Aus: In etwas veränderter Form ist dieser Beitrag in Kita-aktuell HRS, Ausgabe 9/2005, veröffentlicht worden.
Hans Joachim Rohnke
Im Spektrum der vielfältigen Aufgaben von Leitungskräften ist im Feld der Personalentwicklung die wirkungsvolle Unterstützung der Mitarbeiter/innen in Bereich der Elternarbeit ein gewichtiger Faktor. Fach- und Führungskräfte sind in eigenem Interesse gut beraten, ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für ihre Mitarbeiter/innen zu entwickeln, um an der wichtigen Schnittstelle zwischen Mitarbeiter/innen und Eltern die nötige Sensibilität und die gewünschten Beratungserfolge sicherzustellen.
Die Beratungs- und Kommunikationspotentiale der Mitarbeiter/innen variieren vor dem Hintergrund unterschiedlicher Ausbildungen und Bildungsbiografien teilweise deutlich. Ist dieser Sachverhalt bei den Einstellungsverfahren nicht ausreichend beachtet worden, zeigt sich dies oft schon kurze Zeit später. Dies zu erkennen und gegebenenfalls ein entsprechendes Coaching anzubieten, kann ein wichtiger Garant gelingender Elternarbeit sein.
Bewährte Praxisschritte
Schon im Aufnahmeverfahren erfahren die Eltern im Rahmen der Erläuterung des pädagogischen Konzepts, dass mindestens einmal im Jahr Entwicklungs- oder Geburtstagsgespräche in der Kita stattfinden. Sie sind Teil des regulären Dienstleistungs- und Serviceangebots der Einrichtung und entsprechen der fachlichen Überzeugung des pädagogischen Personals. Durch systematischen Informationsaustausch zwischen Elternhaus und pädagogischen Mitarbeiter/innen wird eine Atmosphäre des Vertrauens und der Erziehungspartnerschaft aufgebaut.
Es gehört zum Leitbild und Selbstverständnis des pädagogischen Personals, solche Informationsgespräche vorzubereiten und durchzuführen. Sie dienen dem Austausch wichtiger Informationen, Wahrnehmungen und Beobachtungen. Sie zielen darauf, ein verantwortungsbewusstes und förderliches Verständnis für das Kind zu gewährleisten. Dem pädagogischen Personal ist bewusst, dass diese Gespräche eine hochwertige, pädagogische Dienstleistung darstellen und dass mit ihrem Gelingen oder Scheitern z.T. erhebliche Wirkungen verbunden sein können.
Im Vordergrund der Kommunikation steht daher die Erzeugung eines freundlichen Kontakts und eines angstfreien Gesprächsklimas. Hilfreich ist eine Haltung des empathischen Verstehens. Voreilige Bewertungen und Rückschlüsse sind daher zu vermeiden. Im Wesentlichen geht es zunächst einmal darum, den Sinn und die Bedeutung des wahrgenommenen, kindlichen Verhaltes zu verstehen bzw. ihn in einer gemeinsamen Suchbewegung zu ergründen.
Nützliche Vorgehensweise
- Rechtzeitige Terminabsprachen vornehmen. Nach Möglichkeit den elterlichen Zeitwünschen entgegenkommen. Günstig ist es, einen zeitnahen Termin zum Geburtstag des Kindes zu wählen.
- Die Einladung zum Gespräch freundlich und bestimmt aussprechen. Beide Eltern einladen!
- Manchmal, aber nicht immer, ist eine zweite Kollegin hilfreich. Kritisch kann es werden, wenn sie gewissermaßen als "Zeugin" für heikle Gesprächssituationen oder Botschaften dienlich sein soll.
- Der Gesprächsort ist hell und freundlich. Er ist ausreichend gelüftet und hat eine angenehme Temperatur. Es gibt bequeme Sitzgelegenheiten und etwas zu trinken. Gepflegte Grünpflanzen werten das Ambiente deutlich auf; der Raum ist aufgeräumt, die Fenster geputzt. Störungen (durch Telefon oder Mitarbeiter/innen) sind ausgeschlossen. Auch hier zeigt sich Wertschätzung gegenüber den Gästen!
