Inhalt
Vorwort
Martin R. Textor
Zur Notwendigkeit einer intensiven Elternarbeit
Martin R. Textor
Kritische Reflexion der Elternarbeit
Maria-Luise Fisch
Erwartungen an die Elternarbeit
Martin R. Textor
Ziele und Aufgaben der Elternarbeit
Martin R. Textor
Elternarbeit beginnt mit dem ersten Kontakt
Claudia Matheisl
Der alte Elternabend im neuen Kleid
Ingeborg Becker-Textor
Elterngruppen
Brigitte Blank und Sylvia Maria Fenzl
Angebote für Eltern und Kinder
Claudia Matheisl
Der offene Kindergarten
Ingeborg Becker-Textor
Einbindung von Eltern in den Kindergartenalltag
Ingeborg Becker-Textor
Erkundungen im Nahbereich des Kindergartens
Gabi Gietinger
Angebote im Freizeitbereich
Ingeborg Becker-Textor
Ausstellungen und Ausleihmöglichkeiten von Spielen, Büchern und Kassetten
Sylvia Maria Fenzl
Elternberatung und Vermittlung von Hilfsangeboten
Brigitte Blank und Sylvia Maria Fenzl
Probleme in der Zusammenarbeit von Kindergarten und Familie
Brigitte Blank
Organisation von Elternarbeit im Rahmen der Dienstzeit
Waltraud Erb
Elternarbeit - Herausforderung für die Ausbildung
Ingeborg Becker-Textor
Elternarbeit in Fortbildung und Fachberatung
Waltraud Erb
Anhang
Fragebogen für Elternbefragung
Literatur
Autorenverzeichnis
Vorwort
Martin R. Textor
Schon als die ersten Kinderbewahranstalten im 18./19. Jahrhundert gegründet wurden, maßen die Träger und das Personal der Elternarbeit eine große Bedeutung bei. Durch die Einrichtungen sollten nicht nur Kinder vor Schädigungen bewahrt, sondern auch die Mütter in der Kinderpflege und im rechten Umgang mit Kleinkindern unterwiesen werden. Friedrich Fröbel, der Gründer des ersten Kindergartens, sah in diesem von Anfang an eine familienergänzende und -unterstützende Einrichtung. Die Kindergärtnerinnen sollten Mütter über das Wesen und die Bedürfnisse von Kleinkindern aufklären, ihre Erziehungsfähigkeit verbessern und ihnen lehren, wie man in naturgemäßer Weise kleine Kinder beschäftigt. Der Elternarbeit kam also eine stark elternbildende Funktion zu.
Heute ist die Elternarbeit sowohl für den Gesetzgeber als auch für Erzieherinnen, Eltern und Träger ein selbstverständlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit im Kindergarten. Aufgrund der Verunsicherung vieler Eltern in Erziehungsfragen, der großen Zahl auffälliger Kinder und der Konfrontation mit Familienproblemen kommen zunehmend beratende und familienunterstützende Aufgaben auf die Erzieherinnen zu.
Vielerorts ist aber eine große Unzufriedenheit mit der Elternarbeit festzustellen. Viele Eltern wünschen neue Angebote wie Gesprächskreise oder die Möglichkeit zur Teilnahme am Kindergartenalltag. Sie wollen jederzeit die Erzieherinnen ansprechen können, suchen aber auch den Kontakt zu anderen Eltern. Oft kommen sie mit Vorschlägen, die sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen nur schwer umsetzen lassen oder die Mitarbeiterinnen aufgrund der mangelnden Aus- und Fortbildung in diesem Bereich überfordern. Erzieherinnen sind mit der "alten Elternarbeit" unzufrieden - insbesondere mit dem "klassischen" Elternabend und den Festen als "Leistungsschau des Kindergartens". Jedoch wagen sie sich nur zögernd an Veränderungen. Sie beklagen das mangelnde Interesse und fehlende Engagement vieler Eltern, die im Kindergarten nur eine Einrichtung zur Beaufsichtigung und Versorgung ihrer Kinder sähen und Elterngespräche als Einmischung in die Familienerziehung ablehnen würden. Es kämen immer nur die gleichen Eltern zu Veranstaltungen. Wollen Erzieherinnen neue Formen der Elternarbeit ausprobieren und beratend tätig werden, so scheitern sie oft an ihrer mangelhaften Kenntnis über Methoden der Arbeit mit Erwachsenen und am fehlenden Selbstbewusstsein, dem Mangel an Vorbereitungszeit und dem unzureichenden Überstundenausgleich.
Dennoch gibt es eine Reihe von Kindergärten, in denen vielfältige Angebote der Elternarbeit gemacht und Familien angemessen beraten werden. Hier sind Erzieherinnen und Eltern relativ zufrieden, fühlen sich akzeptiert und kooperieren miteinander. In diesem Sammelband soll nun dargestellt werden, weshalb eine intensive Elternarbeit heutzutage notwendig ist, mit welchen Zielen und Schwierigkeiten sie verbunden ist und welche neuen Formen der Elternarbeit sich bewährt haben. Fachkräfte berichten aus ihrer Praxis - vom "offenen Kindergarten" und der Einbindung von Eltern in den Kindergartenalltag, von Familienberatung, Elterngruppen, Angeboten für Eltern und Kinder bis hin zur Vermittlung psychosozialer Hilfen.
Es wird deutlich werden, dass auch neue Formen der Elternarbeit mit Misserfolgen und Problemen verbunden sind. Wir müssen uns deshalb bewusst werden, dass die Umgestaltung der Elternarbeit ein allmählicher Prozess ist, der viel Geduld und Offenheit voraussetzt. Auch dürfen wir nicht den Fehler machen, von der Ablehnung einer Form unseres Angebotes auf ein mangelndes Interesse an einer Zusammenarbeit zu schließen. Oft nehmen anfangs nur wenige Eltern an einer Veranstaltung wie einer Müttergruppe teil - erst im Verlauf der Zeit, wenn sich positive Erfahrungen der Gruppenmitglieder herumgesprochen haben, werden es mehr. Wenn wir am Anfang unsere Enttäuschung zeigen, können wir dadurch die ersten Teilnehmer "verprellen" und verhindern damit eine positive Weiterentwicklung. Auch müssen wir uns bewusst machen, dass unsere Eltern Individuen mit unterschiedlichen Interessen und Motivationen sind. Sie erwarten heute eine Vielfalt von Angeboten, so dass sie sich diejenigen heraussuchen können, die am ehesten ihren Bedürfnissen entsprechen. Dementsprechend wird immer nur ein Teil der Eltern von dem jeweiligen Angebot Gebrauch machen. Und immer werden passive Eltern bleiben - wir müssen uns damit abfinden, dass wir nicht alle aktivieren können, und dürfen uns dafür nicht verantwortlich machen.
In diesem Buch werden viele Praxisbeispiele dargestellt und oft mit Abbildungen illustriert. Dies darf aber nicht als "Rezeptsammlung" verstanden werden - in der sozialpädagogischen Arbeit kann nicht etwas einfach übernommen und genauso nachgemacht werden, wie es von anderen ausprobiert und mit Erfolg durchgeführt wurde. Jeder Kindergarten findet andere Rahmenbedingungen vor, wird mit Eltern in unterschiedlichen Lebenslagen konfrontiert, wird von einem Team mit unterschiedlichen Zielen, Erwartungen und Erfahrungen geleitet. Eine gute Elternarbeit setzt voraus, dass sich Erzieherinnen allgemein mit dem Familienwandel und der Situation von Kleinkindern in unserer Gesellschaft auseinandersetzen, dass sie die Lebenslagen und Bedürfnisse der Familien analysieren, die ihren Kindergarten nutzen, und dass sie ein Konzept für ihre Elternarbeit als Teil der pädagogischen Konzeption ihrer Einrichtung entwickeln (dieser Thematik bin ich in meinem Buch "Kind, Familie, Kindergarten" nachgegangen).
Zur Notwendigkeit einer intensiven Elternarbeit
Martin R. Textor
Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist Elternarbeit immer wichtiger geworden. Zum einen wurde erkannt, dass Familie und Kindergarten zwei unterschiedliche Sozialisationsfelder sind, in denen Kinder verschiedenen Erziehungsstilen, Verhaltenserwartungen, Rollenleitbildern, Werten und Einstellungen ausgesetzt sein können. Damit kommt der Elternarbeit die Funktion zu, zwischen öffentlicher und privater Erziehung zu vermitteln, also die Teilung der Sozialisationsfelder zu überbrücken. Zum anderen haben Erfahrungen mit der kompensatorischen Erziehung von Kindern aus "unterprivilegierten Schichten" und mit der Behandlung verhaltensauffälliger Kinder gezeigt, dass ohne Einbeziehung der Familien keine langfristigen Erfolge erzielt werden können. Somit muss im Rahmen der Elternarbeit ein positiver Einfluss auf diese Eltern ausgeübt werden, der z.B. zu einer Verbesserung des Erziehungsverhaltens führen kann. Je intensiver die Mitwirkung der Eltern ist, umso stabiler sind dann die Fortschritte der Kinder.
Vor allem aber setzt ein erfolgreiches Arbeiten mit Kindergartenkindern generell die Kenntnis von deren Lebenswelt voraus. Da die Familie bei Kindern dieses Alters noch immer die wichtigste Sozialisationsinstanz ist, kann auf eine Analyse der Familiensituation im Rahmen der Elternarbeit nicht verzichtet werden. Nur dann kann der Kindergarten seiner familienergänzenden und -unterstützenden Funktion nachkommen. Zudem lässt sich der Erziehungsstil in der Einrichtung nur dann mit demjenigen in der Familie abstimmen, wenn Erziehungsziele und -praktiken der Eltern bekannt sind. Dies wird immer wichtiger, da Kinder immer mehr Zeit (bis zu neun Stunden pro Werktag für bis zu vier Jahren) in Kindertageseinrichtungen verbringen.
Beschäftigen wir uns etwas intensiver mit der Familienerziehung in der heutigen Gesellschaft, so stellen wir oft eine große Verunsicherung bei jungen Eltern fest. Sie haben im Verlauf ihrer Biographie kaum Gelegenheit gehabt, Erfahrungen im Umgang mit Kleinkindern zu sammeln, konnten aufgrund des Wertepluralismus keine eindeutigen Erziehungsziele entwickeln, sind durch die Konfrontation mit unterschiedlichen Erziehungstheorien und -rezepten verwirrt, wollen sich aber auch nicht an der selbst erfahrenen Erziehung orientieren. Häufig haben sie das Spielen verlernt und wissen nicht, wie sie ihre Kinder altersgemäß beschäftigen können und wie sie mit bestimmten (problematischen) Verhaltensweisen umgehen sollen. So erleben sie sich als überfordert und gestresst, benötigen sie unsere Beratung und Unterstützung - selbst wenn sie sich dies nur schwer eingestehen können. Dasselbe gilt für Eltern, die nur hinsichtlich einzelner Erziehungsfelder unsicher sind, z.B. bei der religiösen, Medien- oder Sexualerziehung.
Vor allem aber müssen wir auf die Eltern zugehen und unseren Rat anbieten, wenn diese gravierende Erziehungsfehler machen, also beispielsweise ihre Kinder physisch oder emotional vernachlässigen, ihnen zu wenig Liebe, Wärme und Aufmerksamkeit geben. Oft glauben sie, sich mit einem perfekt ausgestatteten Kinderzimmer, teuren Kleidern, Süßigkeiten oder Geschenken von weitergehenden elterlichen Pflichten "freikaufen" zu können. Andere Eltern überbehüten, verzärteln und verwöhnen ihre Kinder, binden sie in symbiotischen Beziehungen an sich, behindern ihr Autonomiestreben und ihre Ablösung. Häufig widmen sie ihren Kindern so viel Zeit und Energie oder werden von diesen so "ausgebeutet", dass sie unter Stresssymptomen leiden.
Einige Eltern haben einen zu autoritären oder antiautoritären Erziehungsstil, andere wechseln fortwährend zwischen beiden Extremen. Vielfach ist auch zu beobachten, dass Eltern das eine Mal sich intensiv um ihre Kinder kümmern und liebevoll mit ihnen spielen, das andere Mal sie aber ignorieren und zurückstoßen - je nachdem, ob sie gerade die Kinder als Lebenssinn erleben und zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse benötigen oder ob sie sie als Belastung empfinden und sich in ihrem Selbstverwirklichungsstreben, bei der Entspannung oder bei Freizeitaktivitäten gestört fühlen. Für Kleinkinder ist ein solches sprunghaftes und unstetiges Verhalten kaum nachvollziehbar.
Manche Eltern wollen ihren Kindern die besten Lebenschancen in unserer Gesellschaft bieten und deren Entwicklung bestmöglich fördern. Sie sind sehr leistungsorientiert (z.B. auch beim Spielen), setzen ihre Kinder unter Erfolgsdruck und verplanen deren Zeit mit einem Bildungsprogramm, das Sprachkurse sowie musische, kreative, sportliche und intellektuell anregende Angebote umfasst. Aufgrund der niedrigen Kinderzahl konzentrieren sie oft alle ihre Wünsche und Erwartungen auf ein einziges oder gerade zwei Kinder - was nur zur Überforderung führen kann. Manche Eltern wollen auch ihre Kinder nach ihren Vorstellungen formen und zu "perfekten" Kindern erziehen.
Viele Eltern ignorieren ein gefälliges Verhalten ihrer Kinder oder betrachten es als selbstverständlich, so dass es zu keiner positiven Verstärkung kommt. Dann versuchen Kleinkinder häufig, durch störende Verhaltensweisen die Aufmerksamkeit der Erwachsenen auf sich zu lenken. Selbst eine Bestrafung wird dann als Bekräftigung erlebt, so dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens derartiger Reaktionen größer wird. Problematisch ist auch, wenn Eltern ihre Kinder mit widersprüchlichen Erwartungen, starren Regeln oder irrationalen Einstellungen konfrontieren.
Es ist offensichtlich, dass wir die Eltern auf derartige Erziehungsfehler aufmerksam machen und zu einer Veränderung ihres Verhaltens motivieren müssen - ohne uns aber besserwisserisch zu zeigen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Kinder Auffälligkeiten entwickeln. Diese Gefahr ist aber besonders groß, wenn Eltern psychisch krank sind oder in der Familie Kommunikationsstörungen, fortdauernde Familienkonflikte, Beziehungslosigkeit, große ungelöste oder verdrängte Probleme u.Ä. vorkommen. Besonders schlimm ist auch, wenn ein Kind abgelehnt wird, weil es z.B. ungewollt war, behindert oder hässlich ist, nichtehelich geboren oder zum Sündenbock gemacht wurde. Manche Kinder sind auch Objekt von Projektionen unerwünschter Triebimpulse und Eigenschaften der Eltern, andere werden misshandelt oder sexuell missbraucht. Besonders in diesen Fällen sind die uns anvertrauten Kinder auf unsere Hilfe angewiesen. Als "Anwälte der Kinder" müssen wir auf die Eltern zugehen, ihnen eine Beratung durch uns anbieten oder ihnen notwendige Hilfsangebote sozialer Dienste erschließen.
Dasselbe gilt auch, wenn wir von größeren Familienproblemen erfahren - selbst wenn sie (noch) keine negativen Folgen für das Verhalten und Erleben der Kinder hatten. Dazu gehören beispielsweise Ehekrisen, Scheidung, Todesfälle in der Familie, die Geburt eines behinderten Geschwisterteils, die längerfristige Hospitalisierung eines Kleinkindes, die Suchtkrankheit eines Elternteils, Arbeitslosigkeit und Armut. Auch das Leben in Teil- oder Stieffamilien kann mit Risiken für die kindliche Entwicklung verbunden sein. Einer aufklärenden und Hilfe vermittelnden Elternarbeit kommt hier eine wichtige präventive Funktion zu.
Bisher haben wir die Notwendigkeit einer intensiven Elternarbeit vom Kinde aus begründet. Sie entspricht aber auch den Bedürfnissen der Eltern, kommt ihrem Interesse an sozialen Kontakten sowie am Austausch über ihre Kinder und ihr erzieherisches Handeln entgegen. Beispielsweise wollen manche Hausfrauen über ihre Lebenssituation sprechen, mit anderen etwas unternehmen oder durch die Betätigung im Kindergarten Befriedigung erfahren, während erwerbstätige Mütter mit anderen über ihre Belastungen und Probleme bei der Verknüpfung von Familien- und Erwerbstätigkeit diskutieren möchten. Väter sind in der Kindererziehung aktiver geworden, fühlen sich in ihrer neuen Rolle aber noch unwohl und unsicher. Sie möchten mit anderen Vätern über ihre Erfahrungen sprechen und etwas Anleitung beim Spielen und im Umgang mit ihren Kindern erhalten. Eltern in besonderen Lebenslagen - wie Alleinerziehende, Aussiedler oder Ausländer - suchen das Gespräch mit Personen in derselben Situation. Andere Eltern wollen etwas gemeinsam mit ihren Kindern im Kindergarten unternehmen oder Anregungen für Freizeitaktivitäten bekommen.
Durch eine intensive und vielfältige Elternarbeit können wir auf diese Bedürfnisse und Wünsche von Eltern eingehen, deren Anregungen aufgreifen und sie motivieren, selbst aktiv an der Ausgestaltung von Elternangeboten mitzuwirken. Letzteres bedeutet für uns aber auch ein "Loslassen" von der Haltung, dass wir die Alleinverantwortlichen für die Elternarbeit seien.
Schlusswort
Die Notwendigkeit einer intensiven Elternarbeit ergibt sich also aus der Analyse der Situation der Kinder, ihrer Familien und der Erzieherinnen. Elternarbeit und -beratung sind unter den heutigen Lebensbedingungen unverzichtbare Bestandteile der Kindergartenarbeit.
Kritische Reflexion der herkömmlichen Elternarbeit
Maria-Luise Fisch
Der Begriff "Elternarbeit" wird in Kindergärten auf verschiedene Weise genutzt. Es können damit Elternabende sowie Tür- und Angelgespräche gemeint sein, aber auch andere Angebote für Eltern oder deren Einbeziehung bei Festen und Ausflügen. Schließlich werden unter "Elternarbeit" pädagogische Gespräche mit den Eltern oder deren Mitwirkungsmöglichkeiten im Kindergarten verstanden.
Was ist "klassische" Elternarbeit?
Die herkömmliche Elternarbeit beinhaltet nur einige der angedeuteten Angebote für Eltern. Ohne systematische Einteilung und ohne Wertung sollen im Folgenden die verschiedenen Formen der "klassischen" Elternarbeit beschrieben werden:
Elternabend
Damit ist in der Regel der informative Elternabend für sämtliche Eltern des Kindergartens gemeint. Er beginnt zumeist mit einem Vortrag der Kindergartenleiterin oder eines eingeladenen Referenten. Daran schließt sich eine mehr oder minder lange Diskussion des Vortrags an. Viele Erzieherinnen und Träger sind der Meinung, dass mit einigen Elternabenden pro Jahr die in vielen Kindergartenrichtlinien der Bundesländer als Anerkennungsvoraussetzung verlangte Elternarbeit abgeleistet ist.
Tür- und Angelgespräche
Diese Kurzgespräche zwischen Erziehungsberechtigten und Kindergartenpersonal ergeben sich beim Bringen bzw. Abholen des Kindes. Sie sind in der Regel recht kurz und bleiben eher im Allgemeinen.
Rahmenplanaushang
Durch das Aushängen des Rahmenplans werden die Eltern über die inhaltliche Arbeit des Kindergartens informiert. Dies kann wöchentlich, monatlich oder in anderen Zeitabständen erfolgen.
Elternbeiratswahl
Die Wahl einer Elternvertretung wird von den Kindergartenrichtlinien der Bundesländer gefordert. Jedoch werden dem Elternbeirat nur geringe Mitsprachemöglichkeiten eingeräumt.
Feste und Feiern
In den meisten Kindergärten sind Eltern bei der Planung und Vorbereitung größerer Feste beteiligt. Dies gilt vor allem für das Sommerfest. Die eigentliche Gestaltung der Feier durch Lieder, Gedichte, Spiele und andere Darbietungen obliegt aber dem Kindergartenpersonal und den Kindern.
Dies sind die "klassischen" Formen der Elternarbeit, wie sie noch heute von einem Großteil der Ausbildungsstätten für Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gelehrt werden. Viele Kindergärten beschränken sich auf die genannten Angebote in der skizzierten Form. Auch will ein Teil der Fachkräfte an der "klassischen" Elternarbeit nichts ändern.
Weshalb sind viele Erzieherinnen und Eltern unzufrieden?
Immer mehr Erzieherinnen und Eltern sind mit der "klassischen" Elternarbeit unzufrieden. Dafür gibt es folgende Gründe:
Generationenwechsel im Kindergarten
Viele junge Erzieher, die "frischgebacken" von den Fachschulen bzw. Fachakademien in die Kindergärten kommen, haben andere Vorstellungen von Elternarbeit als das alteingesessene Stammpersonal und bringen diese im Team ein. Oft kommt es zu lebhaften Diskussionen.
Wunsch nach Neuem
Es gibt aber auch den umgekehrten Fall: Langjährige Erzieher wollen ihre Elternarbeit ändern, nachdem sie viele Jahre nach dem gleichen Schema verfahren sind und dies nun als unzureichend und unbefriedigend erleben - sei es, weil der individuellen Erziehung die Priorität eingeräumt wird und dies einen engeren Kontakt zu den Eltern erfordert oder weil die Zahl verhaltensauffälliger Kinder größer geworden ist bzw. Erzieherinnen häufiger mit Familienproblemen konfrontiert werden und dadurch die Notwendigkeit von längeren Gesprächen mit den Eltern entsteht. Manche Erzieherinnen erleben die bisherigen Angebote für Eltern als langweilig und wollen mit neuen experimentieren. Auch wollen sie mehr Eltern als bisher erreichen.
Gesteigertes Selbstbewusstsein
Die Unzufriedenheit vieler Eltern mit der Elternarbeit des Kindergartens hat auch verschiedene Ursachen. Sie wollen sich nicht mehr mit ihrer Rolle als Beitragszahler, als Zuhörer bei Elternabenden und als Helfer bei Festen abfinden, in die sie sich häufig gedrängt fühlen. So hinterfragen sie das Konzept der Erzieherinnen für Elternarbeit und setzen sich bewusst mit deren Erziehungsansichten auseinander. Viele Eltern interessieren sich vermehrt für die Belange ihrer Kinder und wollen den Kindergartenalltag kennenlernen.
Erziehungsschwierigkeiten
Für manche Eltern ist der Kindergarten die erste Anlaufstelle, um sowohl Erziehungs- als auch andere Familienprobleme zu besprechen. In der herkömmlichen Elternarbeit ist dafür wenig Platz. So wünschen die Eltern neue Angebote, die sowohl den Austausch mit dem Kindergartenpersonal als auch mit anderen Eltern ermöglichen. Alleinerziehende wollen einen engeren Kontakt zu Eltern in derselben Situation herstellen; unsichere Eltern wollen sich beraten lassen; Eltern auffälliger Kinder bitten um Beratung und fragen nach möglichen Hilfen.
Warum ändern Erzieherinnen die Situation nicht?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Vielschichtige Gründe können die Abkehr von der "klassischen" Elternarbeit erschweren:
Zusätzliche Belastung
Viele Erzieher fürchten, dass neue Formen der Elternarbeit das Arbeitspensum zusätzlich erhöhen. Überstunden, weniger Zeit für die Kinder, weniger Vorbereitungszeit usw. werden als Gründe angeführt, weshalb die bisherige Elternarbeit beibehalten wird.
Angst
"Warum sollen wir es anders machen? Wir haben es jahrelang so gemacht, und es war gut genug." Dieser Satz kann für viele stehen, die insgeheim Angst haben, an neuen Formen der Elternarbeit zu scheitern oder den in der Folge entstehenden Situationen nicht mehr gewachsen zu sein.
Fehlendes Konzept
Das Kindergartenteam ist sich nicht einig, wie eine gute Elternarbeit ausschauen könnte. Es verzettelt sich in fruchtlosen Diskussionen.
Mangelnde Ausbildung
Auf die Elternarbeit wird während der Ausbildung noch relativ wenig Gewicht gelegt. So werden zeitgemäße Formen nur selten vermittelt. Auch fehlt eine Ausbildung in Gesprächsführung, so dass sich Erzieherinnen durch Beratungsgespräche überfordert fühlen und diese von vornherein blockieren.
Desinteresse des Kindergartenträgers
Viele Träger halten eine intensivere Elternarbeit für nicht sinnvoll, da sie zu viel Zeit beanspruche und oft zu Überstunden führe. Sie haben häufig andere Prioritäten (z.B. religiöse Erziehung).
Schlussgedanke
Durch eine Vielzahl geänderter Lebensbedingungen ist die Notwendigkeit entstanden, die Elternarbeit anders als bisher zu gestalten. Zugleich hat sich die Einstellung vieler Erzieherinnen und Eltern gewandelt: Sie sind mit der "klassischen" Elternarbeit nicht mehr zufrieden. Erzieherinnen erwarten mehr Offenheit und aktive Mitwirkung seitens der Eltern, während diese Mitspracherechte, Einblick in den Kindergartenalltag, Gesprächsaustausch und Beratungsmöglichkeiten wünschen. Elternarbeit wird zur gemeinsamen Aufgabe, die eine enge Kooperation erfordert. Ob das Zusammenspiel von Erzieherinnen und Eltern gelingt, hängt letztendlich von den Rahmenbedingungen, dem Kindergartenträger, dem Kindergartenpersonal und den Eltern ab - und davon, ob es gelingt, die zuvor erwähnten Widerstände und Hemmnisse zu überwinden.
Erwartungen an die Elternarbeit
Martin R. Textor
Die Erwartungen von Eltern an die Elternarbeit des Kindergartens lassen sich nicht nur im Gespräch ermitteln, sondern auch auf eher anonyme Weise wie z.B. mit Hilfe eines Fragebogens. Beide Verfahren ermöglichen es, bei der Planung der Elternarbeit auf die Wünsche und Anregungen der Eltern einzugehen. Am Beispiel von zwei Umfragen, die von mir in einer mittelgroßen Stadt durchgeführt wurden und an denen sich jeweils mehr als 250 Eltern aus sechs Kindergärten beteiligten, sollen die Möglichkeiten derartiger Elternbefragungen aufgezeigt werden. Selbstverständlich sind diese Umfragen nicht repräsentativ, so dass sie nur zu einer ersten Orientierung dienen können. Eine gekürzte Fassung der verwendeten Fragebögen ist im Anhang dieses Buches abgedruckt. So können Sie sie z.B. für eine Umfrage in Ihrem Kindergarten einsetzen, wobei sich die Fragen entsprechend Ihrer Informationsbedürfnisse und der Situation in Ihrer Einrichtung abwandeln lassen.
Rund 60% der befragten Eltern halten die Elternarbeit des Kindergartens für (sehr) wichtig. Etwa 41% können einmal und 21% zweimal pro Monat an Angeboten des Kindergartens für Eltern teilnehmen; 16% der Befragten können wöchentlich oder häufiger kommen. Als häufigste Hinderungsgründe werden
- der ungünstige Zeitpunkt der Veranstaltungen (44%),
- die fehlende Kinderbetreuung (41%) und
- der Mangel an Zeit (33%)
genannt - nur selten aber fehlendes Interesse (6%). Dementsprechend überrascht nicht, dass der Samstagnachmittag als beste Zeit für Angebote der Elternarbeit genannt wird (33%); werktags können Eltern am ehesten ab 20.00 Uhr (31%) oder ab 19.00 Uhr (20%) kommen.
Ein großer Teil der Eltern erlebt den Kindergarten nicht mehr nur als Betreuungsort für Kinder, sondern auch als Kommunikations-, Elternbildungs- und Beratungszentrum. So sehen 55% der Befragten in ihm einen Ort, um mit anderen Eltern in Kontakt zu kommen. Rund 45% wollen im Kindergarten Antwort auf ihre Erziehungsfragen finden und 34% wollen in ihm mit Dritten über Erziehungs- und andere Familienprobleme sprechen. Besonders interessant sind die Antworten der Eltern auf die Frage, was sie von der Elternarbeit des Kindergartens erwarten. Hier wird deutlich, dass das "klassische" Angebot nur noch wenig gefragt ist: Elternabende für alle Eltern des Kindergartens und Gruppenelternabende werden mit 55 und 52% in der Rangordnung der 26 Vorgaben erst an 16. und 17. Stelle genannt. Die häufiger gewünschten Angebote lassen sich in folgende Kategorien einordnen:
(1) Öffnung des Kindergartens: Die Eltern äußern einen starken Wunsch nach Informationen über das Leben und Arbeiten im Kindergarten. In diese Kategorie fallen Wünsche nach Informationen über die Gestaltung des Kindergartenalltags (93%) und über das Verhalten der Erzieherinnen bei Problemen mit Kindern (88%), nach Elternbriefen (83%) sowie nach der Möglichkeit, auch einmal einen Tag in der Kindergruppe verbringen zu dürfen (57%).
(2) Elternbildung, -beratung und -information: Die Eltern erwarten von der Elternarbeit praktische Anregungen für das eigene erzieherische Verhalten gegenüber ihren Kindern. Sie möchten erstens wissen, womit sie diese gut beschäftigen können. So wünschen sie sich Ausstellungen guter Spiele und Bücher (89%), die Möglichkeit zum Ausleihen solcher Materialien (72%) sowie Spiel- und Bastelrunden im Kindergarten (56%). Die Eltern möchten zweitens Hilfe bei Erziehungsschwierigkeiten. So wünschen sie Beratung bei Erziehungsproblemen (73%) und Informationen über Hilfsangebote für Familien mit verhaltensauffälligen Kindern und anderen Problemen (61%). Auch lässt sich aus dem starken Wunsch nach Informationen darüber, wie sich Erzieherinnen bei Problemen mit Kindern verhalten (88%), folgern, dass Eltern von deren Erfahrungen profitieren möchten. Drittens fallen in diese Kategorie der Wunsch nach Elternbildung (72%) sowie nach Gesprächskreisen zu bestimmten Themen (66%).
Fast drei Viertel der Eltern sind generell bereit, sich vom Kindergartenpersonal bei Erziehungsfragen oder sonstigen Problemen beraten zu lassen. Knapp die Hälfte der Befragten hatte von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht; 58% von ihnen erlebten die Gespräche als hilfreich. Auch erhielten 13% der Eltern Hinweise auf Hilfsangebote anderer Einrichtungen; 82% von ihnen suchten diese auf. Diese Zahlen verdeutlichen eindrucksvoll, wie stark Kindergärten bereits dem Wunsch von Eltern nach Beratung und Vermittlung von Hilfsangeboten nachkommen.
Besonders interessant ist das Befragungsergebnis, dass viele Eltern trotz ihrer begrenzten Zeit bereit sind, sich an der Kindergartenarbeit aktiv zu beteiligen:
- So würden 81% der Befragten die Kindergruppe bei Aktivitäten außerhalb des Kindergartens wie Wanderungen, Besichtigungen, Schwimmkurs usw. begleiten.
- Rund 42% würden Kindergartenkinder an ihren Arbeitsplatz einladen, so dass diese einen Eindruck vom Berufsleben bekommen.
- Etwa 39% der Eltern sind bereit, ihre besonderen Fähigkeiten (wie Brotbaken, Schreinern, Töpfern usw.) im Kindergarten einzubringen.
- Jeweils 29% können sich vorstellen, einen Kurs für Kinder (Sprachkurs, Musikkurs usw.) anzubieten bzw. den Eingangsbereich des Kindergartens zu gestalten.
Hier wird deutlich, in welch hohem Maße Eltern die außerhäusliche Betreuung ihrer Kinder mitgestalten wollen. Gelingt es, sie in diesem Sinne zu aktivieren, hat dies auch für die Kinder positive Folgen: Es kommen besondere Angebote für sie zustande, die sonst unterbleiben würden; es können mehr Aktivitäten außerhalb des Kindesgartengeländes durchgeführt werden (Erkundung der Umgebung, Beobachtung des Baufortschrittes an Baustellen usw.); die Kinder erhalten einen umfassenden Einblick in die Erwachsenenwelt (Besuch am Arbeitsplatz der Eltern, von Museen, Kirchen, Rathäusern usw.).
Viele Eltern sind bereit,
- an der Gestaltung von Festen (63%), Basars (63%), Familiengottesdiensten (31%) oder Elterntreffs (28%) mitzuwirken,
- über ihre Erfahrungen nach der Einschulung eines Kindes bei einem Elternabend zu berichten (42%),
- eine Ausleihstelle für Kinderbücher und Spiele zu betreuen (34%),
- an der Kindergartenzeitung mitzuarbeiten (31%),
- eine Wanderung zu organisieren (27%) oder
- einen Kurzvortrag zu halten (20%).
Rund 10% der Eltern würden auch einen Elternstammtisch, einen Arbeitskreis von Eltern, eine kreativ tätige Elterngruppe, einen Miniclub (Mütter mit Kindern unter drei Jahren), einen Gesprächskreis oder eine Spielgruppe (an Samstagen) organisieren. Obwohl nur relativ wenige Eltern an einer aktiven Mitwirkung an den letztgenannten Angeboten interessiert sind, dürfte dies ausreichen, um derartige Veranstaltungen seitens des Kindesgartens anzubieten: Für die Leitung einer Elterngruppe, eines Gesprächskreises oder eines Miniclubs reichen zwei oder drei aktive Eltern.
