wie muss ich selbst vorgehen, um zu dem gewünschten Ergebnis zu gelangen? Hier kann man schöpferisches Gestalten, aber auch gesetzmäßige Grenzen ausprobieren.

Jedes Konstruktionsspiel kann nur durch gezielte Aufmerksamkeit zum Erfolg führen. So sind Konstruktionsspiele auch gleichzeitig Konzentrationsspiele. Der sichtbare Erfolg solcher Spiele gibt dem Kind Selbstvertrauen und das Gefühl, etwas geschaffen zu haben.

Konstruktionsspiele/ Konzentrationsspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Konstruktionsspielzeug, Bausteinspiele, Steckspiele, Memory, Puzzles

Konzentration und Kreativität fördern, Gesetzmäßigkeiten erkennen

Besonders für Kinder ab dem 5. Lebensjahr sind solche Spielerfahrungen wichtig, um Selbstwertgefühl zu bekommen, sich als kompetent und erfolgreich zu erleben, die Möglichkeiten und Grenzen von Materialien zu erfahren.

Rezeptionsspiele/Sprachspiele

Nach dem Anhören von Kassetten, dem Ansehen von Bilderbüchern oder dem Schauen von Filmen und Videos/ DVDs haben Kinder ein großes Mitteilungsbedürfnis. Sie können hier ihre Sprachfähigkeit ausprobieren und erweitern. Sie können aber auch das Gehörte malen oder durch Modellieren oder in Rollenspielen ausdrücken. Die Sprache ist für die menschliche Entwicklung von grundlegender Bedeutung. Deshalb müssen Kinder viele Möglichkeiten haben, sich sprachlich auszudrücken, ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit Hilfe von kreativen Ausdrucksmöglichkeiten und mit sprachlichen Mitteln mitzuteilen.

Rezeptionsspiele/ Sprachspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Betrachten von Bilderbüchern, Bilder-Sprech-Spiele, Malen von Geschichten, Erzählen von gehörten Geschichten, Modellieren von Gegenständen, Rollenspiele nach einer Geschichte/ einem Märchen, Kofferpacken (Spiel)

Sprachkompetenzen erweitern, mit Fantasie Gehörtes und Gesehenes wiedergeben können. Soziale, emotionale Kompetenzen erweitern, wie z.B. Zuhören können, etwas vor anderen vortragen können...

Für Kinder ab zwei Jahren zur Vervollkommnung von sprachlichem Ausdruck, Wortschatz und Grammatik, aber auch für Vorschulkinder, um die eigene Sprachfähigkeit zu trainieren, sich sprachlich durchsetzen zu können, die eigenen Gefühle, Wünsche und Gedanken in Worte fassen zu können.

Kinder müssen viele Gelegenheiten haben, um mit anderen ins Gespräch zu kommen. Sprache ist die Grundlage für die Kommunikation zwischen den Menschen und ist auch notwendig, um kognitive Vorgänge beschreiben und ausdrücken zu können. Ebenso wichtig ist sie, um Gefühle zu benennen und über sie zu sprechen.

Spaßspiele

Sie geben positive Impulse für einzelne Kinder und die Gruppe. Das Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt. Ich mache Quatsch und erfahre dabei, dass andere mich akzeptieren, ich sie anregen kann, wir eine Gemeinsamkeit erfahren, gleiche Interessen haben - Spaß haben zu können ist eine wichtige emotionale Erfahrung.

Spaßspiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Spaßkämpfe, Quatschgeschichten erfinden, Wasserspiele, einen Hang hinabkugeln, Quatschbilder ansehen oder malen, Unsinnswörter oder -reime erfinden

Sozial-emotionaler Bereich, Sprachförderung, Bewegungsfreude, Reaktionsfähigkeit, Motorik

Für Kinder ab drei Jahren wichtig, um Freude an Sprache, an Bewegung, an Gemeinschaft zu erfahren.