- Die einladende Erzieherin ist gut auf das Gespräch vorbereitet (mit Hilfe geeigneter Beobachtungsdaten, s. Pkt. 8). Sie ist auf ein Gespräch von ca. 45-minütiger Dauer eingestimmt. Beobachtungsprotokolle, -daten, Bilder, Filme, "Werke" des Kindes liegen zur fachlichen Erläuterung griffbereit (auch eine Beteiligung des Kindes ist vorstellbar und erstrebenswert).
- Zu Beginn gibt es ein "warming up" in Form eines small-talks (Wetter/ Urlaub/ Feste/ Erlebnisse etc.).
- Hierauf erfolgt durch die Erzieherin eine Übersicht über die vorgesehenen Gesprächspunkte (Gesprächsleitfaden), hier sind Ergänzungen/ Änderungen durch die Eltern möglich.
- Folgende Fragen könnten darin abgearbeitet werden: Was war im Berichtszeitraum für die Entwicklung des Kindes wesentlich? - Womit hat sich das Kind bevorzugt beschäftigt (Spielorte, -gegenstände, -spielpartner, -aktivitäten)? - Welche "Entwicklungsfenster" waren geöffnet, welche Lernthemen und -inhalte waren dran? - Welche Wahrnehmungen und Beobachtungen haben das Kind interessiert? - Wo, wann und in welchen Situationen hat das Kind Engagement gezeigt? - In welchen Entwicklungsfeldern haben sich Veränderungen/ Neuigkeiten ergeben? -Was sind individuelle Besonderheiten/Talente/ Neigungen des Kindes? - Wie lässt sich allgemein das Befinden, die Stimmung des Kindes beschreiben? - Wo zeigt es Abneigung/ Unverständnis? - Was meidet das Kind?...
- Ziel des Gesprächs ist es, die positive Identifikationsbereitschaft der Eltern mit ihrem Kind zu erhöhen! Denn: Alle noch so gut gemeinten pädagogischen Absichten sind nur gemeinsam, d.h. unter Beteiligung der Eltern, zu erreichen (systemische Sichtweise). Gegen die Überzeugungen der Eltern geht letztlich nichts. Dann werden lediglich die Loyalitätskonflikte des Kindes erhöht. Im Zweifel gilt daher: Weniger ist mehr! Ein weiteres Gespräch kann hierzu nützlich sein.
- Interessant ist, während des Berichts auf die Reaktionen der Eltern zu achten: Wo zeigen sie ihrerseits Interesse, Engagement. Wo fragen sie nach? Welche Gefühle zeigen sie bei welchen Mitteilungen (was gefällt ihnen, wo sind sie skeptisch, zugeknöpft, ablehnend)?
- Lassen Sie im Anschluss die Eltern berichten. Was war aus ihrer Sicht im abgelaufenen Jahr von Bedeutung (vor allem im häuslichen und freizeitbezogenen Kontext)? Was ist ihnen an ihrem Kind aufgefallen, welche Veränderungen konnten sie wahrnehmen?
- Wo gibt es Unterschiede, wo Übereinstimmungen?
- Sonstiges...
- Abschluss/ Ausblick/ Verabschiedung ("Danke für das gute Gespräch"; gegebenenfalls Empfehlungen, Infos, Tipps; mögliche Themen: Ausblick auf das kommende Jahr in der Kita, Projekte, bauliche Veränderungen, neue Kinder, Angebotserweiterung, Elternarbeit, Konzeptentwicklung, Feste, Träger, Fortbildungen, Mitarbeiter, Zusammenarbeit mit anderen Institutionen...).
- Gedächtnisprotokoll, gegebenenfalls mündlicher Bericht an die Leitung. Klärung von Informationen und eventuell neu aufgetauchter Fragen. Was ist gut gelaufen, was ist verbesserungswürdig?
Die bei dieser Gelegenheit auftauchenden oder benannten Schwierigkeiten und Mängel können Anknüpfungspunkte für Beratung oder Schulungsmaßnahmen sein.