In: Martin R. Textor (Hrsg.): Hilfen für Familien. Ein Handbuch für psychosoziale Berufe. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2. Aufl. 1992, S. 238-254
Ingeborg Becker-Textor
Elternarbeit gehört in den Aufgabenbereich aller Institutionen, die sich mit der außerschulischen und schulischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen befassen. Dazu gehören Krippen, Kindergärten, Schulen, Horte, Jugendgruppen, Jugendzentren u.Ä.. Sie lassen sich unterscheiden in Bildungseinrichtungen, Freizeiteinrichtungen sowie familienergänzende und -unterstützende Institutionen für Kinder und Jugendliche. In diesem Beitrag soll vor allem auf die Elternarbeit in Kindergarten und Hort eingegangen werden (Elternarbeit in der Kinderkrippe gestaltet sich ähnlich wie im Kindergarten) und dabei insbesondere auf ihre Auswirkungen auf die Familie.
Der Kindergarten versteht sich als familienergänzende und -unterstützende Einrichtung. So ist seine Zielsetzung z. B. im Bayerischen Kindergartengesetz festgeschrieben. Familienunterstützend und -ergänzend heißt zum einen, dass den Kindern Erfahrungsfelder (z.B. Begegnungen mit Gleichaltrigen) angeboten werden, die sie innerhalb der Familie nicht haben würden. Zum anderen bedeutet es, dass Eltern in diesen Institutionen Hilfe und Rat bei Fragen und Problemen in den Bereichen der kindlichen Erziehung, Sozialisation und Entwicklung erhalten können. Gerade bei stark belasteten Eltern und Ganztagsbetreuung wird der Kindergarten beinahe zur Ersatzfamilie. Die Kinder übernachten quasi nur noch daheim.
Auch der Hort versteht sich als Ergänzung zur Familie, und zwar insbesondere aufgrund seines sozialpädagogischen Auftrages. Diesem widerspricht jedoch, dass sich viele Eltern von auf die schulische Entwicklung ihrer Kinder bezogenen Aufgaben entlasten wollen und deshalb die Verantwortung für Hausaufgaben, Schulerfolg usw. auf den Hort und die dort arbeitenden pädagogischen Fach- und Hilfskräfte abschieben. Die Schule verhält sich häufig ähnlich, da sie vielfach besseren Kontakt zu den Horterziehern hat als zu den Eltern. Dadurch wird der Hort in eine Rolle gedrängt, der er nicht gerecht werden kann und die mit seinem sozialpädagogischen Auftrag nicht übereinstimmt. Deshalb müssen im Rahmen der Elternarbeit die Funktionen von Kindergarten, Hort und Familie immer wieder klar voneinander abgegrenzt werden, um den Eltern die Verantwortung für ihre Kinder bewusst zu machen.
Begriffsbestimmung
Elternarbeit, Elternbildung, Familienarbeit, Familienbildung - diese Vielzahl mehr oder minder gebräuchlicher oder bekannter Begriffe im Rahmen der Arbeit mit Familien ist verwirrend und führt nicht selten zu Missverständnissen. In der Alltagssprache haben die Unterschiede zwischen diesen Begriffen kein besonderes Gewicht, erreichen jedoch eine große Bedeutung, wenn es um die Zuständigkeit verschiedener Ministerien und um die dort verwalteten Fördermittel geht. Spätestens dann müssen die Begriffe und die damit bezeichneten Maßnahmen voneinander abgegrenzt werden, damit deutlich wird, ob es sich um Erwachsenenbildung - und damit um eine Förderung nach dem Erwachsenenbildungsgesetz - oder um Eltern- und Familienarbeit im Rahmen der Jugendhilfe handelt.
Im Kinder- und Jugendhilferecht wird festgelegt, dass die öffentliche Jugendhilfe die in der Familie des Kindes begonnene Erziehung unterstützen und ergänzen soll. So ist die Elternbildung als vorbeugende Jugendhilfe eine gesetzliche Aufgabe des Jugendamtes. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz kann Elternbildung ebenfalls von freien Trägern der Wohlfahrtspflege wahrgenommen werden. Damit erhält Elternbildung auch außerhalb der außerschulischen Erziehungsinstitutionen wie Kindergarten und Hort einen gesetzlichen Auftrag.