In der Bereitschaft der Eltern, an Angeboten des Kindergartens mitzuwirken, liegt ein großes Potential zur Entlastung der Erzieherinnen - selbst wenn die Mitarbeit und Unterstützung des Kindergartenpersonals gewünscht wird. In dem Wunsch von 42% der Befragten, bei der Vorbereitung und Durchführung der genannten Aktivitäten in einem Team von Eltern zu arbeiten, wird erneut ihr großes Kontakt- und Kommunikationsbedürfnis deutlich. Dies gilt auch für ihr Interesse an Veranstaltungen wie "Kaffeekränzchen" (von 54% der Befragten gewünscht). Ferner sind viele Eltern bereit, den Kindergarten zu renovieren (54%), den Garten umzugestalten (50%) oder Spielzeug zu reparieren (47%). Zudem sind sie zur Nachbarschaftshilfe zu motivieren - 78% der Befragten würden unter bestimmten Bedingungen und in der Regel kostenlos die Betreuung eines fremden Kindergartenkindes für einen mehr oder minder langen Zeitraum übernehmen, wenn es von seiner Mutter wegen einer Erkrankung oder während der Kindergartenferien nicht versorgt werden kann.
Erwartungen der Erzieherinnen
Von großer Bedeutung sind natürlich auch die Einstellungen und Erwartungshaltungen des Kindergartenpersonals zur Elternarbeit - nicht nur, weil es für diese verantwortlich ist, sondern auch, weil die geäußerten Vorstellungen und unbewusst vorhandenen Erwartungen die Reaktionen der Eltern mitbestimmen. Das Thema "Elternarbeit" muss in Teamsitzungen immer wieder diskutiert werden; die Gesprächsergebnisse sollten in die pädagogische Konzeption des Kindergartens einfließen. Die von einer größeren Gruppe von Erzieherinnen geteilten Vorstellungen lassen sich natürlich ebenfalls per Umfrage ermitteln. Die einzige mir bekannte umfassende Befragung wurde Mitte der 80er Jahre von Siegfried Keil, Rita Süssmuth und ihren Mitarbeitern durchgeführt. Mehr als 550 Erzieherinnen beantworteten den von Wissenschaftlern entwickelten Fragebogen. Die wichtigsten Ergebnisse sollen hier vorgestellt werden. Wie diejenigen meiner Umfragen sind sie aber auch nicht repräsentativ.
Rund 96% der Erzieherinnen meinen, dass die Eltern im Rahmen der Elternarbeit Einblick in den Kindergartenalltag bekommen sollen, um die Arbeit im Kindergarten verstehen und unterstützen zu können. Circa 74% wollen aber zugleich auch die Familien der Kinder kennenlernen, um diese besser verstehen zu können. Für 83% soll die Elternarbeit dann zur Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Eltern bei der Verbesserung der Entwicklungsbedingungen der Kinder in der Einrichtung und in der Familie führen. Einen weniger hohen Grad der Zustimmung erfahren folgende Auffassungen:
Statements
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Die Erzieherinnen stimmen voll zu
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Die Erzieherinnen stimmen teilweise zu
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Durch Elternarbeit sollen Eltern und Erzieher die Möglichkeit haben, voneinander zu lernen und ihr Verhalten gegenseitig zu beeinflussen.
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57%
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36%
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Eltern sollen an Entscheidungen über Ziele, Inhalte und Organisation des Kindergartens beteiligt werden.
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43%
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51%
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Erzieher sollen Eltern vor allem Wissen über pädagogische Sachverhalte vermitteln.
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16%
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65%
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Erzieher sollen das Erziehungsverhalten vieler Eltern verbessern.
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4%
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49%
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Eltern sollen die Erziehungsvorstellungen der Einrichtung kennenlernen und ihr eigenes Erziehungsverhalten daran angleichen, um das Kind vor Widersprüchlichkeiten zu bewahren.
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16%
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57%
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Eltern sollen die Möglichkeit erhalten, auch Fragen und Probleme zu besprechen, die über den Bereich der Erziehung herausgehen.
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47%
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47%
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Deutlich wird, dass sich viele Erwartungen von Erzieherinnen und Eltern entsprechen: Beide Seiten wünschen mehr Offenheit, die Zusammenarbeit zugunsten einer besseren Förderung der kindlichen Entwicklung, die Abstimmung und Verbesserung des Erziehungsverhaltens, das Gespräch über allgemeine Familienprobleme usw. Die Erzieherinnen sind auch bereit, dem Wunsch vieler Eltern nach Mitwirkung im Kindergarten nachzukommen. Sie halten deren aktive Beteiligung für besonders wichtig bei
- Festen und Feiern (51%),
- längeren Einzelgesprächen (48%),
- Projekten wie der Spielplatzgestaltung (36%),
- Hospitationen der Eltern in der Gruppe (33%),
- Gruppenelternabenden ohne Referenten (32%),
- Elternmitarbeit in der Gruppe (26%) und
- Ausflügen (25%).
Viele Erzieherinnen hatten in den letzten 12 Monaten auch Angebote gemacht, die dem Wunsch vieler Eltern nach neuen Formen der Elternarbeit entsprechen:
- Bastelnachmittage/-abende (86%),
- Ausflüge (72%),
- Hospitationen der Eltern in der Gruppe (66%),
- Elternzeitungen/-briefe (65%),
- Elternarbeit in der Gruppe (52%),
- Projekte wie Spielplatzgestaltung (49%),
- Besichtigungen mit Eltern und Kindern (46%) sowie
- Elterntreffs/-stammtische (29%).
Die Befragten berichten, dass Eltern im Rahmen der Elternarbeit organisatorische Teilaufgaben (67%) oder einen Teil der Durchführung von Angeboten (53%) übernehmen, sich an der Vorbereitung der Elternabende beteiligen (32%) und selbständig Elternkreise organisieren (14%). Ein knappes Drittel schätzt den Anteil aktiver Eltern in ihrer Gruppe auf 35% und mehr.
Trotz dieser Vielfalt an Angeboten und der Mitwirkung von Eltern ist nur die Hälfte der befragten Erzieherinnen mit ihrem Kontakt zu Eltern zufrieden. Sie beklagen, dass sie einen Teil von ihnen nicht erreichen (67%), die Eltern zu wenig Zeit (77%) und Interesse (67%) hätten und zu wenig von sich aus auf das Personal zukämen (28%). Auch sind sie mit
- der als unzureichend bezeichneten Vorbereitung auf Elternarbeit durch die Ausbildung (54%),
- dem Mangel an Vorbereitungszeit (35%),
- den schlechten Fortbildungsmöglichkeiten (25%) und
- dem ungünstigen Überstundenausgleich (12%) unzufrieden.
Nur 57% der Erzieherinnen haben das Gefühl, ihre Vorstellungen von Elternarbeit überwiegend oder fast ganz verwirklichen zu können.
Schlussbemerkung
Diese Befragungsergebnisse können uns motivieren, weiter auf eine Verbesserung unserer Elternarbeit hinzuwirken. Wir werden in Eltern Verbündete finden, wenn es um die Entwicklung neuer Formen und Angebote geht. Beide Seiten haben hohe Erwartungen - im partnerschaftlichen Miteinander können wir uns weiter ihrer Verwirklichung nähern. Wir müssen aber auch beachten, dass die Qualität der Zusammenarbeit nicht automatisch mit der Vielzahl der Angebote wächst. Ein Zuviel an mehr oder minder gleichzeitigen Veranstaltungen kann die Eltern überfordern und mit deren beschränktem Zeitbudget kollidieren. Ein Zuwenig an unterschiedlichen Aktivitäten und Angebotsformen lässt hingegen viele Wünsche unerfüllt. Eltern und Erzieherinnen sind Individuen mit verschiedenen Bedürfnissen und Erwartungen - nur eine vielseitige Elternarbeit kann diese befriedigen.
Ziele und Aufgaben der Elternarbeit
Martin R. Textor
Ziele und Aufgaben der Elternarbeit können im pädagogischen Konzept des Kindergartens niedergelegt werden. Dies sollte von den Erzieherinnen gemeinsam entwickelt werden, wobei die Eltern einbezogen werden können. Wichtig ist die Offenheit des Konzepts: Es sollte immer wieder an die Lebenssituation neuer Kinder und ihrer Familien angepasst werden, wobei aber auch die Rahmenbedingungen und die Möglichkeiten des Personals berücksichtigt werden müssen. Oft können die Ziele nur in kleinen Schritten erreicht werden - Misserfolgserlebnisse müssen immer wieder in Kauf genommen werden.
Von zentraler Bedeutung für die Elternarbeit ist die wechselseitige Öffnung: Eltern und Erzieherinnen müssen Zeit finden zum Austausch wichtiger Informationen über das Verhalten des Kindes in Familie und Kindergarten, die Lebenslage der Familie, die Kindergartensituation, Probleme und Belastungen. So wird einerseits den Eltern der Lebensbereich "Kindergarten" transparenter gemacht, während andererseits die Erzieherinnen Einblick in die Familiensituation der ihnen anvertrauten Kinder erlangen und diese in ihrer pädagogischen Arbeit berücksichtigen können. Beide Seiten entwickeln Verständnis für den Lebenszusammenhang und die Problemsicht der jeweils anderen. Vor allem aber können sie ihre Erziehungsziele und -praktiken aufeinander abstimmen. Bei unterschiedlichen, aber akzeptablen Erziehungsstilen können sie zu wechselseitiger Toleranz finden, so dass sie nicht gegeneinander arbeiten. Zugleich kommt es zur Reflexion eigener Einstellungen und Erfahrungen. Nur bei gegenseitiger Offenheit kann in einem Kindergarten nach dem Situationsansatz gearbeitet werden, da bloß unter diesen Umständen die familiale Lebenslage der Kindergartenkinder und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die pädagogische Arbeit erkannt werden können.
Offene Elternarbeit kann auch bedeuten, dass Eltern am Kindergartenalltag teilnehmen, also in der Gruppe hospitieren oder gar mitarbeiten können. Dies hat den Vorteil, dass sie direkt den Kindergartenalltag kennenlernen können. Sie nehmen Anteil am Leben ihres Kindes in der Gruppe und vermitteln diesem den Eindruck, dass sie sich sehr für das interessieren, was es in der Einrichtung erlebt. Oft erkennen die Eltern ganz neue Seiten an ihrem Kind, wenn sie es im Umgang mit anderen oder beim Spielen beobachten. Zudem erleben sie den pädagogischen Stil der Erzieherinnen und sehen, wie diese die Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder fördern und mit problematischen Verhaltensweisen umgehen. Sie schätzen mehr die Arbeit des Kindergartenpersonals und erkennen den Wert des Spiels. Vor allem aber verändern die Eltern oft ihren Erziehungsstil und erlernen positive Formen des Umgangs mit ihren Kindern, indem sie die Erzieherinnen nachahmen. Zum Modellernen kann es aber auch kommen, wenn der Kindergarten Aktivitäten für Eltern und Kinder wie beispielsweise Spielnachmittage anbietet. Hier können sich Eltern zusätzlich am Verhalten anderer Eltern orientieren. Zugleich werden sie zum Spielen angeleitet, wird ihr Leben durch das Spiel bereichert. Hospitationen und gemeinsame Aktivitäten führen auch zur Annäherung der Lebensbereiche "Familie" und "Kindergarten". Sie fördern damit die ganzheitliche Erziehung der Kinder.
Die Beobachtung des erzieherischen Verhaltens des Kindergartenpersonals führt oft zu Gesprächen über Erziehungsziele, -praktiken und -probleme. Damit ist ein zentrales Ziel der Elternarbeit angesprochen: die Einwirkung auf das Erziehungsverhalten der Eltern. Dies kann aber auch z.B. durch Elternabende zu pädagogischen Themen, in Gesprächsgruppen oder durch das Besprechen von Erziehungsfragen der Eltern "zwischen Tür und Angel" bzw. im Büro erreicht werden. Dabei kommt es darauf an, das kindliche Erleben und Verhalten zu verdeutlichen, positive und negative Seiten der Kinder aufzuzeigen, ihre Individualität zu betonen, den Stellenwert der Familienerziehung zu aufzuzeigen, ein entwicklungsförderndes Verhalten von Eltern zu beschreiben, Erziehungsfehler anzusprechen und der häufig zu beobachtenden Verunsicherung von Eltern in pädagogischen Fragen entgegenzuwirken.
Heute legen Eltern großen Wert darauf, im Kindergarten mit anderen Eltern zusammenzukommen und sich mit ihnen über Erfahrungen mit ihren Kindern, Erziehungsfragen, Lebensprobleme und andere sie interessierende Themen auszutauschen. Manche "Nur-Hausfrauen" erleben sich daheim isoliert und suchen im Kindergarten nach befriedigenden sozialen Kontakten. Gelingt es den Erzieherinnen, ihre Einrichtung zu einer Art "Kommunikationszentrum" für Eltern auszugestalten (z.B. durch Angebote wie Müttergruppen oder Familientreffen), so haben sie ein wichtiges Ziel der Elternarbeit erreicht und einen Beitrag zur psychischen Stabilisierung der Eltern geleistet. Manche Mütter und Väter gewinnen auch an Selbstvertrauen, wenn sie im Kindergarten mitarbeiten können - beispielsweise im Elternbeirat, bei Renovierungs- oder Gartenarbeiten, in der Kindergruppe oder bei der Vorbereitung und Durchführung von Festen und anderen Aktivitäten.
Neben der Beratung bei Erziehungsfragen und -schwierigkeiten ist auch die Unterstützung bei anderen Familienproblemen ein Ziel der Elternarbeit. Je mehr sich Erzieherinnen mit der familialen Lebenslage der ihnen anvertrauten Kinder auseinandersetzen, um so mehr werden sie mit Ehekonflikten, den Folgen von Scheidung und Alleinerzieherschaft, mangelnden sozialen Kontakten von Eltern, unbefriedigender Wohnsituation oder aus Arbeitslosigkeit und Armut resultierenden materiellen Nöten konfrontiert. Sie müssen für die Schwierigkeiten der Familie Verständnis zeigen, verbale und emotionale Unterstützung bieten und notwendige Hilfsangebote psychosozialer Dienste vermitteln. Dazu gehört, dass sie auf Rechtsansprüche (z.B. auf finanzielle Hilfen wie Wohngeld, Sozialhilfe oder Unterhaltsvorschuss) hinweisen, zur Kontaktaufnahme mit Behörden und Beratungsstellen motivieren oder selbst - im Einvernehmen mit den Eltern - den Kontakt herstellen. Das setzt Grundkenntnisse über das Wohlfahrtswesen der Bundesrepublik Deutschland und die Vernetzung des Kindergartens mit dem gesamten Spektrum psychosozialer Dienste voraus. Oft reichen aber auch die Möglichkeiten des Kindergartens aus - so kann beispielsweise (berufstätigen) Alleinerziehenden Kinderbetreuung durch andere Eltern an Abenden oder während der Ferien vermittelt und ihnen durch die Gründung eines Alleinerziehendentreffs die Möglichkeit zum wechselseitigen Austausch und zur gegenseitigen Hilfe geboten werden.
Eine weitere wichtige Aufgabe der Elternarbeit ist die Integration sozial benachteiligter Familien, von Aussiedler- und Ausländerfamilien, von Randgruppen und Problemfamilien. Durch Erfahrungen des Zurückgestoßenwerdens und der sozialen Kontrolle sind viele dieser Erwachsenen kontaktscheu und abweisend geworden, sind sie misstrauisch gegenüber Behörden und sozialen Einrichtungen - zu denen auch der Kindergarten gerechnet wird. Außerdem sind ihre Bedürfnisse und Probleme oftmals den Erzieherinnen fremd und unbekannt. So sind große Anstrengungen und viel Geduld erforderlich, will man ein Vertrauensverhältnis zu diesen Familien aufbauen, sie in die Elternarbeit des Kindergartens einbeziehen und ihnen Unterstützung zukommen lassen. dass dies möglich ist, zeigen z.B. die in dem Buch "Zusammenarbeit mit Eltern aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten" von Gabriele Nordt und Gisela Piefel zusammengestellten Praxisberichte.
Schließlich gehört zur Elternarbeit die Integration des Kindergartens in das Gemeinwesen. Das kann so weit gehen wie bei dem Modellversuch "Orte für Kinder", der vom Deutschen Jugendinstitut in München wissenschaftlich begleitet wird. Hier werden traditionelle Einrichtungen der Kinderbetreuung um Angebote der Familienselbsthilfe, Eltern-Kind-Gruppen, Treffpunktmöglichkeiten für Familien am Wochenende, Freizeitveranstaltungen, Jugendgruppen oder Teestuben ergänzt, zu Stadtteilzentren ausgebaut sowie zu Vermittlungsstellen für Tagesmütter und Babysitterdienste erweitert. Durch den Gemeinwesenbezug sollen Kontakte zum Umfeld des Kindergartens hergestellt, Nachbarschaftshilfe mobilisiert, Solidarität mit den Schwachen und Isolierten unserer Gesellschaft gefördert und die Verantwortungsbereitschaft gestärkt werden. Auch in dem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Achten Jugendbericht wird der Ausbau der Kindergärten zu Nachbarschaftszentren mit breit gestreuten Angeboten und Unterstützungsleistungen gefordert - wie z.B. Spielkreise für jüngere Kinder, Hausaufgabenhilfe, die Förderung von Elterninitiativen und die Vermittlung praktischer Fähigkeiten zur Lebenshilfe (z.B. Nähkurse).
Schlussbemerkung
Elternarbeit ist also mit einem breit gefächerten Spektrum von Zielen und Aufgaben verbunden. Und sogleich stoßen wir auf unsere Grenzen: mangelnde Zeit, unzureichende Ausbildung in Methoden der Elternarbeit und Gesprächsführung, fehlende Kenntnisse über die Lebens- und Berufssituation vieler Eltern, Sprachprobleme bei Ausländern und Aussiedlern, Desinteresse der Eltern und des Trägers, wenig Anerkennung unserer Bemühungen, Verschlossenheit vieler Eltern, Konkurrenzverhalten, unterschiedliche Werte und Einstellungen, verschiedene Erziehungsstile usw. Dennoch sind diese Ziele erreichbar - wenn auch nicht alle auf einmal, in kurzer Zeit und zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten. Oft müssen wir uns aufgrund der Rahmenbedingungen und nach der Analyse der Lebenssituation unserer Kinder auf einige Teilziele beschränken. Vielfach können wir einzelne Ziele nur schrittweise in einem langwierigen Prozess verwirklichen.
Auch müssen wir einige wichtige Voraussetzungen berücksichtigen: Elternarbeit gelingt nur, wenn wir uns Zeit für die Eltern nehmen, ihr Vertrauen gewinnen und mit ihnen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Außerdem dürfen wir nicht generell ihre pädagogische Kompetenz bezweifeln: Das Alltagswissen der Eltern über Erziehung und unsere Fachkenntnisse ergänzen einander. Wir erleben Kinder in einem anderen Lebenskontext als Eltern - sie können sich daheim durchaus anders verhalten. So können wir von den Berichten der Eltern über ihr Kind nur profitieren; wir sollten ihre Aussagen nicht grundsätzlich bezweifeln, wenn sie unseren Erfahrungen widersprechen. Generell sollten wir davon ausgehen, dass auch die Eltern das Beste für ihre Kinder wollen. Wir können nur ein partnerschaftliches Verhältnis erreichen, wenn wie sie als gleichberechtigt und gleichwertig betrachten, wenn wir ihnen offen, freundlich, sensibel und verständnisvoll begegnen.
Elternarbeit beginnt mit dem ersten Kontakt
Claudia Matheisl
Der Eintritt in den Kindergarten bringt für jedes Kind vollkommen neue Erfahrungen mit sich:
- Es verlässt oft erstmals die vertraute Lebenswelt der Familie und muss sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden;
- für mehrere Stunden muss es sich von den Eltern trennen und an andere Bezugspersonen gewöhnen;
- in der großen Kindergartengruppe laufen verschiedene Vorgänge anders ab als in der Familie;
- das Kind wird mit jüngeren, älteren und gleichaltrigen Spielpartnern konfrontiert.
Wir können von Kindern nicht erwarten, dass sie sich ab dem Zeitpunkt ihres Kindergarteneintritts in der Einrichtung wohl fühlen. Dies kann nur schrittweise in einem längeren Prozess erreicht werden, in dem Eltern und Erzieher, aber auch die älteren Kinder zusammenarbeiten. Am leichtesten gelingt dem zukünftigen Kindergartenkind aber die Eingewöhnung, wenn ihm im Jahr vor dem eigentlichen Eintritt die Kindergartensituation nach und nach vertraut gemacht, seine Angst vor dem Neuen abgebaut und seine Neugier geweckt wird.
Aber nicht nur das Kind muss sich mit der neuen Situation auseinandersetzen, sondern auch für Eltern kann die mit dem Kindergarteneintritt verbundene Trennung von dem Kind problematisch sein. Gerade Erzieher, die keine eigenen Kinder haben, unterschätzen leicht diese Tatsache. Es geht darum, das Kind vielleicht zum ersten Mal einer fast unbekannten Person anzuvertrauen. Fehlende Informationen über den Ablauf des Kindergartengeschehens und möglicherweise negative Erfahrungen aus der eigenen Kindheit können Eltern zusätzlich verunsichern. Der Kindergarten muss sich deshalb für Eltern und Kind so früh wie möglich öffnen und beide Seiten baldmöglichst am Geschehen teilhaben lassen.
Das Anmeldegespräch
Bereits beim ersten Kontakt mit Eltern beginnt die Elternarbeit, also noch vor Eintritt des Kindes in den Kindergarten. Meist handelt es sich hier um den Zeitpunkt, zu dem Eltern ihr Kind anmelden. Das eigentliche Aufnahmegespräch (im Unterschied zu einer Vormerkung, die aufgrund des Mangels an Kindergartenplätzen oft schon bei Kindern im Säuglingsalter erfolgt) findet statt, wenn eine voraussichtliche Aufnahme des Kindes im nächsten Kindergartenjahr zu erwarten ist. Leider wird die Bedeutung dieses Erstkontaktes für die Eltern, die Erzieherin und das Kind, das unbedingt dabei sein sollte, oft unterschätzt. Auch wenn es zunächst als zusätzlicher Zeitaufwand erscheint, spart sich die Leiterin bzw. Erzieherin später möglicherweise Zeit und Mühe, wenn es gelingt, bereits beim Aufnahmegespräch einen guten Kontakt zu den Eltern und dem Kind anzubahnen. Der erste Eindruck, den diese vom Kindergarten gewinnen, ist ausschlaggebend dafür, wie sich die weitere Zusammenarbeit gestaltet. So macht es einen großen Unterschied, ob
- die Eltern nur kurz nach den wichtigsten Daten gefragt werden oder ob sich die Erzieherin Zeit für ein ausführliches Gespräch nimmt;
- ob die Erzieherin sie mit Informationen überhäuft, die zum Zeitpunkt der Anmeldung für Eltern noch uninteressant sind, oder ob sie auf Fragen und mögliche Befürchtungen der Eltern eingeht;
- ob die Eltern vom ganzen Kindergarten lediglich das Büro sehen oder die Möglichkeit haben, weitere Räume des Kindergartens zu besichtigen; und
- ob die Erzieherin nur über die Arbeit mit den Kindern spricht oder bereits zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit aufzeigt und verdeutlicht, dass sich diese positiv auf die Entwicklung des Kindes auswirkt.
Für das Anmeldegespräch, das meist von der Kindergartenleiterin geführt wird, muss deshalb ein Zeitpunkt vereinbart werden, wo wirklich Raum für alle Fragen der Eltern ist. Möglichst sollte ein Termin gefunden werden, zu dem beide Elternteile kommen können; eventuell muss dabei auf den Spätnachmittag ausgewichen werden.
Inhalte des Gesprächs können die Kindergartenordnung, das pädagogische Gesamtkonzept des Kindergartens und die wechselseitigen Erwartungen sein. Hier gilt es, die Arbeitsweise des Kindergartens, seine Zielsetzungen und Besonderheiten transparent zu machen. Sollte das Team bereits ein Konzept für den Kindergarten erarbeitet haben, so kann dies selbstverständlich als Wegweiser bei dem Erstgespräch dienen. Auch kann es den Eltern ausgehändigt werden.
Außerdem können zu diesem Zeitpunkt besondere Angebote für Eltern vorgestellt und die Erwartungen des Personals an die Eltern artikuliert werden. So hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, wenn schon an dieser Stelle darauf hingewiesen wird, dass beispielsweise mit jeder Familie ein oder mehrere Elterngespräche im Jahr stattfinden, ohne dass ein konkreter Anlass (ein Problem oder ein Konflikt) hierfür vorhanden sein muss. Wenn dies bereits beim Vorgespräch erwähnt wird, hat das den Vorteil, dass die Eltern später diese Gespräche als normal erleben. Zudem sind sie in dieser Situation zumeist sehr offen gegenüber dem Kindergarten, so dass sie derartige Regelungen ohne weiteres akzeptieren.
Frau S. hat in der vergangenen Woche angerufen und einen Termin mit der Leiterin vereinbart. Am Nachmittag erscheint sie zur verabredeten Zeit mit ihrer Tochter Nicole. Die Leiterin begrüßt die beiden und bittet sie in ihr Büro. Hier werden gleich einige Formalitäten erledigt, wobei die Leiterin auch schon Kontakt mit Nicole aufnimmt. Dann wird ein Rundgang durch den Kindergarten gemacht. Frau S. und Nicole sind gleichermaßen neugierig.
Nicole ist bereits vier Jahre alt. Sie ist von der Puppenecke besonders begeistert. Die beiden Mädchen, die dort spielen, zeigen ihr auch gleich alles Sehenswerte. Frau S. und die Leiterin bleiben eine Weile in der Nähe der Puppenecke stehen und unterhalten sich. Frau S. erzählt, dass sie erst vor einem Jahr zugezogen sei und noch wenig Kontakt habe. Sie erhoffe sich vom Kindergarten Spielkameraden für Nicole. Dann gehen Frau S. und die Leiterin ins Büro zurück, nachdem sie dies Nicole mitgeteilt haben, die in der Puppenecke bleibt. Nun erfährt Frau S. noch einiges über die Arbeitsweise des Kindergartens und erhält das Konzept ausgehändigt. An der Möglichkeit von Vorbesuchen der neuen Kinder im Kindergarten zeigt sie sich sehr interessiert. Sie nutzt auch gleich die Gelegenheit und macht die Leiterin auf einige Gewohnheiten "ihrer" Nicole aufmerksam.
Bei einem solchen Aufnahmegespräch kann eine Grundlage geschaffen werden, von der aus eine weitere Verständigung auch in schwierigen Situationen möglich ist. Zugleich spüren die Eltern bereits bei dieser "Erstbegegnung" mit dem Kindergarten deutlich, dass ihre aktive Mitarbeit erwünscht ist.
Der Miniclub
Eine gute Möglichkeit, Eltern und Kinder allmählich an den Kindergarten heranzuführen, bietet der Miniclub. Kinder im Alter von anderthalb bis drei Jahren können hier erste Gruppenerfahrungen machen, neues Spielmaterial kennenlernen und die Kindergartenatmosphäre erleben. Ihre Eltern sind mit ihrem Kind zusammen und spielen mit ihm, nehmen oft aber auch eine Beobachterrolle ein und tauschen ihre Erfahrungen mit anderen Eltern aus. Bei jedem Treffen des Miniclubs ist eine Erzieherin anwesend, die erste Kontakte zu den späteren Kindergartenkindern und ihren Eltern knüpft und Spielanregungen gibt.
In unserem Kindergarten findet der Miniclub einmal pro Woche von 14.30 bis 16.00 Uhr in einem Gruppenraum statt, beschränkt auf den Zeitraum Oktober bis Mai. Eltern und Kinder werden etwa ein Jahr vor dem Kindergarteneintritt schriftlich zum Besuch des Miniclubs eingeladen. Gleichzeitig erhalten sie ein Informationsblatt.
Es ist unbedingt wichtig, von Anfang an zu verdeutlichen, was von den Eltern beim Besuch des Miniclubs erwartet wird:
- aktive Teilnahme am Spielgeschehen,
- Beaufsichtigung des eigenen Kindes,
- Aufräumen und Ordnen des benutzten Spielmaterials.
Gegen Ende des jeweiligen Treffens bietet die Erzieherin ein gemeinsames Spiel, ein Spiellied oder Kreisspiel an, das möglichst einfach und kurz sein sollte. Von den Eltern kam der Vorschlag, die dazugehörigen Anleitungen bzw. Texte zu kopieren, um zu Hause die verschiedenen Spiele wiederholen zu können. Diese Tätigkeit wird nun regelmäßig von einer Mutter übernommen - ein Beispiel, das zeigt, wie Eltern dem Kindergartenpersonal zusätzliche Arbeit abnehmen können. Vor allem aber lernen sie schon zu diesem Zeitpunkt - was noch bei weitem wichtiger ist -, dass ihre Unterstützung auch gefordert wird.
Die Eltern des Miniclubs werden in die verschiedenen Veranstaltungen im Kindergartenjahr einbezogen: Sie erhalten den jeden Monat erscheinenden Elternbrief (Informationen über die Kindergartenarbeit, pädagogische Überlegungen, Veranstaltungshinweise, Eltern- und Kinderbeiträge, Spiel- und Bastelvorschläge usw.), werden zur Bilderbuch- und Spielzeugausstellung eingeladen, können an einer besonderen Nikolaus-, Faschings- und Abschlussfeier für den Miniclub mitwirken und an der Maiandacht, der Martinsfeier und dem Sommerfest teilnehmen.
Der Erfolg des Miniclubs ist beim Kindergarteneintritt im darauffolgenden September deutlich zu erkennen: Kinder, die regelmäßig an den Treffen teilgenommen haben, finden einen besseren Einstieg in das Gruppengeschehen. Sie kennen bereits einige Spielpartner und die Gruppenerzieherin. Auch die Eltern sind sich schon näher gekommen. Sie sind eher bereit, an den Veranstaltungen des Kindergartens teilzunehmen, da zu anderen Müttern und Vätern bereits Kontakte geknüpft wurden.
Somit leistet der Miniclub eine wichtige Vorarbeit. Zugleich erfolgt der Einstieg in die Elternarbeit: Müttern und Vätern wird deutlich, dass das Kindergartenpersonal nicht lediglich die Kinder betreut, sondern mit den Eltern zusammenarbeiten will und von ihnen ein aktives Mittun erwartet.
Erfahrungsbericht einer Mutter
Der einmal wöchentliche Besuch des "Miniclubs" gefiel unserer Tochter Miriam sehr gut. Es war für sie die Gelegenheit, die anderen "Vorkindergartenkinder", die Erzieherinnen und Spiel- bzw. Umgangssituationen kennenzulernen.
Miriam war zwar anfangs noch nicht in der Lage, mit den anderen Kindern gemeinsam zu spielen (da erst zweieinhalb Jahre alt). Sie hielt sich meistens in meiner Nähe auf, beobachtete etwas distanziert das Treiben um sich herum und beschäftigte sich meist alleine mit zahlreichen Spielsachen. Aber die Kinder und auch die Erzieherinnen wurden ihr während des Jahres namentlich bekannt, und ein scheuer Kontakt begann. Vor allem an dem immer gegen Ende des Miniclubs stattfindenden Stuhlkreis der Erzieherin und der Kinder (Eltern blieben dabei meist im Hintergrund) nahm sie - wie die meisten Kinder - mit erstaunlicher Konzentration und Begeisterung teil. Dadurch wurde ihr der im Kindergartenalltag übliche Wechsel zwischen freien Spielzeiten und gemeinsamen Aktivitäten unter Anleitung der Erzieherin schon jetzt vertraut.
Während des Jahres lernte Miriam die Räumlichkeiten des Kindergartens kennen; sehr wichtige Fragen wie z.B. "Wo kann ich auf die Toilette gehen?", "Wer macht mir dann den Hosenknopf auf?", "Wie finde ich meine Jacke wieder?", "Was ist, wenn ich Hunger oder Durst habe?" oder "Ist der Kindergarten weit weg von zu Hause?" konnten geklärt werden.
Dadurch, dass auch ich die Namen der Erzieherinnen und Kinder wusste, konnte ich mit meiner Tochter Ereignisse aus dem Miniclub zu Hause besprechen. Miriam gewann dadurch den Eindruck, dass sie im Kindergarten nicht auf unbekannte, sondern ihr und auch den Eltern vertraute Personen treffen würde.
Der Miniclub war auch eine gute Gelegenheit für die Eltern, Kontakte untereinander zu finden und im Vorfeld mit der Erzieherin Eigenheiten des Kindes sowie befürchtete Schwierigkeiten zu besprechen.
Der eigentliche Eintritt in den Kindergarten vollzog sich dann für Miriam ohne Probleme. Bisher flossen morgens keine Abschiedstränen im Kindergarten. Sogar das frühe Aufstehen fällt der Langschläferin aus Vorfreude auf den ereignisreichen Vormittag nicht schwer, und ihre Begeisterung hat bis heute (3 Monate später) nicht nachgelassen.
Insgesamt war der Besuch des Miniclubs eine sehr gute Vorbereitung auf den Kindergarten. Er hat Miriam große Sicherheit vermittelt. Wir waren überrascht, wie problemlos und schnell sie sich im Kindergarten zurechtgefunden hat und integriert war.
Vorbesuche in der Gruppe
Im Mai endet der Miniclub. Im Juni und Juli werden die zukünftigen Kindergartenkinder dann einzeln (mit ihren Eltern) mindestens zweimal in ihre spätere Gruppe eingeladen. Pro Tag wird somit nur eine Familie eingeplant, damit für sie genügend Zeit zur Verfügung steht und der Tagesablauf in der Gruppe nicht durcheinander gebracht wird. Während dieser Vorbesuche lässt die Mutter oder der Vater das Kind für kurze Zeit auch alleine im Kindergarten. Die Erzieherin nimmt sich Zeit für das Kind und hilft ihm bei der Eingewöhnung. Auch führt sie ein Gespräch mit den Eltern.
In Kindergärten, in denen ein Miniclub nicht möglich ist, können zumindest Vorbesuche ermöglicht werden. Ihre Zahl kann durchaus erhöht werden.