Viele Bildungsbereiche sind hier angesprochen. Obwohl es zunächst aussieht, als ob Spaßspiele keine Bildungserfahrungen beinhalten würden, so wird bei näherem Hinsehen klar, dass gerade sie es sind, die die meisten Erfahrungen beinhalten und sie miteinander verknüpfen. Dabei dient der emotionale Bereich dazu, die Erfahrungen besonders eindrücklich zu gestalten.

Rätsel- und Ratespiele

Rätsel- und Ratespiele verlangen erhöhte Aufmerksamkeit. Sie sind lustbetont, so lange die Lösung vom Kind erraten werden kann; sie schärfen das Gedächtnis- und die Beobachtungsgabe.

Rätsel- und Ratespiele Bildungsbereich Besondere Bedeutung

Ich sehe was..., Farbenraten, Rätsel, Scherzfragen, Rate, welche Person ich meine, Märchenraten, Teekesselchen, welches Wort reimt sich auf...

Kognitiver Bereich, Sprachfähigkeit erweitern

Ab 4. Lebensjahr, um das eigene Wissen zu überprüfen und zu erweitern, sich mit anderen zu messen.

Ratespiele sind bei Kindern allgemein beliebt. Sie machen sich einen Spaß daraus, eigene Rätsel zu erfinden und die anderen Kinder auf die Probe zu stellen. Dabei müssen sie die den Rätseln innewohnenden Regeln kennen und beachten, wenn ihre Rätsel erraten werden sollen.

Zusammenfassung der Bedeutung der unterschiedlichen Spielformen

Allen Spielformen gemeinsam ist, dass sie Kindern die Möglichkeit zum spielerischen Erwerb von Fähigkeiten geben, die sie für das Leben in der Gemeinschaft benötigen. Die einzelnen Spielformen setzen in unterschiedlichen Altersstufen an, erhalten aber ihre Bedeutung über die ganze Lebensspanne. Auch Erwachsene benötigen z.B. Sinneserfahrungen, um Bildungsinhalte besser erfassen zu können.

Die unterschiedlichen Spieltheorien von Fröbel bis Piaget betonen jeweils einen eigenen Aspekt des Spiels, z.B. die Einübung auf das Leben als Erwachsener (William Stern), die Lust an der Funktion einer bestimmten Tätigkeit (Karl Bühler), die Möglichkeit, sich von Stress zu erholen und brachliegende Kräfte zu aktivieren (Moritz Lazarus), die Erweiterung des Ichs als Zentrum der heranreifenden Persönlichkeit (Erik Erikson) oder das Spiel als Spiegel des Lebens (Friedrich Fröbel).

Jede Theorie beinhaltet ein Körnchen Wahrheit über das Spiel. Der Bildungsaspekt des kindlichen Spiels ist seit Maria Montessori jeweils unterschiedlich pointiert worden. Stärker als Montessori dies mit bekannten Ausspruch: "Hilf mir es selbst zu tun" beschreibt, erkennt man inzwischen, dass alle Bildungsinhalte vom Kind selbst spielerisch erworben werden können, wenn man ihnen genügend Raum, Zeit und die entsprechenden Materialien und die notwendige menschliche Unterstützung zur Verfügung stellt.

Die Rolle der Erzieherin

Wenn man von der Selbstbildung von Kindern ausgeht, so ist die Rolle der Erzieherin eine scheinbar nebensächliche. Bildung verhindern kann sie nicht, auch dadurch nicht, wenn sie sich um die Bildung der Kinder nicht kümmert - das ist tröstlich. So werden selbst in einem "schlechten" Kindergarten die Kinder viele Möglichkeiten zur Selbstbildung finden. Was aber kann die Erzieherin tun, um Bildungsprozesse zu unterstützen, in Gang zu halten, Impulse für neue Bildungsinhalte zu geben?

Zunächst muss sie beobachten.