Ist Elternbildung aber die für Kindergarten und Hort am besten geeignete Maßnahme? Elternbildung ist in erster Linie in Elternbildungs- und Familienbildungsstätten beheimatet, also in speziellen Einrichtungen. Pöggeler (1970) beschreibt Elternbildung als grundlegende Form der Bildung für erzieherische Tätigkeiten und weist ihr die Aufgaben zu, "die elterliche Erziehungsverantwortung bewußtzumachen, Erfahrungen im Umgang mit den eigenen Kindern mittels verläßlicher pädagogischer Kriterien zu beurteilen und die Erziehungskraft der Eltern zu stärken" (S. 340). Elternbildung ist somit eine ganz eigene Form der pädagogischen Erwachsenenbildung, durch die wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über Erziehung vermittelt und eine pädagogisch adäquate Einstellung zum Kind herbeigeführt werden sollen.
Mit dem so definierten Begriff der Elternbildung wird der Terminus der Elternarbeit immer wieder vermengt. Auch kommt es in verstärktem Maße zu einem "Eindringen" der Elternbildung in den Bereich der Elternarbeit. Was ist Eltern- bzw. Familienarbeit und was kann oder soll sie leisten?
Elternarbeit
Elternarbeit ist der Fachbegriff für die "Arbeit" mit Eltern (bzw. Familien) als Gegenstück zur "Arbeit" mit Kindern in verschiedenen Institutionen wie Kinderkrippe, Kindergarten, Schulkindergarten, Hort, Schule, Tagesheim, Internat, Jugendorganisation usw. Da eine isoliert von den Eltern verlaufende institutionelle Kindererziehung wenig erfolgversprechend ist, muss also das Elternhaus in die Arbeit der jeweiligen Institution einbezogen werden. So ergibt sich ein Dreiecksverhältnis aus Eltern, Kindern und Mitarbeitern der Einrichtung. Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist zum Wohle der Kinder unbedingt notwendig. Und gerade diese Kooperation im Interesse der Kinder unterscheidet Elternarbeit ganz wesentlich von Elternbildung. Es kann und darf sich bei einer guten Elternarbeit nicht um einen einseitigen Informationsfluss in Richtung Eltern handeln, der von einer pädagogischen oder psychologischen Fachkraft ausgeht.
Elternarbeit meint vielmehr einen gemeinsamen Lernprozess. Eltern und Fachkräfte diskutieren über Ziele und Methoden in der Erziehung ihrer Kinder und versuchen gemeinsam, die Ursachen für bestimmte Probleme und sinnvolle Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dabei erkennen Eltern und Fachkräfte immer wieder aufs Neue, dass Erziehung nicht etwas Statisches ist, sondern dass sich Erzieher mit einer Vielzahl wechselnder Einflüsse und ganz konkreter Veränderungen auseinandersetzen müssen. Elternarbeit macht also Netzwerkarbeit erforderlich.
Erstaunlich ist, dass in der Fachliteratur und auch in pädagogischen Lexika der Terminus Elternarbeit nur selten zu finden ist oder aber mit dem zuvor beschriebenen Begriff der Eltern- und Familienbildung gleichgesetzt wird. Hier tut eine klarere Abgrenzung und differenziertere Sichtweise not. So schreibt Schmitt-Wenkelbach (1980) über Elternarbeit: "Die bildungspolitische Erkenntnis der 60er Jahre, daß eine isoliert von den Eltern verlaufende institutionelle Kindererziehung weniger erfolgreich ist, gab den Anstoß, die Einbeziehung der Eltern in die Kindergartenarbeit mehr und mehr methodisch wie auch inhaltlich zu diskutieren" (S. 223). So ist es auch nicht überraschend, dass Elternarbeit in den Kindergartengesetzen als Pflichtaufgabe festgelegt wurde und zum Beispiel in Bayern sogar eine der Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung eines Kindergartens ist. Aufgrund der veränderten und sich weiter wandelnden Familienstrukturen und der gesellschaftlichen Situation gewinnt diese Aufgabe immer mehr an Bedeutung.