Einführungselternabend
Ende Juli wird ein Elternabend für alle neuen Eltern veranstaltet. Er dient der Klärung von Formalitäten; so erörtert die Kindergartenleiterin die wichtigsten Punkte der Kindergartenordnung. Ferner stellt sie die Schwerpunkte der Kindergartenarbeit vor. Anschließend teilen sich die Eltern auf und gehen mit der zukünftigen Erzieherin ihres Kindes in deren Gruppenraum. Hier folgen praktische Informationen, z.B. über den Tagesablauf in der Gruppe oder das Mitbringen von Süßigkeiten und Pausenbrot. Auch werden offene Fragen der Eltern geklärt.
Beim Einführungselternabend werden auch für den Kindergartenanfang geeignete Kinderbücher vorgestellt:
- "Mein Kindergarten" von Waltraud Schmidt (Ravensburg);
- "Jan und Julia im Kindergarten" von Margret Rettich (Verlag Oettinger);
- "Komm ich zeig' Dir meinen Kindergarten" von Hartmut Schmidt und Theresa Binsteiner (Verlag Herder);
- "Wir gehen in den Kindergarten" (Pestalozzi-Verlag);
- "Das Mädchen, das nicht in den Kindergarten gehen wollte" von Siv Widerberg (Verlag Oettinger).
Außerdem erhalten die Eltern ein Informationsblatt mit dem Titel "Leitsätze für die Eltern der zukünftigen Kindergartenkinder", das einem Buch von Manfred Berger entnommen wurde (siehe Literaturverzeichnis).
Elternbrief
Im September ist die erste Seite des monatlichen Elternbriefes an die Eltern der neuen Kindergartenkinder gerichtet.
Schlussbemerkung
Der Eintritt in den Kindergarten ist der Beginn einer neuen Phase im Leben des Kindes und seiner Eltern. Er kann durch die beschriebenen Angebote erleichtert werden. Zugleich können die Eltern schon im Jahr vor dem Kindergarteneintritt an die Elternarbeit herangeführt und auf eine aktive Mitwirkung vorbereitet werden.
Der alte Elternabend im neuen Kleid
Ingeborg Becker-Textor
Leider verbreitet das Wort "Elternabend" bei vielen Erziehern und auch Eltern eher ein negatives als ein positives Gefühl. Der Begriff wird auch noch immer als Synonym für das breite Feld der Elternarbeit verwendet. Dies mag daran liegen, dass es sich beim Elternabend wohl um die älteste und am meisten praktizierte Form der Elternarbeit handelt. Auch wird noch heute von vielen Aufsichtsbehörden die Qualität der Elternarbeit an der Zahl der Elternabende gemessen. So finden sich in den Besichtigungsprotokollen der Kindergartenaufsicht Fragestellungen wie:
- Wie viele Elternabende pro Jahr führen Sie durch?
- Arbeiten Sie mit Referenten - wenn ja, mit welchen?
- Wie lauteten die Themen Ihrer diesjährigen Elternabende?
usw. Es ist verständlich, dass eine derartige Befragung nach Elternabenden nicht unbedingt motivierend ist und kaum zu experimenteller Elternarbeit ermutigt.
Der Kindergarten braucht aber mehr denn je eine aktualisierte Form der Elternarbeit, die sich an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten von Familien, von Eltern und Kindern, orientiert. So benötigen auch die tradierten Elternabende "ein neues Kleid" - wie es in der Überschrift zu diesem Beitrag heißt.
Liest man in älteren Fachbüchern zum Thema "Elternarbeit" nach, so fällt auf, dass die Empfehlungen zur Gestaltung von Elternabenden zum einen nicht mehr den heutigen Fragestellungen der Eltern entsprechen und zum anderen Kriterien einer modernen, teilnehmerorientierten Erwachsenenbildung keine oder kaum Berücksichtigung finden. So sind Vortragsabende - selbst wenn sich eine Diskussion anschließt - ganz einfach "out". Auch dürfen Themen nicht stark verallgemeinert und mit Eltern auf einer eher abstrakten Ebene besprochen werden. So kann man sie nicht erreichen oder gar für Erziehungsfragen und die Probleme ihrer Kinder sensibel machen. Wie soll nun ein bedürfnisorientierter Elternabend gestaltet werden?
Wenn es uns gelingen soll, Eltern "dort abzuholen, wo sie stehen", dann müssen wir auf individuelle Fragestellungen und Problemlagen von Vätern und Müttern eingehen. Gleichzeitig müssen wir ihnen Erfahrungsspielräume eröffnen, die für Kinder im Kindergartenalltag ganz normal und selbstverständlich sind. Am Beispiel eines Elternabends zum Thema "Wie bereitet der Kindergarten auf die Schule vor?" lässt sich dies sehr gut verdeutlichen. Wie ist ein solcher Abend "gestern" verlaufen und wie sollte er "heute" gestaltet werden?
"Gestern": Der Kindergarten hat eine Grundschullehrerin als Referentin eingeladen. Sie berichtet, was die Schule vom Kindergarten erwartet, und gibt Hinweise, was Kinder beim Schuleintritt können sollten. Daraus werden dann schnell Forderungen an den Kindergarten abgeleitet. Sie reichen vom ordentlichen Betragen der Kinder über Zählen-Können, sauberes Basteln und Farb-Zuordnungen bis hin zu schreibvorbereitenden Übungen oder gar Arbeitsmappen. Die Eltern wollen nun sehen, dass der Kindergarten auf die Schule vorbereitet, und messen die Qualität der Kindergartenarbeit an schulischen Techniken, perfekten Bastelarbeiten oder exakt ausgefüllten Vorschulblättern.
Im Verlauf eines solchen Elternabends werden somit von den Eltern Erwartungen formuliert, was der Kindergarten zu tun habe. Selten oder nie wird aber genauer betrachtet, was im Kindergarten "gelehrt" wird und wie sich dort frühkindliches Lernen vollzieht. Beispielsweise wird durch den Einsatz von Arbeitsblättern schon im Kindergarten eine Lernzielkontrolle durchgeführt. Ist das notwendig? Ist es richtig, wenn am Elternabend nur diskutiert wird, was Kinder wann können müssen, und dabei der Blick auf die Individualität der Kinder verschwimmt? Kein Wunder, dass Erzieherinnen Angst vor fordernden Eltern und einem Elternbeirat haben, der bestimmt, was im Kindergarten getan werden soll!
Ein zeitgemäßer Elternabend
Wieder hat der Kindergarten zum Thema "Wie bereitet der Kindergarten auf die Schule vor?" eingeladen. Auch dieses Mal ist die Lehrerin dabei. Aber sie hält nicht das Hauptreferat - es gibt gar kein Referat. Stattdessen hat sich die Erzieherin etwas ganz besonderes ausgedacht. Sie hat sich den Fächerkanon der ersten Klasse vorgenommen und auf kleine Kärtchen jeweils ein Fach aufgeschrieben.
Die Erzieherin begrüßt die Eltern an der Haustüre und bittet sie, sich ein Kärtchen pro Person zu nehmen. Im Flur stehen die Eltern noch ein paar Minuten in kleinen Gruppen herum und unterhalten sich. Als wohl die meisten Eltern eingetroffen sind und im Gruppenraum Platz gefunden haben, begrüßt die Erzieherin nochmals alle und informiert über den Ablauf des Abends: Für jedes spätere Unterrichtsfach relevante Materialien liegen in den Räumen des Kindergartens aus. Ein Schild an der Tür oder in einer Ecke des Raumes weist auf das jeweilige Fach hin. Der Arbeitsauftrag an die Eltern ist nun, sich mit den für das auf ihrer Karte vermerkte Fach vorgegebenen Materialien zu beschäftigen und dabei zu überlegen, wie diese auf die Schule vorbereiten. Die Erzieherinnen und Praktikanten des Kindergartens geben im Bedarfsfall Hilfestellung.
Schreiben: Hier stehen Kleister, alte Zeitungen, Wasser, Tonmehl, Plastilin, Mehl und Salz zur Verfügung. Die Eltern werden zu den verschiedenen Aktivitäten angeleitet. Aus den Zeitungen reißen sie kleine Schnipsel, die dann mit Kleister zur Papiermaché verknetet werden. Eine mühsame Arbeit. Währenddessen rühren einige andere Eltern Ton an. In den Schlick aus Tonmehl und Wasser wird immer mehr Tonmehl geknetet, so dass eine geschmeidige Tonmasse entsteht. Ähnlich aktiv sind Eltern bei der Herstellung von Salz-Mehl-Teig oder beim Kneten mit Plastilin.
Ob die Eltern erkennen, dass es sich bei ihren Aktivitäten um "schreibvorbereitende Übungen" handelt? Ob sie spüren, wie sie die Muskulatur der Arme und vor allem der Hände trainieren und lockern? Zunächst sind jedoch die Gesichter "lang", und die Frage, was das mit dem Schreiben zu tun habe, steht unausgesprochen im Raum.
Heimat- und Sachkunde: Die vorbereiteten Materialien umfassen Steine, einen dicken Erdklumpen, ein Büschel Unkraut, eine alte Uhr, Schraubenzieher, Lupen usw. Jetzt können die Mütter und Väter auf Entdeckungsreise gehen... Es kostet sie schon einige Überwindung, den Erdklumpen auseinanderzunehmen und mit der Lupe nach Spuren von Regenwürmern oder anderem Getier zu suchen. Mutig machen sich andere Eltern an die Demontage der alten Uhr. Bald geht es recht geschäftig zu. Es wird viel gelacht.
Kunsterziehung: Verschiedenste Papiersorten, Farben aller Art - Fingerfarben, Wachskreiden, Wasserfarben, Buntstifte usw. - liegen bereit. Die Eltern bekommen den Auftrag, ein Frühlingsbild zu gestalten. Sie wählen ganz unterschiedliche Materialien aus und machen wichtige Erfahrungen: So stellen sie beispielsweise fest, dass sich auf Japan- oder Hochglanzpapier nicht so gut mit Wachskreiden malen lässt. Erst gehen sie noch zaghaft an die Arbeit, doch nach einer Weile stürzen sie sich in Mal- und Zeichenexperimente, versinken richtig in ihr Tun. Ob sie wohl bei der Auswertung feststellen werden, dass sie die wichtigste Erfahrung während des Malens gemacht haben - dass der Prozess für den Lernerfolg wichtiger ist als das Produkt, das am Ende steht...
Es erübrigt sich, hier noch die für weitere Fächer ausgelegten Materialien näher darzustellen. Vielmehr interessiert, wie es mit dem Elternabend weitergegangen ist...
Nach rund 45 Minuten aktivem Tuns müssen die Eltern ihre Beschäftigungen abbrechen. Einige sind enttäuscht; sie hätten gerne noch viel länger "gearbeitet" und "gelernt". Alle treffen sich nun im Plenum. Die einzelnen Gruppen berichten von ihren Erfahrungen, Erlebnissen, ihren Lernerfolgen - aber auch, wie es ihnen gefühlsmäßig ergangen ist. Gemeinsam wird versucht, herauszuarbeiten, warum alle diese Aktivitäten, die im Kindergartenalltag ganz selbstverständlich sind, für die kindliche Entwicklung ebenso wie für die Vorbereitung auf die Schule von Bedeutung sind. Hier kann sich nun auch die Lehrerin einbringen und die Zusammenhänge zwischen dem Lernen im Kindergarten und dem Lernen in der Schule aufzeigen.
Nach einem solchen Elternabend werden Eltern verstehen - besonders aufgrund der eigenen Erfahrungen, die sie machen durften -, dass schulische Techniken keinen Platz im Kindergarten haben, dass aber die ganzheitlichen Erfahrungen, das Erleben und das Wahrnehmen mit allen Sinnen das Lernen im Kindergarten bestimmen. Die Kinder finden hier Raum für eigene Entdeckungen und Erfahrungen, können aber vor allem prozessorientiert lernen. Das Ergebnis bzw. Ziel bleibt im Blick, ist jedoch nicht handlungsbestimmend. Die Freude am Tun und am selbständigen Aktiv-Sein rückt in den Mittelpunkt. Für dieses Tun kann sich das Kind im Kindergarten viel Zeit lassen, kann sein Tempo selbst bestimmen, kann Aktivitäten beliebig oft wiederholen. Es erwirbt auf solche Weise ganz verschiedene Kompetenzen und erfährt zugleich die notwendige Vorbereitung auf die Schule.
Schlussgedanke
Es ließen sich noch viele Beispiele für "Elternabende im neuen Kleid" beschreiben. Allen gemeinsam wäre jedoch die Zielsetzung, Eltern das Leben und Lernen ihrer Kinder im Kindergarten über das eigene Erfahrungslernen und die eigenen Erlebnisse näherzubringen. "Tot" ist hingegen der Elternabend, bei dem Eltern belehrt werden, bei dem ihnen Rezepte vermittelt oder gar alle Erziehungsprobleme fachmännisch gelöst werden sollen.
Es ist selbstverständlich, dass Elternabende in das breite Feld der Elternarbeit eingebettet sein müssen. So sind z.B. Hospitationen von Vätern und Müttern im Kindergarten fast schon unverzichtbar, denn sie bieten die Möglichkeit, dass Eltern Kinder bei ihrem aktiven Tun beobachten können und in dieses einbezogen werden. Was Eltern während einer solchen Hospitation alles über Kinder und das Leben im Kindergarten erfahren können! Reflektiert, diskutiert und vertieft werden die Erlebnisse und Erfahrungen dann z.B. beim Elternabend - bei einem Elternabend im neuen Kleid.
Elterngruppen
Brigitte Blank und Sylvia Maria Fenzl
Für den Kindergarten als einer familienunterstützenden und -ergänzenden Einrichtung sind Elterngruppen sehr wünschenswert. Auf diese Weise kann vom Kindergartenpersonal eine größere Anzahl von Eltern erreicht, aber auch spezielle Gruppen von Eltern gesondert angesprochen werden. Der Kontakt zu den Eltern kann intensiviert und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut bzw. vertieft werden. Außerdem können Informationsfluss und -austausch verbessert werden, ergeben sich aus der Gruppenarbeit oft wichtige Einzelkontakte und Beratungsgespräche.
Eltern, die einer Elterngruppe angehören, bietet sich die Möglichkeit, "ihren" Kindergarten (Räumlichkeiten, Personal, Aufgaben, Arbeitsinhalte) näher kennenzulernen. Zudem können sie in der Gruppe wichtige Fragen und Anliegen einbringen und Informationen, Ratschläge und Stellungnahmen einholen. Sie können andere Eltern kennenlernen (z.B. auch die Eltern von Freunden ihres Kindes) und neue Freunde gewinnen. Erfahrungen und Erlebnisse (auch aus der eigenen Kindheit und über die eigene Persönlichkeitsentwicklung) können ausgetauscht, Erziehungsfragen und -techniken diskutiert werden.
Für viele Eltern bietet eine Elterngruppe auch die Möglichkeit, aus ihrer Isolation herauszutreten und andere Menschen kennenzulernen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Dies trifft besonders auf Eltern zu, die in Großstädten und in Neubaugebieten wohnen, neu zugezogen sind oder aufgrund ihrer Berufsunterbrechung den Kontakt zu anderen Menschen schmerzlich vermissen. Aber auch Eltern aus anderen Nationen, Aussiedler oder alleinerziehende Eltern sind oft an intensiven Kontakten mit Personen in der gleichen Lage interessiert. Die Teilnehmer einer Elterngruppe sind auch eher zur Nachbarschaftshilfe bereit, zur Gründung von Fahrgemeinschaften, zum Miterledigen von Besorgungen, zur Aushilfe bei der Kinderbetreuung etc.
Elterngruppen können sowohl vom Kindergartenpersonal als auch von den Eltern ins Leben gerufen werden. Wollen Erzieherinnen eine Elterngruppe gründen, so sind zunächst im Team folgende Punkte abzuklären:
- Wie ist die Situation im Kindergarten (Größe des Kindergartens, personelle und räumliche Situation, Träger, Umfeld)?
- In was für einer Situation leben die Kindergartenkinder und ihre Familien (Wohnsituation, soziale Lage, Schichtzugehörigkeit, spezifische Bedürfnisse usw.)?
- Ist das Interesse an einer Elterngruppe im Kindergarten vorhanden? Bei allen Teammitgliedern oder nur bei einem Teil der Mitarbeiter?
- Welche Bedürfnisse und Erwartungen sind auf Seiten der Eltern gegeben?
- Welche Ziele werden mit der Gründung einer Elterngruppe verfolgt?
- Welche Eltern sollen angesprochen werden? Alle Eltern? Eine besondere Gruppe wie Aussiedlerfamilien? Eltern, die an einem bestimmten Thema interessiert sind?
- Welche Form soll die Gruppe haben? Offen oder geschlossen?
- Wie groß darf die Gruppe höchstens sein? Was ist die minimale Teilnehmerzahl?
- Wer leitet, begleitet oder betreut die Gruppe? Eine Erzieherin? Die Eltern selbst? Ein von außen kommender Referent?
- Sollen die Kinder in die Gruppe integriert werden (Eltern-Kind-Gruppe)?
- Soll während der Elterngruppe eine Kinderbetreuung angeboten werden?
- Wie soll für die Elterngruppe geworben werden?
- Wo findet die Elterngruppe statt? In einem Raum des Kindergartens? In einem Zimmer des Gemeindezentrums? Im Nebenraum einer Gaststätte?
- In welchem zeitlichen Turnus (wöchentlich, vierzehntägig, monatlich etc.) sollten sich die Eltern treffen? An welchem Wochentag? Zu welcher Uhrzeit? Wie lange?
- muss der Raum besonders gestaltet sein? Welche Sitzordnung ist empfehlenswert?
Häufig werden auch Eltern von sich aus initiativ und möchten eine Elterngruppe gründen, um sich mit anderen Eltern und eventuell auch den Erziehern zum Erfahrungsaustausch zu treffen, um bestimmte Vorhaben und Unternehmungen zu planen und durchzuführen oder um sich gemeinsamen Interessen zu widmen. Treten Eltern mit dem Wunsch, eine Elterngruppe zu gründen oder eine bereits bestehende Gruppe (z.B. eine Gruppe aus der Kinderkrippenzeit, eine Eltern-Kind-Gruppe) am Kindergarten weiterzuführen, so ist es empfehlenswert, dem oben genannten Fragenkatalog mit den Eltern gemeinsam abzuklären, so dass Dissonanzen vermieden werden und die Gründung einer Elterngruppe optimal vorbereitet wird.
Generell ist noch anzumerken, dass zum einen die Arbeit in einer Elterngruppe sorgfältig geplant und strukturiert sein sollte. Zum anderen muss jedoch genügend Freiraum für ein umfeldbezogenes, situationsorientiertes, flexibles und individuelles Vorgehen bleiben - und natürlich für den Input der Eltern. Anhand von Beispielen aus unserer Arbeit mit Elterngruppen sollen nun verschiedene Formen vorgestellt werden.
Elterntreff
Im Team des Kindergartens, das schon lange Jahre zusammenarbeitete, war man gemeinsam auf der Suche nach neuen Formen der Elternarbeit. Nach mehrmaligen Besprechungen kam man überein, einen Treff für Eltern im Kindergarten anzubieten. Die Eltern sollten die Möglichkeit bekommen, sich vierzehntägig am Mittwochnachmittag im Kindergarten zu treffen. Hier sollten vor allem die "neuen" Kindergarteneltern, aber auch die Eltern, deren Kinder verschiedene Gruppen besuchten, die Möglichkeit erhalten, miteinander bekannt zu werden. Breiten Raum sollten jedoch auch der Informations- und Gesprächsaustausch zu den Themen "Erziehung" und "Familie" einnehmen.
Zu den Treffen, die jeweils abwechselnd von den Erzieherinnen geleitet wurden, wurden die Eltern durch Aushänge und persönliches Ansprechen eingeladen. Obwohl sich das Angebot "Eltern-Treff" an alle Eltern richtete, kristallisierte sich schon bald eine Gruppe von Müttern heraus, die regelmäßig an den Treffs teilnahmen. Andere Eltern schauten ab und zu vorbei - die einen, wenn es ihnen zeitlich möglich war, die anderen, weil sie ein angekündigtes Thema besonders interessierte.
Im "Eltern-Treff" wurde u.a. über aktuelle Ereignisse, Veranstaltungen, Einkaufsmöglichkeiten und Babysitterdienste gesprochen. Zu regem Gesprächsaustausch kam es, wenn von eingeladenen Fachleuten, wie z.B. von einer Diplom-Pädagogin der Beratungsstelle, ein besonders interessantes Thema angeboten wurde.
Zu einem Eltern-Treff wurde eine Ernährungsberaterin eingeladen, da sich im Kindergarten zu dieser Zeit einige Kinder befanden, die durch ihre Übergewichtigkeit sehr beeinträchtigt waren und im emotionalen, sozialen und motorischen Bereich Auffälligkeiten zeigten. Auch wurde beobachtet, dass nur die wenigsten Kinder eine "gesunde" Brotzeit für die Pause dabei hatten.
Die Ernährungsberaterin informierte über eine qualitativ hochwertige Kinderernährung. Es gab Müsli und diverse Brotaufstriche zum Probieren - zunächst für die Mütter, anschließend für die Kinder. Es war für alle Beteiligten sehr interessant, das Essverhalten von Eltern und Kindern zu beobachten: Mütter, denen z.B. bestimmte Brotaufstriche oder Müslis nicht zusagten, behaupteten, ihre Kinder würden diese ebenfalls nie und nimmer essen. Bevor dann die Kinder, die zunächst von einer Kinderpflegerin betreut worden waren, hinzugeholt wurden, wurden die Mütter gebeten, ihre Kinder in ihrem Essverhalten nicht zu beeinflussen (was einigen der Frauen sehr schwer fiel). Einige Kinder aßen dann entgegen der Erwartung ihrer Mütter die Brotaufstriche und Müslis. So konnte in diesem "Eltern-Treff" auch veranschaulicht werden, wie sehr das Essverhalten der Kinder von dem Ernährungsbewusstsein und Essverhalten der Eltern abhängig ist.
Zum Schluss der Veranstaltung bekamen die Eltern noch Informationsmaterial mit. Es wurde vereinbart, dass einige von der Ernährungsberaterin empfohlene Bücher für den Kindergarten angeschafft werden und von den Eltern ausgeliehen werden können.
Einige der Eltern, deren Kinder unter Übergewichtigkeit litten, waren nun bereit, ein Einzelgespräch mit der Ernährungsberaterin und der Gruppenleiterin zu führen.
Da die "Eltern-Treffs" regen Zuspruch fanden, wurden sie auch im darauffolgenden Kindergartenjahr fortgesetzt. Nun hatten sich die regelmäßig teilnehmenden Eltern bereits zu einer Gruppe gefestigt. Die einzelnen Teilnehmerinnen brachten sich sehr engagiert in das Gruppengeschehen ein. Auch wurde eine große Anzahl der "Eltern-Treffs" von den Müttern selbst vorbereitet und durchgeführt. So bot eine Teilnehmerin "Eltern-Kind-Turnen" im Turnraum des Kindergartens an. Unter Anleitung einer anderen Mutter wurden mit Begeisterung Lederbilder hergestellt. Eine als Gymnastiklehrerin tätige Mutter lud abends in den Turnraum des Kindergartens zum "Step-Aerobic" ein. Auch wurden von der "Eltern-Treff-Gruppe" aus viele Aktivitäten für alle Kindergarten-Familien geplant und durchgeführt, so z.B. eine romantische Schneewanderung und ein Fahrradausflug.
Während der Eltern-Treffs bestand für die teilnehmenden Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder von einer Kinderpflegerin betreuen zu lassen. Dies wurde von den Eltern sehr begrüßt, da sie sich so ohne die Kinder zum Gespräch mit anderen Eltern treffen konnten und gleichzeitig die Kinder gut versorgt wussten. Die jüngeren Geschwister der Kinder, also die zukünftigen Kindergartenkinder, konnten zugleich einen Eindruck vom Kindergartenleben bekommen. Auch den Kindergartenkindern selbst machte es großen Spaß, zu einer anderen Zeit und in einer anderen Gruppenzusammensetzung als üblich im Kindergarten zu sein. Einige waren stolz darauf, den kleinen Geschwistern ihren Kindergarten und "was man da so alles machen kann" zu zeigen.
Gesprächskreise
Elterngruppen können auch in der Form einmalig stattfindender Gesprächskreise angeboten werden. Sie unterscheiden sich von Elternabenden dadurch, dass großer Wert auf den Gesprächs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Eltern gelegt wird. Auch soll der Kontakt zwischen ihnen gefördert werden. Referate spielen hingegen keine Rolle.
Zu Beginn des Kindergartenjahres wurde im Team beschlossen, die Elternangebote im kommenden Kindergartenjahr besonders an den Situationen und Bedürfnissen der Eltern zu orientieren. Da die Zahl der alleinstehenden Mütter aufgrund von Trennungen, Zuzug usw. stark zugenommen hatte, fand zunächst ein Gesprächskreis zum Kennenlernen und Erfahrungsaustausch statt. Er wurde von einer Erzieherin und einem Psychologen der Erziehungsberatungsstelle geleitet. Zwischen einigen Teilnehmerinnen entwickelten sich daraufhin Freundschaften, während eine andere, die sich in einer sehr problematischen Lage befand, anschließend die Beratungsstelle aufsuchte.
Einige Zeit vor der Schuleinschreibung fand für die Eltern der Schulanfänger ein Gesprächskreis unter dem Motto "Unser Kind kommt in die Schule" statt. An dem Gesprächskreis nahmen die Erzieherinnen, die Lehrerin, die die Kinder voraussichtlich in der ersten Klasse unterrichten wird, und ein Schuljugendberater teil.
In diesem Gesprächskreis berichtete zunächst eine Erzieherin über ihre Vorschularbeit anhand einer Ausstellung von Vorschularbeitsmaterialien. Dann kam es zu einer intensiven Diskussion. Dabei wurden die Gesprächsbeiträge der Eltern, die bereits Kinder in der Schule hatten, als besonders interessant erlebt.
Bei vielen der teilnehmenden Eltern konnten - auch durch das Kennenlernen der Lehrerin - Ängste und Unsicherheiten abgebaut werden. Ferner nahmen sich die Eltern vor, die im Kindergarten entstandenen Kontakte auch dann zu pflegen, wenn ihre Kinder die Schule besuchen.
Auch die religiöse Erziehung eignet sich für die Diskussion in Gesprächskreisen. Gerade hier ist eine starke Verunsicherung der Eltern zu spüren, die von ihnen auch immer wieder artikuliert wird. Heutige Formen der Glaubensvermittlung, Beten mit Kindern, die Feste im Kirchenjahr werden häufig erst wieder durch den Kindergarten (in veränderter Form) an die Familien herangetragen.
Anlässe zur Erörterung religiöser Themen bieten vor allem die großen Feste im Kirchenjahr:
So wird in einem Kindergarten während der Adventszeit zu einem Gesprächskreis über Weihnachten eingeladen. Das Angebot findet am Nachmittag statt. Die Kinder der teilnehmenden Mütter werden in einem Gruppenraum betreut. Anhand von verschiedenen Fragen wird zunächst in Kleingruppen über die eigenen Erfahrungen der Mütter, die Festgestaltung in der eigenen Familie, Jesus und das Christkind, die Bedeutung der Geschenke etc. gesprochen; danach findet ein Austausch im Plenum statt. Schließlich berichtet eine Erzieherin über die Festvorbereitung im Kindergarten und wie den Kindern die religiösen Inhalte vermittelt werden.
Die ideale Teilnehmerzahl für derartige Gesprächskreise liegt bei zehn bis 20 Personen. Die Treffen können auch unter Einbeziehung eines Pfarrers oder Theologen stattfinden.
Elterngruppe für Aussiedlerfrauen
Bereits einige Wochen nach Beginn des Kindergartenjahres war den Erzieherinnen aufgefallen, dass die Eltern der Aussiedlerkinder kaum Kontakt untereinander hatten und selten mit anderen Eltern ins Gespräch kamen. An Veranstaltungen des Kindergartens nahmen sie kaum teil. Die Gründe hierfür waren sicherlich, dass sie zum einen die deutsche Sprache noch nicht ausreichend beherrschten und zum anderen kaum jemanden kannten.
In einer Teamsitzung wurde die Situation der Aussiedlerkinder und ihrer Familien besprochen und folgende Idee entwickelt: Wenn die Frauen zu einem Treffen in den Kindergarten eingeladen werden würden, hätten sie die Gelegenheit, sich untereinander kennenzulernen und den Kindergarten als einen Ort mit Angeboten für Eltern zu erfahren. Vielleicht könnten sie damit auch zur Teilnahme an weiteren Veranstaltungen des Kindergartens motiviert werden. Die Mütter der Aussiedlerkinder wurden daraufhin von den Erzieherinnen angesprochen. Sie zeigten großes Interesse an einem Treffen.
Zum ersten Treffen, das von einer Erzieherin geleitet wurde, kamen alle Aussiedlerfrauen. Eine von ihnen brachte Kuchen mit; vom Kindergarten wurden Kaffee und Tee zur Verfügung gestellt. Schon nach kurzer Zeit herrschte eine zwanglose Atmosphäre. Erfahrungen mit Behörden wurden ausgetauscht; über Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche wurde zum Teil in deutscher und zum Teil in polnischer Sprache diskutiert.
Die Aussiedlerfrauen kamen noch einige Male - auch außerhalb des Kindergartens - zu Treffen und gemeinsamen Unternehmungen mit ihren Kindern zusammen, die allen gut gefielen. Die Erzieherin, die die Frauen betreute, konnte relevante Kenntnisse für ihre Arbeit mit den Aussiedlerkindern erlangen.
Treffpunkt für alleinerziehende Eltern
Bedingt durch seine zentrale Lage und langen Öffnungszeiten besuchten unseren Kindergarten viele Kinder aus Teilfamilien. Bei der Ganztagsgruppe betrug der Anteil der alleinerziehenden Eltern nahezu 50%. Unterschiedliche Bring- und Abholzeiten (zum Teil durch Schichtarbeit bedingt) waren der Grund dafür, dass sich die Mütter relativ selten im Kindergarten begegneten. Hinzu kam, dass viele Alleinerziehende eher zurückgezogen lebten und an Veranstaltungen des Kindergartens nur vereinzelt teilnahmen (Doppelbelastung, fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, schlechte Verkehrsverbindungen).
Um den Kontakt zu den alleinerziehenden Eltern zu verbessern und um ihnen ein Forum zum Erfahrungsaustausch zu verschaffen, wurden "Treffs für Alleinerziehende" angeboten, die von der Erzieherin der Ganztagsgruppe geleitet wurden. Als für die alleinerziehenden Mütter günstigsten Zeitpunkt wurde der Freitagnachmittag ab 16.00 Uhr für die Treffen festgelegt. Die Kinder konnten während dieser Zeit im Kindergarten betreut werden. Die Treffen fanden regelmäßig alle vier bis sechs Wochen statt.
An den Gesprächsrunden nahmen jeweils zwischen sechs und 12 Frauen teil. Zu den ersten Treffen wurden in Absprache mit den Müttern verschiedene Fachleute eingeladen, die sich mit für Alleinerziehende relevanten Fragen beschäftigten. So konnten in Gesprächen mit der Frauenbeauftragten der Stadt oder der Vorsitzenden des Kinderschutzbundes wichtige Informationen an die Frauen weitergegeben werden. Gleichzeitig konnten diese ihre spezielle Situation und ihre Bedürfnisse den zuständigen Fachleuten schildern.
Sehr intensiv verlief die Auseinandersetzung mit dem Thema "Mama, warum wohnt der Papa nicht bei uns?" unter der Leitung eines Psychologen von der Erziehungsberatungsstelle. Im Gespräch konnten viele Fragen geklärt werden. Eine umfassende Aufarbeitung der Thematik war in diesem Rahmen jedoch nicht möglich.
Bei den Treffen mit den Fachleuten konnten sich die Frauen untereinander und die Situation der anderen Mütter besser kennenlernen, ohne dass zu viel Nähe abschreckend wirkte. Ein gemeinsamer Zoobesuch und ein Grillfest vertieften die Kontakte.
Im zweiten Jahr nahm das Interesse an Gesprächen mit Fachleuten und an vorbereiteten Themen ab. Im Vordergrund stand nun die persönliche Situation der einzelnen Frauen. Probleme wurden besprochen, und es wurde gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Die freie, ungezwungene Kommunikation und der Austausch von Erfahrungen halfen, die eigene Situation zu akzeptieren, zu verarbeiten und neues Selbstbewusstsein aufzubauen. Eine Mutter äußerte sich so: "Ich hab' gedacht, hier wird nur über Probleme gesprochen. Aber hier kann man ja auch Spaß haben." Und nachdem sie in der Runde "ihre Geschichte" erzählt hatte, meinte sie anschließend: "Das hat 'mal gut getan!"
Einige Mütter trafen sich auch außerhalb der Treffs im Kindergarten. Sie regelten die Kinderbetreuung untereinander so, dass es ihnen möglich war, einen Abend wegzugehen, ohne einen teuren Babysitter bezahlen zu müssen. Auch betreuten in der Vorweihnachtszeit abwechselnd einige Alleinerziehende (gemeinsam mit einer Erzieherin) an den Samstagvormittagen die Kinder, damit die anderen Mütter ihre Weihnachtseinkäufe erledigen konnten.
"Räume für Eltern"
Um Eltern ein kurzes zwangloses, aber gemütliches Zusammensein zu ermöglichen, das den Ablauf in den Kindergruppen nicht beeinträchtigt, kam von einer Erzieherin der Vorschlag, den Sofabereich im Flur des Kindergartens für die Eltern auszugestalten. In Regalen neben dem Sofa wurden Informationsmaterialien für Eltern sowie Fotoalben (mit Bildern vom Kindergartenalltag, Festen etc.) ausgelegt.
