Elternmitarbeit: Auf dem Wege zur Erziehungspartnerschaft

Aus: Martin R. Textor (Red.): Elternmitarbeit: Auf dem Wege zur Erziehungspartnerschaft. München: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit 1996, S. 6-28

Martin R. Textor und Brigitte Blank

Inhalt

  1. Warum Elternmitarbeit so wichtig ist
  2. Wie Erziehungspartnerschaft entstehen kann
  3. Bedürfnisse und Wünsche von Eltern
  4. Zieldimensionen zeitgemäßer Elternarbeit
  5. Formen der Elternarbeit - eine Übersicht
  6. Planung der Elternarbeit
  7. Elternarbeit im Jahresverlauf
  8. Tipps für Elternabende
  9. Elterngruppen und Elterngesprächskreise
  10. Arbeit mit besonderen Gruppen von Eltern
  11. Einbindung von Eltern in die Kindergartenarbeit
  12. Elternmitbestimmung
  13. Gesprächsführung mit Eltern
  14. Elternberatung und Vermittlung
  15. Schlusswort
  16. Anhang 1: Reflexionsbogen zur Elternarbeit
  17. Anhang 2: Literatur
  18. Autor/-in

1 Warum Elternmitarbeit so wichtig ist

Familie und Kindergarten sind gemeinsam für das Wohl von Kindern verantwortlich. Sie prägen beide die kindliche Entwicklung in entscheidendem Maße. Familie und Kindergarten sind prägende Lebenswelten von Kindern. Das Verhältnis der beiden Sozialisationsfelder zueinander kann in der Realität unterschiedliche Formen annehmen. Im Extrem lassen sich unterscheiden:

  1. Trennung der Bereiche: Familie und Kindergarten wissen nichts voneinander; es besteht kein Kontakt. Das Kind ist unglücklich über das Desinteresse seiner Eltern am Kindergarten und über das Desinteresse seiner Erzieherinnen an der Familie. Es lebt in zwei scharf voneinander abgegrenzten Bereichen, in dem es unter Umständen sehr unterschiedlichen und widersprüchlichen Einflüssen unterworfen ist. Bei Problemen in einer Lebenswelt erfährt es keine Hilfe in der anderen.
  2. Konflikthaftes Verhältnis zwischen beiden Bereichen: Konflikte können sich aus einer Konkurrenz von Familie und Kindergarten oder aus unterschiedlichen Werten, Erziehungszielen und Erziehungsstilen ergeben. Eine andere Ursache ist Besserwisserei: Die Eltern glauben, sie müssten die Erzieherinnen belehren, oder die Erzieherinnen glauben, sie müssten die Eltern belehren. Das Kind fühlt sich zwischen Eltern und Erzieherinnen hin- und hergerissen. Es ist mit unterschiedlichen Erwartungen und Erziehungseinflüssen konfrontiert, weiß nicht, wie es sich verhalten soll. Es leidet unter den Konflikten zwischen Eltern und Erzieherinnen.
  3. Erziehungspartnerschaft zwischen beiden Bereichen: Familie und Kindergarten öffnen sich füreinander, machen ihre Erziehungsvorstellungen transparent und kooperieren zum Wohle der ihnen anvertrauten Kinder. Sie kennen die Bedeutung der jeweils anderen Lebenswelt für das Kind an und teilen die Verantwortung für die Förderung der kindlichen Entwicklung. Das Kind findet hier die besten Entwicklungsbedingungen vor: Es erlebt, dass Familie und Kindergarten an seinem Wohl und aneinander interessiert sind, sich ergänzen und wechselseitig bereichern.
Kindertageseinrichtungen sollten deshalb auf dem Wege einer wechselseitigen Öffnung und des Informationsaustausches zur dialogischen Erziehungspartnerschaft mit den Eltern kommen. Kindergartenarbeit kann letztlich ohne eine intensive Zusammenarbeit mit Eltern nicht erfolgreich sein, da diese in hohem Maße die kindliche Entwicklung prägen. Nur durch den Austausch von Erfahrungen mit dem Kind und von anderen relevanten Informationen sowie durch die Abstimmung von Erziehungszielen und -praktiken kann es zu einer Kontinuität zwischen öffentlicher und privater Erziehung kommen.

Andere Gründe, die den Dialog mit Eltern und eine Erziehungspartnerschaft sinnvoll erscheinen lassen, sind:

Einerseits sind Kenntnisse über die familiale Lebenswelt der Kinder Voraussetzungen für die Erfüllung der familienergänzenden und -unterstützenden Funktionen der Kindertagesstätte sowie für die pädagogische Arbeit, insbesondere bei einer Orientierung am Situationsansatz. Andererseits sind Informationen über das Sozialisationsfeld "Kindergarten" für Eltern unverzichtbar, um das Verhalten und die Erfahrungen ihrer Kinder verstehen und die Arbeit der Erzieherinnen zu Hause unterstützen zu können.
Viele Erzieherinnen sind überbelastet; die aktive Teilnahme von Eltern am Geschehen im Kindergarten könnte entlastend wirken. Manche Eltern, insbesondere nichterwerbstätige Mütter, möchten in beschränktem Maße am Kindergartenalltag teilhaben und mitarbeiten.
Auf der einen Seite sind viele Eltern in der Erziehung ihrer Kinder verunsichert oder machen Erziehungsfehler (z.B. Überbehütung, Verwöhnung, Leistungsdruck, Überforderung, Vernachlässigung, extrem autoritäres oder antiautoritäres Verhalten, wechselhafter Erziehungsstil). Sie benötigen und/oder wünschen die Unterstützung durch Erzieherinnen. Auf der anderen Seite lassen sich Erziehungsschwierigkeiten der Fachkräfte mit einzelnen Kindern oft nur unter Einbeziehung der Eltern reduzieren.

Ursachen für kindliche Verhaltensauffälligkeiten liegen zumeist in der familiären Situation, können aber auch im Kindergarten oder in anderen Sozialisationsfeldern liegen. Eine Abklärung der Ursachen sowie positive und dauerhafte Verhaltensänderungen können in der Regel nur von Eltern und Erzieherinnen gemeinsam erreicht werden.

2 Wie Erziehungspartnerschaft entstehen kann

Erziehungspartnerschaft kann sich nur in einem längeren Prozess entwickeln: Sowohl Eltern als auch Erzieherinnen müssen ihr Verhalten ändern und den Weg zueinander suchen. Wichtige Voraussetzungen für einen solchen Prozess der Annäherung und zunehmenden Zusammenarbeit sind Grundhaltungen wie:

  • Geduld: Weder Erzieherinnen noch Eltern werden "hurra" schreien und sofort ihr Verhalten ändern, wenn Erziehungspartnerschaft eingefordert wird. Nur in kleinen Schritten kann das Ziel erreicht werden.
  • Akzeptanz: Eltern und Erzieherinnen müssen die Bedeutung von Familie und Kindergarten für das Kind anerkennen. Beide Seiten leisten eine gute Erziehungsarbeit, wenn auch auf einem unterschiedlichen Reflexionsniveau. So sollten sie die pädagogischen Kompetenzen, das Wissen vom Kind und die Lebenserfahrung der jeweils anderen Seite anerkennen.
  • Toleranz: Erzieherinnen und Eltern sollten die Werte, Normen, Persönlichkeitscharakteristika, Eigenheiten, Subkulturen usw. der jeweils anderen Seite respektieren. Beide Seiten müssen das Gefühl haben, von der jeweils anderen angenommen zu werden. Das bedeutet auch Zurückhaltung mit kritischen Äußerungen und Verurteilungen. Insbesondere gegenüber sozial schwachen, ausländischen oder "schwierigen" Eltern ist Toleranz nötig.
  • Vertrauen: Eltern und Erzieherinnen müssen einander vertrauen. Nur aus Vertrauen - eng verknüpft mit "Vertraulichkeit" - wächst die Bereitschaft, sich für die andere Seite zu öffnen, Einblick gewähren zu lassen, auch über Probleme und Sorgen zu sprechen.
  • Kontaktfreude: Erzieherinnen und Eltern sollten nicht warten, bis die jeweils andere Seite aktiv wird, sondern aufeinander zugehen. Dabei sind Grundformen der Höflichkeit zu beachten.
  • Dialogbereitschaft: Nur im offenen Gespräch, im Dialog, finden Eltern und Erzieherinnen zueinander, lernen einander kennen und entwickeln Vertrauen zueinander. Beide Seiten müssen einander richtig zuhören - was gar nicht so einfach ist.
  • Offenheit für Ideen: Erziehungspartnerschaft bedeutet auch, dass man keine festgefügte Meinung hat ("So hat Familienerziehung auszusehen!" "Das ist die einzige richtige Form der Erziehung im Kindergarten!"). Niemand hat immer recht. Vielmehr sollten Eltern und Erzieherinnen immer bereit sein, neue Gedanken, Vorschläge, Gestaltungsmöglichkeiten, kritische Äußerungen usw. anzunehmen und zu reflektieren - was natürlich nicht bedeutet, dass man auch entsprechend handeln muss.
  • Veränderungsbereitschaft: Erzieherinnen und Eltern sollten in der Lage sein, in der Begegnung miteinander ihre Werte, Einstellungen, Rollenleitbilder und Erziehungsvorstellungen im Hinblick auf Familie bzw. Kindergarten zu überdenken, Selbstkritik zu üben sowie ihr Denken und Handeln zu verändern.
Solche Grundhaltungen entwickeln sich erst in einem längeren Prozess, in dem Eltern und Erzieherinnen sich einander annähern. Rückschläge sind unvermeidbar, dürfen aber nicht zur Entmutigung führen.

3 Bedürfnisse und Wünsche von Eltern

Ein zentraler Wunsch von Eltern ist, dass sich die Kindergartenarbeit an der Lebenssituation und den Bedürfnissen ihres Kindes ausrichtet: Sein Wohl soll im Mittelpunkt stehen. Deshalb legen Eltern großen Wert auf Gespräche mit den Erzieherinnen über ihr Kind. Darüber hinaus haben sie persönliche Wünsche und Bedürfnisse, die vom Kindergarten durchaus ernst genommen werden sollten.

Tabelle 1 zeigt Erwartungen von Eltern an den Kindergarten bzw. dessen Elternarbeit, die bei einer Befragung von 423 Müttern und 351 Vätern aus Bayern durch das Staatsinstitut für Frühpädagogik ermittelt wurden (Fthenakis et al. 1995). Hier wird deutlich, dass die Eltern der Elternarbeit eine große Bedeutung beimessen - selbst wenn nur ein Teil der Veranstaltungen besucht wird. So ergab eine von uns durchgeführte Umfrage bei 269 Eltern aus Passau (Textor 1994), dass drei Fünftel der Eltern die Elternarbeit des Kindergartens für sehr wichtig oder wichtig hielten. Drei Viertel bezeichneten das Kindergartenpersonal als sehr kompetent oder kompetent in Erziehungsfragen. Dies zeigt, dass sie deren Professionalität schätzen und sie als potentielle Berater sehen.

Nicht ignoriert werden kann, dass es auch eine große Gruppe von Eltern gibt, die wenig Interesse am Kindergartengeschehen zeigen. Diese Personen nehmen nur selten an Veranstaltungen im Rahmen der Elternarbeit teil. In der Regel sind sie nicht zu einer Mitarbeit in der Kindertagesstätte bereit. Ein Teil dieser Eltern kann eventuell durch neue Formen der Elternarbeit oder die direkte Ansprache aktiviert werden. Viele sind aber aufgrund ihrer Lebensumstände und Einstellungen kaum durch Elternarbeit zu erreichen.

Tabelle 1: Inhalte der Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtung und Eltern

Die Zusammenarbeit der Kindertageseinrichtung mit Eltern kann unterschiedliche Inhalte umfassen. Mütter Väter
Wie wichtig sind Ihnen die folgenden Inhalte? sehr wichtig wichtig sehr wichtig wichtig
Regelmäßig über Entwicklung und Verhalten meines Kindes informiert werden 64 % 32 % 51 % 46 %
etwas über die Arbeitsweise und das pädagogische Konzept der Einrichtung erfahren 42 % 55 % 26 % 63 %
bei Erziehungsschwierigkeiten um Rat fragen können 40 % 42 % 22 % 52 %
etwas über den Tagesablauf in der Gruppe und in der Einrichtung erfahren 28 % 63 % 13 % 72 %
Wissen über Erziehung und Entwicklung von Kindern vermittelt bekommen 20 % 58 % 15 % 60 %
die Einrichtung soll bei Bedarf dabei helfen, zu anderen Einrichtungen, z.B. Beratungsstellen, Kontakt aufzunehmen 16 % 53 % 8 % 43 %
bei persönlichen oder familiären Schwierigkeiten um Rat fragen können 14 % 24 % 6 % 17 %
die Einrichtung soll meine Meinung bei der Erziehung der Kinder berücksichtigen 11 % 57 % 10 % 50 %
Möglichkeiten, andere Eltern kennen zu lernen 10 % 55 % 5 % 42 %
bei handwerklichen Arbeiten mithelfen können, z.B. Räume renovieren, Spielplatz gestalten 7 % 45 % 7 % 41 %
die Einrichtung soll fördern, dass Eltern sich gegenseitig helfen 7 % 48 % 3 % 41 %
sich an der Kindergartenarbeit beteiligen können, z.B: Spielstunden oder Vorlesestunden mitgestalten 6 % 41 % 4 % 29 %
die Einrichtung soll meine Meinung bei den wesentlichen Grundentscheidungen (z.B. Einrichtungskonzept, Neuaufnahmen) berücksichtigen 2 % 27 % 3 % 25 %

Tabelle 2 verdeutlicht, welche Formen der Elternarbeit von den befragten 258 Passauer Eltern gewünscht wurden (Textor 1994), wobei zu beachten ist, dass eine derartige Befragung in einer anderen Stadt oder im ländlichen Raum durchaus zu anderen Ergebnissen führen könnte. Es fällt auf, dass der Kindergarten von Eltern auch als Kommunikations-, Elternbildungs- und Beratungszentrum wahrgenommen wird. Elternabende waren bei Eltern weniger gefragt als andere Angebote. Eltern erwarteten vor allem (a) eine Öffnung des Kindergartens, (b) Ratschläge für die Beschäftigung von Kindern, (c) Hilfe bei Erziehungsschwierigkeiten und (d) Elternbildung.