Jedoch ist von der Personal- und Ausbildungssituation im Erziehungsbereich, aber auch von der Größe des Einzugsgebietes der jeweiligen Einrichtung her nur schwer eine optimale Elternarbeit zu realisieren. So findet im Kindergarten, Hort und anderen Institutionen eher eine allgemeine Elternbildung (vor allem an den Elternabenden) statt, mangelt es zumeist an einer konkreten Auseinandersetzung der Erzieher und Eltern mit alltäglichen pädagogischen Situationen und Schwierigkeiten. Diese Situation wird von Eltern und Erziehern in den verschiedenen Einrichtungen häufig als unbefriedigend erlebt - mit der Folge, dass Elternarbeit immer mehr in den Hintergrund tritt. Die angedeutete Entwicklung lässt sich besonders deutlich im Bereich der Schule beobachten, wo Elternabende der Information über den Leistungsstand der Schüler und dem Lernfortgang im Unterricht dienen, während ein Austausch über den Erziehungsalltag in Familie, Schule und gegebenenfalls Hort nur äußerst selten stattfindet. Auch wird der Einsatz von Referenten, gleich in welcher Einrichtung, nur wenig Einfluss auf eine gute Elternarbeit haben.
Dieser Situation kann nicht durch politische und administrative Maßnahmen abgeholfen werden. Vielmehr ist dringend notwendig, dass eine gründliche Beschäftigung mit Methoden der Elternarbeit und eine Einführung in Methoden der Erwachsenenbildung einen viel größeren Stellenwert in der Ausbildung an Fachschulen, Fachakademien, Fachhochschulen und Universitäten erhalten muss. Auch sollten im Praxisfeld Stunden für Elternarbeit im Rahmen der Arbeitszeit vorgesehen werden. Wenn Elternarbeit zu den Pflichtaufgaben zum Beispiel von Kindergarten, Hort oder Schule gehört und wenn sie in den gesetzlichen Grundlagen und Richtlinien verankert ist, müssen über die zuständigen Ministerien der Bundesländer Bedingungen geschaffen werden, unter denen Mitarbeiter dieser Institutionen zu einer guten Elternarbeit angeregt werden und ihrer Aufgabe auch wirklich nachkommen können. Dabei müsste ebenfalls die Kooperation mit (Erziehungs-, Familien-) Beratungsstellen, Jugendämtern, Schulsozialarbeitern usw. gefördert werden.
Insbesondere in sozialen Brennpunkten, in der Arbeit mit Problemfamilien, nähert sich Elternarbeit der sogenannten Familienarbeit an. Auch diesen Begriff kennt die Fachliteratur noch kaum. Das ist ein Hinweis darauf, dass er noch relativ neu, noch zu wenig definiert, noch nicht in der Alltagssprache gebräuchlich ist. Mit ihm wird nicht die Arbeit mit den Eltern der an einer bestimmten Institution betreuten Kinder bezeichnet, sondern die Kooperation mit Familien, die die Unterstützung der Jugendhilfe brauchen. Sie gehört zum Leistungsspektrum der Jugendhilfe. Familienarbeit ist eine ganz besonders intensive Form der Arbeit mit Eltern und umfasst Netzwerkarbeit, Sozial- und Alltagsbegleitung. Sie orientiert sich verstärkt an den Problemen und Nöten der Familien.
Die Anforderungen an eine gute Eltern- und Familienarbeit sind einander recht ähnlich. Beide fordern eine Akzeptanz des Netzwerkes Familie. in das das Kind durch seine Systemzugehörigkeit eingebunden ist. Nur wenn es Erziehern und anderen Fachleuten gelingt, auf die Gesamtsituation der Familie einzugehen, werden sich ihre Maßnahmen auch positiv auf die Kinder auswirken können. Soll Eltern- und auch Familienarbeit erfolgreich sein, so muss sie immer in gesellschaftliche und lokale Lebensbezüge eingebunden werden und Methoden sozialökologisch orientierter psychosozialer Arbeit, der Familienberatung, der sozialpädagogischen Familienhilfe, der allgemeinen Sozialdienste sowie der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit beinhalten.