Viele Eltern halten sich seitdem gerne im Sofabereich auf, um in Ruhe die Fotoalben durchzublättern, einen Blick in eine Informationsbroschüre oder auf das Anschlagbrett zu werfen oder um einen kleinen "Plausch" mit anderen Kindergartenmüttern zu halten. Im Sommer können die Eltern Bänke unter den Bäumen im weitläufigen Garten des Kindergartens für ein zwangloses Beisammensein nutzen.
Schlussbemerkung
Deutlich wird, dass es viele Wege gibt, formelle oder informelle Elterngruppen im Kindergarten zu etablieren, die einmal, mehrfach oder letztlich unbegrenzt zusammenkommen. Sie können mit Erzieherinnen oder Referenten oder nur mit Eltern stattfinden, unter einem Thema stehen oder die Ausübung eines Hobbys zum Ziel haben. Aber immer wird erreicht, dass die Eltern einander näherkommen, sich über für sie wichtige Themen austauschen, Freundschaften schließen und sich unter Umständen im Familienalltag gegenseitig helfen.
Angebote für Eltern und Kinder
Claudia Matheisl
Der Begriff "Elternarbeit" wird von vielen Personen falsch gedeutet. In der Kindergartenarbeit bedeutet er nicht, dass Erzieher Eltern "bearbeiten", ihnen pädagogische Rezepte geben, bei Elternabenden referieren oder zu Veranstaltungen einladen, bei denen Kinder etwas vorführen. Vielmehr muss Elternarbeit geprägt sein durch das gemeinsame Tun von Vätern, Müttern und den Mitarbeitern des Kindergartens, eventuell auch von den Großeltern. Interessant und erfolgreich wird Elternarbeit erst dann, wenn die Bedürfnisse und Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden, wenn Eltern zum aktiven Mitarbeiten aufgefordert werden, und wenn Erzieherinnen in der Elternarbeit nicht lediglich eine ungeliebte Pflicht sehen.
In ein und demselben Kindergarten kann die Elternarbeit in jeder einzelnen Gruppe ganz anders aussehen. Ein Grund sind neben verschiedenen Interessen die unterschiedlichen Arbeitszeiten der Eltern. Gerade in Ganztagsgruppen mit einem großen Anteil an alleinerziehenden Müttern oder bei Vollzeitbeschäftigung beider Elternteile ist es schwierig, geeignete Zeiten für gemeinsame Veranstaltungen zu finden. Hier sind oft nur Angebote am Wochenende oder direkt nach Kindergartenschluss sinnvoll.
Erfahrungsgemäß finden gemeinsame Veranstaltungen von Eltern und Kindern das meiste Interesse. Das Problem, einen Babysitter zu suchen, erübrigt sich. Auch macht es den Eltern Freude, mit ihren Kindern etwas gemeinsam zu erleben, zu gestalten oder zu feiern. Zu den Vorteilen von Angeboten für Eltern und Kinder gehört ferner:
- Eltern nehmen Anteil an dem, was ihr Kind im Kindergarten erlebt;
- Kontakte zwischen einzelnen Kindern werden vertieft;
- es können Kontakte zwischen Eltern geknüpft werden (z.B. Kindergarten als Treffpunkt von Eltern, die aus Wohngebieten mit wenig jungen Familien kommen oder neu zugezogen sind);
- Familien gestalten gemeinsam ihre Freizeit;
- Eltern und Kinder erleben Aktivitäten, die nur in einer größeren Gruppe möglich sind (Spielstunden, Feste);
- Eltern und Kinder können von der Erzieherin im direkten Umgang miteinander beobachtet werden;
- der Kontakt zwischen Eltern und Erzieher kann vertieft werden;
- die Bereitschaft zum Gespräch miteinander kann wachsen - auch bei Erziehungs- und Familienproblemen;
- Eltern fühlen sich in das Kindergartengeschehen eingebunden, können ihre Ideen einbringen;
- Eltern haben nicht das Problem, nach einer Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind während der Veranstaltung suchen zu müssen;
- Eltern erhalten Anregungen, wie sie ihre Freizeit mit den Kindern sinnvoll gestalten können.
Im Folgenden sollen nun einige Beispiele von Angeboten für Eltern und Kinder gegeben werden. Daneben sind viele weitere Möglichkeiten denkbar.
Adventsbasteln
In der Adventszeit wurde ein Bastelnachmittag für Eltern und Kinder angeboten. Es standen Bastelarbeiten nur für Erwachsene und solche gemeinsam für Eltern und Kinder zur Auswahl. Adventliche Musik und Tee trugen zur gemütlichen Stimmung bei. Es nahmen ausschließlich Mütter mit ihren Kindern teil; Väter kamen nicht mit. Jüngere Geschwister, darunter auch einige Babys, konnten mitgebracht werden. Sie bastelten mit oder wurden in einem Nebenraum betreut. An den einzelnen Basteltischen kam es zu einer angeregten Unterhaltung über Weihnachtsdekoration und Festerlebnisse aus der eigenen Kindheit.
Selbstverständlich können auch zu anderen Zeitpunkten im Verlauf des Kindergartenjahres Bastelnachmittage angeboten werden. Väter lassen sich manchmal einbinden, wenn Gegenstände für den Kindergarten - wie Spielsachen oder Außengeräte - gebaut oder repariert werden sollen.
Spielstunden für Eltern und Kinder
Aus Gesprächen mit Eltern ist immer wieder herauszuhören, dass Väter und Mütter nur wenige für ihre Kinder geeignete Spiele kennen. Eine gute Möglichkeit, den Spielschatz der Eltern zu erweitern und ihnen in einer gelösten Atmosphäre Kontakt zu anderen Familien zu vermitteln, bieten Spielstunden, die z.B. im Kindergartenturnraum stattfinden können. Hier werden Wettspiele, Spiellieder, Tänze und Geschicklichkeitsspiele für Erwachsene und Kinder angeboten.
Die Auswahl wird so getroffen, dass zum Teil Spiellieder und Tänze durchgeführt werden, die den Kindern bereits bekannt sind. So wurde z.B. nach dem Spiellied "Händedrücken" von Rolf Krenzer folgende Strophe von den Kindern gedichtet: "Eltern kitzeln, ist 'ne schöne Kunst..." Das gab ein großes Gelächter, und alle hatten jetzt den richtigen Schwung zum gemeinsamen Spiel.
Zur Intensivierung der Beziehung zwischen Vätern und Kindern bieten sich Spielgruppen an, von denen Mütter ausgeschlossen sind. Da jedoch fast alle Väter von Kindergartenkindern vollerwerbstätig sind, eignet sich in der Regel nur das Wochenende für derartige Angebote (insbesondere der Samstagsvormittag oder -nachmittag).
Spielerisches Arbeiten mit Ton
Bei diesem Angebot für Eltern und Kinder waren nachstehende Vorüberlegungen maßgeblich:
- Das Arbeiten mit Ton bietet die Möglichkeit, in ungezwungener Atmosphäre mit relativ vielen Eltern in Kontakt zu kommen.
- Das Tonen bietet die Möglichkeit, Eltern im Umgang mit ihren Kindern kennenzulernen und zu erleben.
- Ton ist ein Material, das Eltern (auch Väter) und Kinder gleichermaßen anspricht.
- Eltern und Kinder sollten durch den Kurs angeregt werden, Ton als Material für gemeinsames Tun und Spiel zu erfahren.
- Bisher unbekannte Fähigkeiten (bei Eltern und Kindern) können entdeckt, die Selbstverwirklichung kann gefördert werden.
- Eltern und Kinder können sich beim gemeinsamen Arbeiten in einer Gruppe erfahren.
- Eltern aus verschiedenen Kindergartengruppen können sich kennenlernen.
- Eltern finden Zugang zum Kindergarten und beteiligen sich eventuell auch an anderen Aktivitäten des Kindergartens.
- Material und Themen sollen anregen, Freiräume schaffen und Erfolgserlebnisse ermöglichen.
- Das Töpfern soll zu einer Zeit stattfinden, zu der auch Berufstätige und Alleinerziehende mit ihren Kindern kommen können.
Das Plakat, das auf den Töpferkurs aufmerksam machen sollte, wurde so gestaltet, dass es für Eltern und Kinder gleichermaßen ansprechend war. Ferner wurde der Kurs im Elternbrief angekündigt. Auf die Ausschreibung hin meldeten sich 17 Familien, z.T. mit drei oder vier Personen. Im wöchentlichen Wechsel trafen sich zwei Teilnehmergruppen jeweils am Freitag um 16.00 Uhr.
Zum ersten Termin erschienen 29 Personen. Da an diesem Tag Herbstmarkt im Kindergarten war, griffen wir das Thema Herbst auf, erzählten eine Geschichte und forderten die Eltern und Kinder zum Bauen einer Winterwohnung auf, einer Höhle für Tiere. Nach einigen technischen Anweisungen zum Tonen begannen die Kinder sofort und die Eltern etwas zaghafter mit der Arbeit. Die Spontaneität der Kinder und die allgemeine Betriebsamkeit in der großen Gruppe riss auch die Erwachsenen recht schnell mit. In kurzer Zeit entstanden Höhlen, Tiere, Öfen, Tische, Bänke etc., und Schnecken, Würmer und Mäuse krabbelten über die Werktische. Aber auch Elefanten, Krokodile und Pferde bekamen eine warme Winterwohnung.
Im weiteren Verlauf des Kurses gaben wir ein Thema vor, stellten es aber Eltern und Kindern frei, es aufzugreifen oder eigene Ideen zu verwirklichen. Themen waren: Windlichter/ Lichterhaus, Relief, Masken, Zoo etc. Bei der Themenwahl achteten wir darauf, dass sowohl dem Bedürfnis der Kinder, für die die Freunde am Tun und die lustvolle Materialbearbeitung im Vordergrund standen, als auch dem Bedürfnis der Eltern, ein eigenes, verwertbares Produkt mit nach Hause zu nehmen, entsprochen wurde.
Eltern und Kinder waren an den Töpfernachmittagen sehr eifrig bei der Arbeit. Zum Teil brachten sie eigene Ideen und Themen ein und regten dadurch andere an. Während des Töpferns konnten sich die Eltern recht zwanglos unterhalten und kennenlernen, obwohl sie natürlich immer wieder von den Kindern beansprucht wurden.
Eltern und Kinder zeigten im Umgang miteinander unterschiedliche Verhaltensweisen. Manche Familien bauten etwas gemeinsam, andere Erwachsene und Kinder arbeiteten sehr intensiv alleine. Einige schienen sich dermaßen im Töpfern zu verlieren, dass sie nichts anderes mehr wahrzunehmen schienen.
Kindergartenprojekte mit Eltern
Anhand von drei Beispielen soll nun geschildert werden, dass Eltern auch in Projekte des Kindergartens eingebunden werden können, die sich in erster Linie an die Kinder richten.
Mit dem Projekt "Schuhputzen" wurden auch Eltern begeistert, die wenig Zeit haben. Zunächst wurden die Eltern gebeten, alte Schuhe von daheim für ein "Schuhgeschäft" im Rollenspielbereich mitzubringen. Dann wurden mit den Kindern verschiedene Rollenspiele in unserem "Schuhladen" durchgeführt. Ferner wurde ein Schuhtheater veranstaltet, ein "echter" Schuhladen besichtigt und ein Schuster besucht. Außerdem wurden im Eingangsbereich Bilderbücher zum Thema "Schuhe" ausgestellt [z.B. "Im will die!" von Imme Dros und Harrie Geelen (Middelhauve), "Socken und Schuhe" von Giulia Orecchia und Friedel Hofbauer (Verlag Herder)].
Auch lernten die Kinder, wie man Schuhe putzt. Zum Abschluss der Einheit hatten sie dann Gelegenheit, während der Bring- und Abholzeiten ihren Eltern die Schuhe zu putzen. Dazu wurde uns von einem Großvater ein alter Probierhocker aus einem Schuhgeschäft zur Verfügung gestellt. Alle hatten viel Spaß dabei...
Auch die Aktion "Kürbissuppe" wurde in der Abholzeit durchgeführt. Die hohen Teilnehmerzahlen zeigten, dass dieser Zeitraum für Eltern ein akzeptabler Termin für Projekte im Rahmen der Arbeit mit Kindern und Eltern ist. Gleichzeitig konnten die Eltern die Situation "Mittagessen in der Ganztagsgruppe" nachvollziehen und bekamen einen Einblick in den Kindergartenalltag ihres Kindes. Eine Mutter berichtete im Elternbrief von der Aktion "Kürbissuppe":
"Für Donnerstag, den 8. Oktober, hatten sich die Kinder der Gruppe III und ihre Betreuerinnen etwas Besonderes ausgedacht: Den ganzen Vormittag schnipselten sie Gemüse und kochten dann eine köstliche Gemüsesuppe. Um 12 Uhr fanden die Eltern dann einen verwandelten Gruppenraum mit perfekt gedeckten Tischen vor. War das eine Wohltat, von allen Seiten bedient zu werden! Sogar an die Nachspeise hatten die kleinen Gastgeber gedacht. Die selbstgemachten Schokokrossies mundeten groß und klein gleichermaßen. Für die Eltern bot sich in diesem lockeren Rahmen eine gute Gelegenheit, sich näher kennenzulernen und sich einmal nicht nur zwischen Tür und Angel zu unterhalten."
Unser folgender Bericht im Elternbrief unseres Kindergartens verdeutlicht, wie Eltern und Kinder gemeinsam zum Musikerleben geführt werden können:
"In den letzten Wochen standen musikalische Erfahrungen im Mittelpunkt unserer Arbeit mit den Kindern. Wir überlegten uns, wie wir bei den Kindern die Fähigkeit fördern können, Musik zu hören und zu verstehen. So haben wir verschiedene Musiker gebeten, im Kindergarten ein kurzes Konzert zu veranstalten.
Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass viele von Ihnen Ihr Kind zu diesen Konzerten begleitet haben. Zum Abschluss unseres Projektes möchten wir Sie alle recht herzlich zu einem Konzert mit der Opernsängerin Miyase Kaptan einladen."
Gottesdienste für Eltern und Kinder
Wenn Kinder in den Kindergarten kommen, haben sie unterschiedlich enge Beziehungen zur Kirche. Während einige schon öfter mit den Eltern an Gottesdiensten teilgenommen haben, kennen andere die Kirche nur von außen. Das Kindergartenpersonal kann gemeinsam mit Eltern und Kindern Kindergartengottesdienste gestalten - nicht nur zu hohen Festtagen, sondern z.B. auch, wenn das Geschwisterchen eines Kindergartenkindes getauft werden soll. Kindergärten, die keinen kirchlichen Träger haben, werden in der Nachbarschaft sicherlich einen Pfarrer finden, der am Gottesdienst mitwirken will und seine Kirche zur Verfügung stellt.
Schlussbemerkung
Angebote für Eltern und Kinder sind besonders gut geeignet, Eltern einen Einblick in den Kindergartenalltag zu vermitteln, sie zu aktivieren und für die Elternarbeit zu gewinnen. Werden Eltern und Kinder in die Vorbereitung und Durchführung der Aktivitäten eingebunden, sind der Arbeits- und Zeitaufwand für die Erzieherinnen relativ gering. Zudem können die Angebote überwiegend während der normalen Öffnungszeiten des Kindergartens oder direkt anschließend gemacht werden.
Der offene Kindergarten
Ingeborg Becker-Textor
Meist wird die Tatsache verkannt, dass Elternarbeit eine ganz besondere Form der Öffentlichkeitsarbeit ist: Wenn Elternarbeit gelingen soll, dann bedeutet dies, dass sich der Kindergarten öffnen muss. Er muss Eltern teilhaben lassen am Geschehen, ihnen Einblick gewähren in den Alltag, sie vertraut machen mit dem alltäglichen Geschehen - Freuden und Problemen -, ihnen die pädagogische Arbeit und das Leben mit Kindern in der Kindergartengruppe durchschaubar und begreifbar machen. Und nicht zuletzt trägt die Öffnung des Kindergartens - entgegen aller Ängste - zur Verbesserung des Images von Kindergarten und Erzieherberuf bei. Das von vielen so schnell gesprochene Urteil: "Die spielen ja bloß" oder "So schön möchte ich es auch haben, nur spielen und dafür auch noch bezahlt werden", wird dann schnell widerlegt.
Den Kindergarten öffnen heißt also: ein Ende mit der "Heimlichtuerei", ein Sichtbarmachen des interessanten, spannenden und erlebnisreichen Zusammenlebens mit Kindern in einer Gruppe. Den Kindergarten öffnen bedeutet aber auch Befreiung von dem Druck des "Leistungsnachweises" in Form von Produkten wie Bildern und Bastelarbeiten oder des Aufsagens von Versen. Das Geschehen an einem Vormittag wird von Außenstehenden nicht länger daran gemessen, was das Kind mit nach Hause nimmt. Wer teilhat am Kindergartenalltag, der teilt Prozesse und Erlebnisse mit den Kindern und Erziehern. Die Bedeutung des fertigen Produkts nimmt ab - sind doch die Entstehungsgeschichte, all die Arbeitsschritte und Entscheidungen, alle missglückten und gelungenen Lösungsversuche viel interessanter. Es fasziniert, mit wie viel Energie und Einfallsreichtum Kinder Aufgaben bewältigen.
Der dreieinhalbjährige Markus hat ein "Traumbild" geklebt. Als Unterlage diente ihm ein Pappkarton. Mittels sehr, sehr viel Kleister - er hatte ihn mit den Händen aufgetragen - klebte er verschiedenste Materialien auf: Schachteln, Stofffetzen, Wollfäden, Korken, Bilder aus einem Katalog... Zuallerletzt klebte er ein Pelzstückchen mitten hinein und meinte: "So, jetzt ist es ein Wundertier". Damit war er fertig. Er wusch sich die Hände, brachte sogar unaufgefordert den Malkittel und den Kleistertopf weg und zeigte sich dann ganz ungeduldig (dabei hatte er vorher so viel Ausdauer gezeigt): "Wann kommt die Mama? Ich will, dass sie mein Tier sieht!"
Beim Abholen zerrte Markus die Mutter in den Gruppenraum. Ihr Blick verriet, dass sie mit dem "Kunstwerk" nichts anfangen konnte. Aber sie hörte Markus zu. Da nahm er plötzlich das Fellstückchen vom Bild, steckte es in die Hosentasche und sagte: "Ich will doch nicht, dass es ein Wundertier ist. Es soll bloß ein Bild sein."
Vorsichtig trug die Mutter das Kunstwerk heim. Beim nächsten Elterngespräch meinte sie, dass sie gerne erlebt hätte, wie das Kunstwerk entstanden sei. Markus hätte daheim immer neue Interpretationen für seine Klebearbeit gehabt und fast noch eine Woche lang täglich daran weitergearbeitet. Im Kindergarten von Markus konnte der Mutter der Wunsch erfüllt werden, das Geschehen in der Gruppe zu erleben. Es war ein offener Kindergarten, der Eltern die Möglichkeit einräumte, den Kindergartenalltag mit ihrem Kind zu erleben...
Eine solche Öffnung des Kindergartens setzt allerdings voraus, dass alle Mitarbeiter diese Form der Elternarbeit mittragen und die Anwesenheit von Vätern und Müttern zu etwas ganz Alltäglichem wird. Dann ist sie auch für die Kinder eine Selbstverständlichkeit. Den teilnehmenden Eltern muss allerdings deutlich gemacht werden, dass sie "nur" zu einem Gruppenmitglied werden und dass die Erzieherin sich ihnen nicht in besonderer Weise widmen wird. Aber auch die Kinder müssen vorbereitet werden, bevor man mit der Öffnung des Kindergartens beginnt. (Übrigens sind nicht alle begeistert, wenn Papa oder Mama kommen, und wollen sogar, dass diese in eine andere Gruppe gehen.) Es ist erstaunlich, wie schnell dann Kinder die Besucher integrieren.
Etwas verunsichert stand Frau S. im Raum. Ihr Kind war längst in der Gruppe untergetaucht. Peter sagte zu Carola: "Du, Deine Mama ist da. Soll sie zu Dir?" Carola erwiderte: "Die ist doch alt genug und kann sich selbst was zum Spielen holen. Bestimmt, die braucht mich nicht. Sie will bloß auch 'mal in den Kindergarten." Peter beobachtete Frau S. noch eine Weile und ging dann auf sie zu. "Soll ich mit Dir spielen, willste?" fragte er. Frau S. wirkte erleichtert. Wie sie später sagte, war sie schon ein bisschen enttäuscht, dass ihr eigenes Kind sich so wenig um sie gekümmert hatte. Schließlich war es doch ihr erster Tag im Kindergarten!
Bisher hatte Frau S. Carola immer nur bis zur Türe des Gruppenraumes begleitet und sie dann am Mittag wieder abgeholt. Neugierig, wie so ein Kindergartentag wirklich abläuft, war sie aber schon lange. Und so war sie froh, als die Kindergartenleiterin am letzten Elternabend den Vorschlag mit der Öffnung des Kindergartens gemacht und die Eltern motiviert hatte, einfach zu kommen.
Peter nahm Frau S. an der Hand und führte sie zu einem offenen Regal, in dem einige Spiele zu Aktivitäten aufforderten. "Du kannst Dir zuerst 'was aussuchen und dann ich". Frau S. entschied sich für ein Würfelspiel und setzte sich mit Peter an einen freien Tisch. "Wenn jetzt da kein Platz wäre", sagte Peter, "dann könnten wir uns auf den Boden setzen. Das geht auch." Sie spielten schon eine ganze Weile, da kam Carola kurz an den Tisch: "Na, Mama, gefällt es Dir? Gell, der Peter hat Dir das Spiel erklärt. Ganz schön schwer. Aber, Du kannst es. Ich geh' jetzt wieder zu den anderen."
Für Frau S. wurde dieser Vormittag zu einem wirklichen Erlebnis. Es blieb nicht bei diesem einen Besuch. Und als die neuen Kindergarteneltern zum Einführungsabend in den Kindergarten kamen, berichtete sie voller Begeisterung über den Kindergartenalltag, die Möglichkeit der Teilnahme für Eltern, ihre Beobachtungen und Erfahrungen.
In diesem offenen Kindergarten ist Elternarbeit selbstverständlich. Auch wurden von den Eltern selbst vielerlei Formen der Elternarbeit vorgeschlagen und gemeinsam mit den Erzieherinnen erprobt, die das Kindergartengeschehen in seiner Bedeutung für Kinder und Eltern durchschaubar machten.
Auch wenn offene Elternarbeit zu einer Selbstverständlichkeit in einem Kindergarten geworden ist, gibt es Eltern, die nicht kommen (können). Dies gibt es bei jeder Form der Elternarbeit und darf nicht entmutigen.
Andere Formen der Öffnung
Ein "ganz anderer" Elternbrief kann auch zur Öffnung des Kindergartens beitragen. Anstelle von Rahmenplänen (Leistungsnachweis!) und unwichtigen Informationen oder gar von Lückenfüllern kann in einem Elternbrief über einen Tag oder eine Woche im Kindergarten berichtet werden. Verfasser sind die Kinder, und es ist spannend, was sie den Erziehern oder einer anwesenden Mutter diktieren. Kontrolle ist gewiss: "Lies' mal vor, was Du aufgeschrieben hast. Stimmt genau. Ich wollt' es nur mal hören, ob es richtig ist", meinte die sechsjährige Jenny. Ein solcher Elternbrief, den die Kinder nach "Drucklegung" selbst überbringen, wird von allen Eltern gelesen werden.
Trotz aller Öffnung und Offenheit sind auch "Geheimnistage" unverzichtbar - Tage, an denen die Eltern draußen bleiben müssen. Ereignisse an einem solchen Tag können aber photographisch oder/und in Kinderzeichnungen festgehalten und an einer Wand präsentiert werden. Nicht nur die Kinder, auch die Eltern werden davor stehenbleiben.
Sogenannte "Schnuppertage" für künftige Kindergarteneltern und ihr Kind gehören ebenso zum Konzept eines offenen Kindergartens wie Schnuppertage für den Pfarrer, Mitglieder des Kirchenvorstandes, die Kommunalverwaltung oder gar den Bürgermeister. Auch für sie gilt es, die Kindergartenarbeit - die häufig nur unter Kostengesichtspunkten betrachtet wird - durchschaubar zu machen. Manch' ein Mitarbeiter der Verwaltung kehrt dann gerne wieder zu seinen Akten zurück, denn dass Spielen so anstrengend sein kann und eine Bastelarbeit so viel Konzentration erfordert, das hätte er nicht gedacht...
Ausblick
Die Öffnung des Kindergartens führt zum Dialog der verschiedenen Personengruppen rund um den Kindergarten. Viele Missverständnisse können aufgeklärt, neue Kooperationsstrukturen angebahnt werden. Auch werden sich bei freien Stellen in einem offenen Kindergarten nur engagierte Erzieherinnen bewerben, und auch an Praktikanten wird es nicht mangeln.
Bei aller Begeisterung für den offenen Kindergarten und trotz der positiven Auswirkungen auf die Kindergartenarbeit darf die Reflexion des Geschehens nicht vergessen werden. (Schön wäre es, wenn wichtige Aspekte der Arbeit mit den Kindern, des Gruppengeschehens und der Elternarbeit z.B. auch im Rahmen einer Teamsupervision thematisiert werden könnten.) Das Wie und Warum des offenen Kindergartens muss immer wieder auf sein Konzept hin überprüft werden. Nur dann wird die Arbeit mit Kindern und Eltern lebendig bleiben und nicht zur Routine werden.
Einbindung von Eltern in den Kindergartenalltag
Ingeborg Becker-Textor
Die Einbindung von Eltern in den Kindergartenalltag wird von vielen Erziehern noch immer sehr kritisch gesehen. Endlich wurde ein einigermaßen befriedigender Personalschlüssel in den Kindertagesstätten erreicht, endlich dürfen nur sozialpädagogisch ausgebildete Mitarbeiter in Kindergärten arbeiten - und nun sollen Eltern eingebunden werden. Hier wirkt auch noch die sogenannte "Mütterdiskussion" nach, der Versuch, durch den Einsatz von Hausfrauen und Müttern dem Erziehernotstand Herr zu werden.
Die Einbindung von Eltern (oder auch anderen Erwachsenen) in den Kindergartenalltag bedeutet unseres Erachtens aber positive Ergänzung und Erweiterung der Gestaltungsspielräume. Das Know-how von Vätern, Müttern, Opas, Omas oder auch von anderen Erwachsenen wird für den Kindergarten nutzbar gemacht. So ist es für viele Kindergärten selbstverständlich, z.B. eine Märchenerzählerin oder einen Puppenspieler in die Gruppe einzuladen. Warum bestehen dann eigentlich Ängste, Väter oder Mütter nach besonderen Fähigkeiten, beruflichen Qualifikationen oder künstlerischen Neigungen zu fragen und gegebenenfalls sie dann zu bitten, diese in die Gestaltung des Tagesablaufs einzubringen? Wäre die Einbindung von Eltern nicht näherliegender als die Einladung fremder Personen? Handelt es sich hier nicht ebenfalls um eine Form der Elternarbeit?
Die Einbindung in den Kindergartenalltag könnte auch für Väter und Mütter eine Chance sein, ihre handwerklichen Fertigkeiten einzubringen. Viele wollen und können sich nämlich an Gesprächsrunden oder Diskussionsabenden nicht beteiligen, weil ihnen z.B. der Mut fehlt, sich zu äußern, weil sie Minderwertigkeitsgefühle haben oder glauben, ihr Wortschatz sei zu gering und entspräche nicht dem Niveau der anderen Eltern.
Eine gelungene Einbindung von Eltern lässt sich am besten anhand von Praxisbeispielen darstellen, die sich alle aus konkreten Situationen ergeben haben (und nicht einmalig blieben). Sie brachten für die Erzieher - nach anfänglicher Unsicherheit oder Aufregung - eine ganz wesentliche Entlastung mit. Doch nun zu den Beispielen:
Peter kann auf den Händen laufen
Im Kindergarten wurde ein Zirkusfest geplant. Es sollte aber keine eingedrillten Kindervorführungen geben. So wurde mit der Gruppe zunächst überlegt, was sich alles bei einer Zirkusvorstellung ereignet. Da berichtete Hans ganz aufgeregt, dass sein Vater auf den Händen laufen könne: "Wenn er mich heute Abend abholt, dann sag' ich's ihm. Er kann's Euch dann zeigen. Es stimmt. Wirklich!"
Am Abend stürzte Hans auf den Vater zu und redete aufgeregt auf ihn ein. Im Nu war dieser von weiteren Kindern umringt, die wissen wollten, ob er wirklich auf den Händen gehen könne. Einige Kinder fragten ihn, ob er nicht vielleicht sogar wirklich beim Zirkus wäre, denn nur dort würden solche Akrobaten auftreten. Der Vater von Hans hatte keine andere Wahl: Er musste auf den Händen laufen. Die Kinder standen sprachlos dabei. Als ihm sein Kleingeld und das Schlüsselbund aus der Hosentasche purzelten, mussten alle lachen. "So, jetzt ist es genug", meinte der Vater. Die Kinder beschlossen jedoch sofort, dass er im Kindergartenzirkus auftreten müsse. Nach einigem Zögern sagte er dies dann auch zu.
Bis zum nächsten Tag wollten die Kinder ihre Eltern fragen, wer ebenfalls Kunststücke vorführen könnte. So wurden noch ein Clown gefunden, ein Jongleur, eine Kunstturnerin, ein Elternpaar mit Rhönraderfahrung, eine Zauberin und eine kleine Ballettgruppe (die drei älteren Schwestern eines Kindes). Damit war die Zirkustruppe komplett. Die Kinder berichteten, dass ihre Eltern täglich üben würden. Schließlich meldeten sich noch einige Schulkinder (Geschwister) und boten eine Seilspringnummer an.
Dann rückte der "Zirkusnachmittag" näher. Am Freitag halfen die Kinder beim Umräumen des Pfarrsaales, hängten ihre Dekorationen auf, malten Eintrittskarten, richteten kleine Popcorntüten für die Pause her und bastelten mehrere Bauchläden aus großen Schachteln für den Verkauf von kleinen Snacks. Die Aufführung am Samstagnachmittag war ein riesiger Erfolg - und für die Erzieher beinahe entspannend. Keine Familie fehlte; Eltern und Kinder hatten ihren Spaß. Die Erzieher überlegten, warum sie nicht schon früher die Eltern eingebunden haben. Da mussten erst die Kinder auf die Idee kommen...
Übrigens wurde die Elternvorstellung noch am Seniorentag und beim Gemeindefest wiederholt. Auch brachte die kleine "Eintrittsgebühr" dem Kindergarten viel mehr Gewinn als manch arbeitsintensiver Basar.
Vom Schaf zur Wolle
Im Kindergarten gehört die Behandlung naturkundlicher Themen zum Alltag. Warum muss aber alles nur mit Hilfe von Bildern oder Geschichten vermittelt werden, wenn es unter den Eltern "Fachleute" gibt?
In unserem Kindergarten war es die Mutter einer Erzieherin, die in die Einrichtung geholt wurde und ihr Spinnrad vorführte. Aber nicht nur das. Sie konnte - da auf einem Bauernhof aufgewachsen - ganz ausführlich über die Aufzucht von Schafen, die kleinen Lämmchen und die Schafschur berichten. Die Kinder hörten begeistert zu und stellten ihr unzählige Fragen, die sie geduldig beantwortete.
An drei Tagen kam sie in den Kindergarten. Sie erklärte den Kindern genau den Vorgang des Spinnens von Wolle. Jedes Kind wollte natürlich ein Stückchen der hierbei entstandenen Wollfäden haben, und einen eigenen Spinnversuch machten sie natürlich auch. Als das Thema "Vom Schaf zur Wolle" abgeschlossen war, fragten sie neugierig: "Und was kann Deine Mutter noch? Sie soll ruhig wiederkommen."
Apfelstrudel
Im Garten des Kindergartens wuchs ein Frühapfelbaum. Er trug immer reichlich; nur mussten die Äpfel, wenn sie reif waren, schnell verbraucht werden. Ganz verschiedene Dinge wurden aus ihnen zubereitet: Apfelmus, Marmelade, Apfelsaft (ganz altmodisch, durch ein Stoffsäckchen gedrückt), Bratäpfel, Apfelstrudel usw.
Die Erzieherin hatte gefrorenen Blätterteig gekauft, die Kinder große Schüsseln voller Apfelstückchen vorbereitet. Der Blätterteig wurde aus- und die Äpfel eingerollt. Es gab viele Löcher im Teig. Ein kleines Mädchen - das Kind einer neu zugezogenen Aussiedlerfamilie - sagte plötzlich: "Meine Mama macht den Teig selbst. Er ist dann größer wie der Tisch und ohne Löcher; die Äpfel fallen dann nicht 'raus!"
Einige Tage später backten wir wieder Apfelstrudel. Annemaries Mutter war dafür in den Kindergarten gekommen. Sie zog den Strudelteig wie eine riesige Tischdecke aus. Die Kinder waren sprachlos! Solange Annemarie den Kindergarten besuchte, gab es noch oft Strudel...
An einem Elternabend fragte eine Mutter Frau K., ob sie nicht 'mal einen Strudelbackkurs anbieten könnte. Warum nicht? Es wurde ein spannender "Elternabend". Viele Väter - diejenigen, die nicht selbst am Backkurs teilnahmen - holten ihre Frauen im Kindergarten ab. Hofften sie vielleicht auf ein Stück Apfelstrudel?
Auch dies ist eine Form der Elternarbeit und Elterneinbindung in den Kindergartenalltag, zugegebenermaßen eine etwas ungewohnte und unkonventionelle Form. Aber wer schreibt denn vor, wie sich Elternarbeit vollziehen muss? Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt...