Eine solche Auflistung von Elternwünschen wie in Tabelle 2 sollte aber nicht dazu führen, dass Erzieherinnen nun alle diese Formen der Elternarbeit anbieten. Ganz wichtig ist zu sehen, dass die Zeit der meisten Eltern sehr knapp bemessen ist: So ergab die vorgenannte Umfrage, dass die befragten Eltern im Durchschnitt nur ein- bis zweimal im Monat an Elternveranstaltungen teilnehmen konnten. Als günstigster Zeitpunkt wurde zudem der Samstagvormittag bezeichnet, an dem Erzieherinnen natürlich nur im Ausnahmefall arbeiten möchten (als zweitgünstigster Zeitraum wurde "an Werktagen nach 19.00 Uhr" angegeben). Auch hier ist zu beachten, dass diese Befragungsergebnisse in Passau gewonnen wurden und somit eine Umfrage in einer anderen Stadt oder Gemeinde zu anderen Elternwünschen führen könnte.

Es kann also nicht darum gehen, dass Erzieherinnen alle diese Elternwünsche zu verwirklichen versuchen. In der Regel sollte nicht die Zahl der Angebote für Eltern bzw. die Zahl verschiedener Formen erhöht werden, sondern vielmehr das bestehende Angebot so umstrukturiert werden, dass es mehr den Wünschen und Erwartungen der Eltern entspricht. Wie andere Dienstleistungsbetriebe auch muss sich der Kindergarten stärker als bisher an seinen "Kunden" orientieren. Dies erhöht die Zufriedenheit der Eltern und begünstigt damit die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten.

Tabelle 2: von den Eltern gewünschte Formen der Elternarbeit

Rang Frage: Ich erwarte von der Elternarbeit des Kindergartens ... Passau
1 Informationen über die Gestaltung des Kindergartenalltags 93 %
2 Ausstellungen guter Spiele und Bücher 89 %
3 Informationen darüber, wie sich Erzieherinnen bei Problemen mit Kindern verhalten 88 %
4 Elternbriefe/Kindergartenzeitung 83 %
5 Beratung bei Erziehungsproblemen 73 %
6/7 Möglichkeiten zum Ausleihen guter Spiele und Bücher 72 %
6/7 Elternbildung (Informationen über Erziehungsfragen, Ernährung usw.) 72 %
8/9 Vermittlung von Kinderbetreuung (z.B. während der Kindergartenferien oder bei Erkrankung) 66 %
8/9 Gesprächskreise zu bestimmten Themen 66 %
10 Aufklärung über Ziele, Sinn und Zweck der Elternarbeit 63 %
11/12 Familiengottesdienste 61 %
11/12 Informationen über Hilfsangebote für Familien mit verhaltensauffälligen Kindern, Eheproblemen usw. 61 %
13 besondere Angebote für Allein erziehende 58 %
14 Möglichkeiten für Eltern, auch einmal einen Tag in der Kindergruppe verbringen zu dürfen 57 %
15 Spiel- und Bastelrunden für Eltern und Kinder 56 %
16 Elternabende für alle Eltern der Kindergartenkinder 55 %
17 Gruppenelternabende 52 %
18 Informationen über rechtliche Ansprüche 47 %
19 Freizeitangebote für Familien (z.B. Wandern) 42 %
20 Anregung von Nachbarschaftshilfe 41 %
21 Möglichkeiten zum zwanglosen Zusammensitzen mit anderen Eltern zur Bring-/Abholzeit 32 %
22/23 besondere Angebote für Väter (mit Kindern) 30 %
22/23 Eltern-/Müttergruppen, Elternstammtische 30 %
24 Familienfreizeiten am Wochenende 16 %
25 Beratung bei Ehe- und Familienproblemen 9 %
26 Hausbesuche bei Eltern durch die Erzieher 4 %

Und was ist mit den Bedürfnissen der Erzieherinnen? Auch die Fachkräfte haben Erwartungen an Eltern und Wünsche hinsichtlich der Zusammenarbeit mit ihnen. Sie bevorzugen bestimmte Formen der Elternarbeit, während sie anderen skeptisch oder auch ängstlich gegenüber stehen. Außerdem wollen sie im Zusammenhang mit ihren Angeboten in erster Linie positive, befriedigende Erfahrungen machen.

Somit ist es wichtig, dass sich Erzieherinnen der eigenen Bedürfnisse bewusst werden und über ihre Erwartungen an Eltern nachdenken. Das Team ist der geeignete Ort, um diesbezügliche Gedanken zusammenzutragen und zu diskutieren. Möglichst sollte im Team ein gemeinsamer Standpunkt gefunden werden, der auch die Rahmenbedingungen berücksichtigt. Dieser kann dann den Eltern (und dem Träger) gegenüber vertreten werden.

Erst in einem "Aushandlungsprozess", in dem die Bedürfnisse, Erwartungen, Wünsche und Beschränkungen von Eltern und Erzieherinnen geäußert werden, kann zu einer kunden- und mitarbeiterorientierten Elternarbeit gefunden werden. Es ist offensichtlich, dass es hier zu Kompromissen kommen wird. Zwei wichtige Prinzipien sind somit: "Wir können es nicht allen gerecht machen!" (sich nicht selbst überfordern) und "Wir müssen lernen, mit unerfüllten Wünschen und Erwartungen zu leben!" (weniger negative Konsequenzen für Berufszufriedenheit und Selbstwertgefühl).

Erneut wird deutlich, wie wichtig der Dialog zwischen Erzieherinnen und Eltern im Rahmen der Erziehungspartnerschaft ist: Beide Seiten müssen frei ihre Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse äußern können, sodass darüber gesprochen werden kann und der vorgenannte Aushandlungsprozess möglich wird. Dabei ist aber auch immer das Wohl der Kinder zu berücksichtigen - letztlich geht es bei der Erziehungspartnerschaft immer um das Kind. Die Elternarbeit darf nicht zum Selbstzweck werden, die nur der Befriedigung der Bedürfnisse von Erwachsenen dient.

4 Zieldimensionen zeitgemäßer Elternarbeit

Die "neue" Elternarbeit - die gegenüber der klassischen Elternarbeit viel mehr als einige Elternabende (mit Referenten) sowie Tür- und Angelgespräche umfasst - ist ein sehr komplexes Tätigkeitsfeld geworden. Dies wird deutlich, wenn man sich die verschiedenen Zieldimensionen verdeutlicht:

Öffnung/Transparenz von Kindertageseinrichtung und Familie:

  • Gewinnung von Kenntnissen über das Verhalten des jeweiligen Kindes in der Familie und in der Kindertagesstätte
  • Kennenlernen der jeweils anderen kindlichen Lebenswelt ("Familie" oder "Kindertagesstätte")
  • Verdeutlichung der pädagogischen Arbeit im Kindergarten; aber auch konzeptionelle Veränderungen, z.B. hin zum Situationsansatz, verlangen mehr Transparenz der Kindergartenarbeit, damit dieser Ansatz auch von den Eltern mitgetragen werden kann (mangelndes Wissen der Eltern kann zu Konflikten und Missverständnissen führen, da die Zielsetzungen scheinbar auseinanderlaufen: Vordergründig scheinen z.B. das Arbeiten nach dem Situationsansatz und die Hinführung zur Schulreife einen gewissen Widerspruch zu beinhalten)
  • Eltern sowie Fach- und Hilfskräfte lernen voneinander, werden zur Reflexion eigener Vorstellungen und Erfahrungen (bezüglich Erziehung, des Verhaltens des jeweiligen Kindes usw.) angeregt und entwickeln mehr Verständnis füreinander

Abstimmung von privater und öffentlicher Erziehung:

  • wechselseitiger Austausch über Erziehungsziele, -stile und -probleme
  • Verbesserung kindlicher Entwicklungsbedingungen in Kindertagesstätte und Familie durch wechselseitige Abstimmung von Erziehungszielen und -stilen sowie durch Kooperation im Einzelfall

Elternbildung zur Verbesserung der Familienerziehung:

  • Information über die kindliche Entwicklung, ein positiv wirkendes Erziehungsverhalten, altersgemäße Beschäftigungsmöglichkeiten und Förderangebote
  • Kennenlernen altersentsprechender Spiele, Bücher und Aktivitäten durch Einbeziehung in den Kindergartenalltag
  • Veränderung des Freizeitverhaltens der Familienmitglieder (z.B. Mediennutzung), Förderung von Selbsttätigkeit und Kreativität
  • Lernen am Modell der Erzieherin (z.B. durch Beobachtung ihres Umgangs mit Kindern oder durch Information über ihr Verhalten bei problematischen Verhaltensweisen von Kindern)
  • Abbau von Erziehungsunsicherheit (im jeweiligen Teilbereich)
  • Reflexion der Vaterrolle, Einbindung von Vätern in die Kindertagesstätten- und Erziehungsarbeit, Intensivierung der Vater-Kind-Beziehung
  • Verdeutlichung von Erziehungsfehlern (allgemein und im Einzelfall)

Mitarbeit von Eltern:

  • Gewinnung der Mitarbeit von Eltern im Kindergartenalltag, bei besonderen Aktivitäten, bei Projekten und Veranstaltungen sowie deren Planung
  • Eltern erschließen die Ressourcen der Gemeinde, der Arbeitswelt usw.
  • Entlastung der Fach- und Hilfskräfte
  • Eltern als Vertretungen bei Abwesenheit/Krankheit von Fachkräften
  • Kinder machen neue Erfahrungen (z.B. durch Einführung in die Erwachsenenwelt, Spielen mit anderen Eltern usw.)
  • Kinder kommen in engeren Kontakt mit anderen Erwachsenen
  • Eltern als "Botschafter" des Kindergartens in der Öffentlichkeit

Mitbestimmung der Eltern:

  • Beteiligung der Eltern an der Konzepterstellung
  • Mitwirkung bei der Jahres- bzw. Rahmenplanung
  • Mitbestimmung der Eltern bei Festen und besonderen Aktivitäten
  • Einbindung des Kindergartenbeirats
  • Eltern als Interessenvertreter von Kindern und Kindergärten gegenüber dem Träger und in der Öffentlichkeit
  • Eltern als Verbündete bei der Verbesserung von Rahmenbedingungen

Beratung bei Erziehungsschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten:

  • Reflexion des Verhaltens des jeweiligen Kindes, Abklärung der Ursachen von Problemen und Suche nach geeigneten Lösungsmöglichkeiten
  • Abstimmung erzieherischer Maßnahmen gegenüber dem jeweiligen Kind
  • Beratung bei allgemeinen Familienproblemen und gestörten Familienstrukturen (in sehr begrenztem Rahmen)

Vermittlung von Hilfsangeboten:

  • Vermittlung der Hilfsangebote von Erziehungsberatungsstellen, Frühförderstellen und anderen Einrichtungen bei Erziehungsschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten
  • Beratung und Motivation zur Nutzung der Hilfsangebote von Beratungsstellen, psychosozialen Diensten, Behörden und Selbsthilfegruppen bei Familienproblemen
  • Prävention von Störungen der kindlichen Entwicklung durch rechtzeitige Vermittlung relevanter Hilfsangebote bei Familienproblemen und pathogenen Familienstrukturen

Förderung von Kontakten zwischen Familien sowie von Selbsthilfe:

  • Ermöglichung des Gesprächs- und Erfahrungsaustausches zwischen Eltern
  • Förderung freundschaftlicher Beziehungen und gemeinsamer Aktivitäten
  • Kinder erleben andere Mütter und Väter, gewinnen neue Vorbilder und Geschlechtsrollenleitbilder (z.B. sehr wichtig für Kinder aus Teilfamilien)
  • Initiierung von gegenseitiger Unterstützung (Nachbarschafts-/Familienselbsthilfe); Unterstützung beim Aufbau sozialer Netze
  • Integration sozial benachteiligter Familien, von Aussiedler- und Ausländerfamilien, von Randgruppen und Problemfamilien
Offensichtlich ist, dass diese Ziele in erster Linie über das Gespräch erreicht werden können. Dies darf allerdings nicht dem Zufall überlassen werden, sondern eine hohe Qualität des Gesprächs muss sichergestellt werden. Dazu werden in Kapitel 13 der Broschüre Anregungen gegeben.

Nicht alle Ziele der Elternarbeit können auch nur annähernd erreicht oder gar zur Zufriedenheit aller erfüllt werden (z.B. Problematik der Familienergänzung bei Vielzahl der Familienformen, widersprüchliche Elternerwartungen, mangelnde Zeit der Eltern, fehlendes Interesse). Eine Schwerpunktsetzung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Eltern und Erzieherinnen sowie der örtlichen Gegebenheiten ist durchaus anzustreben.

5 Formen der Elternarbeit - eine Übersicht

Wie Tabelle 3 verdeutlicht, gibt es eine Vielzahl von Formen der Elternmitarbeit. Allerdings sollten Erzieherinnen nicht möglichst viele verschiedene Angebote machen (Gefahr sinkender Teilnehmerzahlen und einer Verschlechterung der Qualität der Angebote), sondern sich auf einige Formen beschränken, die den eigenen Bedürfnissen und denjenigen der Familien entsprechen - qualitative Verbesserungen sind wichtiger als eine quantitative Ausweitung.

Jeder Kindergarten muss seine eigene Elternarbeit entwickeln, die sich an den örtlichen Gegebenheiten, dem Team, den Eltern und Kindern und deren Lebenswirklichkeit orientiert.