Insbesondere die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse bedingen einen immer größer werdenden Hilfebedarf von Familien. So werden auch die Erwartungen an Eltern- und Familienarbeit als familienunterstützende Maßnahmen immer höher. So ist es ganz besonders wichtig, einen angemessenen Umgang mit dem Lebensalltag zu fördern, das Bildungsgefälle in Gruppen und die "Mehrsprachigkeit innerhalb der eigenen Sprache" zu überwinden, Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches zu bieten und eine Solidarisierung bestimmter Gruppen (z.B. Alleinerziehender) zuzulassen.
Arbeitsformen und -methoden der Elternarbeit
Die Soziologie sieht in der Arbeit eine Auseinandersetzung des Menschen mit seiner natürlichen Umwelt, die dessen Aktivität voraussetzt. Die Arbeitsvorgänge müssen als soziale Prozesse verstanden werden, da durch sie auch die Lebensweise des Menschen und die Gestaltung seiner sozialen Beziehungen bestimmt werden. Mir scheint, dass der Elternarbeit heute zumeist dieser Arbeitsaspekt fehlt und deshalb von vielen Erziehern als unbefriedigend erlebt wird - es mangelt ihr nämlich an einer konstruktiven, prozesshaften, aktiven Mitarbeit der Eltern und an einer Zusammenarbeit mit ihnen. So kann und muß als ein Ziel der Elternarbeit gesehen werden, dass Eltern durch handlungsbefähigende Lernangebote in der alltäglichen Erziehungspraxis unterstützt werden. Erziehungshandeln muss reflektiertes, begründetes und verantwortbares Handeln sein, wenn es dem Erziehungsauftrag der Erwachsenen, den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Gesamtentwicklung gerecht werden will. Weitere Ziele sind, dass Eltern eine Identität als Erzieher gewinnen. Zugleich soll eine Stabilisierung ihrer Erziehungsfähigkeit angestrebt werden.
So muss am Anfang aller Elternarbeit das Bemühen stehen, die Eltern zu realistischen Wahrnehmungen der eigenen Lebenssituation und derjenigen ihrer Kinder zu führen sowie sie und zunehmend auch die Kinder zu befähigen, "in der familiären Kommunikation die Perspektiven aller Beteiligten als subjektiv echte und überzeugende zuzulassen und Verhaltens- sowie Wertentscheidungen nicht ausschließlich von der eigenen Person her zu fällen" (Schmidt 1977, S. 204).
Eine große Hilfe ist es, wenn es gelingt, eine partnerschaftliche Erzieher-Eltern-Beziehung aufzubauen. Diese Partnerschaft bezieht sich auf die gemeinsame Aufgabe, Kinder in einem bestimmten Lebensabschnitt zu begleiten, zu fördern und zu erziehen. Ängste. Unkenntnis über geeignete Methoden sowie fehlende Zeit für Vorbereitung und Durchführung werden jedoch häufig als vorherrschende Hinderungsgründe für das "Nichtzustandekommen" einer partnerschaftlichen Elternarbeit seitens der Erzieher genannt. Aber auch Eltern haben Angst, sich auf eine vertrauensvolle, partnerschaftliche und offene Beziehung mit den Erziehern - den sogenannten Fachexperten - einzulassen. Nicht selten kommt es aufgrund dieser unausgesprochenen Ängste zu Kommunikationsstörungen, falschen Einschätzungen und unterschiedlichen Erwartungen. Eltern und Erzieher müssen aber im Austausch miteinander stehen, um sich aktiv für das Wohl der Kinder einsetzen zu können.