Die Zahl der Möglichkeiten ist unendlich, wenn Erzieher erst einmal den Mut zu solchen Aktionen gefasst und Phantasie bei der Themenauswahl entwickelt haben. Dann wird der Kindergartenalltag auch nicht langweilig; der "Stoff" geht nie aus! Wie die Beispiele zeigen, müssen es nicht nur Väter und Mütter sein, die in die Alltags- und Themengestaltung eingebunden werden können. Auch die Oma oder der Opa, die so wunderbar Geschichten erzählen können, sind gefragt. Vielleicht kann eine Großmutter ein Fotoalbum mit eigenen Kindheitsfotos mitbringen und erzählen, wie alles war, als sie ein Kind war. Ein solcher Bericht ist für Kinder und Erzieher eine spannende Sache und gleichzeitig eine wichtige Begegnung mit der Vergangenheit - oder gar eine Hinführung zum Geschichtsverständnis. Die Einbindung von Eltern kann natürlich auch bei Aktivitäten außerhalb des Kindergartengebäudes erfolgen. Da gibt es eine Mutter, die jedes kleine Pflänzchen kennt und oft Geschichten und Legenden dazu weiß. Warum kann sie die Kindergruppe nicht auf einem Naturspaziergang begleiten? Aber auch Besuche am Arbeitsplatz von Vätern und Müttern bieten sich an. "So war es erst ein kurzer Besuch in der Gärtnerei von Karls Eltern. Dann kauften wir dort Pflanzen, und schließlich verbrachten wir dort einen Nachmittag zum Adventskranzbinden", berichtete eine Erzieherin.
Schlussbemerkung
Wenn Eltern im Kindergarten nicht "draußen" bleiben müssen, sondern eine Beteiligung an Aktivitäten möglich ist, dann wird es abwechslungsreicher und spannender. Die Elternarbeit wird erweitert und vertieft. Auch erleben Eltern ihre Kinder in ganz anderen Alltagssituationen (mit anderen Verhaltensweisen) als daheim. Karls Mutter meinte: "Vorher hat sich Karl scheinbar kaum für die Arbeit in unserer Gärtnerei interessiert. Doch jetzt bin ich überrascht, was er alles weiß und noch wissen möchte."
Erkundungen im Nahbereich des Kindergartens
Gabi Gietinger
Eine wichtige Aufgabe von Eltern und Erzieherinnen ist, Kinder in ihre natürliche, kulturelle und soziale Umwelt einzuführen. Kinder sollen die Bäume, Pflanzen und Tiere der Gegend, die jahreszeitlichen Veränderungen, typische Landschaften, kunsthistorisch bedeutsame Bauwerke, kulturelle und wirtschaftliche Einrichtungen etc. kennenlernen. Dies kann nur erreicht werden, wenn sie möglichst oft den eng umgrenzten Raum der Wohnung und des Kindergartens verlassen und die Umgebung erkunden können. Dabei ist die Anwesenheit von Erwachsenen unbedingt erforderlich, damit die Beobachtungen der Kinder reflektiert und ihre vielen Fragen beantwortet werden können.
Erkundungen mit der ganzen Gruppe im Nahbereich des Kindergartens sind aufgrund der Verkehrsgefährdung und anderer Gefahren in der Regel nur möglich, wenn Eltern mitkommen und eine Aufsichtsfunktion wahrnehmen. Auch dies ist Teil der Elternarbeit: Den Eltern muss die große Bedeutung derartiger Exkursionen bewusst gemacht werden, sie müssen zur Teilnahme motiviert und auf die von ihnen erwartete Rolle vorbereitet werden.
Jedoch ist es eine Vergeudung von Ressourcen, wenn Eltern nur als Begleitpersonen eingesetzt werden. Die Väter und Mütter sind Spezialisten für die Umgebung des Kindergartens - mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten: Die einen interessieren sich für die heimische Flora und Fauna, für ökologische Zusammenhänge und den Naturschutz, die anderen können das Geschehen auf einer Baustelle, in einer Kläranlage oder im Feuerwehrhaus erklären. Einige Eltern kennen die Entstehungsgeschichte der örtlichen Baudenkmäler, sind häufige Besucher im Stadt- oder Heimatmuseum, können der Kindergartengruppe den Zugang zum Rathaus oder Krankenhaus erschließen. Die meisten dieser Eltern sind gerne bereit, ihre Spezialkenntnisse einzubringen und die Kindergruppe zu führen - mit etwas Anleitung und Unterstützung durch die Erzieherinnen gelingt es ihnen, dies auf kindgemäße Weise zu tun. Ohne dass sich das Kindergartenpersonal zeitintensiv vorbereiten oder organisatorisch tätig werden muss, kann somit den Kindern mit Hilfe von Eltern ihre Umgebung erschlossen werden.
Das folgende Beispiel zeigt, wie ein Ausflug mit der Kindergruppe zu einem erlebnisreichen "Familientag" erweitert werden kann.
Familientag
In unserem Kindergarten ist es schon seit Jahren üblich, nicht mehr das traditionelle Sommerfest abzuhalten. So hatten wir im Jahreslauf andere Themen für Eltern und Kinder zum Höhepunkt werden lassen, z.B.:
- Maifest
- Frühlingsfest
- Kartoffelfest
- Glühwürmchenfest
- Hebauffest
- Herbstfest
- Blütenfest
usw. Alle diese Feste entstanden oftmals aus Situationsansätzen. Daher musste nicht wochenlang vorbereitet, geprobt und geübt werden. Näher erläutern wollen wir unseren diesjährigen Familientag:
Nachdem bei uns im Kindergarten eine bauliche Erweiterung bevorstand, war den Kindern, den Eltern und dem Team klar, dass wir diese Veranstaltung nach außen verlegen mussten. Aber wie sollte der Familientag aussehen?
Hier konnten wir auf den Wünschen und Ideen der Kinder aufbauen. Da man von unserem Abenteuerspielplatz einen wunderbaren Blick auf das Donauwörther Liebfrauenmünster hat, äußerten sich die Buben und Mädchen, ob wir nicht einmal gemeinsam den Turm des Münsters besteigen könnten.
Somit war der Grundgedanke für die Veranstaltung gelegt, und unser Team konnte planen. Zusammen mit dem Kindergartenbeirat reifte unser Vorhaben. Nach einem Gespräch mit dem Verkehrsamt unserer Stadt entschieden wir uns für folgenden Ablauf des Familientages:
- Führung im Liebfrauenmünster mit Turmbesteigung,
- Kurze Führung im Museum für Stadtgeschichte,
- Stadtbesichtigung,
- Familienprogramm.
Als besondere Attraktion für die Kindergartenkinder luden wir Herrn Fischereder, der unserem Personal von Fortbildungen her bekannt ist, mit seiner Kasperlbühne ein. Er erklärte sich bereit, eine Abendveranstaltung unter dem Thema "Singen, spielen, musizieren in der Familie" mit den Eltern abzuhalten. Nun konnten wir die Einladungen unseren Kindern mit nach Hause geben.
Wir müssen eingestehen, dass uns die darauffolgenden drei Tage deprimierten, da die erhoffte Resonanz ausblieb. Durch ein Plakat mit Aufforderungscharakter an unserer Haustüre versuchten wir, die Eltern zu begeistern. Zum Anmeldeschluss hatten wir dann eine hohe Teilnehmerzahl erreicht. Wir alle freuten uns auf den Familientag.
Um 14.00 Uhr trafen sich die Eltern mit ihren Kindern, um als Familie ein Angebot wahrzunehmen. Nach einer Stunde kamen alle Kinder zum Kasperltheater in den Pfarrsaal. Die Aufsicht übernahmen wir, so dass die Eltern allein ein weiteres Angebot nutzen konnten. Eine gemütliche Eisrunde beschloss das Nachmittagsprogramm.
Für die Abendveranstaltung hatten sich die Mütter bereit erklärt, ein kaltes Buffet aufzubauen. Dabei wurden alle unsere Erwartungen übertroffen: Die Eltern kamen mit Salatschüsseln, Platten, Brötchen, Ost, Gebäck usw. Als alles abgestellt und aufgebaut war, begann Herr Fischereder auf humorvolle Weise mit seinem Programm, und es gelang ihm, alle Eltern miteinzubeziehen. Wie uns die Eltern hinterher bestätigten, waren die Spiele und Lieder gut nachvollziehbar.
Keiner, wirklich keiner der Teilnehmer merkte, wie schnell die Zeit verging. Denn jeder fühlte sich bei Tanz, Lied und Spiel in die eigene Kindheit zurückversetzt, und viele der Anwesenden haben schon lange nicht mehr so gelacht wie an diesem Abend. In dieser Stimmung wurde das Buffet eröffnet. Nach der Stärkung blieben wir noch gemütlich beisammen, und Herr Fischereder zog einige Sketche aus seiner "Reserveschublade". Rückblickend können wir feststellen, dass wir ein einmaliges "Sommerfest" erlebt haben.
Die Arbeitswelt der Eltern
Im Gegensatz zu früher haben heute nur noch wenige Kinder Einblick in das Berufsleben ihrer Eltern. Selbst viele Ehepartner haben nur eine unklare Vorstellung davon, was der Ehegatte an seinem Arbeitsplatz macht. Zur Einführung der Kinder in ihre Lebenswelt gehört aber auch, dass sie einen Eindruck vom wirtschaftlichen Geschehen bekommen - nicht nur durch den Besuch von Kaufhäusern und Geschäften, sondern auch durch den Besuch am Arbeitsplatz einzelner Eltern. Überraschend viele Väter und Mütter sind auf Anfrage bereit, der Kindergartengruppe (bei beschränktem Raum nacheinander in zwei Teilgruppen) vor Ort ihren Arbeitsplatz zu zeigen.
Natürlich sind die verschiedenen Berufe für Kinder unterschiedlich attraktiv: Sicherlich ist es interessanter, Eltern zu besuchen, die als Landwirte, Schuhmacher, Schreiner oder Köche tätig sind, als solche, die eine reine Verwaltungstätigkeit ausüben. Das folgende Beispiel zeigt, wie der Besuch am Arbeitsplatz eines Vaters ausgestaltet und in das weitere Kindergartengeschehen eingebettet werden kann:
Kindergartenkinder erleben einen Tag als Fischbrater
Nach den Pfingstferien erhielt unser Kindergarten mehrere Ansichtskarten von Kindern, die mit ihren Eltern verreist waren. Wie üblich wurden die Karten in den einzelnen Gruppen vorgelesen und angeschaut. Anschließend steckten wir die Urlaubsgrüße an die Kinderpinnwand.
Da sich die Kinder immer wieder neugierig mit den verschiedenen Motiven auseinandersetzten, wählten wir aus dieser Situation heraus das Thema "Wasser, Meer, Fisch" als Motto für die kommenden Tage. Ein Großvater brachte uns aus seiner Sammlung Muscheln, in verschiedenen Arten und Größen, mit denen die Kinder in der Bauecke zu spielen begannen. Dadurch wurde das Interesse der Kinder am Thema "Unterwasserwelt" verstärkt und von uns Erziehern aufgegriffen. Auf große Blätter konnten die Kinder ihre Vorstellungen individuell darstellen. Wichtigster Bestandteil auf den Zeichnungen war der Fisch. Nun tauchten verschiedene Fragen zum Fischfang, zur Fischverwertung und Fischzubereitung auf. Aufgrund dessen kam uns die Idee, mit den Kindern einen Tag als Fischbrater zu erleben. So fragten wir Familie Alt, die eine Fischbraterei besitzt, ob wir mit ihnen diese Aktion durchführen können. Da sich diese Eltern schon immer sehr für die Kindergartenarbeit interessierten und aktiv mitarbeiteten, waren sie für unser Thema die passenden Ansprechpartner.
Familie Alt überraschte uns am nächsten Tag mit einem Handzettel für alle Eltern. Der ideale Grundstein für einen vielversprechenden Tag war somit gelegt...
Pünktlich um 9.30 Uhr trafen sich acht Kinder vor dem Fischstand. Nachdem wir sie von den Eltern in Empfang genommen hatten, stellten wir ihnen die Besitzer des Fischstandes, Ute und Peter, vor. Wir Erzieher rückten nun in den Hintergrund.
Zur "Fischbraterausrüstung" gehörte für jedes Kind
- ein mit dem Firmenaufdruck versehenes T-Shirt,
- eine weiße Schürze und
- ein Namensschild in Fischform.
Unter Anleitung von Ute bauten die Kinder "ihren" Verkaufsstand, die Tische für die Zubereitung und die Esstische auf. Auch wurden Sonnenschirme aufgestellt. Nun ging es los. Aufgeschnittene Semmeln wurden mit Zwiebeln, Lachs und Bismarckheringen belegt. Die Menge des Inhalts konnte jedes Kind selbst bestimmen.
Jan hatte viele Zwiebeln unter seinen Fisch gelegt. Als er fertig war, betrachtete er dies sehr kritisch und sagte: "I glob, i mog koi Fischsemmel, weil do so viel Zwiebl drauf sind." Timo antwortete: "Leg's auf's Tablett und verkauf's." Felix stellte entsetzt fest: "Oje, wir haben noch nichts für's Geld, Peter hast du eine Kasse?"
Die anderen Kinder waren in der Zwischenzeit mit dem Waschen und Würzen von Makrelen beschäftigt. Anschließend wurden die Fische in eine Fischzange hineingegeben und auf das von Peter vorbereitete Feuer gelegt. "Jetzt heißt's aufpassen", sagte Bastian, "dass kein Fisch anbrennt. Wir müssen drehn und drehn und drehn". Und das taten auch alle eifrig.
Als dann die ersten Käufer in Sicht waren, wussten wir nicht, ob sich nun die Backen der Kinder vor Freude oder von der Wärme des Grills färbten. Eine Stammkundin kaufte als erste ein und äußerte sich: "Was hamma denn do heit. Kinder verkaufen. Uja, was isch des, ja schön. Dann nimm i heit glei drei Fisch mit."
Ulrich schrie dazwischen: "Den Fisch muss ma umdrehn, da raucht's." Peter schritt als Helfer ein; es war aber zum Glück nichts passiert. Max meinte: "Fische umdrehn ist ganz schön anstrengend, die sind nämlich schwer."
Annette bekam Hunger. Da nun alle Appetit bekamen, wurde eine Essenspause eingelegt - doch zum Ausruhen kam fast niemand, denn Jessica meinte: "Die Arbeit macht zwar hungrig und gefällt uns auch, aber viel Zeit zum Nichtstun haben wir nicht." Damit spornte sie alle anderen Helfer an, denn sie sah, dass sich eine lange Schlange von Käufern angestellt hatte. Jeder nahm wieder seinen Posten ein und unterstützte Ute und Peter, die nun alle Hände voll zu tun hatten.
Groß war die Freude, als in der Mittagspause auch berufstätige Eltern und das Kindergartenpersonal zum Einkaufen kamen. Schon etwas raffiniert wollte man jetzt einer Erzieherin die größte Makrele anbieten. Als sie meinte, für eine Person wäre sie schon etwas zu groß, beteuerten die Kinder: "Die ist jetzt schon fertig gebraten, schön ist sie und außerdem ist sie groß und kostet am meisten." Max flüsterte Felix leise zu: "Felix, pass auf, den muss d' Jutta zahlen." Und bei so viel Geschäftstüchtigkeit kann man ja nicht widerstehen. Wie alle Kunden erhielt auch Jutta einen Luftballon und einen Kugelschreiber.
Kurz bevor sich alle Fischbrater zu einem Abschlussessen zusammensetzen wollten, unterbrach ein Platzregen das Vorhaben. Den Kindern machte dies jedoch nichts aus, und als nasse "Fischer" wurden sie von ihren Eltern in Empfang genommen.
Noch Tage danach wurde im Kindergarten gemalt, gebastelt und über diese Erfahrung gesprochen. Die Kinder machten sich auch Gedanken darüber, auf welche Art und Weise sie sich bei Familie Alt bedanken könnten: Die gesamte Kindergartengruppe kam zu dem Entschluss, Ute und Peter einen Gutschein für ein Essen in einer Pizzeria zu überreichen, da sie ja schließlich das ganze Jahr immer Fisch essen müssten. Ute und Peter bedankten sich bei den kleinen Helfern in Form eines Plakats.
Schlussgedanke
Dieses Kapitel verdeutlicht, dass Kinder auf vielfältige Weise in ihre natürliche und kulturelle Umgebung eingeführt und einen Einblick in die Arbeitswelt bekommen können. Zugleich werden ihnen auch bleibende Erlebnisse und Erfahrungen vermittelt. Das ist aber nur möglich, wenn die Ressource "Eltern" stärker als bisher in vielen Kindergärten üblich genutzt wird.
Angebote im Freizeitbereich
Ingeborg Becker-Textor
Freie Kindheitsräume sind seltener geworden. Statt dessen spielt sich das Kinderleben heute mehr und mehr in einer strukturierten und pädagogisierten Umwelt ab, in der Kinder verplant werden und nur wenig Möglichkeiten haben, eigene Beobachtungen und Erfahrungen zu machen, unbeaufsichtigt zu spielen, zu experimentieren, zu träumen oder ganz einfach nichts zu tun. Über diese Tatsache darf auch der Situationsansatz oder das situationsorientierte Arbeiten nicht hinwegtäuschen.
Obwohl die Freizeit quantitativ zugenommen hat, hat diese Zeit, die eigentlich Möglichkeiten zur freien Entfaltung, zum kreativen Tun, zu Erholung und Entspannung bieten sollte, an Qualität verloren. Dies hat eine Vielzahl von Gründen: So hat sich eine regelrechte Freizeitindustrie entwickelt, die ihre Konsumenten in allen Altersstufen und allen Bevölkerungsschichten sucht. Sie lockt z.B. mit Aussagen wie
- sinnvolle Freizeitgestaltung,
- Unterhaltung,
- keine Langeweile,
- Loslösung vom Alltagsstress und
- attraktiven Angeboten für Kinder, so dass sich Väter und Mütter erholen, entspannen und ihren Hobbys nachgehen können.
Urlaubsorte werben mit familienfreundlichen Angeboten. Dahinter verbirgt sich dann nicht selten eine ganztägige Kinderbetreuung, bei der sich Angebot an Angebot reiht und die Kinder schon frühzeitig zu Freizeitkonsumenten erzogen werden. Eltern sind für diese Animationsprogramme dankbar, denn sie brauchen sich nun auch im Urlaub keine größeren Gedanken um die Beschäftigung ihrer Kinder zu machen.
Durch diese Entwicklungen entfernen sich Erwachsene immer mehr vom Tun ihrer Kinder, entwickeln nur wenige Ideen für gemeinsame Aktivitäten. So überrascht auch nicht, dass das Fernsehen Platzziffer Eins unter den Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Erwachsenen einnimmt. Wir alle werten dies als ein Alarmzeichen, doch was ist dagegen zu tun? Welche Möglichkeiten gibt es, dass Eltern wieder lernen, sich mit ihren Kindern zu beschäftigen und freie Zeit mit den Kindern nicht als Last, sondern als Chance zu sehen - für die eigene Entspannung ebenso wie für die Beziehung zu ihren Kindern? Ist es nicht an der Zeit, dass die Verplanung unserer Kinder aufhört, dass sie wieder Anregungen bekommen, selbst Aktivitäten zu entwickeln?
Hier tut sich ein Aufgabenfeld für den Kindergarten auf, das aber noch inhaltlich gefüllt werden muss. Erzieherinnen und Erzieher müssen den Mut finden, Angebote im Freizeitbereich als eine heute ganz wichtige Form der Elternarbeit zu sehen. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass es einer besonderen Vorbereitung bedürfte oder dass - wie so oft - wertvolle Freizeit geopfert werden müsste. Eine Wanderung gemeinsam mit Eltern und Kindern, für die vielleicht fünf oder sechs Stunden angesetzt werden, bringt für alle Beteiligten wahrscheinlich mehr Gewinn als zwei Elternabende mit Referenten, die von wenigen und jeweils nur einem Elternteil besucht werden. Für die beiden Elternabende müssten die Erzieher aber mindestens die gleiche Zeit aufwenden wie für einen Wandertag.
Im Folgenden sollten drei Berichte - aus der Sicht von Eltern und Erziehern - Angebote im Freizeitbereich aufzeigen. Anschließend wird die Frage gestellt, ob solche Formen der Elternarbeit bzw. des Miteinanders von Kindergarten und Eltern nicht ein Weg zu einer neuen Form der Elternarbeit sein können, bei der es Platz für Kinder, Eltern und Erzieher gibt.
Wandertag - Bericht einer Mutter
Heute brachte mein Kind eine Einladung des Kindergartens zu einem gemeinsamen Wandertag heim. Das hat mich ganz schön überrascht. Im alten Kindergarten - dort waren die beiden Großen - hat es so etwas nie gegeben. Ich schaute mir die Einladung gleich gründlich an, denn neugierig war ich schon. Karin meinte auch gleich, dass wir alle mitkommen müssten: "Wirklich Mama, das ist für unsere ganze Familie. Auch für Papa, Peter und Christine. Da schauste, gell, wir haben uns das alles gemeinsam mit Frau X ausgedacht. Die findet nämlich Elternabende blöd, zu denen immer nur ein paar Mütter kommen. Sie hat gesagt, dass sie 'mal unsere Papas und unsere Geschwister kennenlernen will, halt die ganze Familie."
Ich muss zugeben, dass ich von der Idee auch sofort ganz begeistert war. Zu einem Elternabend zu gehen, dazu ließ sich mein Mann nie überreden. Als wir beim Abendessen nochmals die Einladung zum Familienwandertag lasen, hatten wir uns gleich entschieden: Die ganze Familie wollte mit. Die Tage bis zum Wandersamstag boten noch allerlei Gesprächsstoff.
Alle Wanderer trafen sich beim Kindergarten; von 47 Familien nahmen 32 teil. Mit der Straßenbahn fuhren wir bis zur Endstation am Stadtrand. Schon das war für uns alle ein Erlebnis. Karin sagte zu Recht: "Noch nie ist unsere ganze Familie, alle zusammen auf einmal, in der Straßenbahn gefahren!"
Dann wurde durch ein kleines Waldgebiet gewandert - die Kinder kannten den Weg schon von einem "Probeausflug". Wir hatten viel Spaß. Die Kinder entdeckten Pflanzen, Käfer, glitzernde Steine - viele von uns Erwachsenen sind einfach daran vorbeigegangen. So mussten wir uns die Bemerkung von einem Fünfjährigen gefallen lassen: "Also, Ihr Großen, Ihr seht wirklich die halbe Welt nicht. Ihr könnt schon wirklich froh sein, dass wir Euch alles zeigen!" Er hatte ja so Recht!
Immer wieder blieben kleine Grüppchen stehen, um etwas zu bestaunen. Besonders faszinierte alle der Riesenameisenberg und die fleißigen Ameisen, die da so allerlei herbeischleppten. Eines der älteren Schulkinder berichtete stolz, dass es die Ameisen eben im Heimat- und Sachkundeunterricht durchgenommen hätte. Die Kinder und die Erwachsenen lauschten gespannt seinen Ausführungen.
Bei einer kleinen Waldwiese machten wir die erste Rast. Wie war ich überrascht, als die Kinder nach dem Picknick den ganzen Rastplatz nochmals kontrollierten und uns Eltern über die Verschmutzung der Umwelt aufklärten: "Nichts darf man liegen lassen. Auch nicht das kleinste Bonbonpapier", wusste die vierjährige Susanne. Weiter ging es zu einem Waldspielplatz. Während die Kinder sich an den verschiedenen Geräten vergnügten, Gräser sammelten und versuchten, auf einem Grashalm zu blasen (der Mann einer Erzieherin hatte damit begonnen), fanden sich die Eltern zu Gesprächen zusammen. Nach der ausgiebigen Rast ging es auf dem Rundwanderweg weiter, und nach insgesamt vier Stunden erreichten wir die Straßenbahnhaltestelle wieder. Alle hatten rote Backen, aus den Hosentaschen quollen die Sammelergebnisse. Jetzt trennten sich unsere Wege; jede Familie machte sich auf den Heimweg.
Noch am gleichen Abend unterhielt ich mich mit meinem Mann über diesen Wandertag. Wir waren beide begeistert, hatten viele Kinder und viele Väter und Mütter kennengelernt, Gespräche verschiedensten Inhalts geführt und festgestellt, dass wir durch das gemeinsame Erleben viel Neues über unsere Kinder erfahren hatten. Bei Spaziergängen versuchen wir immer, den Kindern alles zu zeigen - auch wenn sie keine Lust haben. An diesem Wandertag war es anders: Die Kinder bestimmten das Tempo, zeigten uns ihre Entdeckungen und betrugen sich ordentlich. Ja, letzteres war uns besonders aufgefallen.
Auch im Erzieherteam des Kindergartens wurde wenige Tage später der Wandertag reflektiert und im Nachhinein als sehr eindrucksvoll, erfolgreich und entspannend erlebt. Am meisten freuten sich die Erzieherinnen darüber, dass sie endlich einmal die ganzen Familien ihrer Kinder kennenlernen konnten. Sie fanden es spannend und aufschlussreich zugleich, zu erleben, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen und wie das Verhältnis von Geschwistern zueinander ist. Als ganz besonders positiv empfanden die Erzieherinnen aber die vielen Einzel- und Kleingruppengespräche, die sie so ganz unkompliziert beim Wandern oder beim Picknick mit Vätern und Müttern führen konnten. Sie beschlossen, derartige Aktivitäten immer wieder einmal anzubieten. Also: Zur Nachahmung empfohlen...
Familienfreizeit
Das Stichwort "Familienfreizeit am Wochenende" löst bei vielen Erzieherinnen und Erziehern auf Anhieb eine abweisende Reaktion oder gar den Kommentar aus: "Was sollen wir denn noch alles tun. Jetzt auch noch die Wochenenden für den Kindergarten opfern..." So erstaunt es nicht, dass die Familienfreizeit eine noch kaum praktizierte Form der Elternarbeit ist. Ist es wirklich zu viel Zeitaufwand, gemessen am Effekt für die Arbeit mit den Kindern und Eltern? Die regelmäßige Teilnahme von Erzieherinnen am monatlichen Elternstammtisch oder an Dutzenden von Bastelabenden für den Weihnachtsbasar scheint selbstverständlich. Es gilt also abzuwägen, was für die Arbeit des Kindergartens wichtiger ist.
So würde ich der Familienfreizeit den Vorzug geben - und habe dies auch in der Praxis zehn Jahre lang getan. Nach den ersten zwei bis drei Familienfreizeiten änderte sich unsere Elternarbeit im Kindergarten ganz wesentlich: Die Kommunikation mit den Eltern wurde offener, Probleme wurden leichter angesprochen, die Angst voreinander wurde abgebaut, aus Erzieherinnen und Vätern/Müttern wurden Partner in Sachen Erziehung. Lange nach der Kindergartenzeit trafen sich die Familien noch zu selbst organisierten Wochenenden. Wie gestaltet sich nun in etwa der Ablauf einer solchen Freizeit?
Für einen Termin im Juli hatten sich 12 Familien aus dem Kindergarten angemeldet - eigentlich eine etwas zu große Zahl. Aber da das ganze Kindergartenteam (einschließlich der Ehepartner) teilnehmen wollte und zudem uns das ganze Tagungshaus zur Verfügung stand, erteilten wir allen eine Zusage. Der Tagungsort war ein Schloss, auf einem Tafelberg gelegen, mit einem großen verwilderten Park, mit Feld, Wald, Wiese und sogar einem kleinen Waldmoorsee in unmittelbarer Nähe.
Anreise (30 Min. Fahrt) war am Freitagabend. Das Wochenende begann mit dem gemeinsamen Abendessen. Natürlich versuchten einige Eltern, ihre Kinder um sich zu scharen, doch wir Erzieher machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Durch Flüsterpropaganda hatten wir mit den Kindern schon vereinbart, dass wir einen großen Kindertisch machen würden. Die Kinder fanden das ganz toll; die Eltern verfolgten aber unser Vorhaben recht kritisch und meldeten allerlei Bedenken an: "Unser Franz kann noch nicht mit dem Messer umgehen", "Karl isst nicht alles", usw.
Schon an diesem ersten Abend schmierten alle Kinder ihr Brot selbst und aßen bzw. probierten alles, was auf den Tisch kam. Einige Mütter waren sprachlos, wie reibungslos sich das Abendessen gestaltete. Franz erklärte seiner Mutter, dass er heute den Gebrauch des Messers geübt hätte und auch daheim künftig sein Brot selbst streichen wolle - ein Schritt zur Selbständigkeit und auf dem Weg zur Loslösung, was für die Mutter schwer zu begreifen war.
Nach dem Abendessen ging es noch auf einen Erkundungsspaziergang in den Schlosspark. 20 Uhr war als Termin für die Gute-Nacht-Geschichte angesetzt - nur für Kinder, alle gewaschen, im Schlafanzug und mit geputzten Zähnen. Sie mussten alle auf einer großen Decke Platz finden - und das wurde ganz schön eng! Die Eltern durften nicht zuhören. Die Tür zum Geschichtenzimmer wurde geschlossen und außerdem wurde nur im Flüsterton erzählt (damit eventuelle Lauscher nichts hören konnten). Die Kinder saßen dicht an dicht, aber es gab kein Gedrängel, und bald hatte die Spannung alle eingefangen. Um halb neun konnten die Eltern ihre Kinder abholen und zu Bett bringen.
Für 21 Uhr war ein Treffen der Erwachsenen zu einem gemütlichen Beisammensein angesetzt, mit einigen kleinen Spielen zum Kennenlernen. Die meisten Mütter kannten sich vom Bringen und Abholen der Kinder. Die Väter fühlten sich hingegen anfangs noch etwas "fremd" in der Runde. Zu vorgerückter Stunde, als die letzten Holzscheite im Kamin knisterten, wurden reihum noch Feuergeschichten erzählt. Die Idee kam ganz spontan aus den Reihen der Eltern.
Der Samstag stand unter dem Thema "Schloss", das hatten sich die Eltern gewünscht. Nach einer Besichtigung des Tagungshauses - vom Keller bis zum Dachboden, mit Rittersaal und Schlosskapelle - teilten sich Eltern und Kinder auf verschiedene Gruppen auf. Sie sollten heimlich etwas für das "Schlossfest" vorbereiten. Alle waren so eifrig, dass der Gong zum Mittagessen überhört wurde...
Nach dem Mittagsschlaf ging es erst wieder in die Natur. Am Ufer des kleinen Moorsees erfanden wir gemeinsam die Geschichte vom versunkenen Schloss. Das wurde spannend! Die Eltern waren ganz überrascht, welch' phantasievolle Beiträge ihre Kinder beisteuerten. Es wurde fast zu einer "Elternfortbildung" im freien Erzählen...
Nach der Rückkehr wurden die letzten Vorbereitungen für das Schlossfest getroffen. Da nur unsere Familienfreizeitteilnehmer im Tagungshaus waren, hatten wir auch den ganzen Schlosshof für uns. Das große Tor wurde geschlossen und eine lange Tafel für das Abendessen aufgebaut. Einige Eltern hatten sich im Rahmen des freiwilligen Küchendienstes zum Streichen und Belegen von Broten bereit erklärt und die Tische gedeckt. Die Kinder schmückten sich mit ihren Kostümen, die sie am Vormittag vorbereitet hatten: Mit Hüten, Kronen, Spitzenkrägen aus Papier und langen Gewändern (aus der Verkleidungskiste des Kindergartens - Utensilien, die zu jeder Familienfreizeit mitgenommen wurden).
Mit dem Schlag der Turmuhr begann das Fest. Es wurde gespeist, Gaukler (Eltern) zeigten ihre Künste, Puppenspieler (ebenfalls Eltern) spielten die Geschichte vom Prinzenpaar und dem versunkenen Schloss. Die Kinder schauten wie gebannt zu. Nach Einbruch der Dämmerung wurde getanzt. Einige müde kleinere Kinder wurden von ihren Vätern auf den Arm genommen und in den Schlaf gewogen. Nach einer Weile begab sich eine lange Prozession aus Eltern und Kindern zu den Schlafzimmern.
Die Erzieher räumten mit einigen Eltern im Schlosshof auf. In der sich dann anschließenden Elternrunde tauschte man sich über die Erlebnisse des Tages aus. Die Eltern stellten fest, dass ihre Kinder bisher nicht anstrengend gewesen seien, dass sie alle viel Spaß an den Aktivitäten gehabt hätten. Sie stellten sich aber auch selbst die Frage, warum sie nicht mehr gemeinsam mit den Kindern machen würden...
Auch der Sonntag bot noch viele Gelegenheiten für neue Erlebnisse mit den Kindern. Außerdem erhielten die Eltern Anregungen für eine wirklich sinnvolle Freizeitgestaltung.
Während einer solchen Wochenendfreizeit laufen viele Prozesse in der Familie ab. So erleben sich die Ehepartner in einer ganz andersartigen Situation, ebenso die Eltern ihre Kinder und umgekehrt. Zugleich lösen sich die Kinder von ihren Eltern ab und fühlen sich dabei durch Gleichaltrige oder andere Erwachsene unterstützt. Sie wagen Dinge, die sie sich im häuslichen Bereich oft nicht zutrauen würden. Viele Eltern berichteten nach der Teilnahme an mehreren Freizeiten, dass die dort gemachten Erfahrungen ihr Verhältnis zum Partner, aber auch zu den Kindern, stark beeinflusst hätten. Ganz besonders bedeutsam aber ist die Wirkung auf die Erziehung der Kinder:
"Ohne dass Verhaltensweisen reflektiert oder diskutiert werden, kommt es durch das enge Zusammenleben mit anderen Familien und deren Vorbildwirkung zu Einsichten, Verhaltensänderungen und einem Umdenken hinsichtlich von Erziehungszielen und -stilen. Ferner können den Eltern im Rahmen dieser Veranstaltungen Informationen, Wissen und Verhaltensmaßstäbe für die Erziehung ihrer Kinder mitgegeben werden. Ziel aller Maßnahmen ist es, den Eltern einerseits mehr Sicherheit in ihrem erzieherischen Handeln durch die Vermittlung von Kenntnissen und den Austausch mit Dritten zu geben sowie ihnen andererseits die Möglichkeit zu bieten, ihr eigenes Verhalten im Kontakt mit anderen kritisch zu überdenken und von diesen zu lernen" (Becker-Textor 1989, S. 417 f.).