Das Einlassen auf neue Formen der Elternarbeit bedeutet also nicht, dass den Eltern viel mehr geboten werden müsse. Es geht um die Suche nach Aktivitäten, die für Familien und Erzieherinnen interessant und befriedigend sind, durch die möglichst viele der vorgenannten Ziele erreicht werden können. Dies kann nur durch Experimentieren herausgefunden werden: Warum soll nicht einmal ein Markttag zu Erntedank, ein Kartoffelfeuer, ein Zirkusfest, eine Wanderung mit Picknick, eine Maibaumfeier oder eine Vernissage mit Kinderbildern das traditionelle Sommerfest ersetzen? Weshalb sollen nicht einmal Eltern im Gruppenraum kochen, mit den Kindern Nistkästen bauen, im Garten einen Teich anlegen oder Gemüsebeete bepflanzen? Warum kann nicht einmal eine Mutter mit ihrem Säugling einen Vormittag in der Gruppe verbringen, sodass die Kinder beim Wickeln und Füttern zuschauen oder assistieren können? Kann nicht ein Elternstammtisch oder eine Elterngruppe zu einem bestimmten Thema von den Eltern selbst organisiert werden? Kann nicht ein schwarzes Brett mit Informationen über Babysitterdienste, psychosoziale Einrichtungen oder zu verschenkende Kinderkleidung Eltern Entlastungsmöglichkeiten erschließen? Hier sind der Kreativität und Phantasie von Erzieherinnen und Eltern keine (oder nur "zeitliche") Grenzen gesetzt.

Tabelle 3: Formen der Elternarbeit

Nr. Kategorie Formen der Elternarbeit
1 Angebote vor Aufnahme des Kindes

erster Kontakt zu Eltern

Anmeldegespräch

Vorbesuche in der Gruppe

regelmäßige Besuchsnachmittage

Einführungselternabend

Elterncafé zu Beginn des Kindergartenjahres

Hausbesuche oder Telefonanrufe vor Beginn des Kindergartenjahres

2 Angebote unter Beteiligung von Eltern und Erzieherinnen

Elternabende

Gruppenelternabende

Elterngruppen (mit/ohne Kinderbetreuung)

themenspezifische Gesprächskreise

Treffpunkt für Alleinerziehende

Vätergruppe

Treffpunkt für Aussiedler/Ausländer

Gartenarbeit

Kochen für Kinder

Spielplatzgestaltung

Renovieren/Reparieren

Büroarbeit, Buchhaltung

Elternbefragung

3 Angebote unter Beteiligung von Familien und Erzieherinnen

Feste und Feiern

Bazare, Märkte, Verkauf von Second-Hand-Kleidung

Freizeitangebote für Familien (z.B. Wanderungen, Ausflüge)

Bastelnachmittage

Spielnachmittage

Kurse (z.B. Töpfern)

Familiengottesdienste

Vater-Kind-Gruppe/-angebote

Familienfreizeiten

4 Eltern als Miterzieher

Mitwirkung von Eltern bei Gruppenaktivitäten, Beschäftigungen und Spielen

Begleitung der Gruppe bei Außenkontakten

Einbeziehung in die Entwicklung von Jahres- und Rahmenplänen, die Planung von Veranstaltungen und besonderen Aktivitäten, die Gestaltung von Spielecken usw.

Kindergartenprojekte unter Einbeziehung der Eltern (z.B. Besuche am Arbeitsplatz, Vorführung besonderer Fertigkeiten)

Kurse für Kinder oder Teilgruppen (z.B. Sprachunterricht, Schwimmkurs, Töpferkurs)

Einspringen von Eltern bei Abwesenheit von Fachkräften (z.B. wegen Erkrankung, Fortbildung)

5 Angebote nur für Eltern

Elternstammtisch

Elternsitzecke (auch im Garten)

Elterncafé

Treffpunktmöglichkeiten am Abend oder am Wochenende

Elterngruppe/-arbeitskreis (allgemein, themen-/aktivitätenorientiert, Hobbygruppe)

Väter-/Müttergruppen

Angebote von Eltern für Eltern

Elternselbsthilfe (z.B. wechselseitige Kinderbetreuung)

6 Einzelkontakte

Tür- und Angelgespräche

Termingespräche

Telefonkontakte (regelmäßig oder nur bei Bedarf)

Mitgabe/Übersendung von Notizen über besondere Ereignisse

Tagebücher für jedes einzelne Kind

Beratungsgespräche (mit Mutter, Eltern, Familie; unter Einbeziehung von Dritten), Vermittlung von Hilfsangeboten

Hospitation

Hausbesuche

7 informative Angebote

schriftliche Konzeption des Kindergartens

Elternbriefe/-zeitschrift

schwarzes Brett

Rahmenplanaushang

Tagesberichte

Fotowand

Buch- und Spieleausstellung

Ausleihmöglichkeit (Spiele, Bücher, Artikel, Musikkassetten)

Beratungsführer für Eltern

Auslegen von Informationsbroschüren

8 Elternvertretung

Einbeziehung in die Konzeptionsentwicklung

Besprechung der Ziele und Methoden der Kindergartenarbeit

Einbindung in Organisation und Verwaltungsaufgaben

gemeinsames Erstellen der Jahres- und Rahmenpläne

Einbeziehung in die Planung, Vorbereitung und Gestaltung besonderer Aktivitäten und Veranstaltungen

9 kommunalpolitisches Engagement

Eltern als Fürsprecher des Kindergartens

Eltern als Interessensvertreter für Kinder

Zusammenarbeit mit Elternvereinigungen, Initiativgruppen, Verbänden und Einrichtungen der Familienselbsthilfe

An dieser Stelle soll nur die ganze Vielfalt von Formen der Elternarbeit verdeutlicht werden. In der pädagogischen Praxis wurden alle diese Formen erprobt, zum Teil allerdings nur an ganz wenigen Kindergärten. Dies sollte zum Experimentieren motivieren - vielleicht entspricht gerade eine der unbekannteren Formen den individuellen Bedürfnissen der Erzieherinnen und Familien vor Ort!

Viele der genannten Formen der Elternarbeit ermöglichen eine Elternmitarbeit und -mitbestimmung. Wenn Eltern den Kindergarten als eine Einrichtung erleben, die den Dialog sucht, ihre Kompetenzen anerkennt, ihre Lebenserfahrung schätzt und ihre Unterstützung wünscht, sind sie erfahrungsgemäß zu einer Mitarbeit bereit. Die in Tabelle 4 dargestellten Ergebnisse unserer Umfrage verdeutlichen, dass die befragten 269 Eltern durchaus bereit waren, sich in die Kindergarten- und in die Elternarbeit einzubringen, jedoch je nach Aktivität in höchst unterschiedlichem Maße. Aber auch hier ist es wichtig, dass Erzieherinnen auf die Eltern zugehen und um ihre Mitarbeit bitten - selbst motivierte Eltern benötigen manchmal einen "Anstoß".

Wollen Erzieherinnen auf die Mitarbeit von Eltern im Rahmen von Aktivitäten mit Kindern oder anderen Eltern zurückgreifen, so sollten sie diese frühestmöglich in die Planung einbinden. Elternmitwirkung bedeutet nicht, dass den Eltern nur undankbare Aufgaben wie das Bieranzapfen beim Sommerfest oder das Basteln für den Basar übertragen werden. Vielmehr geht es um Mit-Verantworten, Mit-Planen, Mit-Entscheiden und Mit-Arbeiten, benötigen Eltern "echte" Gelegenheiten zum Mit-Gestalten. Wenn sich ein Team hierzu entschließt, muss es sich auf einen längeren Entwicklungsprozess mit den Eltern einlassen. Und nach den ersten Anlaufschwierigkeiten wird deutlich werden, dass Erzieherinnen durch das gemeinsame Tragen von Verantwortung und die Zusammenarbeit mit Eltern durchaus entlastet werden.

Tabelle 4: Bereitschaft von Eltern, sich an Angeboten für Eltern und Familien aktiv zu beteiligen

Rang Frage: Wären Sie bereit, sich an Angeboten für Eltern und Familien aktiv zu beteiligen? Würden Sie z.B. Zustimmung
1/2 an der Gestaltung von Festen (z.B. Raumgestaltung, Basteln von Kulissen usw.) mitwirken? 63 %
1/2 an der Vorbereitung eines Basars mitwirken? 63 %
3 über Ihre Erfahrungen nach der Einschulung Ihres Kindes bei einem Elternabend berichten? 42 %
4 ein "Familienkasterl" betreuen, aus dem Eltern Kinderbücher und Spiele entleihen können? 34 %
5/6 bei der Gestaltung von Familiengottesdiensten mitwirken? 31 %
5/6 an Elternbriefen/der Kindergartenzeitung mitarbeiten? 31 %
7/8 eine Aktivität (z.B. Basteln, Töpfern, Brotbacken, Malen) für ein Elterntreffen vorbereiten? 28 %
7/8 eine Informationswand für Eltern gestalten? 28 %
9 eine Wanderung am Wochenende organisieren? 27 %
10 einen Kurzvortrag für eine Elternveranstaltung zu einem Ihnen wichtigen Thema vorbereiten? 20 %
11 einen Elternstammtisch organisieren? 14 %
12 einen Arbeitskreis von Eltern organisieren und leiten, die sich z.B. mit Fragen des Umweltschutzes oder der Dritten Welt beschäftigen wollen? 13 %
13 eine Patenschaft für die Familie eines neu in den Kindergarten aufgenommenen Kindes übernehmen? 12 %
14/15 eine Gruppe von Eltern organisieren und leiten, die gemeinsam malen, nähen, kochen oder basteln wollen? 11 %
14/15 eine Eltern-Kind-Gruppe für Mütter mit Kindern unter drei Jahren leiten? 11 %
16 eine Veranstaltung für Eltern organisieren? (z.B. Auswahl des Referenten, Begrüßung, Gesprächsleitung) 10 %
17/18 eine Elterngruppe (z.B. von Hausfrauen, von Alleinerziehenden, von Vätern) leiten? 9 %
17/18 eine Spielgruppe für Eltern (insbesondere Väter) und Kinder an Samstagen organisieren? 9 %

6 Planung der Elternarbeit

Die Elternmitarbeit soll sich harmonisch in das pädagogische Konzept des Kindergartens einfügen. Dies bedeutet, dass jeder Kindergarten seine eigene, der Situation der Einrichtung und des Umfeldes entsprechende Form der Zusammenarbeit mit den Eltern entwickeln muss. Es genügt dabei nicht, viele unterschiedliche Möglichkeiten einer Zusammenarbeit anzubieten. Hinter den einzelnen Aktivitäten muss ein "roter Faden" erkennbar sein, der den einzelnen Aktivitäten einen Sinnzusammenhang gibt. Die Planung der Elternarbeit sollte aber dennoch als "offene Planung" verstanden werden, die Raum und Möglichkeiten zu spontanen, situationsorientierten Aktivitäten, Begegnungen, Gesprächen und Veranstaltungen lässt.

Die Vorteile einer Planung sind:

  • Durch gezielte Planung kann ein Zu viel oder Zu wenig an Elternarbeit verhindert werden.
  • Planung macht die Elternarbeit für alle überschaubar und Grenzen sichtbar.
  • Durch Planung können Veranstaltungen, die am eigentlichen Ziel vorbeigehen, vermieden werden.
  • Planung schützt Eltern und Erzieherinnen vor Überforderung und Frustration.

Wie kann nun Elternarbeit effektiv geplant werden?

Während die eigentliche Planung für das gesamte Kindergartenjahr erst einige Wochen nach den Sommerferien stattfinden sollte, ist es zweckmäßig, den Kindergartenbeginn schon am Ende des alten Kindergartenjahres zu planen. Dabei sollte die voraussichtliche Situation im Herbst Berücksichtigung finden:

  • Kommen im Herbst viele neue Kinder und deren Eltern auf uns zu?
  • Was verändert sich im Team?
  • Was ist unser vorrangiges Ziel in den ersten Wochen?

Anregungen für die erste Zeit im Kindergarten finden Sie im nächsten Kapitel.

Die Planung der Elternarbeit sollte vom Gesamtteam übernommen werden, damit jedes Mitglied seine Vorstellungen einbringen kann und dann auch das Arbeitsergebnis mitträgt. Der Planungsvorschlag des Teams kann dann Grundlage für weitere Planungsgespräche mit dem Träger, den Eltern (z.B. bei einem Gruppenelternabend) und/oder dem Kindergartenbeirat werden. Die Einbeziehung der Eltern in die Planung ist bereits Teil einer aktiven Zusammenarbeit mit den Eltern. Bei welchem der folgenden Planungsschritte allerdings die Eltern einbezogen werden sollen, muss jedes Team selbst entscheiden, da dies wiederum von der konkreten Situation des jeweiligen Kindergartens abhängig ist.

Grundlagen der Planung

Grundlegend für die Planung der Elternarbeit sollte eine Analyse der Situation und des Bedarfs vor Ort sein, wie sie auch für die Entwicklung und Fortschreibung einer Konzeption notwendig ist. Sowohl die Alltagsrealität der Einrichtung als auch die Situation der Familien am Ort sind die Basis der weiteren Planungsschritte.

Bei der konkreten Planung helfen die folgenden Fragen:

  1. Wo stehen wir?

    (Situations- und Bedarfsanalyse)

  2. Wo wollen wir hin?

    (Zielbestimmung, einschließlich Begründung der Ziele)

  3. Welche Wege gibt es dorthin?

    (Ideensammlung zu Formen der Elternarbeit)

  4. Welche Formen und Methoden wählen wir aus?

    (Festlegung unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen)

  5. Wann und wie setzen wir die ausgewählten Formen um?

    (Jahresplanung, kurzfristige Planung, Durchführung)

  6. Sind wir auf dem richtigen Weg?

(Zielkontrolle)

zu 1. Wo stehen wir?