1. Begleiten des freien Spieles durch Beobachten
  • Welche Kinder spielen miteinander?
  • Welche Kinder spielen lieber alleine?
  • Welches Kind braucht ein bestimmtes Kind, um ins Spiel zu gelangen?
  • Welche Kinder benötigen lange Zeit, um sich für ein Spiel zu entscheiden?
  • Welche Kinder brauchen einen Impuls, um spielen zu können?
  • Welche Materialien werden häufig gebraucht, welche selten?
  • Welche Materialien könnten noch zur Verfügung gestellt werden?
  • Wie könnte man zum Spielen mit vorhandene Materialien anregen?

Bei der Beobachtung der Kinder erfährt die Erzieherin, was Kinder brauchen, welche Interessen sie haben, wie und mit wem sie am liebsten spielen. Sie kann diese Beobachtungen für sich selbst, für das Team und für die Eltern zu Gesprächen nutzen. Sie kann dann aber auch entscheiden, wo sie nicht nur Beobachterin bleiben darf und wo einzelne Kinder oder die Gesamtgruppe Unterstützung nötig haben.

Von der Beobachtung ausgehend, kann sie nun Kinder beim Spiel begleiten.

2. Begleiten der Kinder/eines Kindes durch Anspielen
  • Die Erzieherin setzt sich in einen bestimmten Spielraum.
  • Die Erzieherin beginnt zu spielen/ malen/ bauen etc.
  • Die Erzieherin sucht Materialien zusammen.
  • Die Erzieherin setzt sich neben ein Kind und fragt, ob sie mit ihm spielen soll.
  • Die Erzieherin sortiert Spielzeug (Perlen/ Naturmaterial etc.)

Diese Spielbegleitung kann für Kinder einen Zufallscharakter haben, so dass sie gar nicht merken, wie sie ins Spiel einbezogen werden oder sich zum Mitspielen angeregt fühlen.

Sobald die Kinder selbst zu spielen beginnen, und sie nichts mehr benötigen, kann sich die Erzieherin aus dem Kinderspiel zurückziehen, weiter beobachten, andere Kinder anregen, sich Gedanken über geplante Aktivitäten machen. Häufig werden die Kinder sie aber dazu überreden, mit ihnen gemeinsam zu spielen.

3. Begleiten der Kinder/eines Kindes durch Mitspielen
  • Die Erzieherin beobachtet die Kinder beim Spielen und gibt ihnen Tipps bei auftauchenden Fragen oder Anregungen, wie sie weitermachen könnten.
  • Die Erzieherin lässt sich eine Rolle zuteilen und füllt diese aus (Vorsicht, wenn Kinder die Erzieherin in eine passive Rolle drängen oder ihre Rolle Untätigkeit voraussetzt!).
  • Die Erzieherin versucht, Kinder am Rande mit ins Spiel einzubeziehen (mit Einverständnis der anderen Kinder).
  • Die Erzieherin ergänzt das vorhandene Spielmaterial.
  • Die Erzieherin bringt Anregungen ein ("Mein Jumbo will auf dem Flughafen landen..., dann sollten wir einen Flughafen bauen, wer hat eine Idee?").
  • Die Erzieherin verhindert Kinderstreit, indem sie eine Idee einbringt, wie alle ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen können (z.B. Gruppen bilden).
  • Die Erzieherin ermöglicht Kindern, Räume umzugestalten (Raumteilung, Pappkartons, Tücher usw.).

Wenn die Erzieherin mit den Kindern spielt, so ist sie ganz Spielpartnerin, hat aber auch stets alle Kinder und deren Bedürfnisse im Blick. Dies ist nicht ganz leicht, muss aber von jeder Erzieherin geleistet werden können.

Ihr Verhalten beim Freispiel kann zusätzlich durch einige Regeln, die sie sich selbst gibt, unterstützt werden.

Verhalten beim Freispiel
  • Ausreichend Zeit zur Verfügung stellen (30 Minuten genügen nicht, um ins Spiel zu kommen!).
  • Sich nicht ins Spiel drängen (äußerlich passiv, innerlich aktiv! - siehe auch bei Beobachtung).
  • Spielunlustige Kinder einfühlsam ermuntern.
  • Die Werke der Kinder würdigen (loben, stehen lassen, den anderen zeigen lassen).
  • Die Kinder bestimmen den Verlauf des Spieles selbst (einfühlsam lenken, wenn nötig).
  • Die Kinder haben das Recht, die Erzieherin vom Mitspielen auszuschließen.