Feste und Feiern
Auch Feste und Feiern im Kindergarten stehen im engen Bezug zur Elternarbeit. Allerdings dürfen Feste nicht länger eine "Leistungsschau" der Kinder sein. Üblicherweise veranstalten nämlich noch immer die meisten Kindergärten Aufführungen für die Eltern. Wochenlang werden Spiele, Lieder, Tänze u.Ä. mit den Kindern eingeübt. Dann sitzen Eltern, Großeltern und andere Erwachsene als Zuschauer im Kindergarten und beurteilen nicht selten die Qualität einer Einrichtung am vorgeführten Programm. Dies ist für Erzieherinnen und Kinder ein unerfreulicher Zustand. Vielfach begreifen die Eltern gar nicht, welche Mühe und welcher Einsatz den Kindern abverlangt werden. Auch sind die Kinder an ihrem großen Tag oft so aufgeregt, dass sie einen Text vergessen, eine Spielform mit der anderen verwechseln und dann unglücklich über ihre "Fehler" sind. Häufig wird ihnen später gesagt, wie sie sich "angestellt" hätten und dass ihre Eltern enttäuscht seien.
Feste und Feiern können aber auch anders verlaufen, wenn im Rahmen der Elternarbeit Väter und Mütter dafür in die Pflicht genommen werden. Eltern, die selbst einmal bei einem Fest im Kindergarten aufgetreten sind, werden dies so schnell nicht mehr ihrem Kind abverlangen. Am Beispiel einer Weihnachtsfeier soll nun eine wünschenswerte "Arbeitsteilung" zwischen Kindern und Eltern verdeutlicht werden.
Eine Gruppe von Vätern und Müttern hat sich für einen Schattenspielarbeitskreis zur Gestaltung der Weihnachtsfeier eingetragen. Sie will die Weihnachtsgeschichte als Menschenschattenspiel aufführen. Zum ersten Treffen kommen die Eltern sehr aufgeregt und voller komplizierter Vorüberlegungen. Im Kindergarten hängt ein weißes Betttuch im Türrahmen, und dahinter steht eine Lampe. Jede Mutter, jeder Vater kann so Erfahrungen mit ihrem/seinem Schatten machen.
Anfangs stellen sich alle - so machen es übrigens auch die Kinder - frontal vor das Tuch. Die zuschauenden Eltern sind von den Schattenbildern etwas enttäuscht. Die Erzieherin regt an, es doch im Profil zu versuchen. Gleich bricht Begeisterung bei den Zuschauern aus: "Jetzt sieht man die Wimpern sich bewegen, die Lippen. Und wenn die Hände nach vorne gestreckt und die Finger etwas gespreizt werden, dann sieht das wirklich toll aus!"
Es wird an diesem ersten Abend viel experimentiert. Besonders schwer fällt es den Eltern - und hier kann man wieder eine Übereinstimmung mit dem Kinderverhalten feststellen -, alle Bewegungen gemächlich, ruhig, nahezu in Zeitlupentempo auszuführen und dabei nicht zu vergessen, sich immer im Profil entlang des Betttuches zu bewegen.
Auch wird besprochen, welche Requisiten für die Aufführung notwendig sind. Die Eltern stellen fest, dass keine große Bastelaktion notwendig ist, denn eine Krone aus Pappkarton wirkt im Schatten nicht anders als eine kunstvoll verzierte aus Goldfolie. So können bereit an diesem ersten Abend nahezu alle Requisiten zusammengestellt werden. Besonders groß zeigt sich der Bedarf an Decken, Tüchern und Sicherheitsnadeln für die vielen langen Gewänder und Umhänge.
Für die nächste Probe - zugleich die Hauptprobe - verabredet man sich in der Kirche. Einige Mütter erklären sich bereit, vorher noch mehrere weiße Betttücher aneinanderzunähen, und die Väter basteln mit Hilfe von Leitern eine Vorrichtung zum Befestigen der Leinwand. Als stärkere Beleuchtung kommt eine Fotolampe zum Einsatz.
Und die Hauptprobe? Die Eltern sind mehr als aufgeregt. Die Erzieherin erzählt die Weihnachtsgeschichte und flicht alle Regieanweisungen in die Erzählung ein: "Langsamen Schrittes näherten sich Maria und Josef der Stadt Bethlehem. Vor dem Gasthaus blieben sie stehen..." Zweimal wird die Geschichte gespielt, immer detailliertere Regieanweisungen werden eingebaut. Ein Vater meint: "Jetzt begreife ich erst, was Kinder leisten, wenn sie solche Schattenspiele machen und dann vielleicht noch vor Zuschauern aufführen. Ich bin schon jetzt durchgeschwitzt - ohne Publikum. Aber Spaß macht es. Wir Eltern sollten öfters etwas für Kinder spielen bzw. uns durch solche Spielbeiträge an der Fest- und Feiergestaltung des Kindergartens beteiligen!"
Bei der Weihnachtsfeier klappt alles wunderbar. Die Kinder verfolgen gespannt die Geschichte, beteiligen sich mit Singen und Musizieren. Ihre Gesichter glühen vor Stolz, dass ihre Mütter und Väter mitspielen. Nichtakteure unter den Eltern sagen: "Nächstes Mal machen wir aber auch mit!" Am Ende der Geschichte - zu sehen ist das Schattenbild mit der Krippe, mit Maria und Josef - sagt die Erzieherin: "Und auch alle Kinder machten sich auf den Weg nach Bethlehem, das neugeborene Kind zu sehen." Bei leiser Orgelmusik zum Lied "Ihr Kinderlein kommet" stehen die Kinder leise auf und gehen in einer langen Reihe zur Krippe, halten inne und kehren dann wieder zu ihren Plätzen zurück. Es ist ein eindrucksvolles Bild - nicht geplant und nicht vorbereitet.
Alle waren sich einig, dass dies wirklich eine gemeinsame Feier war, bei der alle Zuschauer und Mitwirkende reich beschenkt wurden. Es blieb nicht bei dieser einen Elternspielaktion...
Eine Reflexion, was eine solche Feier für die Elternarbeit insgesamt bedeutet, erübrigt sich. Der Bericht sagt alles.
Schlussgedanken
Die drei hier beschriebenen Formen der Elternarbeit werden bei der Aufzählung der klassischen Angebote nur selten genannt. Sind sie zu wenig bekannt? Schrecken sie Erzieher ab, weil sie im Zeitplan für die Elternarbeit nicht untergebracht werden können? Fühlen sich Erzieher überfordert, wenn sie auch noch im Freizeitbereich aktiv werden sollen? Geben die Aus- und die Fortbildung zu wenig Informationen, Anregungen und Hilfen für die Gestaltung solcher Maßnahmen?
Viele spekulative Fragen, auf die nicht spontan geantwortet werden kann. Dennoch will ich Erziehern, Vätern, Müttern und Kindern Mut machen, gemeinsam solche (anderen) Formen der (Eltern- bzw.) Familienarbeit auszuprobieren. Vorurteile, dass z.B. doch keiner oder nur die gleichen Eltern teilnehmen würden, werden schnell widerlegt werden. Ein Versuch lohnt und wird überzeugen!
Ausstellungen und Ausleihmöglichkeiten von Spielen, Büchern und Kassetten
Sylvia Maria Fenzl
Spiele, Bücher und Kassetten gehören zu den Materialien und Medien, die in der Kindergartenarbeit gezielt zur Förderung bestimmter Fertigkeiten und Fähigkeiten eingesetzt werden und die somit einen entscheidenden Beitrag zur Gesamtentwicklung eines Kindes leisten. Auch in der Familie und in ihrem weiteren sozialen Umfeld werden Kinder mit diesen Materialien und Medien konfrontiert.
Eltern können die Bedeutung, die Spiele, Bücher und Kassetten für die Entwicklung ihrer Kinder haben, häufig schwer einschätzen. So werden die positiven Wirkungen qualitativ guter, altersgemäß und sinnvoll eingesetzter Materialien und Medien oft nicht wahrgenommen. Ebenso werden die negativen Folgen unterschätzt, die entstehen, wenn Kinder einer Medien- und Materialflut wahllos ausgesetzt werden.
Eine Ausstellung qualitativ guter, altersgerechter Spiele, Bücher und Kassetten im Kindergarten stellt daher für die Erzieher eine Möglichkeit dar, die Materialien und Medien, mit denen im Kindergarten gearbeitet wird, den Eltern vorzustellen und mit ihnen dabei ins Gespräch zu kommen. Die Eltern können darüber informiert werden, welche Spiele, Bücher und Kassetten ihr Kind im Kindergarten bevorzugt. Zugleich können sie beraten werden, welche für ihr Kind besonders gut geeignet sind.
Zeigen sich beim Kind signifikante Auffälligkeiten, so kann sich die Erzieherin bei den Eltern erkundigen, welche Spiele und Medien in der Familie genutzt werden und wie das Kind mit ihnen umgeht. Wichtig ist, dass die Eltern auf die Folgen eines nicht kindgerechten Umgangs mit Medien und auf ihre Vorbildfunktion hingewiesen werden.
Für Eltern - die aufgrund des großen Angebots oft verunsichert sind - bietet eine Ausstellung von Büchern, Spielen und Kassetten die Möglichkeit, sich über Kriterien zur Bewertung von pädagogisch wertvollen Materialien und Medien zu informieren. Die Vorstellungen und Wünsche der Kinder können beim gemeinsamen Anschauen und Auswählen der Materialien eingebracht werden.
Ein weiterer Vorteil einer derartigen Ausstellung ist, dass die Bestellung oder der Einkauf an Ort und Stelle erfolgen kann, vor allem, wenn ein Buchhändler anwesend ist. Auch trifft man bei dieser Gelegenheit andere Eltern, mit denen man in einem Erfahrungsaustausch eintreten kann.
Bei der Vorbereitung einer Ausstellung von Spielen, Büchern und Kassetten sind folgende Fragen abzuklären:
- Welcher Zeitpunkt ist am besten geeignet?
- Wie lange soll die Ausstellung dauern?
- Welche Öffnungszeiten sind am sinnvollsten?
- Welche Räumlichkeiten stehen zur Verfügung?
- Woher werden die Materialien bezogen und wer wählt sie aus?
- Werden kindergarteneigene Materialien mitverwendet?
- Wer übernimmt die Vorbereitungen?
- Wer betreut die Ausstellung und berät die Eltern?
- Wie wird zur Ausstellung eingeladen?
- Wie wird die Ausstellung in die Kindergartenarbeit integriert?
- Wie können die Kinder an der Ausstellungsgestaltung beteiligt werden?
- Sollen begleitend Aktionen wie z.B. ein Elternabend oder eine Lesung durchgeführt werden?
- Wo ist geeignetes Informationsmaterial erhältlich?
Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass nur pädagogisch wertvolle Bücher, Spiele und Kassetten ausgestellt werden. Ferner sollten die Eltern beim Besuch der Ausstellung einen qualifizierten Ansprechpartner vorfinden. Bei der Auswahl von Materialien können Bilderbuch- und Kinderbuchpreise (z.B. Deutscher Jugendliteraturpreis, Katholischer Kinderbuchpreis) bzw. die Auswahllisten der jeweiligen Bewertungskommission als Orientierung dienen. Auch können bei den im Anhang dieses Sammelbandes genannten Organisationen Listen empfohlener Spiele und Bücher angefordert werden.
Ausleihmöglichkeiten
Da pädagogisch wertvolle Spiele, Bücher und Kassetten in der Anschaffung oft sehr teuer sind, können für die Kindergartenkinder und deren Familien Ausleihmöglichkeiten im Kindergarten geschaffen werden. Es sollten folgende Materialien zur Verfügung stehen:
- Bücher für Erwachsene über psychologische und pädagogische Themen (z.B. Erziehungsratgeber);
- Fachzeitschriften über Familie und Erziehung;
- Bücher mit Anregungen für eine kreative Freizeitgestaltung durch die ganze Familie;
- kommunikationsfördernde Bücher für Kinder und Erwachsene (wie Bilderbücher, Sachbücher, Märchenbücher etc.);
- Regel- und Gesellschaftsspiele sowie Förderspiele, die den Familien gezielt empfohlen werden können; sowie
- Kassetten in guter Qualität mit kindgerechten Inhalten (Märchen, Hörspiele, Musik, Lieder, Tanz, Rhythmik).
Bei den zu entleihenden Materialien ist darauf zu achten, dass das Angebot für verschiedene Altersstufen geeignet ist. Empfehlenswert ist auch, dass Materialien, die im Kindergarten verwendet werden, ausgeliehen werden können. So ist es den Kindern möglich, ein beliebtes Buch oder Spiel mit nach Hause zu nehmen. Die Eltern können z.B. anhand einer Musikkassette den Kindern bereits bekannte Lieder erlernen.
Die Spiele, Bücher und Kassetten, die zur Ausleihe bereitgestellt werden, können aus Beständen des Kindergartens stammen, mit dem Erlös von Kindergartenaktionen und -festen angeschafft oder mit Spendengeldern gekauft werden. Werden für die Ausleihe Gebühren erhoben (eventuell nach der finanziellen Situation der Eltern gestaffelt), so können auch durch sie nach und nach Neuanschaffungen getätigt werden.
Die auszuleihenden Spiele, Bücher und Kassetten sollten möglichst gut sichtbar aufbewahrt werden, z.B. in Regalen mit Plexiglasscheiben (abschließbar). Das Mobiliar sollte an einem zentralen, ansprechenden, gut zugänglichen und für die Ausleihe geeigneten Ort (wie z.B. Foyer oder Flur) platziert sein. Von Vorteil ist es, wenn es aus mehreren kleinen Regalelementen besteht, die beweglich sind (Rollen). So besteht die Möglichkeit, die Regale je nach Situation und Bedarf in den Gruppenräumen oder im Sommer z.B. zu den Ausleihzeiten auf der Terrasse aufzustellen.
Die Spiele-, Bücher- und Kassettenausleihe kann von Erzieherinnen betreut werden - aber auch von Eltern, denen diese Tätigkeit Spaß macht und die das Kindergartenpersonal entlasten wollen. Wird die Ausleihe von Eltern betreut, ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Kindergartenpersonal nicht nur aus organisatorischen Gründen unerlässlich: Die Ausleihe ist auch ein wichtiges Element der Elternarbeit des Kindergartens.
Die Betreuung der Ausleihe beinhaltet
- Aufnahme des Bestandes in ein Verzeichnis;
- Anlage eines Karteisystems;
- Ausarbeitung einer Verleihordnung;
- Festlegung der Ausleihfristen und Ausleihgebühren;
- Ersatzregelung bei Beschädigung oder Verlust;
- Kennzeichnung der Materialien nach Material-, Alters- und Themengruppen;
- Wartung;
- Finanzierung;
- Neuanschaffung (dabei auch Anregungen von Eltern und Kindern einholen);
- Festsetzung der Ausleihzeiten;
- Abwicklung der Ausleihe.
Die Motivation der Eltern zur Ausleihe kann durch die Kinder, die Erzieher oder andere Eltern erfolgen. Auch Elternabende oder Elternbriefe zu den Themen "Spiele", "Bücher", "Kassetten" und "Medienerziehung" sowie Autorenlesungen stellen ein geeignetes Mittel dar.
Schlussbemerkung
Die Medienerziehung ist in unserer Zeit ein wichtiger Bereich der Erziehungsarbeit. Ein sinnvoller Umgang mit Medien sollte daher bereits in den ersten Lebensjahren in Familie und Kindertagesstätte grundgelegt werden.
Elternberatung und Vermittlung von Hilfsangeboten
Brigitte Blank und Sylvia Maria Fenzl
Die Pluralität der Familienformen (Zwei-Eltern-Kleinfamilie, Großfamilie, Ein-Elternteil-Familie, Stieffamilie...) und die Differenzierung der Lebensformen stellen eine zunehmende Herausforderung für Tageseinrichtungen für Kinder dar. Durch die veränderte Familienwirklichkeit kommt der familienergänzenden und -unterstützenden Funktion der Kindertagesstätten eine immer größere Bedeutung zu. Familien sind konfliktanfälliger geworden und benötigen mehr Beratung, Hilfe und Unterstützung. Die Angebote und Maßnahmen müssen sich dabei nach den Bedürfnissen und Wünschen vor Ort richten und sich an der Realität der jeweiligen Familie orientieren, damit sie auch wirklich zu deren Entlastung beitragen können.
Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist eine Aufgabe, die auf sehr vielfältige Art und Weise angegangen werden kann und muss. Neben einer stärkeren Einbeziehung der Eltern in den pädagogischen Alltag des Kindergartens muss auch Raum geschaffen werden für eine stärkere Vernetzung mit dem Gemeinwesen und anderen Einrichtungen. Grundlage für jegliche Form der Elternarbeit sind aber Gespräche zwischen Eltern und Erzieher - während der ganzen Zeit, in der das Kind den Kindergarten besucht.
Das Elterngespräch
Das erste Elterngespräch findet statt, wenn das Kind im Kindergarten angemeldet wird, wenn es, meist mit der Mutter, dort seinen ersten Besuch macht. Die sogenannten Tür- und Angel-Gespräche beim Bringen und Abholen, das Termingespräch und Begegnungen auf Elternabenden, Kindergartenfesten und anderen Veranstaltungen bieten zahlreiche Möglichkeiten, allmählich eine gute Beziehung zu den Eltern als Grundlage für befriedigende und wirksame Gespräche in Problem- oder Konfliktsituationen aufzubauen.
Informelle Gespräche
Die Bedeutung der sogenannten Tür- und Angel-Gespräche sollte von keiner Erzieherin unterschätzt werden. Hier, im alltäglichen Dialog mit den Eltern, bei zahlreichen, oft unwichtig erscheinenden Gesprächen, baut sich mit der Zeit eine tragfähige Beziehung auf. Hier erfahren die Eltern auch, dass Max einen besonders hohen Turm gebaut hat, dass Barbara, Anna und Florian mit der Erzieherin Blumen im Garten gesät haben und dass es ihre Aufgabe ist, diese auch zu gießen. Hier erhalten die Eltern beim Bringen und Abholen Einblick in die Gruppe.
Während Frau M. wartet, bis Sabine das Puzzle zu Ende gebaut hat, nutzt die Erzieherin die Gelegenheit, um ihr zu erzählen, dass Sabine in letzter Zeit öfter mit Ulla und Tanja spielt. Dies freut die Mutter sehr, da Sabine lange Zeit keinen Anschluss in der Gruppe fand. Kurz darauf wendet sich Frau H. an die Erzieherin: Ihr zweijähriger Sohn liege zur Zeit im Krankenhaus - ob es vielleicht möglich wäre, dass Michaela in den nächsten zwei Wochen im Kindergarten zu Mittag isst?
Bei Tür- und Angel-Gesprächen wenden sich Eltern an die Erzieherin, wenn sie von ihr Rat oder Unterstützung in der Erziehung wünschen, wenn sie z.B. wissen wollen, ob ihr Kind im Kindergarten auch so trotzig ist oder ob es sinnvoll ist, es beim Malen gezielter zu fördern. Hier liegen aber auch schon die Grenzen dieser informellen Gespräche: Für sie steht nur wenig Zeit zur Verfügung. Für die intensivere Besprechung von Erziehungsfragen sollten deshalb Termine vereinbart werden. Allerdings empfiehlt es sich, hier auch einmal eine Ausnahme zu machen, wenn es die Situation erfordert. Denn gerade Eltern aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten sind bei Tür- und Angel-Gesprächen eher zu erreichen. Aus zahlreichen negativen Erfahrungen heraus vermeiden sie häufig Termingespräche. Aber auch in Krisensituationen muss oft sofort gehandelt werden: Die Erzieherin kann die Mutter nicht auf einen späteren Termin vertrösten, sondern muss sie umgehend in ihr Büro bitten.
Das Termingespräch
Meist werden Termine vereinbart, wenn ein Problem oder ein Konflikt besprochen werden muss. Dies kann von Seiten der Erzieherin oder von Seiten der Eltern gewünscht werden. Diese Gespräche werden häufig von der Erzieherin als eine sehr schwierige Aufgabe erlebt. Sie werden auch nicht selten von Eltern vermieden, wenn sie Kritik erwarten oder Entwicklungsverzögerungen bzw. auffällige Verhaltensweisen ihres Kindes nicht wahrhaben wollen. Ist es hingegen in einem Kindergarten üblich, in regelmäßigen Abständen zu Elterngesprächen einzuladen (s.o.), dann dürfte ein Teil der Schwellenangst bei solchen Gesprächen wegfallen, werden diese als "normal" erlebt. Auch wünschen viele Eltern diesen Dialog und haben großes Vertrauen in die Erzieherin.
Oft können schwerwiegende Probleme vermieden oder zu einem Zeitpunkt aufgefangen werden, wo sie sich noch nicht verfestigt haben, wenn die Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten gegeben ist:
Der Erzieherin ist aufgefallen, dass Klaus in letzter Zeit häufig alleine spielt. Bei passender Gelegenheit spricht sie mit ihm und erfährt dabei, dass andere Kinder zu ihm sagten: "Du stinkst", und ihn deshalb nicht mitspielen lassen. Klaus ist leicht übergewichtig und schwitzt schnell. Tatsächlich kommt es jetzt im Sommer öfter vor, dass er nach Schweiß riecht.
Die Erzieherin hat zunächst Bedenken, dies der Mutter zu sagen. Sie berät sich mit einer Kollegin und bittet daraufhin die Mutter zu einem Gesprächstermin in den Kindergarten. Bei diesem Gespräch erklärt sie der Mutter den Sachverhalt und sagt ihr, dass Klaus dadurch in eine Außenseiterposition gedrängt wird. Sie rät der Mutter, mit Klaus einen Arzt aufzusuchen. Die Mutter bietet von sich aus an, Klaus beim Waschen, das er am Morgen schon selbständig erledigt, wieder mehr zu unterstützen.
Die Mutter ist dankbar für den Hinweis der Erzieherin. Klaus wird es erspart, ins Abseits gedrängt zu werden, da die Erzieherin das Problem, nachdem sie es erkannt hatte, sofort mit der Mutter besprochen hat.
Will die Erzieherin Eltern auf Entwicklungsrückstände, bestimmte Verhaltensauffälligkeiten, Unkonzentriertheit, soziale Schwierigkeiten des Kindes, Auffälligkeiten in der Motorik oder mangelnde Schulreife aufmerksam machen, sollte sie besonders feinfühlig und überlegt vorgehen. Sie muss sich auf solche Gespräche gezielt vorbereiten. Dabei sollten nicht nur die Inhalte des Gesprächs bedacht werden, sondern auch eigene Einstellungen sowie die eigene Rolle und Position gegenüber den Eltern reflektiert werden.
Die Erzieherin muss sich ihres Kommunikationsstiles bewusst werden, um bei Beratungsgesprächen ihre Eindrücke und Erziehungsvorstellungen in annehmbarer Weise vorbringen zu können. Ein Gespräch, das auf einer partnerschaftlichen Basis geführt wird, beinhaltet die größten Chancen zur Veränderung und Konfliktlösung - dagegen sind gutgemeinte Ratschläge und Ermahnungen meist nicht sehr wirkungsvoll. Wichtig ist auch, den Eltern Verständnis entgegenzubringen, zugleich aber auch selbstbewusst den eigenen Standpunkt zu vertreten. Die Erzieherin muss während des Gesprächs ihre Zielsetzung immer wieder überprüfen und den Gesprächsverlauf reflektieren. Sie muss letztlich auch anerkennen, dass die Eltern die letzte Verantwortung für ihr Kind haben.
Im Idealfall wird zu Beginn des Gesprächs für eine entspannte Atmosphäre gesorgt. Die Erzieherin verhält sich als Gastgeberin, begrüßt die Eltern und beginnt mit einer eher allgemeinen Thematik - die es ihr auch ermöglicht, positive Seiten am Kind aufzuzeigen. Dann wird über die vorherrschenden Probleme gesprochen, wobei sich Erzieherin und Eltern auf eine gemeinsame Problemdefinition einigen sollten. Anschließend suchen sie gemeinsam nach den Ursachen der Schwierigkeiten, analysieren die Situation des Kindes zu Hause und im Kindergarten und besprechen, wie sie ihr Erziehungsverhalten verändern und abstimmen müssen, um eine Verhaltensveränderung beim Kind zu bewirken. Häufig sind aber die Familienverhältnisse Anlass und Ursache für Verhaltensauffälligkeiten im Kindergarten. Oft wenden sich Eltern (Mütter) auch bei Familienproblemen, wirtschaftlicher Not und Partnerkonflikten an Erzieherinnen und erwarten von ihnen Hilfe und Unterstützung. In solchen Beratungssituationen muss die Erzieherin ganz klar ihre Grenzen aufzeigen: Sie ist keine Lebensberaterin und keine Therapeutin! Auch kann sie keine Retterin aus allen Nöten sein.
In diesen Fällen gilt es, auf geeignete Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Manchmal ist es notwendig, zuerst einige Gespräche mit den Betroffenen zu führen, ehe es angebracht erscheint, sie auf Beratungsstellen, therapeutische Hilfsangebote, psychosoziale Dienste oder auch Selbsthilfegruppen aufmerksam zu machen:
Stefan fällt in der Gruppe immer wieder durch sein scheinbar unmotiviertes aggressives Verhalten auf. Mitten im Spiel boxt er seinen Partner plötzlich, zieht er ein Kind an den Haaren oder kratzt es. Stefan kommt außerdem recht unregelmäßig in den Kindergarten, da er häufig bei seiner Oma in einer anderen Stadt zu Besuch ist. Er muss sich deshalb immer wieder seine Position in der Gruppe erkämpfen.
Nachdem die Erzieherin Stefan einige Zeit lang gezielt beobachtet und darüber schriftliche Aufzeichnungen gemacht hat, bittet sie Stefans Mutter, Frau R., zu einem Gespräch in den Kindergarten. Frau R. selbst hatte schon mehrmals geäußert, sie wisse manchmal nicht mehr, was sie mit Stefan machen solle, weil er so ein "Raufbold" sei. Die Erzieherin bezieht sich bei dem Gespräch auf diese Äußerung der Mutter und meint, man müsse gemeinsam nach Wegen suchen, das Verhalten von Stefan zu verändern. Zunächst sei es wichtig, dass Stefan regelmäßiger in den Kindergarten komme, um sich nicht immer wieder erneut in der Gruppe einfinden zu müssen.
Nun schildert die Mutter, die alleinerziehend ist, ihre persönliche Situation: Der Junge war früher noch häufiger bei der Großmutter, die ihn sehr verwöhnt und mit Geschenken überhäuft. Mutter und Großmutter sind sich in Erziehungsfragen uneins. Die Großmutter drohe auch immer wieder, den Jungen bei sich zu behalten. Stefan spiele sie und seine Mutter gegeneinander aus. Sie sei aber immer wieder auf die Hilfe der Großmutter angewiesen. Stefan meint auch, der jetzige Freund der Mutter sei sein leiblicher Vater. Wenn sie Stefan längere Zeit nicht zur Großmutter bringe oder versuche, sich gegen die zahllosen Geschenke zu wehren, drohe die Großmutter, Stefan die Wahrheit über seinen Vater zu sagen.
Mit Frau R., die froh ist, sich mal aussprechen zu können, werden weitere Gespräche vereinbart. Zum einen versucht die Erzieherin, mit der Mutter einige Verhaltensweisen gegenüber Stefan abzustimmen, andererseits bemüht sich die Erzieherin, die Mutter zum Besuch einer Beratungsstelle zu motivieren, da die familiäre Situation einer therapeutischen Bearbeitung bedarf. Bei der Kontaktaufnahme mit der Beratungsstelle unterstützt die Erzieherin Frau R. Die Erzieherin wird nach Absprache über die Inhalte der Beratungsgespräche und die therapeutischen Maßnahmen informiert, soweit sie Stefan betreffen.
Ein weiteres Fallbeispiel soll das Gesagte noch vertiefen:
Eine Mutter wendet sich verzweifelt an die Erzieherin - sie und ihr Mann würden sich völlig hilflos fühlen, weil ihre fünfjährige Tochter Rita plötzlich wieder einnässe. Die Erzieherin vereinbart mit der Mutter einen Gesprächstermin. Zuvor beobachtet sie das Mädchen gründlich und macht sich Notizen über ihre Wahrnehmungen.
Bei dem ersten Gespräch berichtet Frau K., dass ein Arztbesuch bereits erfolgt sei und organische Ursachen ausgeschlossen worden seien. Im Gespräch wird dann die Situation deutlich, in der sich Familie K. derzeit befindet: Frau K. fühlt sich durch ihren einjährigen Jungen sehr stark beansprucht. Herr K. ist durch eine berufliche Fortbildungsmaßnahme überlastet. Aufgrund der Wohnsituation hat Rita wenig Kontakt zu anderen, insbesondere gleichaltrigen Kindern. Sie ist sehr auf ihre Familie und die häusliche Umgebung fixiert. Rita hat häufig Konflikte mit ihrem kleinen Bruder (gemeinsames Kinderzimmer, gemeinsame Spielbereiche; der Junge darf im Bett der Eltern schlafen etc.). Dann berichtet die Erzieherin, dass Rita im Kindergarten durch eine starke Leistungsorientierung und ein sehr soziales Verhalten auffiele. Besonders jüngeren Kindern gegenüber sei sie immer hilfsbereit.
Anschließend erzählt die Mutter, wie sie und ihr Mann bisher mit dem Einnässen und auch mit dem Einkoten - über das erst im Laufe des Gespräches berichtet wird - umgegangen sind (Arztbesuch, Strafe, Belohnung usw.). Gemeinsam werden dann mögliche Gründe besprochen (Überlastung der Eltern, überhöhte Erwartungshaltung der Eltern gegenüber Rita, Sauberkeitserziehung, starke Erwachsenenorientierung von Rita, übermäßiger Fernsehkonsum etc.). Dann werden mögliche Lösungswege erörtert. Frau K. will ihren Mann über die Gesprächsinhalte informieren.
Ein Zweitgespräch mit Frau K. findet nach ungefähr vier Wochen statt. An ihm nimmt auch Herr K. teil. Inzwischen hat dieser seine Fortbildung abgeschlossen. Die Eltern haben Rita mehrmals die Möglichkeit gegeben, Freundinnen aus dem Kindergarten nach Hause einzuladen. Außerdem wurde der Fernsehkonsum von Rita erheblich eingeschränkt, und die Familie versuchte, öfter etwas gemeinsam zu unternehmen. Diese Maßnahmen hätten sich bereits positiv ausgewirkt. Auch der Erzieherin ist aufgefallen, dass Rita etwas gelöster sei - allerdings sei sie nach wie vor sehr ehrgeizig und versuche häufig, eine Führungsrolle zu übernehmen. Im Gespräch werden dann noch einige Situationen durchgesprochen, auf die Rita in letzter Zeit mit Einnässen oder Einkoten reagiert hatte, die das Einkoten bzw. Einnässen eventuell hervorrufen bzw. begünstigen würden. Es wird erörtert, wie mit diesen Situationen umgegangen werden kann oder wie sie vermieden werden können. Sollte sich die Situation nicht wesentlich verbessern, sind die Eltern bereit, mit einer psychologischen Beratungsstelle Kontakt aufzunehmen.
Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass einerseits das beratende Gespräch durch die Erzieherin notwendig ist, dass es andererseits in komplizierten Fällen auch ihre Aufgabe ist, Eltern dahingehend zu motivieren, Beratungsstellen und psychosoziale Dienste aufzusuchen. Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn die Beratung im Kindergarten zum einen die Kompetenzen und zum anderen den zeitlichen Verfügungsrahmen der Erzieherin übersteigt. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass sich die Erzieherin über die sozialen Dienste und andere relevante Einrichtungen in ihrer Region informiert (s.u.).
Elterngruppen und Gesprächskreise
Eine weitere Möglichkeit zur Beratung bieten Elterngruppen und Gesprächskreise. Anlässe für Gesprächskreise können aktuelle pädagogische oder psychologische Fragestellungen sein, Fragen zur Entwicklung der Kinder, zur Einschulung, zur Gesundheitserziehung usw. Elterngruppen sind ferner eine wichtige Basis für die problemorientierte Elternarbeit, für Beratungsgespräche und die Vermittlung an psychosoziale Dienste.
Eine Mutter erzählt bei einem Elterntreff von den Trennungsängsten ihrer Tochter und schildert Trennungssituationen, in denen das Kind mit Fieber und Erbrechen reagiere. Auch hätte sie Schwierigkeiten, eine Betreuung zu finden, wenn sie mit ihrem Mann ausgehen möchte. Besonders akut sei die Situation jetzt, da ihr ein sechswöchiger Kuraufenthalt verschrieben worden sei.
Innerhalb des Elterntreffs (das für dieses Treffen vorgesehene Thema wird mit dem Einverständnis aller Teilnehmer vertagt) findet nun ein reger Gesprächsaustausch statt. Die Teilnehmerinnen bringen eigene Erfahrungen sowie Ratschläge ein. Eine Mutter bietet auch an, ihre Babysitterin, mit der sie gute Erfahrungen gemacht hatte, weiterzuvermitteln (Frau G. sollte zu Besuch kommen, wenn die Babysitterin wieder im Haus wäre).