Unter dieser Fragestellung werden die für die Zusammenarbeit mit den Eltern relevanten Fakten, Daten und Bedürfnisse erarbeitet und bewusst gemacht. Dabei spielen sowohl die momentane Situation des Teams und des Trägers als auch die Realität der Familien vor Ort eine Rolle.

  • Familien: Bedürfnisse der Familien, Familienformen und -strukturen, Berufe, Erwerbstätigkeit der Frauen, Freizeitverhalten, Wohnsituation, Verkehrsanbindung...
  • Team: Situation und Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen, Zusammenarbeit im Team, zeitlicher Rahmen...
  • Träger: Wünsche des Trägers, Kooperation zwischen Team und Träger

zu 2. Wo wollen wir hin?

Auf der Grundlage der unter Punkt 1 gesammelten Informationen können dann die Ziele der Elternarbeit geklärt werden. Um lange Zieldiskussionen zu vermeiden und um dennoch die Meinung aller Mitarbeiterinnen (und auch die der Eltern) in die Zielfindung einbeziehen zu können, empfiehlt sich ein methodisches Vorgehen. Folgendes Verfahren hat sich hierbei bewährt:

Jede Mitarbeiterin erhält drei Kärtchen. Auf das erste Kärtchen schreibt sie ein bis drei Ziele (je nach Größe des Teams und Ausführlichkeit der Planung), die ihr in der Zusammenarbeit mit den Eltern, bezogen auf den gesamten Kindergarten, am wichtigsten sind. Auf das zweite bzw. dritte Kärtchen werden in der gleichen Weise Ziele für die Zusammenarbeit mit den Eltern in der Gruppe und für die Zusammenarbeit mit einzelnen Eltern notiert. Die Karten werden in drei Stapeln eingesammelt und von der Gesprächsleitung unter die entsprechenden Rubriken an ein Plakat bzw. eine Wandtafel geklebt. Dabei ergeben sich meist einige Zielschwerpunkte, die dann noch ergänzt, bewertet, begründet und diskutiert werden.

zu 3. Welche Wege gibt es?

Der nächste Schritt in der Planung der Elternarbeit ist die Frage nach den Methoden, die geeignet sind, die gewonnenen Erkenntnisse aus der Situations- und Bedarfsanalyse und der Zieldiskussion umzusetzen. Dieser Planungsschritt kann in Form eines Blitzlichts erfolgen oder in der gleichen Weise wie oben angegangen werden, indem die Ideen auf Kärtchen geschrieben werden. Spätestens jetzt sollten auch die Eltern ihre Wünsche und Vorstellungen sowie konkrete Ideen zur Zusammenarbeit mit dem Kindergarten einbringen, wobei die genannten Arbeitsmethoden wieder hilfreich sein können.

zu 4. Welche Formen und Methoden wählen wir aus?

Auf dem konzeptionellen Hintergrund der Einrichtung und konkret der Elternarbeit kann die Auswahl der Formen und Methoden erfolgen. Hier sind Experimentierfreude und Kreativität von Eltern und Erzieherinnen gefragt. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl sollte sein, dass Angebote für den gesamten Kindergarten, die Gruppe und einzelne Eltern Berücksichtigung finden.

Auch die eine oder andere tradierte Veranstaltung bzw. Gewohnheit sollte auf diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden. Erfahrungsgemäß sind gerade traditionelle Feste wie St. Martin, Muttertagsfeiern und Sommerfeste reformbedürftig: Müssen alljährlich noch kompliziertere Martinslaternen gebastelt werden? Bringt möglicherweise die liebevoll geplante Muttertags- oder Vatertagsfeier für die Familien mehr Probleme als Freuden? Ist es notwendig, in die Reihe der Dorf-, Stadtteil-, Vereins- und Straßenfeste auch noch ein Kindergarten-Sommerfest einzureihen? Gibt es Möglichkeiten der Kooperation?

zu 5. Wann und wie setzen wir die ausgewählten Formen um?

Da nicht nur das Zeitbudget der Erzieherinnen, sondern auch das der Eltern beschränkt ist (Textor 1994), sollte eine Ballung von Aktivitäten vermieden werden. Besonders die Vorweihnachtszeit und das Ende des Kindergartenjahres werden leicht mit Veranstaltungen überfrachtet.

Die konkrete Jahresplanung orientiert sich an den gesammelten Vorschlägen. Kriterien wie Arbeitsaufwand, Übereinstimmung mit den sonstigen Zielen, erwartete Wirkung und die Erkenntnisse aus der Situations- und Bedarfsanalyse sollten zugrunde gelegt werden. Bei der Jahresplanung ist ferner zu berücksichtigen, dass neben Veranstaltungen und Aktionen das gezielte Elterngespräch mit in die zeitliche Planung integriert wird, denn diese wichtige Form der Zusammenarbeit darf auf keinen Fall hinten anstehen.

Im Jahresverlauf gibt es allerdings Zeiten, zu denen die Elternarbeit mehr Engagement fordert, wie z.B. die erste Zeit im Kindergarten. Kindergärten, die bisher nur die traditionellen Formen der Elternarbeit angeboten haben, werden mehr Zeit in die Elternarbeit investieren müssen. Dabei ist zu fragen, welche Möglichkeiten der Zeitersparnis es für die Mitarbeiterinnen gibt. Die Überprüfung des Tagesablaufs, Entlastungsmöglichkeiten bei Verwaltungstätigkeiten, weniger zeitaufwendiges Basteln und Dekorieren sowie die Delegation von Aufgaben sollen hier nur als Beispiele genannt werden.

zu 6. Sind wir auf dem richtigen Weg?

Eine Überprüfung, ob die Elternarbeit den Bedürfnissen der Eltern, Erzieherinnen und Kindern entspricht, ist jederzeit möglich. Der in Anhang 1 abgedruckte Reflexionsbogen zur Elternarbeit kann hier hilfreich sein.

Wie oben bereits erwähnt, soll die Zusammenarbeit mit den Eltern nicht zu einer Belastung für beide Seiten werden. Gezielte Planung und Auswahl der Methoden kann Eltern und Mitarbeiterinnen vor Aktionismus schützen. Der gezielt ausgewählte Zeitpunkt der Veranstaltung und Formen der Elternarbeit, die sich in den Kindergartenalltag einbeziehen lassen, verhindern eine zeitliche Überbelastung.

7 Elternarbeit im Jahresverlauf

Wir alle wissen, wie stark der erste Eindruck eine Beziehung beeinflusst. Auch in der Beziehung zwischen Kindergarten und Familie ist diese Anfangszeit besonders prägend. Ausführliche Aufnahmegespräche und Termingespräche zu Beginn des ersten Kindergartenjahres bilden deshalb eine gute Basis für die gesamte Kindergartenzeit. Sie lassen einen kontinuierlichen Dialog zwischen Eltern und Erzieherinnen entstehen, der auch eventuell später auftretende Konflikt- und Problemgespräche erleichtert.

Ob das Aufnahmegespräch von der Kindergartenleiterin oder der künftigen Gruppenleiterin geführt wird, muss im Team diskutiert und entschieden werden. Wichtig ist jedoch, dass genügend Zeit zum Gesprächsaustausch über die Familiensituation und die Entwicklung des Kindes sowie über die pädagogische Arbeit der Einrichtung, über Ängste, Wünsche und Erwartungen zur Verfügung steht.

Im Team ist auch zu klären, ob zusätzlich ein Einführungsabend für die Eltern der künftigen Kindergartenkinder angeboten werden soll, bei dem die praktische Arbeit der Einrichtung vorgestellt wird, auf Ängste der Eltern eingegangen werden kann und deren Fragen beantwortet werden. Einen Einblick in den Kindergartenalltag vermitteln ferner Schnuppertage oder Besuchsnachmittage.

Da die Eingewöhnungsphase mit der (ersten längeren) Trennung von Mutter und Kind besonders belastend ist, können Erzieherinnen den Eltern die Anwesenheit in der Gruppe ermöglichen. Um den Kontakt zwischen "alten" und "neuen" Eltern in den ersten zwei, drei Wochen des Kindergartenjahres oder in der Woche vor der Beiratswahl zu fördern, kann ein Elterncafé (oder Stehcafé) eingerichtet werden. Zur Bring- oder Abholzeit (örtliche Gegebenheiten berücksichtigen!) werden Kaffee oder Tee gereicht. Der Kindergartenbeirat und/oder engagierte Eltern übernehmen die Organisation und stehen als Gesprächspartner zur Verfügung.

Sind dann zwei bis drei Wochen vergangen und haben die Eltern der "neuen" Kindergartenkinder auf ihre Frage "Was habt Ihr denn heute gemacht?" immer wieder die Antwort "Nix!" erhalten, ist es an der Zeit für einen (Gruppen-) Elternabend. Anhand von Dias oder Videoaufnahmen können die Eltern über den Tagesablauf und die dahinter stehenden pädagogischen Überlegungen informiert werden und ihre Kinder in der Gruppe erleben. Außerdem können gegenseitige Erwartungen und Wünsche erfragt werden.

Darüber hinaus sollten den Eltern der Neulinge Termingespräche angeboten werden, die dem Gesprächsaustausch über den Verlauf der Eingewöhnungsphase und die (soziale) Entwicklung des Kindes in der Gruppe dienen. Zugleich kann darüber gesprochen werden, was sich in der Familie durch den Kindergartenbeginn verändert hat. Solche Gespräche sind in der Regel für Eltern und Erzieherinnen eine positive Erfahrung. Auch verdeutlichen sie, dass Fachkräfte nicht nur bei Problemen und Konflikten Elterngespräche führen.

Gemeinsame Aktivitäten mit den Familien der "alten" und "neuen" Kinder wie Ausflüge und Wanderungen, aber z.B. auch Drachensteigen, Herbstmarkt oder Kartoffelfest, fördern die Kontaktaufnahme und Kommunikation der Eltern miteinander. Die Erzieherinnen lernen die ganze Familie kennen und können interessante Beobachtungen über die Familienverhältnisse und das erzieherische Verhalten der Eltern sammeln. Zugleich sind informelle Gespräche möglich.

Der Aufnahme- und der Eingewöhnungszeit kommt also eine sehr große Bedeutung zu. In dieser Phase sind die "neuen" Eltern offener für die Wünsche und Erwartungen der Erzieherinnen, können ihre Vorstellungen und Handlungsbereitschaften in Richtung auf Erziehungspartnerschaft und Elternmitarbeit geprägt werden. Es lohnt sich also, in diesem Zeitraum mehr Zeit und Kraft in die Elternarbeit zu investieren und auf diese Weise eine solide Basis für die gesamte Kindergartenzeit zu schaffen.

Haben sich alte und neue Eltern durch die genannten Aktivitäten kennen gelernt, ist es Zeit für die Wahl des Kindergartenbeirats. Damit möglichst viele Eltern zu dieser Veranstaltung kommen, sollte die Wahl mit einem attraktiveren Angebot verknüpft werden, z.B. mit einer Ausstellung von Bilderbüchern und Kassetten, eventuell in Verbindung mit einem Gespräch über Medienerziehung. Auch könnte ein Stehempfang mit leiser Hintergrundmusik folgen, bei dem Dias mit Szenen aus dem Kindergartenalltag kommentarlos gezeigt werden.

Wenn die Eltern eingeladen werden, für den St. Martin-Umzug Laternen für ihre Kinder zu basteln, werden fast alle zu dem Bastelabend/-nachmittag kommen. Bei dieser Gelegenheit können die Erzieherinnen informelle Gespräche über die Kinder führen und Fragen der Eltern beantworten. Auch können Martinslieder eingeübt werden, die beim Umzug von den Eltern vorgesungen werden.

Beim Laternenbasteln kann auch die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Planung der Adventsfeier angeregt werden. Es spricht nichts dagegen, diese Veranstaltung von den Eltern gestalten zu lassen - mit Krippenspiel, Liedern, Kerzenreigen, selbst gebackenen Plätzchen usw.

Zu Beginn des neuen Jahres ist dann ein Elternabend zum Thema "Schulreife" sinnvoll. Erzieherinnen und Lehrer/innen können ihn gemeinsam gestalten. Erstere sprechen über die schulvorbereitende Arbeit des Kindergartens, Letztere über den Schulbeginn und darüber, wie Eltern ihren Kindern den Übergang erleichtern können. Dabei sollte von beiden Seiten deutlich gemacht werden, dass bei Kleinkindern schulisches Lernen weder in Kindergarten noch im Elternhaus Platz hat.

In den folgenden Wochen können dann Einzelgespräche zur Schulreife mit den Eltern der Kinder geführt werden, die sich im letzten Kindergartenjahr befinden. Hier gilt es, deren Entwicklung (-sstand) anhand genauer Beobachtungen zu reflektieren und Wege zu suchen, wie eventuell noch bestehende Defizite ausgeglichen werden können.

In den folgenden Monaten sind Angebote der Elternarbeit weniger festgelegt. Je nach Interesse und Bedarf können Eltern-Kind-Aktivitäten, thematische (Gruppen-) Elternabende, Hospitationen u. Ä. erfolgen (vgl. Tabelle 3). Außerdem können sich Erzieherinnen intensiver besonderen Gruppen von Eltern widmen, wie beispielsweise Ausländern, Aussiedlern oder Alleinerziehenden. Nun sind die meisten neuen Eltern integriert, sodass auch intensivere Aktivitäten wie Gesprächskreise oder Projekte durchgeführt werden können. Ferner kann sich die Einrichtung zur erweiterten Familie hin öffnen und z.B. die Großeltern in den Kindergartenalltag einbeziehen.

Gegen Ende des Kindergartenjahres findet zumeist ein Sommerfest statt - wobei in dieser Zeit der Dorf-, Stadt- und Vereinsfeste durchaus überlegenswert ist, ob immer ein Kindergartenfest sinnvoll ist (z.B. kann sich die Einrichtung an anderen Festen beteiligen oder Feiern zu anderen Anlässen durchführen). Wird das Sommerfest durch eine Arbeitsgemeinschaft von Eltern und Erzieherinnen vorbereitet, werden erstere von Anfang an eingebunden und Letztere entlastet. Dann ist es auch wahrscheinlicher, dass das Fest nicht zu einer "Leistungsschau des Kindergartens" wird, sondern zu einer Feier der und für die Kinder. So können die Eltern Spiele und Wettbewerbe für Kinder-Erwachsene-Teams, Theater- oder Marionettenvorführungen, Tänze u. Ä. vorbereiten.