Eine Erzieherin kann deshalb nie nebenbei andere Aufgaben erledigen, sondern muss stets für die Kinder präsent sein.

Spielräume in Kindertageseinrichtungen

Räume und deren Gestaltung spielen bei der Unterstützung von Kinderspielen eine wichtige Rolle. Wer sich in Kindertageseinrichtungen einmal umgesehen hat, wird rasch feststellen, dass sich die Spielräume oft ähnlich sind. Dies ist mit gutem Grund so. Erfahrungen zeigen, dass Kinder bestimmte Spielräume benötigen und diese auch regelmäßig nutzen.

Viele Erzieherinnen klagen, dass sie zu wenig Räume haben, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Wenn in einer mehrgruppigen Einrichtung in den Gruppenräumen jeweils eine Bauecke, eine Puppenecke, ein Rollenspielbereich untergebracht sind, so kann es durchaus zu Einschränkungen kommen. Jede Einrichtung sollte sich deshalb überlegen, ob sie nicht den einen oder anderen Gruppenraum zeitweise zum Funktionsraum umgestaltet. Dies hat sich in den meisten Kindertageseinrichtungen als sehr angenehm erwiesen. Der Lautpegel sinkt, da die Kinder sich intensiv mit einer Sache beschäftigen und die anderen Kinder im Raum nicht überschreien müssen. Es sind nur immer die Kinder im Raum, die gerade an dieser Tätigkeit Freude haben, z.B. bei einem Rollenspiel.

Erzieherinnen können den Malbereich zum Bastelbereich mit vielfältigen Materialien ausgestalten; ein Malatelier kann entstehen. Dort können Kinder weitaus kreativer werden als dies an einem Maltisch geschehen kann.

Ein Bauzimmer hat den Vorteil, dass sich Kinder mit unterschiedlichen Materialien beschäftigen können, dass sie großflächig bauen können, ohne andere zu stören, und das Gebaute dann auch stehen lassen dürfen.

Wie schön ist es, wenn ein kleinerer Raum für Rollenspiele zur Verfügung steht. Die Kinder können ihn jeweils selbst gestalten, je nachdem, welches Rollenspiel gerade ansteht. Sie können dort ungestört verschiedene Rollen ausprobieren, sich mit anderen treffen, streiten, versöhnen, ihre eigene Identität finden.

Und wenn wir dann noch ein Kindercafé im Flur oder auf einer zweiten Ebene eröffnen, in das die Kinder zum Vespern, Erzählen und sich Treffen gehen können, so werden wir feststellen, dass sich die Kinder in unserer Einrichtung wohler fühlen als bisher. Dass vor allem für die Kleinen und die Stammgruppe zu einer bestimmten Zeit ein Raum zur Verfügung steht, wäre wünschenswert. Kinder brauchen eine feste Gruppe und eine Bezugsperson, die zu ihnen gehört. Aber auch das gelingt in den meisten offenen Einrichtungen ganz gut.

Und Kinder können hier weitaus mehr mitbestimmen als in den klassischen Kindergärten. Sie können eigene Ideen verwirklichen, neue Materialien einbringen, mit Kindern zusammen spielen, die die selben Interessen wie sie haben.

Welche Räume brauchen wir deshalb, um Bildungsprozesse genügend unterstützen zu können?