Die Erzieherin empfiehlt Frau G. beim Elterntreff und einem darauffolgenden Kurzgespräch, wegen der psychosomatischen Reaktionen der Tochter in Trennungssituationen einen Kinderarzt aufzusuchen. Um den bevorstehenden Kuraufenthalt und die damit verbundene Trennungssituation gut vorbereiten und bewältigen zu können, legt sie ihr nahe, sich mit der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Verbindung zu setzen. Des Weiteren gibt sie ihr die Adresse vom Kinderschutzbund; von diesem kann eine Liste mit Babysitteradressen angefordert werden.
In allen regelmäßig stattfindenden Gruppen, wie Elterntreffs, Treffpunkte für Alleinerziehende oder ähnliche Gruppen, findet also Beratung durch die Erzieherin statt, aber auch durch eingeladene Fachleute und wechselseitig durch die Eltern. Das Fallbeispiel verdeutlicht auch, dass Eltern einander durchaus mit Rat und Tat helfen können (Nachbarschaftshilfe).
Zusammenarbeit mit sozialen Diensten und Vermittlung von Hilfsangeboten
Wie bereits zuvor erwähnt, ist es bei gravierenden Problemen notwendig und sinnvoll, soziale Hilfsdienste hinzuzuziehen. Oft sind Veränderungen in Familien nur schwer zu erreichen oder anzubahnen, so dass sich die Erzieherin zumindest kollegiale Beratung oder den Rat von Fachleuten, etwa aus der Erziehungsberatungs- oder Frühförderstelle, holen sollte.
Wenn die Erzieherin selbst Rat einholen will oder wenn sie versucht, die Eltern zur Inanspruchnahme von Hilfsangeboten zu motivieren, muss sie in jedem Fall über das Angebot psychosozialer Dienste vor Ort und deren Arbeitsweise informiert sein. Diese Informationen sollte sie nicht erst einholen, wenn ein Handlungsbedarf da ist. Es ist ratsam, die Arbeitsschwerpunkte, Methoden, konkreten Maßnahmen und Hilfen (z.B. finanzieller Art) von denjenigen sozialen Diensten und Einrichtungen zu kennen, die für Kindergarteneltern und -personal relevant sind. Kennt die Erzieherin auch noch einen oder einige Mitarbeiter dieser psychosozialen Dienste, dann ist es häufig einfacher, Eltern dorthin zu vermitteln: Diese überwinden viel eher ihre Schwellenangst, wenn die Erzieherin etwa sagen kann: "Gehen Sie doch 'mal zur Frauenbeauftragten, Frau X., die kennt sich da aus und kann sicherlich bei der Antragstellung helfen."
Es bedeutet keinen großen zeitlichen Aufwand, die verschiedenen Einrichtungen vor Ort kennenzulernen. Ein Ausgangspunkt können Anschriftenverzeichnisse sein, die man sich z.B. beim Jugendamt oder einer Bürgerberatungsstelle besorgen kann. Besonders ratsam ist aber, einen "Beratungsführer für den Kindergartenbereich" in einer bestimmten Region zusammenzustellen. Dies könnte etwa im Rahmen eines Arbeitskreises von Erzieherinnen geschehen. Im Beratungsführer sollten neben Adressen, Öffnungszeiten und Arbeitsweise der Einrichtungen auch mögliche Kooperationsformen mit dem Kindergarten erwähnt werden. Es ist sinnvoll, im Beratungsführer vor allem folgende psychosoziale Dienste aufzulisten, zu denen auch Kontakte seitens des Kindergartens bestehen sollten:
- Jugendamt,
- Erziehungsberatungsstelle,
- Ehe- und Lebensberatungsstelle,
- Frühförderstelle, heilpädagogische Tagesstätte,
- Psychosoziale Beratungsstelle,
- Geschäftsstellen von Wohlfahrtsverbänden,
- Gesundheitsamt,
- Schwangerenberatungsstelle,
- Sozialamt,
- Kinderschutzbund und
- Schuldnerberatungsstelle.
Ferner können zu Arbeitskreisen von Erzieherinnen, zu Leiterinnenkonferenzen oder auch zu Teambesprechungen Mitarbeiter der wichtigsten psychosozialen Dienste eingeladen werden. Auch können diese Einrichtungen vom Team oder in einer größeren Gruppe von Erzieherinnen besucht werden. Zumindest aber kann die Erzieherin telefonisch mit einigen besonders wichtigen Einrichtungen in der Gemeinde oder Stadt Kontakt aufnehmen.
Mancherorts hat sich bewährt, wenn regelmäßig Sprechstunden der Erziehungsberatungsstelle im Kindergarten stattfinden oder Mitarbeiter verschiedener sozialer Dienste zu Elternabenden, Gesprächskreisen oder Fallbesprechungen eingeladen werden. Durch derartige Maßnahmen werden Distanz und Schwellenangst gegenüber Beratern und Therapeuten abgebaut. Auch wird im Problemfall die Kontaktaufnahme mit Fachkräften erleichtert.
Durch die Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen können Doppelbetreuungen vermieden werden. Ferner kann die Vorgehensweise im Einzelfall abgesprochen werden. Dies kann im Rahmen der sogenannten Helferkonferenzen geschehen, wie sie in verschiedenen Tätigkeitsfeldern der Sozialarbeit üblich sind. Auf diese Weise kann die Erzieherin Hilfe im Einzelfall erhalten - für sich und die jeweilige Familie. Sie befreit sich dadurch vom Handlungsdruck und von der Gefahr, zu viel Verantwortung zu übernehmen.
Doch nicht nur im "Problemfall" ist eine Zusammenarbeit angezeigt. Gerade das Wissen über die Hilfsangebote bietet oft die Möglichkeit, zur Prävention beizutragen. Der Hinweis auf ein bestimmtes Angebot einer Elternvereinigung, die beispielsweise Babysitterdienste oder kostenlose Kinderbetreuung in einer Spielgruppe anbietet, kann für eine Mutter zu einer enormen Entlastung führen. Endlich kann sie in Ruhe Besorgungen machen oder zum Arzt gehen, ohne ihre Kinder mitnehmen zu müssen. Oder einer alleinerziehenden Mutter kann dadurch geholfen werden, dass die Erzieherin sie auf eine Selbsthilfegruppe Alleinerziehender aufmerksam macht, wo sie Gesprächsmöglichkeiten und Unterstützung findet. In einem anderen Fall kann die Frauenbeauftragte weiterwissen.
Informationsmaterial
Hinweise auf Hilfsangebote können zum einen durch die Erzieherin persönlich gegeben werden. Zum anderen können in der Elternecke des Kindergartens oder im Eingangsbereich Informationsmaterialien bereitgelegt werden. Diese können sich die Eltern dann in Ruhe - und vor allem ohne Auskunft über eventuelle Probleme geben zu müssen - ansehen oder mitnehmen. Kostenloses Informationsmaterial kann z.B. von den im Anhang dieses Buches aufgelisteten Institutionen angefordert werden.
Wichtig ist, dass das Material immer aktuell ist, und nicht monatelang die gleichen Faltblätter daliegen. An einer Pinnwand können aktuelle Hinweise ausgehängt werden, aber auch Informationen von Eltern für Eltern weitergegeben werden, z.B. über den Verkauf von Kinderfahrrädern oder Kinderbetten, über das Angebot einer Mutter, die stundenweise die Betreuung eines anderen Kindes übernehmen würde, oder über die Suche einer anderen Mutter nach einem Babysitter.
Schlussbemerkung
Durch die Beratung von Eltern, die Übernahme von präventiven Aufgaben, die Vernetzung mit dem Jugendhilfebereich, die Information der Eltern über Hilfsangebote, die stärkere Öffnung des Kindergartens für Eltern und die Gemeindeorientierung gewinnt der Kindergarten eine andere Bedeutung, wird er zu einem Ort für Familien in der Gemeinde, wo Kommunikation, Begegnung, Unterstützung und auch Nachbarschaftshilfe stattfinden.
Probleme in der Zusammenarbeit von Kindergarten und Familie
Brigitte Blank
Grundsätzlich ist der Kindergarten zur Kooperation mit den Eltern bereit. Grundsätzlich sind auch Eltern an einer Zusammenarbeit interessiert. Dennoch klappt der Dialog zwischen Eltern und Erziehern zum "Wohle des Kindes" häufig nicht. Neben den "normalen" zwischenmenschlichen Schwierigkeiten gibt es Probleme und Konflikte, die sich auf die besondere Situation im Kindergarten zurückführen lassen. Barrieren und Vorurteile machen es oft beiden Teilen schwer, zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit zu kommen.
Während an einem Kindergarten Gleichgültigkeit und Desinteresse der Eltern die Elternarbeit erschweren, klagt der Nachbarkindergarten über zu viel Einmischung und überengagierte Eltern. Während die einen Eltern mit den Angeboten des Kindergartens sehr zufrieden sind, klagen die anderen über zu wenig Bedarfsorientierung und mangelndes Engagement der Erzieherinnen.
Im folgenden sollen nun einige Probleme in der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergarten skizziert werden, wobei die verschiedenen Standpunkte und Sichtweisen Berücksichtigung finden.
Eltern wissen oft nur wenig über Kindergartenpädagogik. Sie bewerten das, was sie sehen (Situationen zur Bring- und Abholzeit, Bastelarbeiten usw.), gehen von ihrer eigenen Kindergartenerfahrung aus und tauschen sich mit anderen Eltern über ihre Eindrücke aus. Es ist daher für ein gutes Verhältnis zwischen Eltern und Kindergarten notwendig, dass der Kindergarten über seine Arbeit und seine Ziele informiert. Während der "geschlossene" Kindergarten häufig das Misstrauen der Eltern hervorruft, weil sie gar nichts von der Arbeit der Erzieherinnen mitbekommen, haben Kindergärten, die nach dem Situationsansatz arbeiten, oft das Problem, ihre Vorgehensweise gegenüber den Eltern rechtfertigen zu müssen, da diese mehr Vorschularbeit, mehr Bastelarbeiten und mehr Vorbereitung auf die Schule erwarten. Werden Eltern genügend informiert (beim Aufnahmegespräch, durch Übergabe des schriftlichen pädagogischen Konzepts, auf Veranstaltungen), so kann einer negativen Haltung entgegengewirkt werden. Das Bild der Eltern vom Kindergarten verändert sich und mit ihm das Bild von der Erzieherin.
Kindergärten, die über ein schriftliches pädagogisches Konzept verfügen, sind immer noch in der Minderzahl. Das heißt nicht, dass Erzieherinnen nicht wissen, was sie tun. Allerdings geraten sie - nicht nur Eltern gegenüber - immer wieder in die Situation, ihre inhaltliche Arbeit erklären oder gar rechtfertigen zu müssen. Gerade junge Erzieherinnen sind damit überfordert und versuchen, dieser Konfrontation aus dem Wege zu gehen. Ein im Team formuliertes, immer wieder aktualisiertes Konzept erleichtert den Dialog mit den Eltern (und der Öffentlichkeit) und führt zusätzlich zu Transparenz der Kindergartenarbeit. Die Eltern können durchaus in die Erarbeitung des pädagogischen Konzepts einbezogen werden.
Unsicherheit und zu geringes Selbstbewusstsein sind oft die Ursachen dafür, dass die Eltern zu wenig über die Kindergartenarbeit informiert werden. Doch werden Eltern misstrauisch, wenn sie nicht wissen, was geschieht bzw. warum etwas geschieht oder auch nicht. Die immer häufiger geforderte Öffnung des Kindergartens gegenüber den Eltern hilft hier, Missverständnisse abzubauen, den Kindergarten zu "entinstitutionalisieren" und den Dialog zwischen Eltern und Erzieherinnen zu ermöglichen.
Hierzu ein Beispiel: Nach längerer Diskussion entschließt sich das Team, trotz des großen Erfolges im Vorjahr in diesem Jahr kein Faschingsfest mit Eltern durchzuführen. Nachdem bereits einige Eltern nach dieser Veranstaltung gefragt haben, wird ein Aushang gemacht. Würde der Wortlaut heißen: "Das Faschingsfest fällt heuer aus", wäre die Unzufriedenheit der Eltern vorprogrammiert. Deshalb werden die Hauptgründe für diese Entscheidung formuliert und im Aushang allen Eltern mitgeteilt. Im Elternbeirat und zwischen Eltern und Erziehern wird nochmals über dieses Thema diskutiert. Letztlich wird dann die Entscheidung von allen mitgetragen.
Kindergärten klagen oft über das mangelnde Engagement und Desinteresse der Eltern. Hier ist die Frage zu stellen: Sind wir wirklich "offen", lassen wir wirklich die Mitarbeit der Eltern im Kindergarten zu? Oder haben unsere Aktionen nur Alibifunktion? Hier stellt sich gleichzeitig die Frage nach der Zusammenarbeit im Team - denn nur wenn im Team der Informationsfluss funktioniert, die Strukturen demokratisch sind und der Dialog zwischen den Mitarbeitern nicht gestört ist, sind letztlich Öffnung und Offenheit möglich, können Eltern und Erzieherinnen miteinander kooperieren.
Von Erzieherinnen wird oft beklagt, dass der Kindergarten im Gegensatz zur Schule als relativ unwichtig betrachtet wird. Seinen Wert erhält er nur in seiner Funktion als schulvorbereitende Einrichtung. Andere Eltern sehen hauptsächlich den Betreuungsaspekt und äußern dies auch. Sie sind froh, dass ihre Kinder gut untergebracht sind, und haben kein oder wenig Interesse an der Arbeit bzw. den Elternveranstaltungen des Kindergartens. Diese Haltungen führen bei Erzieherinnen zu Frustrationen, da ihre Tätigkeit zu wenig anerkannt wird. Grundsätzlich sind aber beide Elternanliegen legitim. Beispielsweise ist angesichts der heutigen Familienrealität das Betreuungsangebot mit möglichst langen Öffnungszeiten für viele vollerwerbstätige Eltern notwendig und wünschenswert. Dies bedeutet nicht grundsätzlich ein Abqualifizieren des Kindergartens, der jedoch auch die anderen Aspekte der Arbeit mit Eltern und Kindern verdeutlichen muss.
Die Öffnungszeiten des Kindergartens richten sich manchmal nach tradierten, starren Regelungen. Eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten entsprechend der z.B. per Fragebogen erfassten Wünsche der Eltern und der örtlichen Gegebenheiten führt - unter Berücksichtigung des "Machbaren" - zu einer größeren Zufriedenheit der Eltern.
Hinweise der Erzieherinnen auf Entwicklungsrückstände, Verhaltensauffälligkeiten oder mangelnde Schulreife werden von Eltern häufig ignoriert oder nicht akzeptiert, während Hinweise von Lehrern oder Ärzten eher angenommen werden. Noch immer wird die Erzieherin zu sehr als "Basteltante" gesehen, noch immer wird ihre Professionalität unterschätzt. Dem muss die Erzieherin selbst entgegenwirken, indem sie sich ihrer eigenen Kompetenz bewusst wird und diese nach außen hin vertritt - und sich nicht damit begnügt, diesen Zustand zu bedauern.
Gespräche mit Eltern werden von den Erzieherinnen oftmals als unangenehm und schwierig erlebt. Vor allem, wenn es sich um Probleme wie Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsverzögerungen beim Kind handelt, werden solche Gespräche unnötig lange hinausgezögert. Vielfach sind aber auch Eltern nicht einsichtig und nehmen eine Abwehrhaltung gegenüber der Erzieherin ein. Für Elterngespräche im Allgemeinen und Problemgespräche im Besonderen ist Wissen über Kommunikation und Gesprächsführung unbedingt notwendig. Auch sollte die Erzieherin nonverbale Signale kennen und wahrnehmen können. Unsichere und unerfahrene Erzieherinnen können sich vor Elterngesprächen Hilfe und Unterstützung bei erfahrenen Kolleginnen holen. Um erfolgreich Elterngespräche führen zu können, ist es aber unerlässlich, dass sich die Erzieherin ihres Kommunikationsstils bewusst ist und diesen positiv ausgestaltet. Jede Erzieherin sollte deshalb an ihrer Fortbildung im Bereich der Gesprächsführung interessiert sein.
Besonders bei Problemen muss die Erzieherin ihre eigene Position hinterfragen, dann aber auch selbstbewusst gegenüber den Eltern vertreten. Oft ist es notwendig, ihnen gegenüber Grenzen zu ziehen, sich gegen Einmischung zu wehren - denn auch der Erzieherin ist es nicht möglich, allen Anforderungen gerecht zu werden.
Häufig führt eine mangelnde Akzeptanz des Elternverhaltens zu Problemen zwischen Elternhaus und Kindergarten. Erzieherinnen sehen sich häufig in der Funktion von "Anwälten für das Kind" oder aber auch als die "besseren Eltern". Damit wird das Elternverhalten negativ beurteilt, ohne dass seine Wirkung auf das Kind erfasst wird - die durchaus positiv sein kann: Ganz verschiedene Erziehungsstile und Verhaltensweisen können die kindliche Entwicklung fördern.
Unsere plurale Gesellschaft mit unterschiedlichen Lebensentwürfen sowie verschiedenen kulturellen und weltanschaulichen Werthaltungen spiegelt sich auch im Kindergarten wider. Der Erfahrungshintergrund unserer Kinder ist sehr vielschichtig. In der Kindergartenarbeit muss diese Tatsache Berücksichtigung finden - auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern kann nicht auf "allgemeingültige" Wertvorstellungen zurückgegriffen werden, müssen beispielsweise verschiedene Rollendefinitionen berücksichtigt werden.
Erzieherinnen gehen häufig in ihrer Haltung gegenüber Eltern von der "Idealfamilie" aus und messen daran das Verhalten und Engagement der Eltern. Gerade Problemfamilien, Ausländer, Alleinerziehende und Familien in Krisensituationen fühlen sich dadurch ausgegrenzt. Dieses Verhalten wird sicherlich auch durch mangelndes Wissen über die heutige Familienrealität bedingt. So meinte eine Erzieherin: "Seitdem ich selber zwei Kinder habe, bin ich den Kindergarteneltern gegenüber viel großzügiger geworden. Ich erwarte von ihnen lange nicht mehr so viel wie früher. Ich weiß jetzt selbst, wie aufwendig es sein kann, Familienalltag, Kindererziehung und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bekommen und dann auch noch bei einem Elternabend zu erscheinen. Früher dachte ich immer, es müssten alle Eltern erscheinen, und reagierte richtig beleidigt, wenn nur wenige kamen."
Schwierigkeiten im Dialog mit den Eltern ergeben sich vielfach aus der Schichtzugehörigkeit bzw. aus schichtspezifischen Sichtweisen von Erzieherinnen und Eltern. Erzieherinnen stammen oftmals aus sogenannten Mittelschichtsfamilien und haben entsprechende Werthaltungen übernommen. Daraus resultiert bisweilen mangelndes Verständnis für Familien aus anderen Bevölkerungsgruppen, die beispielsweise den Anforderungen unserer an Leistung orientierten Gesellschaft nicht ausreichend gerecht werden. Dann ist die Gefahr einer Stigmatisierung der Eltern und Kinder gegeben. Sätze wie "Diejenigen, die es am nötigsten bräuchten, die kommen sowieso nicht zum Gespräch oder zum Elternabend" kennzeichnen diese Haltung. Große Schwellenängste und häufige negative Erfahrungen mit verschiedenen Institutionen sind jedoch der Hintergrund für dieses Elternverhalten. Durch Offenheit, Akzeptanz und Sensibilität kann jedoch Zugang zu diesen Problemfamilien gefunden werden.
Manche Erzieherinnen haben aber auch Angst vor dem Gespräch und der Auseinandersetzung mit Akademikerfamilien. Hier fühlen sich sogar manche langjährige Erzieherinnen nicht kompetent genug und vermeiden Diskussionen bei Elternabenden oder Problemgespräche. Nur wenn sich Erzieherinnen ihrer eigenen Professionalität bewusst werden, können sie sich auf Gespräche mit allen Eltern einlassen und ihnen partnerschaftlich begegnen.
Erzieherinnen und Eltern geraten allzu leicht in Konkurrenz miteinander. Die Erzieherin muss sich, um hier Konflikte zu vermeiden, ihrer Position zwischen Kind und Eltern bewusst sein: Häufig vollzieht sich beim Übergang von der Familie zum Kindergarten die erste längere Trennung zwischen Mutter und Kind - eine Phase, die von der Erzieherin eine besondere Sensibilität und viel Verständnis fordert. Der Mutter muss verdeutlicht werden, dass es ein ganz natürlicher (Ablöse-) Prozess ist und dass die Erzieherin an Bedeutung im Leben des Kindes gewinnt, während sich die Erzieherin bewusst machen sollte, dass sie dem Kind die Mutter nicht ersetzen kann.
Schlussgedanke
Wenn über Elternarbeit im Kindergarten gesprochen wird, können selbstverständlich nicht der Zeitaufwand und die Rahmenbedingungen außer Acht gelassen werden. So wichtig es auch ist, die Rahmenbedingungen zu verbessern, wir dürfen dennoch nicht die Elternarbeit auf die Zukunft verschieben. Sicherlich ist aber unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht alles Erforderliche und Wünschenswerte machbar. Notwendig ist deshalb, dass Prioritäten gesetzt werden. Sehr arbeitsaufwendige Aktivitäten, die viel Vorbereitungszeit verschlingen, sind zugunsten von weniger aufwendigen Angeboten (wie z.B. Wanderungen mit Eltern und Kindern, Elterncafé etc.) zu streichen. Die Abgrenzung gegenüber unangemessenen Anforderungen (z.B. Vorführungen der Kinder bei Festen der Gemeinde oder Kirche) muss vor Ort vollzogen werden und sich an der individuellen Situation des jeweiligen Kindergartens orientieren.
Elternarbeit soll nicht für, sondern mit den Eltern geschehen.
Organisation von Elternarbeit im Rahmen der Dienstzeit
Waltraud Erb
Trotz der großen Bedeutung, die der Elternarbeit des Kindergartens zukommt, ist nicht gelöst, wie sie sinnvoll und praktikabel in den Arbeitstag der Erzieherinnen eingebaut werden kann. Fest steht, dass Erzieherinnen in der Regel zu wenig Zeit für Elternarbeit zur Verfügung haben: Die überwiegende Zahl ihrer Arbeitsstunden ist der Betreuung der Kinder gewidmet (direkte Dienstzeit). Elternarbeit, Teamgespräche, Praktikantenanleitung, Vorbereitung und Reflexion der pädagogischen Arbeit, Verwaltungstätigkeit und andere dienstliche Aufgaben müssen in relativ kurzer Zeit erledigt werden (indirekte Dienstzeit). Beispielsweise werden in Bayern derzeit bei einer ganztags beschäftigten Erzieherin maximal 8,5 Wochenstunden zur Erledigung dieser Aufgaben förderrechtlich anerkannt. Das sind 22% ihrer Arbeitszeit. Kindergartenträger, die ihren Mitarbeitern mehr Verfügungszeit zugestehen, müssen die dadurch entstehenden Personalkosten selbst finanzieren.
Bei meiner Tätigkeit als Fachberaterin fällt mir immer wieder auf, dass selbst der enge Rahmen an zuschussfähiger Verfügungszeit oft nicht ausgeschöpft wird. Deshalb rate ich: Bei der Frage nach der Organisation der Elternarbeit im Rahmen der Dienstzeit ist zuerst zu prüfen, ob die indirekte Dienstzeit erweitert werden kann. Falls nach den Förderrichtlinien mehr Verfügungszeit möglich ist, kann relativ leicht eine Änderung herbeigeführt werden. Beim Klären dieser Angelegenheit kann sicher die zuständige Fachberaterin weiterhelfen.
Wenn feststeht, wie viel Verfügungszeit jeder Mitarbeiterin zukommt, sollte zunächst geklärt werden, welche Aufgaben in dieser Zeit zu bewältigen sind. Zählen Sie alle Arbeiten auf, die in Ihrem Kindergarten in den folgenden Rubriken anfallen:
- Vorbereitung und Reflexion der pädagogischen Arbeit
- Elternarbeit
- Teamarbeit
- Betriebsorganisation und Verwaltung
- Festgestaltung
- Praktikantenanleitung
- Öffentlichkeitsarbeit
- Kontakt mit Träger und Trägerverband
- Kooperation mit Grundschule und weiteren psychosozialen Einrichtungen, eventuell mit Einrichtungen der Pfarrgemeinde
In dieser Liste werden Aufgaben genannt, die von bestimmten Personen wie der Kindergarten- und der Gruppenleiterin auszuführen sind. Es sind aber auch Arbeiten dabei, die im Team aufgeteilt werden können.
In einem zweiten Schritt müssen wir klären, wie viel Zeit wir für die genannten Tätigkeiten aufwenden und wo wir Zeit einsparen können - Zeit, die wir für eine intensive Elternarbeit dringend benötigen.
Wird für Verwaltungsarbeiten zu viel Zeit verbraucht?
Gehen wird zuerst der Frage nach, welche Arbeiten sehr viel Zeit in Anspruch nehmen: Ist z.B. das Tippen von Briefen, Kinderlisten und Ähnlichem sehr aufwendig? Woran liegt das? Vielleicht ist die technische Ausstattung des Kindergartenbüros veraltet. Dann kann die Anschaffung einer neuen Schreibmaschine mit Speicher und Korrekturtaste oder eines Fotokopierers zu Zeiteinsparung führen. Auch ist das Einheben der Kindergartengebühren per Bankeinzugsverfahren weniger aufwendig für Sie als der Dauerauftrag. Überprüfen Sie also, wie Sie Verwaltungsarbeiten rationalisieren können!
Wie sieht es mit den Bastelarbeiten der Kinder aus?
Wenn Kindern aufwendige oder für ihr Alter zu schwierige Bastelarbeiten angeboten werden, sind viele Erzieherinnen geneigt, diese in ihrer Verfügungszeit nachzubessern. Zeitraubend ist häufig auch das Herstellen von Geschenken für Kinder oder das Gestalten von Geburtstagskalendern. Hierzu werden oft viele Stunden indirekter Arbeitszeit verwendet. Auch wenn in der Regel die Zweit- und Drittkräfte mit der Erledigung dieser Aufgaben beschäftigt sind, wird damit wichtige Zeit unnötig verbraucht.
Steht für die anfallenden Reinigungs- und hauswirtschaftlichen Arbeiten ausreichend Personal zur Verfügung?
Reicht die Arbeitszeit der Raumpflegerinnen aus, damit sie das Putzen der Kindergartenräume alleine bewältigen können? Wie sieht es mit der Zubereitung des Mittagessens für die Kinder und mit der Reinigung des Essengeschirrs aus? Die Anschaffung einer Geschirrspülmaschine und die Beschäftigung einer Küchenhilfe können zu einer großen Entlastung führen. Dadurch gewinnt das Kindergartenpersonal Zeit für seine eigentlichen Aufgaben.
Wenn geklärt ist, wie durch Rationalisierung die indirekte Dienstzeit erweitert werden kann, steht als nächste Frage an:
Wie können die anfallenden Arbeiten im Team besser aufgeteilt werden?
Sortieren Sie in einer Teamsitzung die Aufgaben nach folgenden Gesichtspunkten:
- Arbeiten, die von der Leitung zu erledigen sind,
- Arbeiten, die von der stellvertretenden Leitung durchzuführen sind,
- Aufgaben, die im Zusammenhang mit den Kindergartengruppen anfallen und daher vom jeweiligen Gruppenteam zu erledigen sind, sowie
- Arbeiten, die unter den Mitarbeitern aufgeteilt werden müssen.
Die ersten drei Punkte sind relativ schnell abzuhaken. Für den Punkt vier sollten Sie sich aber viel Zeit nehmen. Hier muss ausgehandelt werden, wer welche Aufgaben übernimmt. Hier können und sollten individuelle Fähigkeiten der Mitarbeiter berücksichtigt werden.
Wichtig ist, dass Sie sich um eine gerechte Aufgabenverteilung bemühen, die dann aber für alle verbindlich ist. Es kann sehr hilfreich sein, wenn ein Monats- und Jahresplan erstellt wird, in dem alle zu erledigenden Arbeiten und die hierfür zuständigen Mitarbeiterinnen aufgelistet sind. Das verschafft Überblick, wer wann was zu erledigen hat.
Welche Aufgaben können Eltern übernehmen?
Eltern sind durchaus bereit, Aufgaben zu übernehmen und das Kindergartenpersonal zu entlasten. Sie können z.B. die Ausleihe von Büchern und Kassetten übernehmen, Elterntreffs, Familienwanderungen und -ausflüge organisieren und Familiengottesdienste mitgestalten.
Sicherlich ist es erforderlich, dass Erzieherinnen diese Aktivitäten anregen und begleiten. Das kann am Anfang Mehrarbeit bedeuten, bringt aber auf längere Sicht Entlastung mit sich. Vor allen Dingen entsteht aber so ein anderes Verhältnis zwischen Erziehern und Eltern: Das Kindergartenpersonal ist nicht mehr der Organisator von Veranstaltungen und die Eltern sind nicht mehr bloße Konsumenten, sondern beide Seiten kooperieren miteinander und übernehmen Verantwortung für den Erfolg der Kindergartenarbeit.
Können noch weitere Helfer gefunden werden, die das Kindergartenteam entlasten?
Auch zu klären ist, ob z.B. durch die Inanspruchnahme der Trägerorganisation des Kindergartens (Caritasverband, Diakonisches Werk...) Entlastung bei Verwaltungsarbeiten gefunden werden kann. Oft kann auch die Pfarrsekretärin gelegentlich Arbeiten übernehmen oder die EDV-Anlage des Trägers für Kindergartenzwecke genutzt werden. Überlegen Sie, welche Möglichkeiten sich in Ihrem Umfeld ergeben könnten, und nutzen Sie diese!
Schlussbemerkung
Es ist sicher nicht einfach, Elternarbeit im Rahmen der Dienstzeit durchzuführen. Aber es ist dringend erforderlich, dass ausreichend Zeit für diese wichtige Aufgabe gefunden wird. Wir müssen bei der Suche nach Entlastungsmöglichkeiten kreativ sein, so dass Elternarbeit zu einem großen Schwerpunkt in der indirekten Dienstzeit werden kann.
Elternarbeit - Herausforderung für die Ausbildung
Ingeborg Becker-Textor
Erzieherinnen und Erzieher beklagen, dass sie in ihrer Ausbildung kaum etwas über Elternarbeit erfahren hätten. Eine Erzieherin: "Ich habe meine Ausbildung vor 20 Jahren an einem Kindergärtnerinnenseminar gemacht. Das Wort 'Elternarbeit' tauchte nicht auf. Wir erfuhren auch nichts über Methoden der Erwachsenenbildung. Allerdings erhielten wir viele gute Anregungen für die Arbeit mit Kindern. Das fehlt heute." Und eine Berufspraktikantin (Erzieherin im Anerkennungsjahr) berichtet:
"Während meines Vorpraktikums wurde mir von meiner damaligen Leiterin Angst gemacht. Sie meinte, dass Eltern nur 'meckern' und kritisieren würden und dass sie es nie dulden würde, wenn diese in den Kindergarten 'hineinregierten'. Dann besuchte ich zwei Jahre lang eine Fachakademie für Sozialpädagogik. Hier erfuhr ich, dass Elternarbeit ganz wichtig sei, dass man vor allem wegen der verhaltensauffälligen Kinder mit den Eltern zusammenarbeiten und diesen ihre Erziehungsfehler klar machen müsste.
Welche Formen oder Methoden der Elternarbeit es gibt, habe ich nicht erfahren. Jetzt im Berufspraktikum muss ich einen Elternabend ausarbeiten. Es ist alles genau vorgegeben: Kurzreferat zu einem Thema und anschließend Diskussion. Ich bin froh, dass ich in einem Kindergarten arbeite, in dem es ein offenes, harmonisches Miteinander zwischen Eltern, Erziehern und Kindern gibt. So habe ich mit einigen Eltern meinen 'Pflichtelternabend' vorbesprochen und nach der Durchführung auch mit ihnen reflektiert. Sie haben mir viele Anregungen und Tipps gegeben. Das war für mich mehr 'Ausbildung' in punkto Elternarbeit, als ich an der Schule bekommen habe. Jetzt biete ich sogar selbst einen Elterngesprächskreis zum Thema 'Spiel' an, dreimal am Nachmittag für zwei Stunden. Zuerst spielt die Elterngruppe - acht Erwachsene - mit ihren Kindern. Dann besprechen wir gemeinsam unsere Beobachtungen und Erfahrungen.
Meine Praxisanleiterin hat mir Mut gemacht, und jetzt habe ich auch keine Ängste mehr vor den Eltern. Ich bin froh, dass ich Elternarbeit hier im Praktikum üben kann und durch die Leiterin Anregung, Unterstützung und Hilfe erfahre. Nächstes Jahr bin ich selbst Gruppenleiterin und muss vielleicht bereits eine Praktikantin in den Bereich 'Elternarbeit' einführen. Warum kann Elternarbeit in der Ausbildung keinen größeren Stellenwert bekommen?"
Ein Blick in die einschlägigen Lehrpläne bestätigt, dass Elternarbeit kaum ausgewiesen ist. Dies überrascht um so mehr, als in einzelnen Bundesländern Elternarbeit eine der Grundbedingungen für die staatliche Anerkennung bzw. die Betriebserlaubnis des Kindergartens ist. Zudem wird Kindern und Eltern im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ein Recht bzw. Anspruch auf Unterstützung und Beratung in Fragen der Erziehung eingeräumt. Hier sind die Kindertageseinrichtungen ganz besonders gefordert, da sie ja nahezu alle Familien mit Kindern erreichen. Sie könnten durch Angebote der Eltern- und Familienarbeit (bzw. der Eltern- und Familienbildung) zur Stärkung der Erziehungskraft der Familien beitragen. Diese Chance wird allerdings noch nicht ausreichend genutzt. Was hindert Erzieherinnen und Erzieher an der Durchführung von Angeboten für und mit Eltern? Was verhindert das Zustandekommen eines Dialoges, eines partnerschaftlichen Erziehungsverhältnisses? Was macht Erziehern, aber auch Eltern, Angst und hemmt sie, offen auf einander zuzugehen?