In den letzten Tagen des Kindergartenjahres kann noch ein Abschiedsfest für die (und nur für die) Schulanfänger durchgeführt werden. Zusammen mit deren Eltern findet ein gemeinsames Abendessen statt. Es werden Dias aus der Zeit der Kinder im Kindergarten angeschaut und von diesen kommentiert. Zum Schluss werden die Kinder von den Eltern und Erzieherinnen aus dem Kindergarten "hinausgeschaukelt".

8 Tipps für Elternabende

Elternabende als eine klassische Form der Elternarbeit sind im Laufe des Kindergartenjahres weiterhin von Bedeutung. Allerdings finden Vortragselternabende mit einem Referenten, die der Elternbildung dienen sollen, immer weniger Interesse. Diese Veranstaltungen gehen häufig an den Bedürfnissen der Eltern vorbei und lassen ihrem Wunsch nach Austausch zu wenig Raum. Unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen ist es also angebracht, Elternabende durchzuführen?

Der Elternabend soll sich an den Bedürfnissen der Eltern ausrichten und ihnen die Möglichkeit eröffnen, aus der Perspektive der Erzieherin oder einer anderen Fachfrau bzw. eines Fachmannes etwas über das Kind und/oder den Kindergarten zu erfahren. Zugleich soll ihnen Gelegenheit gegeben werden, sich mit anderen Eltern über das jeweilige Thema auszutauschen.

Bei der konkreten Erarbeitung eines Elternabends können die in Kapitel 6 aufgeführten Planungsfragen helfen, Klarheit hinsichtlich der Auswahl des Themas und der Methoden zu finden. So muss zunächst die örtliche Situation berücksichtigt werden: Beispielsweise ist in größeren Kindergärten (ab drei Gruppen) ein Gruppenelternabend häufig einem Gesamtelternabend vorzuziehen, da eine zu große Veranstaltung wenig Möglichkeit zum Gespräch bietet. Eventuell ist aber auch nach einem gemeinsamen Veranstaltungsteil die Bildung von Klein- bzw. Gesprächsgruppen sinnvoll. Außerdem muss die Situation im Team Berücksichtigung finden: Ist z.B. eine jüngere Kollegin dabei, die vom Team noch Unterstützung und Tipps benötigt?

Anregungen für die Planung und Gestaltung von Elternabenden

  • Themen, die sich an den Interessen der Eltern orientieren und sie persönlich ansprechen, sind anderen Themen vorzuziehen. Allzu theoretische Formulierungen sind zu vermeiden.
  • Es ist zu berücksichtigen, ob das Thema für alle Kindergarteneltern oder eher für einen Gruppenelternabend geeignet ist.
  • Die Einladung zum Elternabend kann möglicherweise mit Hilfe der Kinder gestaltet werden. Der zeitliche Rahmen der Veranstaltung sollte überschaubar sein und aus der Einladung hervorgehen. Unter Umständen kann sich an den "offiziellen Teil" ein "gemütliches Beisammensein" anschließen.
  • Durch eine (schriftliche) Befragung der Eltern kann der für sie günstigste Zeitpunkt für Elternabende herausgefunden werden. Sollten die Eltern zu Abendveranstaltungen nur schlecht zu motivieren sein, kann der Elternabend versuchsweise zur Abholzeit angesetzt werden, was auch der Situation von berufstätigen Eltern entgegenkommt (Kinderbetreuung anbieten!).
  • Überschneidungen mit anderen örtlichen Terminen oder beliebten Fernsehsendungen bringen die Eltern in Entscheidungskonflikte und sollten deshalb vermieden werden.
  • Eine einladende, gemütliche Atmosphäre des Raumes ist für die Veranstaltung förderlich; von aufwendigen Dekorationen ist jedoch abzuraten. Vielleicht kann der Raum gemeinsam mit den Kindern für die Gäste gestaltet werden. Große Stühle und ein Getränk werden von den Eltern sicherlich begrüßt.
  • Auch das eigene Auftreten prägt die Atmosphäre des Elternabends. Vorbereitungen in letzter Minute erzeugen Stress und verhindern eine positive Ausstrahlung. Die Einhaltung von Regeln der Höflichkeit wirkt sich vorteilhaft auf die Stimmung aus (z.B. Eltern mit Handschlag begrüßen, ihnen einen Platz anbieten).
  • Falls die Veranstaltung von einem Referenten gehalten wird, sind in einem Vorgespräch Inhalte und Methoden abzuklären. Der Referent sollte nicht als Redner, sondern als Ansprechpartner für die Eltern fungieren.
  • Wird die Veranstaltung von den Mitarbeiterinnen selbst durchgeführt, ist es von Vorteil, wenn deren Fähigkeiten berücksichtigt werden (z.B. Singen, Spielen von Instrumenten, besondere Qualifikationen, Erzählen von Geschichten, Tanz).
  • Videofilme, Dias und Kassettenaufnahmen aus dem Kindergartenalltag lockern nicht nur auf, sondern unterstützen häufig das gesprochene Wort und motivieren zum Gespräch. Gerade Erzieherinnen, die bei der Durchführung von Elternabenden noch unsicher sind, erleben den Einsatz von Medien als Erleichterung.
  • Zur Einleitung, zur Überleitung und zur Unterstützung der eigenen Aussagen eignen sich Zitate, Ausschnitte aus (Bilder-)Büchern, Gedichte oder meditative Gedanken.
  • Die Arbeit in Kleingruppen ermöglicht es den Eltern, selbst aktiv zu werden. In Kleingruppen kommt das Gespräch schneller und leichter in Gang.

Die Durchführung von Elternabenden soll nun an zwei Beispielen verdeutlicht werden:

Ein Gruppenelternabend

Dem nachfolgend beschriebenen Elternabend ging bereits ein Gruppenelternabend voraus, bei dem die Eltern anhand von Dias über den Tagesablauf in der Gruppe informiert wurden. Dabei wurde ihnen auch die situationsorientierte Arbeitsweise der Einrichtung näher gebracht. Nun wollen die Fachkräfte den Bereich der Kreativitätserziehung vorstellen, da ein Malatelier und ein größerer Werkbereich im Kindergarten eingerichtet werden sollen.

Das Thema des Abends lautet: "Basteln, werken, malen - Kreativitätserziehung im Kindergarten". Nach einer kurzen Begrüßung lädt die Erzieherin die Eltern zu einem kleinen Experiment ein: Eine Teilgruppe der Eltern verlässt mit der Erzieherin den Raum und wird nach einer kurzen Einführung zum Ausschneiden von Vögeln anhand einer Schablone angeregt. Es soll daraus ein Mobile entstehen. Stifte, Buntpapier und Glitzer stehen zum Ausschmücken zur Verfügung. Die zweite Teilgruppe erhält eine ähnliche Aufgabe: Hier soll ein fliegendes Phantasietier entstehen. Neben vielerlei "wertlosem" Material stehen Farben, Federn, unterschiedliche Papiere, Stoff, Wolle usw. zur Verfügung. Bei leiser Hintergrundmusik machen sich beide Gruppen an die Arbeit... Nach etwa 20 Minuten treffen sich die Eltern mit ihren "Werken" wieder und tauschen ihre Erfahrungen aus. Welche Gruppe war wohl kreativer?

Kindergartenbeiratswahl - einmal in einem anderen Rahmen

In einem Kindergarten planen die Erzieherinnen zusammen mit dem Elternbeirat, die Neuwahl des Kindergartenbeirates mit einem Familienerntedankfest zu verbinden. Die Veranstaltung soll an einem Freitagnachmittag stattfinden.

Am Vormittag dieses Festtages bereiten Erzieherinnen, Kinder und einige Eltern das Fest vor. Eine Gruppe schmückt die Kirche, andere kochen, dekorieren und bereiten leckere Sachen für das Fest zu (z.B. Müsli, Gemüsesuppe, Obstsalat). Eine Mutter nimmt einige Kinder mit zu sich nach Hause, um dort Brot zu backen.

Nachmittags versammeln sich alle Kinder, die Eltern und das Team zu einer Erntedankandacht in der Pfarrkirche. Anschließend treffen sich alle im Kindergarten zum gemütlichen Teil (Stärkung am Erntedankbüfett). Nach dem Schmaus werden die Eltern zur Neuwahl des Kindergartenbeirates geladen, die vom Träger und dem amtierenden Beiratsvorsitzenden geleitet wird (Jahresrückblick zur Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergarten; Bekanntgabe der Richtlinien zur Neuwahl). Die Betreuung der Kinder während dieser Zeit übernehmen einige Mitarbeiterinnen. Während der Stimmenauszählung haben die Eltern noch Gelegenheit, Fragen zum Kindergartenalltag zu klären; dabei sind einige Dias hilfreich. Ein "Gemüsetheater", das ein Elternpaar für die Kinder vorbereitet hat, beendet die Veranstaltung.

9 Elterngruppen und Elterngesprächskreise

Im Gegensatz zu Elternabenden handelt es sich bei Elterngruppen und Gesprächskreisen um ein mittel- oder langfristig angelegtes Angebot: Eltern treffen sich regelmäßig, um einander besser kennen zu lernen, Gedanken, Erlebnisse und Erfahrungen auszutauschen, Erziehungsfragen und andere interessante Themen zu diskutieren oder bestimmte Aktivitäten durchzuführen. Elterngruppen und Gesprächskreise können in ganz unterschiedlichen Formen erfolgen, die für Erzieherinnen mit mehr oder weniger Arbeit verbunden sind:

  • Elternstammtisch: Aufgrund der Initiative einzelner Eltern oder des Kindergartenbeirats treffen sich Eltern regelmäßig abends zu einem eher geselligen Beisammensein. Zumeist findet der Stammtisch in einer Wirtschaft statt. Die Erzieherinnen werden in der Regel eingeladen; es ist ihnen freigestellt, ob sie (in ihrer Freizeit) dazukommen wollen oder nicht.
  • selbstorganisierte Elterngruppen und Gesprächskreise: Auch diese Angebote werden von den Eltern selbst oder vom Kindergartenbeirat organisiert und gestaltet. Sie können die Form einer lockeren Gesprächsrunde ("Elterntreff", "Elterncafé", "Elternfrühstück"), einer gemeinsamen Beschäftigung (Nähkurs, Elternsportgruppe, Kochkurs, Volkstanzgruppe), einer Eltern-Kind-Gruppe (mit jüngeren Geschwistern der Kindergartenkinder) oder eines thematisch festgelegten und dann zumeist zeitlich begrenzten Gesprächskreises ("Mutterrolle heute", "Wie erziehe ich mein Kind?", "Vereinbarkeit von Familie und Beruf") annehmen. Im letztgenannten Fall laden die Eltern auch gelegentlich Spezialisten als Referenten ein. Die Erzieherinnen werden durch diese Veranstaltungen nicht belastet; sie können in der Regel als "Gäste" hinzukommen.
  • von Erzieherinnen organisierte Elterngruppen und Gesprächskreise: In diesen Fällen geht die Initiative von den Fachkräften aus - sie laden die Eltern ein. Dabei werden sie zumeist Themen oder Aktivitäten mit einem engen Zusammenhang zur Kindergartenarbeit wählen ("Unser Kind kommt in die Schule", "Religiöse Erziehung in Familie und Kindergarten", "Basteln für den Basar"). Das bedeutet aber nicht, dass sie auch immer die Leitung der Gruppe übernehmen: Dies kann z.B. ein Referent (oftmals über ein Erwachsenenbildungswerk vermittelt und von diesem bezuschusst), der Pfarrer oder die Pastoralassistentin bzw. ein Erziehungsberater (insbesondere bei der Thematisierung von Erziehungs- und Familienproblemen) sein. Manchmal wird die Leitung gemeinsam von der Erzieherin und einer anderen Person (z.B. Lehrerin, Kindergartenmutter) übernommen. Es gilt hier wie bei Elternabenden mit externen Referenten, dass die Erzieherinnen die Co- bzw. Gruppenleiter kennen und den Gesprächskreis mit ihnen gemeinsam vorbereiten sollten, damit sie später keine "bösen Überraschungen" erleben.
  • zielgruppenspezifische Gesprächskreise: Diese Angebote richten sich nur an einen genau bestimmten Teil der Elternschaft, also z.B. an Ausländer- oder Aussiedlerfamilien bzw. an Alleinerziehende. Auf diese Weise sollen Eltern erreicht werden, die andere Veranstaltungen im Rahmen der Elternarbeit (z.B. aufgrund fehlender Deutschkenntnisse) nicht besuchen oder die einer besonderen Unterstützung bedürfen. Auf solche Angebote wird im folgenden Kapitel gesondert eingegangen.

Schließlich lassen sich Elterngruppen und Gesprächskreise noch danach unterscheiden, ob parallel eine Kinderbetreuung stattfindet oder nicht. Ist dies der Fall, kann in der Regel von höheren Teilnehmerzahlen ausgegangen werden. Manche Teilgruppen wie z.B. Alleinerziehende können auch nur erreicht werden, wenn die Betreuung ihrer Kinder sichergestellt ist.