Welche Methoden und Möglichkeiten stehen nun für die Elternarbeit zur Verfügung? Es sind dies
- Elternabende,
- Elterngespräche,
- offene Elternarbeit,
- Hausbesuche,
- Familienfreizeiten,
- Elternstammtische,
- Elternwandertage,
- Elternrundbriefe,
- Elternbeirat,
- Elternmitarbeit u. a.
Nicht auf alle Methoden kann im Rahmen des vorliegenden Beitrages ausführlich eingegangen werden. Jedoch soll an einigen Fallbeispielen ausschnitthaft gezeigt werden, wie diese Methoden von einzelnen Institutionen umgesetzt werden können. Dabei muss Elternarbeit im Kindergarten von solcher im Hort abgegrenzt werden, bezieht sie sich doch auf verschiedene Altersgruppen bei den Kindern und unterschiedliche Interessenslagen bei den Eltern.
Elternarbeit im Kindergarten
Leider reduziert sich Elternarbeit in den meisten Einrichtungen auf die "klassischen" Elternabende: Elternbeiratswahl, Adventsbasteln, Vortrag über Schulreife, Vorbereitung für das Sommerfest usw. Jedoch darf der Elternabend nur als eine Möglichkeit der Elternarbeit gesehen werden. In der Ausbildung wird ihm eine dominante Rolle zugeordnet; die zukünftigen Erzieher arbeiten ihn schriftlich aus, haben oft Angst vor der Durchführung und sind froh, wenn sie ihre schulische Pflicht erfüllt haben.
Nicht selten werden Elternabende im Kindergarten auch von externen Referenten bestritten - scheinbar die einfachste "Lösung" zur Verbesserung der Elternarbeit. Im Gegenteil! Insbesondere wenn die pädagogischen Inhalte und Ziele nicht zwischen Referenten und Erziehungspersonal abgesprochen wurden, kann es am Abend leicht zu Kontroversen kommen. Dies führt dann zu einer Verunsicherung bei den Eltern: Wenn sich schon die Fachleute nicht einig sind...
Elternabende
Wie sollen Elternabende dann gestaltet werden? Dieses soll zunächst durch einige Beispiele aus der Praxis illustriert werden - mit Hinweisen, wie es zur Auswahl des jeweiligen Themas kam, wie der Abend verlief, welche Methoden eingesetzt wurden und welches Ergebnis erzielt wurde.
1. Fallbeispiel
"Spiele aus nichts - hat sogenanntes wertloses Material auch Lerncharakter? Wären Lernspiele für unsere Kinder nicht besser?" Der Beweggrund für die Durchführung dieses Elternabends war die Tatsache, dass die Eltern kein Verständnis für den Sammeltrieb ihrer Kinder und für das wertlose Material in unserer Bastelkammer zeigten. Viel lieber hätten sie Beschäftigungen ihrer Kinder mit gutem und vor allem "sinnvollem" Spielmaterial mit "Lerncharakter" gesehen.
Die Einladung sprach viele Eltern an, sind sie doch am Lernfortschritt ihrer Kinder immer sehr interessiert. In der Eingangshalle des Kindergartens gab es eine "Bastelausstellung" der Kinder - wahre Phantasiegebilde aus alten Schachteln, Stoff- und Pelzresten. Nicht schön bemalte, beklebte oder überzogene, sondern ganz spontan entstandene Gebilde. Schilder gaben einen Hinweis auf den Titel des jeweiligen Werkes und auf das Alter des "Künstlers". Hier konnten sich die Eltern umschauen und kamen dabei miteinander ins Gespräch: "Meiner, jeden Dreck sammelt er!" Oder: "Nur weil er die Klopapierrolle wollte, hat er das ganze Papier abgerollt und ins Klo gespült" usw. Auch die Tür zur Bastelkammer stand offen. Die Reaktion der Eltern war ebenfalls ganz unterschiedlich...