  1. Einen Mal-/Bastel-/Kreativraum mit vielen Materialien, Klebemöglichkeiten, unterschiedlichen Papieren, Stoffen, Nadeln und vielem mehr. Hier könnten auch Materialien für Versuche und Experimente untergebracht werden. Hierfür wäre ein großer Raum gut, da man dann viele unterschiedliche Dinge tun kann.
  2. Ein Bauzimmer mit Konstruktionsspielzeug und Belebungsmaterial wie z.B. Tieren und Autos. Die Hälfte eines Gruppenraumes würde dafür genügen.
  3. Einen Raum für Rollenspiele, der viele Verkleidungssachen enthält, aber auch Puppen, Schreibmaschine, Tücher und Polster, um ihn je nach Bedarf zu einer Wohnung, einem Büro, einer Gespensterhöhle etc. umbauen zu können. Dieser Raum darf ruhig kleiner sein, es kann auch ein früherer Abstellraum dazu benützt werden.
  4. Einen Ruheraum, der gleichzeitig als Bibliothek genutzt wird. Dort können auch ruhige Gesellschaftsspiele vorhanden sein. Dieser Raum muss nicht sehr groß sein.
  5. Dafür benötigen Kinder einen zusätzlichen Bewegungsraum. Dieser kann ruhig im Keller untergebracht sein. Er muss den Kindern an Regentagen die Möglichkeit bieten, sich körperlich zu betätigen. Dazu brauchen wir dort Fahrzeuge, Kletterstangen und Matten, um Purzelbäume zu schlagen. Dieser Raum darf aber kein Gerümpel enthalten, sollte auch heizbar, aber nicht zu warm sein.
  6. Das Kindercafé, das die Kinder zum Frühstücken einlädt. Dieses sollte möglichst zentral liegen und gemütlich ausgestattet sein.
  7. Ein Werkraum/Matschraum wäre zum groben Umgang mit Materialien wie Holz, Metall oder Stein (formbare Steine) sehr nützlich, könnte aber auch in den Außenbereich, z.B. einen Unterstand am Haus, verlegt werden.

Wenn man davon ausgeht, dass in den herkömmlichen Kindergärten jeweils ein Gruppenraum und ein kleiner Nebenraum existiert, so sind bereits in einer Einrichtung mit drei Gruppen alle Räume vorhanden, die zu einer solchen Öffnung notwendig wären. Manchmal ließe sich ein Gruppenraum auch noch unterteilen.

Alle Erzieherinnen, die sich bisher auf dieses Experiment (für viele gibt es zahlreiche Vorbehalte) eingelassen haben, möchten heute nicht mehr darauf verzichten. Wenn diese Räume dann jeweils durch eine Erzieherin oder Zweitkraft betreut werden, so erlebt jede einmal, wie viele Möglichkeiten Kinder in diesen Räumen entdecken, die sie sonst nie kennen gelernt hätten.

Diese Räume beinhalten zudem die Möglichkeit, dass sie Kindern mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten. In vielen Einrichtungen hängen die Gruppenräume mit den Werken der Kinder voll und führen so zu einer Sinnesüberreizung anstatt zu einer ruhigen Arbeitsatmosphäre.

Bei der Raumgestaltung sollte man auch auf die Farbgebung achten. Kleine Räume müssen hell gestrichen werden, größere Räume könnten durch Raumteiler gemütlicher gestaltet werden.

Und die Kinder dürfen auch einmal unbeobachtet in einem Raum für sich spielen. Das genießen sie sogar sehr.

Eine Umgestaltung der Kindertageseinrichtung muss aber vom gesamten Team getragen und von den Eltern unterstützt werden. So lange dies nicht möglich ist, kann die Arbeit in einer traditionellen Form mit Spielbereichen im Gruppenraum fortgeführt werden. Allerdings sollte immer wieder überlegt werden, ob die Raumgestaltung von Zeit zu Zeit nicht überprüft werden muss.