Insbesondere wenn die Erzieherinnen selbst Elterngruppen oder Gesprächskreise gründen wollen, ist es wichtig, im Team u.a. folgende Fragen zu klären:

  • Welche Ziele wollen wir erreichen?
  • Welche Eltern wollen wir ansprechen?
  • Soll es eine offene oder eine geschlossene Gruppe, eine Gruppe auf Zeit oder auf Dauer, eine Gruppe mit oder ohne Kinderbetreuung sein?
  • Wer soll die Leitung und Organisation übernehmen?
  • Was ist die beste Zeit für die Gruppentreffen? (bei Kinderbetreuung bietet sich ein Beginn während der sonst üblichen Abholzeit an)
  • An welchem Ort kann sich die Gruppe treffen? (z.B. ein Raum im Gemeindezentrum)
  • Wie muss dieser Ort noch ausgestaltet werden? (z.B. Herbeischaffen größerer Stühle, eines Tageslichtprojektors oder eine Pinnwand)
  • Wie wollen wir für die Gruppe werben? (das persönliche Ansprechen ist zumeist Erfolg versprechender als das bloße Aufhängen eines Plakats)

Für den Umgang miteinander während der Treffen von Elterngruppen und -gesprächskreisen haben sich folgende sieben Regeln bewährt:

1. Hier kann jede/r offen über seine Gedanken und Gefühle sprechen.

2. Persönliche Dinge bleiben unter uns.

3. Es redet immer nur eine/r zur gleichen Zeit.

4. Wir hören den anderen ruhig zu.

5. Wir reden von uns, nicht über andere.

6. Wer sich gestört oder unbehaglich fühlt, sagt es gleich.

7. Wir machen dem oder der anderen keine Vorwürfe.

10 Arbeit mit besonderen Gruppen von Eltern

Die Vielzahl heutiger Familienwirklichkeiten fordert von Erzieherinnen die Bereitschaft, sich mit der jeweiligen, sehr individuellen Situation der Kindergartenfamilien auseinander zu setzen. Es gilt, die Bedürfnisse und Interessen der Eltern zu erfassen und entsprechende Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln. All zu leicht werden sonst die Lebenslagen und Wünsche vor allem von besonderen Gruppen wie ausländischen oder Aussiedlerfamilien, sozial benachteiligten Familien oder Alleinerziehenden übersehen. Gerade diese Gruppen werden oft auch mit Vorurteilen belegt: So wird z.B. fälschlicher Weise die geringe Teilnahme solcher Eltern an Aktivitäten des Kindergartens als Desinteresse eingestuft. Doch verhalten sich diese Familien oftmals aus Erfahrungen des Zurückgestoßenseins heraus eher abweisend und leben zurückgezogen.

Deshalb ist es notwendig, dass vonseiten des Kindergartens langfristig ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wird. Es erweist sich als besonders wichtig, nicht bei den Defiziten dieser Familien anzusetzen, sondern nach ihren Fähigkeiten zu schauen und ihnen zu helfen, ein Gefühl der Sicherheit als Basis für die Kommunikation mit anderen Eltern und den Mitarbeiterinnen des Kindergartens zu entwickeln. Hier ist das Einzelgespräch mit der Erzieherin - sofern dies sprachliche Barrieren nicht verhindern - von besonderer Bedeutung, da auf solche Weise am besten das Vertrauen der Eltern gewonnen werden kann. Daneben sollen die folgenden Anregungen Wege aufzeigen, wie diese Familien stärker in den Kindergarten integriert werden können und wie eventuell über den Kindergarten Hilfen vermittelt und Kontakte aufgebaut werden können.

Bei Ausländern, aber auch bei Aussiedlerfamilien, kann neben sprachlichen Barrieren die uns fremde Kultur des Herkunftslandes zu Verständigungsschwierigkeiten führen. Es ist daher notwendig, im Kindergarten ein Klima aufzubauen, das dem Kind und seinen Eltern vermittelt, dass sie angenommen werden, dass Interesse an ihnen und ihrer Herkunft besteht. Gerade die Einbeziehung der Eltern in den Kindergartenalltag bietet hier vielerlei Möglichkeiten wie beispielsweise: Eltern studieren mit der Kindergruppe einen ausländischen Tanz ein, kochen mit oder für die Kinder eine Spezialität aus ihrem Herkunftsland oder singen ein fremdsprachiges Kinderlied vor. Auch die Instrumente aus anderen Ländern üben auf Kinder eine große Faszination aus. Bilder aus der Heimat der einen Kinder sind die Urlaubsfotos der anderen. Ein polnischer Abzählvers, ein griechisches Gedicht oder ein türkisches, französisches oder russisches Märchen werden von den Kindern begeistert aufgenommen. Auch kann es beim traditionellen Sommerfest anstatt der üblichen Würstchen Kebap, Pizza und Suflaki geben, können Spiele aus aller Welt eingesetzt werden. Durch derartige Aktionen lassen sich nicht die Probleme der Eingliederung lösen, aber sie können durchaus zu mehr Verständnis und einer besseren Verständigung führen.

Trotz der erwähnten Schwierigkeiten sollte nach Möglichkeit das Gespräch mit allen Eltern gesucht werden, wobei die in Kapitel 13 beschriebenen Regeln beachtet werden sollten. Vor allem bei schwierigen Familiensituationen gilt es, bei Termin- sowie bei Tür- und Angelgesprächen positive Kommunikationserfahrungen zu ermöglichen. Der kontinuierliche Kontakt zwischen Erzieherin und Eltern ist gerade bei Kindern aus unterprivilegierten Schichten sehr wichtig, denn es kann nicht darum gehen, die Erziehungsvorstellungen des Kindergartens überzustülpen, sodass das Kind aus seinem gewohnten sozialen Umfeld "herausgefördert" wird. Vielmehr ist hier der fortlaufende Austausch und das Einbeziehen der Eltern in den Kindergartenalltag notwendig, denn: "Je intensiver die Eltern für eine Mitwirkung gewonnen werden können, desto stabiler sind die Fortschritte der Kinder" (Nordt/ Piefel 1987).

Zielgruppenspezifische Gesprächskreise oder Treffs ermöglichen es, zu einem bestimmten Teil der Eltern Kontakt aufzunehmen. In diesen Gruppen können durch spezielle thematische Angebote, aber auch durch gemeinsame Unternehmungen Kontakte aufgebaut und Hilfen vermittelt werden. Solche Angebote, die von den Eltern selbst organisiert und durchgeführt werden können, müssen die besondere Situation und die Bedürfnisse der jeweiligen Elterngruppe aufgreifen. Diese können in einer Gruppe von "Gleichgesinnten" über Erfahrungen und Probleme reden und so eventuell aus der eigenen Isolation heraustreten. Außerdem können beispielsweise zu den Treffen einer Gruppe von Alleinerziehenden verschiedene Fachleute eingeladen werden wie z.B. die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt bzw. des Kreises oder ein Psychologe, der zur Trennungsproblematik befragt werden kann. Bei derartigen Gesprächskreisen sollte die Kinderbetreuung sichergestellt werden.

Ein Elterntreff für eine spezielle Gruppe von Eltern bietet die Möglichkeit, das Selbstwertgefühl dieser Eltern allmählich zu stabilisieren und sie dann in andere Angebote des Kindergartens zu integrieren. Bei der Jahresplanung der Elternarbeit ist daher unbedingt auf ein breit gefächertes Angebot zu achten. Oftmals werden die ausländischen Eltern, Aussiedler, Alleinerziehenden oder unterprivilegierten Familien nämlich eher zu Familienwanderungen, Eltern-Kind-Nachmittagen, Bastelangeboten, einem Gartenprojekt für Eltern und Kinder sowie gemeinsamen Festen und Feiern kommen als zu einem Elternabend. Durch die Vielfalt der Angebote, kontinuierliche Elterngespräche und das Einbeziehen in den Kindergartenalltag ist es somit möglich, den vielfältigen Familienwirklichkeiten entgegenzukommen, sodass niemand ausgegrenzt wird.

11 Einbindung von Eltern in die Kindergartenarbeit

Sowohl die "Binnen"-Öffnung des Kindergartens als auch die Öffnung zum Wohnumfeld hin, wie sie der Situationsansatz fordert, machen die Einbeziehung von Eltern in den Kindergartenalltag als eine Form der Elternmitarbeit immer nötiger und zugleich eher möglich (siehe auch Kapitel 12). Unter welchen Umständen lassen sich nun Eltern in den Kindergartenalltag einbeziehen? Welche Konsequenzen und Möglichkeiten ergeben sich daraus für den pädagogischen Alltag?

Zunächst ist es sicherlich notwendig, die Eltern zur Mithilfe aufzufordern. Es ist daher von Vorteil, wenn die Erzieherin über Berufe, Hobbys und besondere Fähigkeiten von Eltern gut informiert ist, sodass sie einzelne Eltern gezielt ansprechen kann (siehe auch Kapitel 10). Beispielsweise kann ein Vater, der von Beruf Masseur ist, durchaus seine beruflichen Fertigkeiten in die Kindergruppe einbringen. Er zeigt den Kindern einige Massagegriffe, leitet sie bei einer Partnermassage an und führt sie hin zu einer entspannten Körperhaltung und Atmung. Zu einer Mutter dürfen die Kinder in die Arztpraxis kommen, ein anderer Vater lädt die Gruppe zur Besichtigung seiner Bäckerei ein, eine weitere Mutter ist bereit, ihr Baby in der Gruppe zu baden, zu wickeln und zu füttern. Den fachgerechten Umgang mit den Werkzeugen an der Werkbank zeigt der Großvater eines Kindergartenkindes, der früher als Schreiner gearbeitet hat.

Um die Eltern zur Mitarbeit zu motivieren, kann auch die Kindergruppe an sie herantreten. Dies kann beispielsweise so geschehen: An der Tür des Gruppenraumes hängt eine von den Kindern gefertigte Collage, die einen Wald zeigt. Darunter steht geschrieben: "Wir beschäftigen uns zurzeit mit dem Wald. Wer kann uns zu diesem Thema Bücher, Bilder und andere Materialien mitbringen? Da wir demnächst mit der Gruppe eine Walderkundung machen wollen, würden wir uns auch über 'fachkundige' Begleitpersonen freuen". Dieses Beispiel zeigt wie die vorgenannten, dass durch die Unterstützung der Eltern sachorientiertes Lernen und realitätsnahe Erfahrungen für die Kinder möglich werden.

Auch die Auseinandersetzung mit einem Thema bei einem Elternabend kann zur Aktivierung der Eltern führen. So hat beispielsweise in einer Einrichtung die Beschäftigung mit dem Thema Ernährung dazu beigetragen, dass einige Mütter einmal pro Monat ein Frühstücksbuffet für die Kinder herrichten.

Besonders interessant für Eltern, Kinder und das Team sind gemeinsame Projekte, die sich am Kindergartenalltag orientieren. Hier ist bereits die Einbeziehung der Eltern in die Planung sehr wichtig. Die gemeinsame Umgestaltung von Spielbereichen in den Gruppenräumen und im Gang oder die gemeinsame kindorientierte Garten(um)gestaltung seien als Beispiele genannt. Projekte unter Beteiligung der Eltern können auch die Erkundung der Gemeinde, das Leben in der Vergangenheit, Besuche in Museen, Theatern, Redaktionen oder Druckereien u. Ä. umfassen. Eine Vielzahl von Beispielen findet sich in dem Buch "Projektarbeit im Kindergarten: Planung, Durchführung, Nachbereitung" (Textor 2013).

Eltern können auch am Kindergartenalltag teilhaben, ohne dass dies mit "großen" Aktionen verbunden ist. So treffen sich z.B. die Eltern einer Gruppe alle sechs Wochen, um gegen Ende der Öffnungszeit gemeinsam mit den Kindern die Lieder, Fingerspiele oder Reime aus den vergangenen Wochen zu lernen.

Die Beispiele ließen sich noch weiter fortsetzen. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass diese Form der Elternmitarbeit nicht nur den Kindergartenalltag bereichert, sondern auch die Kooperation zwischen Eltern und Kindergarten begünstigt und sich auf die Berufszufriedenheit der Erzieherinnen auswirkt.

12 Elternmitbestimmung

Eine Anzahl von Kindergärten orientiert sich heute am Situationsansatz. Jedoch fällt auf, dass dieser oftmals in einer verkürzten Form umgesetzt wird - z.B. was die Beteiligung von Eltern betrifft: Der Situationsansatz in seiner klassischen Form, wie er z.B. von Professor Jürgen Zimmer und den Mitarbeiter/innen des Deutschen Jugendinstituts (München) entwickelt wurde und weiterhin vertreten wird, sieht die Einbindung der Eltern bei der Bestimmung pädagogisch relevanter Situationen und von den Kindern benötigter Kompetenzen vor. Die Eltern werden hier als "Sachverständige" für die Lebenswelt und die Entwicklung ihrer Kinder gesehen. Darüber hinaus sollen Eltern und Erzieherinnen in einen Dialog über die Ziele und Werte der Erziehung sowie über Inhalte und Methoden eintreten.

Es ist offensichtlich, dass die korrekte Umsetzung des Situationsansatzes höchste Anforderungen an die Kooperation von Erzieherinnen und Eltern stellt - nicht nur bei der Konzeptionserstellung, sondern auch bei der Rahmen- und Wochenplanung. Nur im ständigen Dialog können die Lebenswirklichkeit von Kindern, Schlüsselsituationen und relevante gesellschaftliche Tendenzen erfasst und hinsichtlich ihrer Bedeutung und Konsequenzen für die Kindergartenarbeit reflektiert werden. Gemeinsam müssen die bei den Kindern bereits vorhandenen und die noch zu erwerbenden Fähigkeiten ermittelt sowie die entsprechenden Tätigkeiten und Aktivitäten geplant und durchgeführt werden.

Der Situationsansatz hat von Anfang an die Bedeutung der Erforschung der natürlichen und der von Menschen gestalteten Umwelt des Kindergartens (z.B. Wald und Flur, Ortsteil mit Geschäften und kulturellen Einrichtungen) betont. Solche "Exkursionen" sind in der Regel nur bei Einbindung von Eltern möglich. Dasselbe gilt für die vom Situationsansatz betonte Projektarbeit. Das bereits erwähnte Buch "Projektarbeit im Kindergarten: Planung, Durchführung, Nachbereitung" (Textor 2013) zeigt an vielen Praxisbeispielen, wie bildend und entwicklungsfördernd Projekte sind und wie Eltern einbezogen werden können. Aktive Eltern bringen neue Fähigkeiten und Fertigkeiten ein, was zur Erweiterung des Spektrums der Kindergartenarbeit führt.