Wir versammelten uns im Gruppenraum. Ich begrüßte als Erzieherin die Eltern und las ein kleines Gedicht über perfektes Spielzeug vor, das das Kind am Ende stehen lässt, weil es eigene Spielvorstellungen hat. Es folgten einige Dias von Kindern in ganz verschiedenen Spielsituationen. Wer Lust hatte, konnte sie kommentieren. Dann verteilten sich alle an Vierertische, auf die Körbe mit wertlosem Material gestellt wurden. Und dann konnte es losgehen! Die Aufgabenstellung war: "Versuchen Sie, die Materialien näher kennen zu lernen, Sympathie für sie zu entwickeln, mit ihnen gemeinsam zu bauen oder auch Gesellschaftsspiele zu entwickeln." Wem das Material nicht reichte oder für wen es nicht vielfältig genug war, dem stand auch unsere Bastelkammer zur Verfügung. Alles durfte benutzt werden - mit Ausnahme von Schere und Klebstoff. Kommentare der Eltern: "Das sagen die Kinder auch immer, dass sie aus der Bastelkammer holen dürfen, was sie wollen!" oder "Das sind ja wahre Schätze!" (die Mutter stand zwanzig Minuten in der Bastelkammer) oder "Kann ich das Stückchen Fell mitnehmen, es ist so weich!" (am Vormittag hatte ihre Tochter um ein Stückchen Schmusefell gebeten).
In kürzester Zeit war an allen Tischen, aber auch auf dem Boden, viel Aktivität. Flohspiele mit Eierkartons, Türme-Wettbauen mit Zahnpastaschachteln usw. Nach eineinhalb Stunden wurde zur Beendigung der Spiele aufgefordert. Es war allen zu früh! Dann berichteten die Eltern noch kurz über ihre Erfahrungen. Das Ergebnis war durchgängig, dass sie nun viel mehr Verständnis für ihre Kinder hätten. Zum Abschluss hörten wir schließlich noch gemeinsam eine Kassette an: das Gespräch von vier Kindern, die in der Bastelkammer nach Material suchten. Nun waren es die Eltern, die wertloses Material für den Kindergarten sammelten. So sagte ein Kind: "Meine Mami hebt jetzt alles auf!"
2. Elternabend
"Spiele, die auf die Schule vorbereiten" (hier soll nur kurz die Einstiegssituation dargestellt werden). In der Eingangshalle des Kindergartens war auf dem Boden eine Fläche von 2 x 2 Metern mit Klebestreifen abgegrenzt worden. Jeder ankommende Elternteil durfte sich zehn Klötze aus dem Korb nehmen und damit bauen. Es entstanden lauter Einzelbauwerke! Gelegentlich konnte man Eltern beobachten, wie sie anderen heimlich Steine "klauten". Eine Mutter hatte die Szene schon lange beobachtet. Sie nahm die restlichen Klötze aus dem Korb und baute Brücken von einem Bauwerk zum anderen. In der Auswertung meinte sie: "War das eine Übung zum Lernen des Sozialverhaltens?" Wir waren mitten in der Diskussion...
3. Elternabend
"Kinder malen und zeichnen - Ausdruck ihrer Entwicklung?" Besonders bei "neuen" Eltern war mir aufgefallen, dass sie den "Kritzelzeichnungen" ihrer Kinder kaum Interesse schenkten. Dies war der Anlass für die Planung eines weiteren Elternabends. Am Nachmittag hatten die Kinder ihre neuesten Werke an den Wänden aufgehängt und auf den Tischen Malutensilien für ihre Eltern bereitgelegt. Diese Vorbereitungen wurden zu einem großen Geheimnis erklärt. Und so hörte man beim Abholen die Kinder sagen: "Also Mama, du musst heute unbedingt zum Elternabend!"
Verlauf des Abends:
- Betrachten der Bilder in der Eingangshalle.
- Dann wurden Dias gezeigt: Kinderzeichnungen im Wechsel mit Bildern moderner Maler
- Austausch erster Eindrücke: So wurden drei Kinderbilder von den Eltern berühmten Malern zugeschrieben, wurde erst nach einer gewissen Zeit nach dem Alter der "Künstler" gefragt.