Dies ist eine Herausforderung für die Ausbildung - für das Vor- und Berufspraktikum ebenso wie für den theoretischen Unterricht. Eigentlich müsste es ein Leichtes sein, die Studierenden in den sozialpädagogischen Ausbildungsstätten auf diese Aufgabe - die heute unverzichtbar ist - vorzubereiten.
Die Erzieherausbildung soll als Breitbandausbildung für die Arbeit mit Kleinstkindern, Vorschulkindern, Schulkindern und Jugendlichen befähigen, zugleich in die Arbeit der verschiedenen Erziehungsinstitutionen einführen (also von familienergänzenden Einrichtungen wie Krippe, Kindergarten, Schulkindergarten, Hort, Heilpädagogischer Tagesstätte, Heim, Jugendhäusern etc.) und natürlich für Elternarbeit qualifizieren. Leider wird aber noch immer das Augenmerk fast ausschließlich auf das Kind, den jungen Menschen, gerichtet. So wird die Tatsache übersehen, dass das soziale Umfeld - und damit vor allem die Eltern - ganz wichtige und prägende Miterzieher sind, dass Eltern- und Familienarbeit somit eine unverzichtbare Aufgabe im Rahmen der öffentlichen Erziehung ist.
Die Ausbildung ist gefordert, diesem wichtigen Bereich mehr (genügend) Zeit zu widmen und die notwendigen Inhalte und Techniken der Arbeit mit Erwachsenen zu vermitteln. Eltern- und Familienarbeit können als eine Form der Erwachsenenbildung verstanden werden, so dass auf viele in Erwachsenenbildungsstätten erprobte Gesprächsformen und Methoden zurückgegriffen werden kann. Es gilt, vor allem die in Familienbildungseinrichtungen gemachten Erfahrungen für die Elternarbeit in Kindertagesstätten fruchtbar zu machen.
Vor allem muss der Einführung in die Gesprächsführung ausreichend Raum gegeben und dabei genügend Zeit für praktische Übungen eingeplant werden. Den künftigen Erzieherinnen und Erziehern muss bewusst werden, dass durch die Art der Gesprächsführung die Qualität der Beziehung zu den Müttern/Vätern beeinflusst bzw. bestimmt wird. Sie müssen die konkrete Situation der Eltern und der Kinder, deren Gefühle und Einstellungen richtig wahrnehmen und dies auch ausdrücken können, so dass sich die Familienmitglieder verstanden fühlen. Ein durch Empathie gekennzeichneter Gesprächsverlauf kann durchaus im Rollenspiel eingeübt werden.
Positive Formen der Gesprächsführung und Beratungstechniken müssen zum Rüstzeug einer jeden Erzieherin gehören, wenn die Arbeit mit den Eltern gelingen soll. Beides lässt sich aber nur durch praktische Übungen vermitteln und zu eigenen Erfahrungswerten verarbeiten. So könnte z.B. ein Rollenspiel in der Ausbildung ablaufen:
Die verschiedenen Rollen und damit verbundenen Aufgaben werden auf Kärtchen aufgeschrieben. Dann ziehen die Teilnehmer der ersten Runde je ein Kärtchen. Das Thema ist: Eine Mutter beschwert sich bei der Erzieherin, dass die Kassette, die sie ihrem Kind mit in den Kindergarten gegeben hat, dort bis heute noch nicht angehört wurde. Sie fände die Geschichte sehr lehrreich, und ihrem Kind gefiele sie auch gut. Aufgabe: Wie reagieren Sie als Erzieherin auf diese Mutter? Gestalten Sie die Situation im Rollenspiel!
Eine Schülerin spielt die Mutter und stürzt vorwurfsvoll auf die Erzieherin zu. Sie lässt diese erst gar nicht zu Wort kommen. Die Erzieherin zeigt sich verunsichert, versucht anfangs, gegen den Wortschwall anzukommen. Dann bricht sie das Rollenspiel abrupt ab und erklärt: "Was soll das, auf ein solches Gespräch muss ich mich doch erst gründlich vorbereiten. Außerdem hätte ich in der Praxis die Kassette längst mit den Kindern angehört. Dann hätte ich meine Ruhe und bräuchte das Gemeckere der Mutter nicht anzuhören!"
Dieses Rollenspiel wird nun in der Klasse diskutiert. Einige meinen, dass eine solche Situation sicher im Alltag immer wieder vorkomme. Sie hätten im Praktikum auch erlebt, dass Eltern mit irgendwelchen Forderungen oder Vorwürfen kämen und dann verärgert wären, wenn die Erzieherin nicht auf sie einginge. Andere meinten, dass sie sich bei solchen Vorwürfen persönlich angegriffen fühlen würden. Das läge wohl daran, dass Erzieherinnen auf solche Situationen zu wenig vorbereitet seien: "Ich bin deshalb sehr froh, dass wir uns in der Ausbildung mit Elternarbeit und Gesprächsführung beschäftigen und in Rollenspielen richtige Vorgehensweisen einüben können".
So ist es wichtig, dass Fertigkeiten wie
- genaues Hinhören,
- die Wirkung nonverbaler Ausdrucksformen,
- das Finden von Sachargumenten,
- die Herstellung einer positiven Gesprächsatmosphäre oder
- die gemeinsame Suche nach möglichen Lösungsschritten
in Rollenspielen oder auf andere Weise geübt werden können. Während der gesamten Ausbildung - also schon im Vorpraktikum beginnend - muss die angehende Erzieherin auch lernen, ihr erzieherisches Handeln zu reflektieren und dieses zu begründen. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Gespräch mit Eltern.
Ein anderes Übungsfeld bilden z.B. Fallbesprechungen: Eine Schülerin trägt einen "Fall"-Bericht über ein Problemkind vor, der dann gemeinsam diskutiert wird. Anschließend werden Möglichkeiten überdacht, wie die anstehenden Probleme den Eltern nahegebracht bzw. gemeinsam mit den Eltern aufgearbeitet werden könnten. Dann kann ein solches Beratungsgespräch wieder in einem Rollenspiel simuliert werden. Bei der Auswertung ist aber auch die Aussprache über die empfundenen Gefühle während des Rollenspiels wichtig: Wie erging es mir als Mutter/Vater im Gespräch mit der Erzieherin? (natürlich auch umgekehrt). Nach gründlicher Reflexion kann das Rollenspiel dann anhand eines anderen Thema wiederholt werden. Übrigens eignen sich viele Themen aus dem Bereich der Elternarbeit für Rollenspiele...
Bei der Erzieherausbildung handelt es sich um eine Ausbildung für vorwiegend junge Erwachsene, die noch nicht lange der Erziehung im eigenen Elternhaus entwachsen sind. Viele von ihnen befinden sich noch in der Loslösungsphase vom Elternhaus, möchten nicht länger wie Kinder oder Schüler behandelt werden. Damit könnte und müsste die Erzieherausbildung zum Vorbild für die Arbeit mit Erwachsenen werden. Die Studierenden sollten im Umgang mit den Lehrkräften erfahren, wie man Erwachsenen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln kann. Da sie wie viele Eltern noch auf der Suche nach einem eigenen Erziehungsstil sind, können mit ihnen auf ähnliche Weise, wie dies später in der Elternarbeit geschehen soll, Erziehungsfragen und -praktiken reflektiert, Erziehungsprobleme diskutiert und bessere Erziehungsmethoden eingeübt werden.
Leider wird diese Chance von den Ausbildungsstätten kaum genutzt: Es herrscht überwiegend ein Lehrer-Schüler-Verhältnis vor, das den künftigen Erziehern viel zu wenig Raum lässt, sich konstruktiv mit dem breiten Spektrum von Erziehung auseinanderzusetzen. Somit entspricht der Unterricht an Fachakademien und Fachschulen für Sozialpädagogik vielerorts nicht einem positiven Modell der Erwachsenenbildung, sondern ist eher verschult. Darüber können auch Gruppenarbeit, Angebote wie Arbeitsgemeinschaften oder Anregungen zum Selbststudium nicht hinwegtäuschen. So fehlen den jungen Erziehern eigene positive Erfahrungen im Umgang mit pädagogischen Alltagsfragen und Modelle der Arbeit mit Erwachsenen, die auf die Elternarbeit in Kindertagesstätten übertragen werden könnten.
Bemühungen zur Weiterentwicklung der Ausbildung und Innovationen müssten hier ansetzen und richtungsweisende Veränderungen anstoßen. So muss der Ausbildungsschwerpunkt "Arbeit mit dem Kind/dem jungen Menschen" um den Aspekt der Elternarbeit, eben der erwähnten Arbeit mit Erwachsenen, erweitert werden. Das heißt jedoch keineswegs, dass Themen wie kindliche Entwicklung, Förderung und Erziehung nicht mehr so wichtig seien, sondern vielmehr, dass diese stärker im Kontext der Familienerziehung und damit auch im Bezug zur Elternarbeit betrachtet werden müssen. Ein umfangreiches Wissen über Elternarbeit ist heute ebenso unverzichtbar wie die hierfür notwendige Zeit und die erforderlichen sonstigen Rahmenbedingungen, da das Gelingen der Erziehungsarbeit im Kindergarten zu einem großen Teil von der Qualität der Elternarbeit abhängt. So kann das Ziel einer familienergänzenden Erziehung nur erreicht werden, wenn Erzieherinnen auch einen Einblick in die familiäre Situation der Eltern und Kinder haben:
"So einfach ist es allerdings mit dem Ergänzen nicht, denn Faktoren wie Vertrauen, Offenheit, zwischenmenschliche Beziehungen, Sympathie, Solidarität, Freiwilligkeit, Einsicht in bestimmte Notwendigkeiten, Gesprächsbereitschaft, Zeit füreinander, Anerkennung und vieles mehr spielen dabei eine wichtige Rolle! ... Die 'Ausrüstung', die Erzieher in der Ausbildung für den Bereich der Elternarbeit und damit für den Umgang mit Erwachsenen erhalten, ist durchwegs völlig unzureichend. Häufig werden sie selbst noch als Schüler behandelt, bevormundet und auf ihre künftigen Erziehungsaufgaben nur ungenügend vorbereitet. Die Modelle, die sie während ihres Praktikums erfahren und erleben, sind ebenfalls von unterschiedlichster Qualität und entsprechen zumeist nur wenig den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern oder auch ihren eigenen Vorstellungen" (Becker-Textor 1992, S. 23).
Die themenkomplexe "Familie", "Familienwandel" oder gar "Familienberatung" tauchen in der Erzieherausbildung kaum auf. Es ist also kein Wunder, dass sich Erzieherinnen nur mit großen Ängsten und nur zaghaft an Elternarbeit heranwagen: "Eltern haben Angst vor dem Kindergarten; Erzieher haben Angst vor den Eltern. Durch diese Ängste verändern sich das Verhalten und das Handeln, ein partnerschaftlicher Dialog kann sich kaum anbahnen" (Becker-Textor 1992, S. 23). Die Ausbildung sollte diese Ängste ansprechen und Möglichkeiten zum Umgang mit ihnen aufzeigen. Damit könnte der Grundstein für den Dialog zwischen Eltern und Erziehern gelegt werden.
Viel zu lange schon ist die Elternarbeit auch von "Besserwisserei" geprägt. Themen wie "Fernsehen schadet Ihrem Kind" oder "So erziehe ich mein Kind richtig" implizieren den erhobenen Zeigefinger der professionellen Pädagogen: "Sie als Eltern machen etwas falsch; wir als Professionelle sagen Ihnen, wie Sie es richtig machen können!" Auch hier ist die Ausbildung gefordert. Erzieherinnen und Eltern können viel leichter in eine dialoghafte Beziehung eintreten, wenn der Dialog bereits eine Selbstverständlichkeit zwischen Studierenden, Dozenten und Praxisanleitern war und somit modellhaft eingeübt wurde. Außerdem müssen wir heute Eltern auf sanfte Art, nämlich durch Anleitung zur Beobachtung ihrer Kinder und zur Reflexion, erfahrbar machen, dass Kinder anderes und mehr brauchen als Ausflüge zum Vergnügungspark, Berge von Spielzeug und Süßigkeiten, ein hohes Taschengeld, ein eigenes Fernsehgerät, einen Fahrzeugpark aus Rädern, Rollern, Tretautos... Was Kinder heute in erster Linie benötigen, ist nicht zu kaufen oder durch Kurse und Förderprogramme zu vermitteln. Was Kinder brauchen, fordert den zeitlichen und personalen Einsatz von Eltern, Erziehern und anderen Erwachsenen: mehr Zeit, Offenheit, Vertrauen und Zutrauen, Geborgenheit, Liebe, Zuwendung, Freiheit, Autorität, Vorbildhaftigkeit, Verständnis, Geradlinigkeit, Ehrlichkeit, Toleranz...
Schlussbemerkung
Wenn wir künftighin Elternarbeit in der Ausbildung stärker berücksichtigen wollen, dann gilt es u.a. auch zu reflektieren:
- Gibt es DEN Elternabend?
- Gibt es DAS Konzept oder DIE Methode der Elternarbeit?
- Warum ist Elternarbeit Arbeit am Erzieher selbst oder gar Öffentlichkeitsarbeit?
- Worin begründet sich die Angst vor Elternarbeit bei Eltern und Erziehern?
- Welche Schritte führen zum Dialog mit den Eltern?
"Leider sind Menschen in sozialen Berufen überaus ungeduldig und können nur schwer erste Erfolge und Erleichterungen abwarten. Elternarbeit aber muss wachsen, sie entsteht nicht von heute auf morgen. Dazu kommt, dass wir uns im Kindergarten wieder von Eltern trennen müssen - immer dann, wenn wir sehr eng zusammenarbeiten, aber das Kind eingeschult wird. Ein Schicksal, das uns aber nicht entmutigen darf, immer wieder den Weg zum Dialog neu zu beginnen" (Becker-Textor 1992, S. 48).
Eine letzte Bitte an die Ausbildungsstätten: Statt der Ausarbeitung eines Elternabends ist eine schriftliche Reflexion bzw. Analyse zur Elternarbeit sinnvoll, wie diese im Vorpraktikum und auch im Anerkennungsjahr erlebt wurde oder wird. Auf der Basis dieser Reflexion können dann neue, individuelle Formen und Methoden der Elternarbeit entwickelt und erprobt werden...
Und, Elternarbeit passt - thematisch gesehen - in jedes Unterrichtsfach!
Elternarbeit in Fortbildung und Fachberatung
Waltraud Erb
In der letzten Zeit ist die Nachfrage nach Fortbildungsveranstaltungen zum Thema "Elternarbeit" größer geworden. Die vielfältigen Anforderungen, denen sich Erzieherinnen bei der Elternarbeit stellen müssen, setzen Fähigkeiten und Kenntnisse voraus, die nur durch ständige Weiterbildung erworben bzw. erweitert werden können.
Es gibt unzählige Fortbildungsthemen zur Elternarbeit im Kindergarten. Das Spektrum umfasst aktives Zuhören, Gesprächsführung, Veranstaltungen für und mit Eltern, familienunterstützende Maßnahmen, situationsorientiertes Arbeiten mit Eltern und vieles mehr. Bei manchen Themen steht die Vermittlung von Wissen und Techniken im Vordergrund, bei anderen die Selbsterfahrung.
Die Anbieter von Fortbildungsveranstaltungen müssen berücksichtigen, dass die Teilnehmer unterschiedliche Ausbildungs- und Praxiserfahrungen mitbringen. Da die Erzieherausbildung eine Breitbandausbildung ist, können viele spezifische, den Kindergarten betreffende Themen erst in der Fortbildung gründlich behandelt werden. Außerdem muss der Veranstalter beachten, dass Erzieherinnen in ihren Einrichtungen unterschiedliche Voraussetzungen und damit auch andersartige Umsetzungsmöglichkeiten vorfinden.
Zur Auswahl einer Fortbildungsveranstaltung
Gehen wir nun der Frage nach, wann der Besuch einer Fortbildungsveranstaltung am sinnvollsten ist. Wichtig ist, dass Erzieherinnen Veranstaltungen auswählen, die ihrer Situation entsprechen. So ist vielleicht für eine Berufsanfängerin eine Fortbildung zum Thema "Veranstaltungen für Eltern" passender als ein Intensivkurs zur Gesprächsführung. Erzieherinnen sollten sich überlegen, welche Themen ihnen besonders wichtig erscheinen bzw. in welchen Bereichen sie sich weiterqualifizieren sollten.
Neben der Thematik ist der methodische Aufbau einer Veranstaltung von Bedeutung. So kann in der Regel schon dem Programm entnommen werden, ob z.B. neben den Impulsen und Ausführungen der Referenten ausreichend Gelegenheit zu Reflexion und Übung bleibt. Weiter ist es wichtig, dass die Interessentinnen die angebotene Form bejahen können. Wenn sie beispielsweise nicht bereit sind, bei angekündigten Demonstrationen oder Rollenspielen mitzumachen, ist es besser, wenn sie andere Veranstaltungen besuchen.
Umsetzung der Fortbildungsinhalte in der Praxis
Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass die in der Fortbildung behandelten Themen und Inhalte in der Praxis viel zu wenig umgesetzt werden. Die Wirkung von Fortbildungsveranstaltungen kann aber dadurch erhöht werden, dass verstärkt Praxiserfahrungen einbezogen werden. Aus diesem Grund bieten wir häufig Veranstaltungen mit mehreren Abschnitten an: Nach einem oder mehreren Fortbildungstagen gehen die Teilnehmer in ihre Einrichtungen mit dem Auftrag zurück, das Gelernte in ihrem Kindergartenalltag zu erproben. Im nächsten Fortbildungsabschnitt werden zunächst diese Praxiserfahrungen bearbeitet; erst danach wird ein neues Thema behandelt.
Eine andere Möglichkeit der Praxisorientierung bieten Arbeitskreise. Hier können Inhalte von Fortbildungsveranstaltungen im Hinblick auf die konkreten Erfahrungen der Teilnehmer diskutiert werden. Auch lassen sich Fallbesprechungen durchführen; eine kollegiale Beratung ist möglich. Wir haben solche Arbeitskreise gerade für Berufsanfängerinnen als gute Starthilfe erlebt. Diese nutzen die Gelegenheit, Themen, die sie gerade beschäftigen, einzubringen und von den Erfahrungen anderer zu lernen. Ein Blick über den "eigenen Kindergartenzaun" hinaus wirkt sich meist sehr positiv aus...
Ein weiterer Grund, warum Fortbildungsinhalte zu wenig in die Praxis umgesetzt werden, ist unseres Erachtens dadurch gegeben, dass oft nur ein Mitarbeiter einer Einrichtung eine Fortbildungsveranstaltung besuchen kann. Wir wissen alle aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, anderen das in einer Fortbildung Erfahrene und Gelernte zu vermitteln. Wie soll es einem auch gelingen, Inhalte, die Fortbildungsprofis tagelang mit den Teilnehmern erarbeitet haben, in begrenzter Zeit (z.B. während einer Teamsitzung) mitzuteilen? So wirkt es sich positiv auf eine Einrichtung aus, wenn möglichst viele Mitarbeiter dieselbe Fortbildung besuchen können. Um dies zu ermöglichen, veranstalten wir häufig die gleiche Fortbildung zweimal kurz hintereinander.
Verzahnung von Fortbildung und Fachberatung
Fachberater bieten meist Beratung und Fortbildung an. Diese Kombination kann sich auf beide Bereiche befruchtend auswirken: So können z.B. einerseits Erfahrungen, die in der Fachberatung gesammelt wurden, in die Fortbildungsplanung und -gestaltung einfließen. Andererseits können Probleme, die bei Fortbildungsveranstaltungen angesprochen wurden, über die Fachberatung bearbeitet werden. Während in der Fortbildung Themen allgemein behandelt werden, ermöglicht Fachberatung Hilfe und Begleitung im Einzelfall. Daher ist es besonders vorteilhaft, wenn Fachberater selbst Fortbildungsveranstaltungen in ihrer Region anbieten und begleiten, da sie die Teilnehmer und die Einrichtungen kennen, aus denen diese kommen. Dann können Beratung und Fortbildung am besten verzahnt werden. Dazu ein Beispiel aus meiner eigenen Praxis:
Bei einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema "Elternarbeit" klagte eine Erzieherin über das Desinteresse der Eltern und über die Probleme, die sie mit einigen Eltern hatte. Ich war bei der Veranstaltung Kursleiterin. Der Kindergarten, aus dem die Kollegin kam, war mir bekannt. Ich wusste, dass an diesem Ort seit Jahren ein großer Mangel an Kindergartenplätzen bestand und dass es mehrmals Ärger zwischen Eltern und Kindergartenleiterin gegeben hatte, weil nicht alle Kinder aufgenommen werden konnten.
Später unterhielt ich mich mit der Erzieherin über die Situation ihres Kindergartens. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass diese Einrichtung bei vielen Eltern - noch bevor ihr Kind sie besucht - wegen der Platznot einen negativen Eindruck hinterlässt. Es lag auf der Hand, dass dies eine schlechte Basis für Elternarbeit ist. So vereinbarte ich mit der Erzieherin, dass ich zu einem Gespräch mit Träger, Personal und Kindergartenbeirat in den Kindergarten kommen würde. Ziel der Besprechung wäre, vor Ort nach Lösungen zur Erweiterung des Platzangebotes zu suchen. Die Eltern sollten bei dieser Problematik einbezogen und als Verbündete gewonnen werden.
Hier wurde also ein Problem, da in einer Fortbildungsveranstaltung thematisiert wurde, in der Fachberatung aufgegriffen. Wohl war die Beratung für die Betroffenen eine Hilfe, trotzdem war sie nur ein "Tropfen auf den heißen Stein". So war aus Zeitmangel nur ein einmaliges Gespräch möglich. Wirksamer wäre eine langfristige Begleitung des gesamten Kindergartenteams oder zumindest aller Erzieherinnen gewesen. Dann hätte man das Konzept der Einrichtung, das Aufnahmeverfahren und die bisher durchgeführte Elternarbeit beleuchten können.
Elternarbeit in der Fachberatung
Fachberater werden heute häufig mit Fragen zur Elternarbeit des Kindergartens konfrontiert: Erzieherinnen wollen wissen, wie sich ihre Einrichtung für Eltern öffnen soll, wo hier die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen liegen. Sie fragen um Rat, wenn es um die Gestaltung familiengerechter Öffnungszeiten geht. Kindergartenträger schalten Fachberatung häufig dann ein, wenn überlegt wird, welche Gruppenformen angeboten werden sollen. Eltern wenden sich an Fachberater, wenn sie Informationen über die Aufgaben des Kindergartenbeirates benötigen oder wenn Fragen anstehen, die vor Ort nicht geklärt werden konnten.
Viele Fragen werden häufig als das Problem der anderen Personengruppe gesehen. Dann wird erwartet, dass diese Gruppe die Schwierigkeiten löst. Ein neues Miteinander entsteht aber dort, wo Probleme gemeinsam angegangen und zu lösen versucht werden. Fachberater können hier in vielen Fällen vermitteln und den Betroffenen helfen, gemeinsam einen gangbaren Weg zu finden.
Leider ist die Situation der Fachberatung ähnlich wie die der Einrichtungen: Die Rahmenbedingungen sind unzureichend. Jeder Fachberater hat viele Kindergärten zu betreuen, und seine Aufgaben nehmen eher zu als ab. Für eine längerfristige Beratung von Kindergartenteams bleibt daher in der Regel keine Zeit.
Schlussbemerkung
Das Kindergartenwesen wird immer vielschichtiger, die Aufgaben der Verantwortlichen unüberschaubar. Unseres Erachtens sind Fortbildungsangebote für Mitarbeiter und Träger sowie deren fachliche Beratung heute wichtiger denn je. Es bleibt zu hoffen, dass bei den knapper werdenden Finanzmitteln der freien Träger und der öffentlichen Hand nicht an der Fachberatung gespart wird, sondern dass diese ausgebaut wird. Ob es dazu kommt, wird sicher auch davon abhängen, welche Lobby Fachberatung und Fortbildung haben - also letztendlich davon, wie intensiv beides von Trägern, Mitarbeitern und Eltern eingefordert wird.
Anhang
Fragebogen für Elternbefragung
Im Folgenden wird eine gekürzte Fassung der beiden Fragebögen abgedruckt, die von dem Herausgeber dieses Buches eingesetzt wurden - als Anregung, in dem eigenen Kindergarten die gleiche oder eine ähnliche Umfrage durchzuführen...
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern!
Mit Hilfe des Fragebogens, den Sie auf den folgenden Seiten finden, wollen wir Ihre Erwartungen und Wünsche hinsichtlich der Elternarbeit Ihres Kindergartens sowie Ihre diesbezüglichen Erfahrungen erfassen. Es würde uns sehr freuen, wenn sich möglichst alle Eltern an der Befragung beteiligen könnten. Ihre Teilnahme ist aber selbstverständlich freiwillig. Wir stehen Ihnen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Bitte füllen Sie den Fragebogen innerhalb der nächsten sieben Tage aus (möglichst beide Eltern gemeinsam). Stecken Sie ihn dann in den beiliegenden Umschlag, kleben Sie diesen zu und geben Sie ihn bei uns ab. Die Umschläge werden zunächst gesammelt und dann alle auf einmal geöffnet. Auf diese Weise wird Ihre Anonymität gewährleistet.
Bitte beteiligen Sie sich an dieser Befragung. Die Ergebnisse kommen Eltern und Kindern zugute!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Kindergartenteam
1. Ich erwarte von der Elternarbeit des Kindergartens:
(Zutreffendes bitte ankreuzen!)
Spiel- und Bastelrunden für Eltern und Kinder ()
Beratung bei Erziehungsproblemen ()
Vermittlung von Kinderbetreuung (z.B. während der Kindergartenferien oder bei Erkrankung der Mutter beziehungsweise des Kindes) ()
Eltern-/Müttergruppen, Elternstammtische ()
Gruppenelternabende ()
Informationen über die Gestaltung des Kindergartenalltags ()
Hausbesuche bei Eltern durch die Erzieher ()
Beratung bei Ehe- und Familienproblemen ()
Elternabende für alle Eltern der Kindergartenkinder ()
Freizeitangebote für Familien (z.B. Wandern) ()
Ausstellungen guter Spiele und Bücher ()
Informationen über Hilfsangebote für Familien mit verhaltensauffälligen Kindern, Eheproblemen, pflegebedürftigen Mitgliedern usw. ()
Elternbriefe/Kindergartenzeitung ()
besondere Angebote für Väter (mit Kindern) ()
Informationen darüber, wie sich Erzieherinnen bei Problemen mit Kindern verhalten ()
Familienfreizeiten am Wochenende ()
Möglichkeit zum Ausleihen guter Bücher und Spiele ()
Möglichkeiten zum zwanglosen Zusammensitzen mit anderen Eltern nach dem Bringen beziehungsweise vor dem Abholen der Kinder ()
Familiengottesdienste ()
besondere Angebote für Alleinerziehende ()
Gesprächskreise zu bestimmten Themen (z.B. kindliche Entwicklung, Erziehungsfragen, Alltagsprobleme, eigene Kindheitserfahrungen) ()
Informationen über rechtliche Ansprüche ()
Anregung von Nachbarschaftshilfe ()
Möglichkeit für Eltern, auch einmal einen Tag in der Kindergruppe verbringen zu dürfen ()
Elternbildung (Information über Erziehungsfragen, Ernährung usw.) ()
Aufklärung über Ziele, Sinn und Zweck von Elternarbeit ()
2. Wären Sie bereit, sich an Angeboten des Kindergartens für Kinder aktiv zu beteiligen?
Würden Sie zum Beispiel
Ihre besonderen Fähigkeiten (wie Brotbacken, Schreinern, Töpfern usw.) im Kindergarten vorführen? ()
Kindergartenkinder an Ihren Arbeitsplatz einladen, so dass sie einen Eindruck vom Berufsleben bekommen? ()
einen Kurs für Kinder (z.B. Sprachkurs, Musikkurs) durchführen? ()
die Gruppe bei Aktivitäten außerhalb des Kindergartens wie Wanderungen, Besichtigungen, Schwimmkurs usw. begleiten? ()
den Eingangsbereich des Kindergartens gestalten? ()
sonstiges (bitte nennen) .....................................
3. In welchem zeitlichen Umfang können Sie an Angeboten des Kindergartens für Eltern teilnehmen?
ganz selten/überhaupt nicht ()
einmal pro Monat ()
zweimal pro Monat ()
wöchentlich ()
häufiger ()
4. Zu welchem Zeitpunkt sollten Veranstaltungen des Kindergartens für Eltern stattfinden? Welche Zeiten wären für Sie am günstigsten? (Mehrfachantworten sind möglich)
vormittags an Werktagen ()
ab 14.00 Uhr an Werktagen ()
ab 16.00 Uhr an Werktagen ()
ab 17.00 Uhr an Werktagen ()
ab 18.00 Uhr an Werktagen ()
ab 19.00 Uhr an Werktagen ()
ab 20.00 Uhr an Werktagen ()
vormittags an Samstagen ()
nachmittags an Samstagen ()
sonntags ()
5. Wären Sie bereit, sich an Angeboten für Eltern und Familien aktiv zu beteiligen? Würden Sie zum Beispiel
an Elternbriefen/der Kindergartenzeitung mitarbeiten? ()
einen Elternstammtisch organisieren? ()
einen Kurzvortrag für eine Elternveranstaltung zu einem Ihnen wichtigen Thema vorbereiten? ()
eine Elterngruppe (z.B. von Hausfrauen, von Alleinerziehenden, von Vätern) leiten? ()
an der Vorbereitung von Festen (z.B. Raumgestaltung, Basteln von Kulissen) mitwirken? ()
eine Wanderung am Wochenende organisieren? ()
eine Aktivität (z.B. Basteln, Töpfern, Brotbacken, Malen) für ein Elterntreffen vorbereiten? ()
bei der Gestaltung von Familiengottesdiensten mitwirken? ()
eine Veranstaltung für Eltern organisieren? (z.B. Auswahl des Referenten, Begrüßung, Gesprächsleitung) ()
an der Vorbereitung eines Basars mitwirken? ()
eine Spielgruppe für Eltern (insbesondere Väter) und Kinder an Samstagen organisieren? ()
eine Informationswand für Eltern gestalten? ()
eine Patenschaft für die Familie eines neu in den Kindergarten aufgenommenen Kindes übernehmen? ()
eine Gruppe von Eltern organisieren und leiten, die gemeinsam malen, nähen, kochen oder basteln wollen? ()
über Ihre Erfahrungen nach der Einschulung Ihres Kindes bei einem Elternabend berichten? ()
eine Eltern-Kind-Gruppe für Mütter mit Kindern unter drei Jahren leiten? ()
ein "Familienkasterl" betreuen, aus dem Eltern Kinderbücher und Spiele entleihen können? ()
einen Arbeitskreis von Eltern organisieren und leiten, die sich z.B. mit Fragen des Umweltschutzes oder der Dritten Welt beschäftigen wollen? ()
sonstiges (bitte nennen) .....................................
6. Sollten Erzieherinnen Sprechstunden oder feste Telefonzeiten anbieten, in denen Sie sich mit ihnen ausführlich über Ihr Kind, Ihre Erziehungsfragen und ähnliche Themen unterhalten können?
regelmäßige Sprechstunden ()
feste Telefonzeiten ()
7. Dieser Fragebogen wurde ausgefüllt von
der Mutter ()
dem Vater ()
beiden Eltern gemeinsam ()
Wir danken Ihnen für die Beantwortung dieser Fragen!
Literatur
Becker-Textor, I.: Die (therapeutische) Familienfreizeit. In: Textor, M.R. (Hg.): Hilfen für Familien. Ein Handbuch für psychosoziale Berufe. Frankfurt: Fischer 1990, S. 407-418
Becker-Textor, I.: Der Dialog mit den Eltern. München: Don Bosco 1992
Berger, M.: Der Übergang von der Familie zum Kindergarten. München: Reinhardt 1986
Keil, S., Süssmuth, R. u.a.: Qualifizierung von Erzieherinnen für Elternarbeit vom Elementarbereich aus. Stuttgart: Kohlhammer 1986
Nordt, G., Piefel, G.: Zusammenarbeit mit Eltern aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten in Tageseinrichtungen für Kinder. Köln: Kohlhammer 1987
Textor, M.R.: Kind, Familie, Kindergarten. München: Don Bosco 1992
Textor, M.R.: Familien: Soziologie, Psychologie. Eine Einführung für soziale Berufe. Freiburg: Lambertus, 2., erw. Aufl. 1993
Autorenverzeichnis
Becker-Textor, Ingeborg, Pädagogin, Leiterin des Referates "Sozialpädagogik in der Jugendhilfe" beim Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung, München
Blank, Brigitte, Sozialpädagogin im Modellversuch "Intensivierung der Elternarbeit" des Staatsministeriums für Arbeit, Familie und Sozialordnung beim Caritasverband für die Diözese Passau e.V.
Erb, Waltraud, Erzieherin, Leiterin des Referates "Kindertagesstätten" beim Caritasverband für die Diözese Passau e.V.
Fenzl, Sylvia Maria, Sozialpädagogin, Leiterin des Katholischen Kindergartens Egglfing
Fisch, Maria-Luise, Erzieherin, Leiterin des Kindergartens Auerbach, Passau
Gietinger, Gabi, Erzieherin, Leiterin des Städtischen Kindergartens, Donauwörth
Matheisl, Claudia, Erzieherin, Leiterin des Kindergartens St. Nikola, Passau
Textor, Martin R., Dr. phil., Pädagoge, Staatsinstitut für Frühpädagogik und Familienforschung, München
Anmerkung
Der Text des Buches wurde leicht bearbeitet und gekürzt.