Mitarbeits- und Mitbestimmungsmöglichkeiten können den Eltern natürlich auch bei der Orientierung an anderen pädagogischen Ansätzen als dem Situationsansatz eingeräumt werden. Gerade in von Elterninitiativen getragenen Kindergärten, aber z.B. auch in Waldorfkindergärten, werden mit Elternmitarbeit positive Erfahrungen gemacht (Gerzer-Sass/ Pettinger 1993). In Einrichtungen des "Netzes für Kinder" wird in den Gruppen sogar eine ständige Mitarbeit von Eltern realisiert (Becker-Textor 1995). Auch der Modellversuch "Orte für Kinder" zeigte, wie hilfreich die Einbindung von Eltern in den Alltag der Kindertageseinrichtung und die Öffnung nach außen sind (Deutsches Jugendinstitut 1995).

Eltern, die in der Einrichtung mitarbeiten oder sogar mitbestimmen können, werden "automatisch" zu Fürsprechern des Kindergartens. Sie werden die Belange der Kindertagesstätte gegenüber Träger, Kommune und Politik vertreten. Zugleich werden sie stärker für die Bedürfnisse von Kleinkindern sensibilisiert und werden sich somit für eine kinderfreundlichere Gesellschaft einsetzen.

13 Gesprächsführung mit Eltern

Der Kontakt zwischen Eltern und Fachkräften ist oft auf beiden Seiten von großer Unsicherheit geprägt. Erzieherinnen fühlen sich im Hinblick auf Elternarbeit mangelhaft ausgebildet. Ungenügende Kenntnisse und Erfahrungen in der Gesprächsführung verunsichern sie vor allem bei Problemgesprächen und führen häufig zu einer Abwehrhaltung gegenüber solchen Besprechungen. Aber auch viele Eltern haben Angst, eine Erzieherin anzusprechen und um ein Termingespräch zu bitten. Diese Broschüre kann natürlich keine Fortbildung über Gesprächsführung mit Eltern ersetzen. So sollen nur einige Tipps bezüglich des Umgangs mit Eltern gegeben werden. Detaillierte Ausführungen befinden sich z.B. im "Handbuch der Gesprächsführung: Problem- und Konfliktlösung im Kindergarten" (Leupold 1995).

In Tür- und Angelgesprächen, durch die Mitwirkung von Eltern im Kindergartenalltag, durch Elternaktivitäten usw. kann eine tragfähige Grundlage für intensivere Gespräche gelegt werden. Finden Termingespräche häufiger statt - auch zu positiven Anlässen (z.B. zur Reflexion der Eingewöhnungszeit, als "Halbjahresgespräch" mit den Eltern aller Kinder) - und werden sie ebenfalls von den Erzieherinnen initiiert, sind sie weniger "angsterzeugend". Mit Eltern, die nicht in den Kindergarten kommen (z.B. weil sie weiter entfernt wohnen und nicht über ein Transportmittel verfügen), können alternativ längere Telefonate geführt werden. Auch können sie zu Hause besucht werden.

Bei allen Elternkontakten, insbesondere aber bei Termin- bzw. Problemgesprächen, sollten Erzieherinnen möglichst die folgenden Haltungen bzw. Verhaltensweisen zeigen, die zu einem positiven Gesprächsverlauf beitragen:

Komponente Verhalten der Erzieherin
Empathie aktives Zuhören: Die Erzieherin geht auf die Eltern ein und reflektiert deren Gedanken und Gefühle zurück. Sie stellt ihre eigenen Meinungen, Wertungen und Emotionen zurück. So fühlen sich die Eltern angenommen und verstanden, müssen sich nicht verteidigen, werden offener, zugänglicher und eher zu Kompromissen oder Verhaltensänderungen bereit.
Echtheit Offenheit: Die Erzieherin reagiert als Person, drückt ihre Gedanken und Gefühle spontan aus, übernimmt Verantwortung für ihre Bedürfnisse, Einstellungen und Emotionen. Sie wirkt dadurch auch als Verhaltensmodell für die Eltern.

Kongruenz: Bei den Aussagen der Erzieherin stimmen verbale Botschaft, Gesichtsausdruck und Körperhaltung bzw. die gezeigten Gefühle überein. Sie drückt sich klar und deutlich aus.

Ich-Botschaften: Die Erzieherin macht Aussagen über ihr eigenes Erleben und Verhalten in der jeweiligen Situation bzw. gegenüber dem (Problem-)Kind oder den Eltern. So ist es weniger wahrscheinlich, dass sich z.B. die Eltern angegriffen fühlen oder den Eindruck bekommen, ihr Kind oder ihre Familie würden abgelehnt. Ihnen stehen damit mehr Reaktionsmöglichkeiten offen.

Respekt Wertschätzung und Wärme: Die Erzieherin zeigt Interesse an den Eltern, deren Gedanken, Gefühle und Probleme. Sie achtet und akzeptiert sie, zeigt positive Gefühle ihnen gegenüber.

Trennung zwischen Person und Verhalten: Die Erzieherin macht deutlich, dass sie das jeweilige Kind und die Eltern als Person annimmt, also nur einzelne Verhaltensweisen problematisiert.

Vertrauen in Selbsthilfe: Die Erzieherin macht deutlich, dass sie die Eltern für fähig hält, z.B. ihr Verhalten zu ändern oder ein Problem zu lösen. Sie belässt die Verantwortung hierfür bei den Eltern, nimmt sie diesen also nicht ab.

Trotz aller Bemühungen der Erzieherinnen wird es immer Eltern geben, die schwierig zu erreichen sind, die sich ablehnend, feindselig oder besserwisserisch verhalten, die Ratschläge nicht annehmen oder Angst vor der Einrichtung haben und diese deshalb nicht betreten. Tabelle 5 enthält einige Vorschläge, wie Erzieherinnen mit solchen Eltern umgehen können.

Tabelle 5: Zum Umgang mit besonderen Verhaltensweisen von Eltern

Boutte und Kollegen (1992) unterscheiden verschiedene Untergruppen von Eltern und machen Vorschläge, wie man ihnen am besten begegnet:

1. Feindselige und negativ eingestellte Eltern: Auf sie sollten Fachkräfte besonders sachlich reagieren und ihre Aussagen mit konkreten Beispielen belegen können. Sie sollten sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, also auf Wutausbrüche, Schimpfworte und extrem negative Kritik nicht mit Gegenattacken reagieren. Vielmehr ist es sinnvoll, den Zweck des Gesprächs in die Erinnerung zurückzurufen und zu betonen, dass beide Seiten versuchen sollten, das Beste für das jeweilige Kind zu tun. Eine korrekte, selbstsichere und freundliche Grundhaltung ist empfehlenswert.

2. "Alleswisser": Auch in diesem Fall ist eine gute Gesprächsvorbereitung wichtig. Die Fachkräfte sollten geduldig zuhören und versuchen, relevante Aussagen über das Kind und die Familie oder nützliche Tipps herauszufiltern. Wenig sinnvoll ist es, sich auf längere "fachliche" Streitgespräche einzulassen oder in Verteidigungshaltung zu gehen. Vielmehr sollte immer wieder auf den Zweck des Gesprächs hingewiesen werden. Diese Eltern können auch durchaus in die Gruppe eingeladen und gebeten werden, ihre besonderen Vorstellungen in die Praxis umzusetzen.

3. Eltern, die nur schwer zufrieden zu stellen sind und sich oft beklagen: Hier sind viel Geduld und die Bereitschaft vonnöten, zutreffende Kritikpunkte von überzogenen oder unbegründeten zu unterscheiden und anzunehmen. Die Fachkräfte sollten genau zuhören und nicht sofort in eine Verteidigungsstellung gehen, aber auch nicht die überkritische Haltung durch Zustimmung oder Entschuldigungen verstärken. Vielmehr sollten sie Fakten unkommentiert herausstellen, "echte" Probleme zusammen mit den Eltern lösen und gute Vorschläge umzusetzen versuchen.

4. Eltern, die keine Ratschläge annehmen und für alles Entschuldigungen haben: Hier ist es wenig Erfolg versprechend, mit den Eltern zu argumentieren und ihre negativistische Grundhaltung zu bekämpfen. Vielmehr ist eine optimistische Einstellung sinnvoll: Negative Vorhersagen können als überwindbare Probleme dargestellt und vergangene Erfolge beschrieben werden. Auch sollten die Eltern zu bestimmten Handlungen motiviert und nach deren Ausübung gelobt werden.

5. Schüchterne, stille, zurückhaltende Eltern: Diese müssen besonders zur Teilnahme an Elternveranstaltungen motiviert werden. Bei Gesprächen ist es wichtig, viele Fragen zu stellen, die ausführlich beantwortet werden müssen. Dabei muss den Eltern genügend Zeit zum Suchen einer Antwort gelassen und eventuell nachgefragt werden. Auch sollte viel von Rückmeldungen, positiver Verstärkung und dem Herausstellen von Stärken der Eltern Gebrauch gemacht werden. Oft kostet es viel Zeit und Mühe, bis die Eltern in "durchschnittlichem" Ausmaß an Elternveranstaltungen teilnehmen.

6. "Wenig intelligente" Eltern: Sie müssen sich wie alle anderen Eltern akzeptiert und angenommen fühlen. Oft benötigen sie eine besondere Einladung zu Veranstaltungen, müssen zur Teilnahme ermutigt werden. Selbst diese Eltern haben Stärken und Fähigkeiten, die in der Erziehung und im Rahmen der Elternarbeit genutzt und durch einfach formulierte Ratschläge oder Modelllernen erweitert werden können.

14 Elternberatung und Vermittlung

Wichtige Gespräche mit Eltern sollten nicht in Form von Tür- und Angel-Gesprächen erfolgen. So groß deren Bedeutung auch im Kindergartenalltag ist, es fehlen doch Grundvoraussetzungen für einen positiven Gesprächsverlauf, wie z.B. Ruhe, Konzentration und eine angenehme Atmosphäre. In solchen Fällen ist deshalb die Vereinbarung eines Besprechungstermins angezeigt.

Dies gilt erst recht, wenn es um Erziehungsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder Familienprobleme geht. Da Kindergärten häufig mit solchen Schwierigkeiten konfrontiert werden, dürfen sie sich nicht nur als familienergänzende, sondern müssen sich auch als familienunterstützende Jugendhilfeeinrichtungen verstehen. Die Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten liegen bei Kleinkindern zumeist und bei älteren Kindern häufig in der familiären Situation, lassen sich durchaus aber auch im Kindergarten finden. Ferner können Familienprobleme Kinder stark belasten. Den Kindern kann in der Regel nur geholfen werden, wenn das Personal die Zusammenarbeit mit den Eltern sucht, sie berät und geeignete Hilfsangebote vermittelt. Das setzt zum einen Beratungskompetenzen und zum anderen die Vernetzung der Kindertagesstätten mit anderen Jugendhilfeeinrichtungen und psychosozialen Diensten voraus.

Falls genügend Zeit vorhanden ist, sollten Termingespräche gründlich vorbereitet und eventuell im Team vorbesprochen werden. Dabei ist zu klären, weshalb das Gespräch notwendig geworden ist, wer an ihm teilnehmen soll, was mit ihm erreicht werden soll (Ziele als Orientierungslinien), mit welchen Schwierigkeiten und Widerständen zu rechnen ist und wie auf diese reagiert werden kann. Oft ist es nötig, noch weitere Beobachtungen über das Kind, sein Verhalten, seine Familienverhältnisse und das Umfeld des Kindergartens zu sammeln, Notizen zu sichten oder andere Fachkräfte zu konsultieren. Besonders schwierige oder angsterzeugende Gespräche können auch im Rollenspiel geübt werden.

Das Beratungsgespräch sollte in einer angenehmen Atmosphäre stattfinden. Die Erzieherin verhält sich wie eine Gastgeberin, begrüßt die Eltern (und das Kind), setzt sich beim Zweiergespräch über Eck oder wählt bei mehreren Gesprächspartnern eine kreisförmige Sitzordnung. Sie bringt das Thema ein und stellt sicher, dass im Verlauf des Gesprächs bei ihm geblieben wird. Die Erzieherin versucht, positive Aspekte zu betonen, also möglichst auf Vorwürfe und Kritik zu verzichten. Zusammen mit den Eltern reflektiert sie die jeweilige Situation bzw. das Problem, bleibt dabei sachlich und bemüht sich um Einsicht. Immer bedenkt sie, dass sie die Eltern nicht verändern kann - diese müssen das selbst wollen.