Das gilt auch für die Gartenbenützung. Häufig werden die gut ausgestatteten Gärten nur gemeinsam von allen Kindern in einer sogenannten "Frischluftphase" genützt. Dabei hat man häufig einen so guten Ausblick aus den Kindergartenräumen, dass man auch durchaus einzelnen Kindern das Spiel im Garten erlauben kann. Kinder ziehen sich in Büschen und Hecken gerne zurück und spielen dort sehr intensiv. Für Jungen und sehr bewegungsfreudige Mädchen sind die Außenräume und die Bewegungsräume innerhalb des Hauses notwendig, um ihrem Bewegungsdrang nachgehen zu können. Später werden gerade diese Kinder dann wieder ruhig am Tisch sitzen, etwas ausprobieren, kreativ gestalten oder Bilder, die aus ihrem Inneren kommen, zu Papier bringen.

Zu den Spielräumen gehören natürlich auch Räume, die wir mit den Kindern nur zeitweise aufsuchen, z.B. an einem Waldtag. Je mehr Räume sie zur Verfügung haben, desto vielfältiger sind ihre Erfahrungen - Erfahrungen, die man durchaus mit dem Wort Bildung gleichsetzen kann.

Dass auch die Umgestaltung des Außenraumes Sinn machen könnte, ist für viele Erzieherinnen sehr einsichtig. Oft fehlen die nötigen Gelder. Dass eine Bewegungsbaustelle teuere Geräte nicht nur ersetzen, sondern sogar überflüssig machen kann, ist hier nur ein Hinweis.

Bereitstellen von Materialien und Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts bzw. unterschiedlicher Professionen

Erzieherinnen dürfen sich nicht damit zufrieden geben, dass sie die Gegebenheiten ihrer Einrichtung nützen. Sie sollten sich immer wieder neues Material überlegen, das Kinder zu neuen Erfahrungen anregt. Dazu ist es wichtig, dass sie mit vielen Menschen sprechen, die beruflich oder hobbymäßig mit diesen Materialien umgehen. Wie wäre es, wenn ein Vater, der Segelflugmodelle baut, dies auch einmal mit den Kindern tun würde? Eine Mutter, die Chemie studiert hat, könnte mit den Kindern Experimente durchführen, ein Trainer mit einer Gruppe Fußballspielen trainieren...

Dass wir die Kinder dabei unterstützen, ihre Fähigkeiten zu entdecken, bedeutet auch, dass wir ihnen vielfältige Anregungen geben, was sie interessieren könnte. Ob wir am Bach spielen, im Wald eine Hütte bauen, mit dem Förster auf Spurensuche gehen oder uns mit der Ärztin der Kinderstation des Krankenhauses unterhalten, immer werden dabei neue Materialien und Menschen ins Spiel gebracht, und die Arbeit von unterschiedlichen Menschen wird für die Kinder sichtbarer und "begreifbarer". Können sie doch heute kaum mehr nachvollziehen, was die Mutter im Büro am Computer arbeitet oder der Vater am Fließband herstellt.

Kinder wollen nicht spielen, sie wollen arbeiten! Und somit hat der Begriff des Spielens für Kinder sogar einen häufig negativen Klang. "Ihr spielt ja nur" oder "Geht mal schön spielen..." sind die Aussprüche, die sie leider viel zu oft hören. Ihr Spiel ist Lernen, ist ernsthafte Arbeit. Deshalb möchten sie auch mit den Großen zusammen etwas tun, das etwas wert ist. Es genügt Kindern nicht, an der Werkbank Nägel in ein Brett zu hämmern; es sollte etwas Sinnvolles daraus entstehen, z.B. ein Boot, das man dann auf dem Bach fahren lassen kann. Dass spielende Kinder sehr ernsthaft arbeiten, können alle erfahren, die Kinder beim Spielen zusehen.

So müssen wir Kindern Gelegenheiten geben, spielerisch viele Erfahrungen zu machen. Dazu gehören Erfahrungen mit Materialien, mit Menschen, die ihnen zeigen, wie man mit diesen professionell umgeht, und mit Erzieherinnen, die dafür sorgen, dass Kinder in ihren Einrichtungen nicht nur zufällig lernen, indem sie mit den vorhandenen Spielsachen spielen dürfen.