Bei Problemgesprächen gelten ebenfalls die im vorausgegangenen Kapitel beschriebenen Grundsätze der Gesprächsführung. Ansonsten bietet es sich an, folgende von Leupold (1995, S. 47-48) genannte Haltungen zu zeigen:

  • körperlich zugewandt sein
  • ruhige, aber nicht starre Körperhaltung
  • Blickkontakt
  • freundlicher Tonfall
  • unterstützende Gesten: 'Ah ja', 'Mhm', Zunicken, Zulächeln
  • Ruhe vermitteln, Zeit haben
  • in Pausen geschickt weiterhelfen
  • Fragen stellen, die Interesse zeigen
  • nicht unterbrechen
  • durch Rückfragen und Rückformulieren zum Ausdruck bringen, dass man sich um ein wirkliches Verständnis der Eltern bemüht
  • Anerkennung äußern, wenn Eltern von ihrem Bemühen und ihren Leistungen berichten
  • Mitgefühl und Verständnis äußern, wenn sie von Schwierigkeiten erzählen
  • Positives herausstellen, Negatives übergehen

Generell ist es sinnvoll, in Beratungsgesprächen analog zum Problemlösungsprozess vorzugehen, also folgenden Schritten zu folgen:

  1. Was ist das Problem?

    (genaue Definition der Verhaltensauffälligkeit, der Erziehungsschwierigkeit oder des Familienproblems; Eltern und Erzieherinnen müssen diese Definition akzeptieren)

  2. Wo liegen die Ursachen des Problems?

    (Bestimmung vorausgehender und nachfolgender Ereignisse und Verhaltensweisen, von Auslösern und Verstärkern; Suche nach problematischen Strukturen und Erziehungsfehlern in Kindergarten und Familie)

  3. Welches Ziel soll angestrebt werden?

    (Festlegung realistischer Ziele für den Problemlösungsprozess; Ziele möglichst positiv formulieren)

  4. Welche Lösungsmöglichkeiten sind denkbar?

    (Brainstorming; Beurteilung der Vor- und Nachteile sowie möglicher Umsetzungsschwierigkeiten)

  5. Welche Alternative ist die Beste?

    (Auswahl eines Lösungsweges; Planung der Umsetzung; Ermittlung benötigter Ressourcen und möglicher Widerstände - es sollte immer mit den Stärken der Eltern und Erzieherinnen gearbeitet werden!)

  6. Umsetzung der Alternative

    (Umsetzung der vereinbarten Lösungsstrategie in Familie und/oder Kindergarten; gegenseitige Unterstützung und Hilfestellung)

  7. Erfolgskontrolle

(auf die Überprüfung der Effektivität des Problemlösungsversuches sollte keinesfalls verzichtet werden - zum einen können alle Betroffene daraus nur lernen, zum anderen wirken bei einem Erfolg Lob und Anerkennung verstärkend)

Eventuell sind weitere Gespräche nötig, um Probleme bei der Umsetzung der Lösungsstrategie zu diskutieren, eine andere, Erfolg versprechendere Alternative auszusuchen oder neu aufgetretene Schwierigkeiten zu besprechen.

Erzieherinnen sollten ihre Grenzen erkennen und Eltern gegenüber aufzeigen: Sie sind keine professionellen Beraterinnen oder gar Therapeutinnen und haben auch nicht die Zeit, im Einzelfall mehrere längere Problemgespräche zu führen. Außerdem dürfen sie nicht an sich den Anspruch stellen, das Kind "retten" zu wollen oder aus "unfähigen" Eltern gute Erzieher machen zu können.

Wird also bei der Problemdefinition (Schritt 1) oder spätestens bei der Suche nach den Ursachen (Schritt 2) deutlich, dass die Erzieherinnen nicht weiterhelfen können, müssen sie entsprechende Hilfsangebote vermitteln und die Eltern zu deren Nutzung motivieren. Das setzt voraus, dass sie relevante Einrichtungen und Leistungen kennen, dass der Kindergarten mit Ämtern, Beratungsstellen und anderen psychosozialen Diensten vernetzt wird. Hilfreich sind z.B. Beratungsführer und Broschüren mit der Darstellung familienpolitischer Leistungen, die es entweder vor Ort oder bei Ministerien und anderen Institutionen erhältlich sind (Beratungsführer speziell für den Kindertagesstättenbereich könnten auch von mehreren Kindergärten einer Stadt oder eines Landkreises gemeinsam erstellt werden). Noch besser sind persönliche Kontakte - so ist es immer leichter, z.B. Eltern zum Besuch einer Erziehungsberatungsstelle zu bewegen, wenn die Erzieherin sagen kann: "Ich kenne dort Frau X persönlich. Sie ist eine sehr freundliche Person und hat schon oft geholfen. Sie arbeitet so: ...".

Wichtige Beratungsstellen und andere Einrichtungen, an die Familien weitervermittelt werden können, werden an anderer Stelle genannt (siehe "Hilfsangebote für Familien" und "Hilfsangebote für Kleinkinder und ihre Familien").

Hilfsangebote können auch indirekt vermittelt werden, indem z.B. entsprechende Hinweise am "schwarzen Brett" angebracht oder relevante Informationsmaterialien im Kindergarten ausgelegt werden. Eltern in besonderen Belastungssituationen können sich dann unbeobachtet informieren - ohne den Erzieherinnen gegenüber ihre Notlage eingestehen zu müssen.

Das ausliegende bzw. ausgehängte Informationsmaterial sollte immer aktuell sein. Wird es häufiger ergänzt (z.B. um Veranstaltungstermine, Zeitungsausschnitte usw.), bleibt der Neuigkeitswert erhalten. Die Eltern werden dann häufiger vor dem schwarzen Brett stehen bleiben oder die Broschüren sichten. Generell kann es hilfreich sein, wenn der Kindergarten Elternratgeber ausleiht (eventuell neben Kinderbüchern, Kassetten usw.) und Elternzeitschriften auslegt.

15 Schlusswort

Zum Abschluss sollen noch einige zentrale Gedanken aus dieser Broschüre schlagwortartig zusammengefasst werden:

  • Elternarbeit soll sich an der Situation und den Bedürfnissen der Familien vor Ort orientieren.
  • Elternarbeit muss auf der Grundlage des pädagogischen Konzepts der Einrichtung geplant werden. Es darf weder ein Zu viel noch ein Zu wenig geben; ein "roter Faden" sollte die Angebote miteinander verknüpfen.
  • Für eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern sind Grundhaltungen wie Offenheit, Geduld, Akzeptanz, Kontaktfreude, Toleranz, Vertrauen, Dialogbereitschaft usw. unverzichtbar.
  • Das Gespräch, der Dialog, ist die Grundvoraussetzung der Elternarbeit. Insbesondere für Termingespräche sollte bei der Planung der Elternarbeit genügend Zeit gelassen werden. Respekt, Empathie und Echtheit sind wichtige Haltungen, die zu einem positiven Gesprächsverlauf beitragen.
  • Traditionelle Veranstaltungen der Elternarbeit sollten überdacht und Möglichkeiten einer gemeinsamen Planung und Gestaltung neuer Angebote geschaffen werden. Dies gilt auch für Feste, die "in einem neuen Gewand" erscheinen könnten.
  • Die Einbindung von Eltern in die Kindergartenarbeit wie auch die Vernetzung mit Jugendhilfeeinrichtungen/-angeboten und anderen psychosozialen Diensten kann die pädagogische Arbeit bereichern und die Erzieherinnen entlasten.
  • Offenheit und Kooperationsbereitschaft im Erzieherinnenteam sind die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Elternarbeit.

16 Anhang 1: Reflexionsbogen zur Elternarbeit

Auch in einer Erziehungspartnerschaft zwischen Kindergarten und Familie ist es wichtig und notwendig, von Zeit zu Zeit die Zusammenarbeit zu reflektieren. Dieser Fragebogen soll Ihnen diese Reflexion erleichtern.

Was erlebte ich in der Zusammenarbeit mit den Eltern als besonders hilfreich?

Wobei fühlte ich mich besonders wohl? Wobei nicht?

Welche Formen der Elternarbeit bevorzugten die Eltern?

Entsprachen die Aktivitäten den Bedürfnissen und Wünschen der Eltern?

Konnten die Eltern am Kindergartenalltag und an Angeboten der Elternarbeit mitwirken und mitbestimmen?

Planten und führten die Eltern eigene Aktivitäten durch?

Wie verlief meine Zusammenarbeit mit dem Kindergartenbeirat?

Was förderte und was hemmte die Zusammenarbeit mit den Eltern?

Fühlten sich die Eltern im Kindergarten wohl?

Wie viel Einblick habe ich in die Familiensituation der Kinder gewonnen?

Inwieweit konnte ich Eltern und Kindern bei Verhaltensauffälligkeiten, Erziehungsschwierigkeiten und anderen Problemen helfen?

Konnten die Jahresziele bzw. Schwerpunkte der Elternarbeit realisiert werden?

Was könnte ich im Bereich der Elternarbeit noch verbessern?

Schlussfolgerung: Für mich ergibt sich aus dieser Reflexion:

17 Anhang 2: Literatur

Weiterführende Literatur ist mit einem * gekennzeichnet.

* Becker-Textor, I.: Der Dialog mit den Eltern. München: Don Bosco 1992

Becker-Textor, I. (Hrsg.): Netz für Kinder. Wie Eltern Kindergruppen auf die Beine stellen können - Erfahrungen, Anregungen, Leitlinien. Freiburg: Herder 1995

Boutte, G.S., Keepler, D.L., Tyler, V.S., Terry, B.Z.: Effective techniques for involving "difficult" parents. Young Children 1992, 47 (3), S. 19-22

* Bröder, M.: Gesprächsführung im Kindergarten. Freiburg: Herder, 2. Aufl. 1993

Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): Orte für Kinder. Auf der Suche nach neuen Wegen in der Kinderbetreuung. München: DJI-Verlag 1995

Fthenakis, W.E. et al.: Neue Konzepte für Kindertageseinrichtungen: eine empirische Studie zur Situations- und Problemdefinition der beteiligten Interessengruppen. Endbericht, Band 3, Teil A: Tabellarische Ergebnisdarstellung für die geschlossenen Fragen. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik 1995

* Gernert, W.: Jugendhilfe. Einführung in die sozialpädagogische Praxis. München, Basel: Reinhardt (UTB), 4. Aufl. 1993

Gerzer-Sass, A., Pettinger, R.: Kinderbetreuung in Selbsthilfe. In: Becker-Textor, I., Textor, M.R. (Hrsg.): Handbuch der Kinder- und Jugendbetreuung. Neuwied: Luchterhand 1993, S. 119-145

Haberkorn, R., Hagemann, U., Seehausen, H. (Hrsg.): Kindergarten und soziale Dienste. Praxisberichte zu ausgewählten Aspekten der pädagogischen Arbeit in Kindertagesstätten sowie zur Zusammenarbeit mit der Erziehungsberatung. Freiburg: Lambertus 1988

* Haefele, B., Wolf-Filsinger, M.: Aller Kindergarten-Anfang ist schwer. Hilfen für Eltern und Erzieher. München: Don Bosco 1985

* Leupold, E.M.: Handbuch der Gesprächsführung. Problem- und Konfliktlösung im Kindergarten. Freiburg: Herder 1995

* Merz, C.: Im Kontakt mit Eltern. Ratschläge für die Elternarbeit. Freiburg: Herder 1981

Nordt, G., Piefel, G.: Zusammenarbeit mit Eltern aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten in Tageseinrichtungen für Kinder. Berichte aus der Praxis. Stuttgart: Kohlhammer 1987

Seehausen, H.: Familie - Arbeit - Kinderbetreuung. Berufstätige Eltern und ihre Kinder im Konfliktdreieck. Leverkusen: Leske + Budrich 1995

Textor, M.R.: Kind, Familie, Kindergarten. München: Don Bosco 1992

Textor, M.R.: Familien: Soziologie, Psychologie. Freiburg: Lambertus, 2. Aufl. 1993

Textor, M.R. (Hrsg.): Elternarbeit mit neuen Akzenten. Reflexion und Praxis. Freiburg: Herder 1994

* Textor, M.R.: Projektarbeit im Kindergarten. Planung, Durchführung, Nachbereitung. Norderstedt: Books on Demand, 2. Aufl. 2013

* Textor, M.R.: Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in Kindertageseinrichtungen. Norderstedt: Books on Demand, 2. Aufl. 2015

* Textor, M.R.: Elternarbeit im Kindergarten. Ziele, Formen, Methoden. Norderstedt: Books on Demand, 3. Aufl. 2018

18 Autor/-in

Brigitte Blank, geboren 1953, studierte nach der Ausbildung zur Erzieherin an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in München Sozialpädagogik. Seit 1989 ist sie beim Caritasverband für die Diözese Passau e.V. angestellt. Sie war zunächst im Passauer Modellprojekt "Familienunterstützende Maßnahmen im Kontext des Kindergartens" tätig und arbeitet derzeit im Modellprojekt "Intensivierung der Elternarbeit".

"Bei meiner Tätigkeit in verschiedenen sozialen Bereichen war mir die Zusammenarbeit mit den Eltern der jeweiligen Klientel immer besonders wichtig. Die Arbeit in der Drogentherapie und in einem sozialen Brennpunkt machte mich besonders auf die Belange und Schwierigkeiten von Familien aufmerksam. Dabei konnte ich auch erfahren, dass durch die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen und durch psychosoziale Beratung Veränderungen in der Familiensituation möglich sind.

Seit über sechs Jahren beschäftige ich mich nunmehr mit neuen Formen der Elternarbeit am Kindergarten. Dabei ermöglichen mir meine beiden Töchter, Kindergartenrealität auch als Elternteil zu erfahren und so bisweilen einen Perspektivenwechsel vorzunehmen."

Dr. Martin R. Textor, geboren 1954, studierte Erziehungswissenschaften, Beratung und Sozialarbeit an den Universitäten Würzburg, Albany (New York) und Kapstadt. Er ist seit 1986 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.

"Für die Zusammenarbeit zwischen Erzieherinnen und Eltern sowie die Vernetzung des Kindergartens mit anderen Jugendhilfeeinrichtungen interessiere ich mich von Beginn meiner beruflichen Tätigkeit an. Aus meiner Beschäftigung mit Familienwandel und Familienberatung weiß ich, dass viele Eltern heute hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder verunsichert und oftmals hilfsbedürftig sind; sie erhoffen sich auch vom Kindergarten Unterstützung. Bei Fortbildungen mit Erzieherinnen habe ich erfahren, wie belastend "Problemkinder" in Kindertagesstätten sein können, dass Verhaltensauffälligkeiten zumeist nur in Kooperation mit den Eltern verringert werden können und dass Erzieherinnen auch der Beratung und Unterstützung durch andere Jugendhilfeeinrichtungen bedürfen. Erziehungspartnerschaft mit den Eltern und Vernetzung mit psychosozialen Diensten sind deshalb für mich zwei zentrale Aspekte einer zeitgemäßen, guten Kindergartenarbeit".

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