Ausblick

Erzieherinnen haben in den Einrichtungen vielfältige Möglichkeiten, Kinder beim Spielen zu unterstützen und ihnen dadurch viele neue Erfahrungen anzubieten. Sie müssen beobachtend tätig werden, sich mit Kindern spielerisch auseinandersetzen. Sie haben aber auch die Aufgabe, ihnen viele Spielmaterialien zur Verfügung zu stellen. Auch die Umgestaltung der Räume in Funktionsräume, aber auf jeden Fall in Funktionsecken, wäre notwendig. Sie müssen im Team überlegen, wie sie den Kindern Spielpartner in Form von Kindern und Erwachsenen beiderlei Geschlechts in Innen- und Außenräumen anbieten können.

Verantwortung für Spielerfahrungen vielfältiger Art haben nicht nur Erzieherinnen. Auch die Eltern sind an der Bildung ihrer Kinder interessiert. Dies zeigt sich spätestens, wenn die Kinder in die Schule kommen sollen. Und wir alle dürfen die Politiker nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, alles daran zu setzen, dass Bildungsprozesse bereits in den ersten Lebensjahren angestoßen und immer wieder neu definiert werden. Die Rahmenbedingungen für die Einrichtungen müssen daher überdacht und von den in den Einrichtung tätigen Erzieherinnen angemahnt werden. Nur so können sie gemeinsam mit anderen ihrer Aufgabe, Kinder durch Spielaktivitäten Bildungsinhalte zu vermitteln, gerecht werden.

Literatur

Arndt, Marga/ Singer, Waltraud (Hg): Das ist der Daumen knudeldick. Ravensburg: Ravensburger 2004

Beins, Hans-Jürgen/ Cox, Simone: Die spielen ja nur. Dortmund: borgmann 2001

Binder, Felix: Heißa, hopsa, Kinderspiel. Freiburg: Christophorus 2003

Bostelmann, Antje/ Fink, Michael: Pädagogische Prozesse im Kindergarten - Planung, Umsetzung, Evaluation. Weinheim: Beltz 2003

Drösser, Christoph: Wie groß ist unendlich? Knobel- und Denkspiele. Hamburg: Rotfuchs 2005

Crowther, Ingrid: Im Kindergarten kreativ und effektiv lernen - auf die Umgebung kommt es an. Weinheim: Beltz 2005

Hatlappa, Ute: Wahrnehmungsspiele. Freiburg: Christophorus 2003

Jackel, Birgit: Lustige Sinnesgeschichten für kleine und große Leute. Dortmund: borgmann 2003

Jacoby, Edmund/ Berner, Susanne Rotraud: Himmel, Hölle, Blindekuh. München: Hanser 1999

Jahn, Franka u. a.: Die schönsten Spiele aus Großmutters Zeit. Eine Auswahl für den Kindergarten. Freiburg: Herder 2002

Martin, Lise: 100 Spiele von Kopf bis Fuß. Kempen: moses 2002

Neubauer, Dieter: Wasser-Spiele. Reinbek: Rotfuchs 2002

Partecke, Erdmute: Kommt, wir wollen schön spielen. Weinheim: Juventa 2002

Pauwels, Catherine: 100 Spiele für dich allein. Kempen: moses 2002

Rausch, Ulrich: Die Zauber-Fundgrube. Berlin: Cornelsen 2003

Seyffert, Sabine: Das Ferien-Spiel-Buch mit Kindern ab 5 Jahren. München: Falken 2002

Stammer-Brandt, Petra: Wut-weg-Spiele. Freiburg: Christophorus 2003

Thiesen, Peter: Arbeitsbuch Spiel. Troisdorf: Bildungsverlag EINS 2004

Walden, Rotraud/ Schmitz, Inka: Kinderräume, Kindertagesstätten aus architektonischer Sicht. Freiburg: Lambertus 1999

Weber, Christine (Hrsg.): Spielen und Lernen mit 0- bis 3-Jährigen. Weinheim: Beltz, 2. Auflage 2004

Wilfert, Stefan: Kost-Nix-Spiele. Ravensburg: Ravensburger 2002

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