- Entsetzen über ein ganz schwarzes Bild. Ich erklärte den Eltern, dass sich darunter eine schöne bunte Zeichnung befände. Aber, weil es Nacht sei, hätte das Kind alles schwarz übermalt. Das ist für Erwachsene schon schwer zu verstehen!
- An den Tischen experimentierten wir mit verschiedenen Farben und Techniken in unserer "Elternmalschule". Anfangs noch etwas gehemmt, aber dann mit großem Interesse probierte auch der Vater im dunklen Anzug die Nass-in-Nass-Technik.
- Für die verschiedenen Techniken hatten wir kurze Beschreibungen vorbereitet. Diese wurden auf die Rückseite der Bilder geklebt. Jedes Elternteil heftete dann sein Malbuch zusammen.
Hätten wir die Eltern zum Malen eingeladen, wäre keiner gekommen!
Die Zahl der Fallbeispiele zu Elternabenden ließe sich beinahe unbegrenzt fortsetzen. Wichtig ist, dass an allen Abenden die Eltern die Möglichkeit haben, mit den Alltagsmaterialien ihrer Kinder selbst Erfahrungen zu machen. Nur dann können sie die pädagogische Arbeit des Kindergartens und ihre Kinder verstehen.
Elterngespräch
Hier hat das "Zwischen-Tür-und-Angel"-Gespräch eine ganz besondere Bedeutung. So werden Informationen weitergegeben. Ob daraus ein intensives Gespräch wird, hängt vom Inhalt der Botschaft, der Situation und der Bereitschaft von Eltern und Erziehern ab. In der Praxis kommen Eltern, die diese Art von Gesprächen suchen, nur selten zu Elternabenden. Auch würden sie ihre Fragen und Probleme in einer größeren Gruppe nicht artikulieren. Für den Erzieher bedeutet dies, dass er wohl ein angesprochenes Problem auf einem Elternabend behandeln kann, weil andere Eltern wahrscheinlich ähnliche Schwierigkeiten erleben. So wird der Elternteil, der diese Frage zuerst anschnitt, erfahren, dass nicht er alleine davon betroffen ist, dass andere Eltern vergleichbare Probleme haben und dass es nicht immer nur eine Lösung geben kann und muss. Ist das Problem jedoch mehr individueller Natur oder duldet es keinen Aufschub, muss es natürlich gleich angegangen werden.
Elterngespräche können aber auch auf Anregung der Erzieher oder der Eltern für einen bestimmten Zeitpunkt geplant werden. Wichtig ist, dass beide Parteien schon vorher wissen, was die Gesprächsinhalte voraussichtlich sein werden. So kann die Entstehung unbegründeter Ängste verhindert werden. Zudem sollten Erzieher nicht immer nur bei problemhaftem Verhalten der Kinder zu einem Gespräch bitten, sondern auch bei positiven Sachverhalten. Ferner sollte nach Möglichkeit immer eine mündliche Einladung erfolgen (im Notfall auch telefonisch), so dass auf Fragen und Einwände gleich reagiert werden kann. Bevor eine schriftliche Einladung erfolgen darf, bietet sich noch immer der Hausbesuch als Alternative an.
Auf Elterngespräche über problemhafte Verhaltensweisen von Kindern soll noch näher eingegangen werden. Bevor die Erzieherin ein derartiges Gespräch ansetzt, muss sie sich darüber klar sein, was sie den Eltern in welcher Form sagen will, wie sie in einen wirklichen Dialog mit ihnen im Interesse des Kindes eintreten möchte und welche Alternativen und Hilfen sie den Eltern anbieten kann. So muss vor jedem Elterngespräch eine gründliche Beobachtung des Kindes über einen längeren Zeitraum (mindestens zwei Wochen) erfolgen. Erzieher sind häufig versucht, dann Beobachtungen schriftlich festzuhalten, wenn das Kind "negativ" auffällt. Solche Beobachtungen sind überwiegend subjektiv und emotional gefärbt. Man hat sich über das Kind geärgert; das Maß ist voll, jetzt müssen es die Eltern erfahren. Ob es zum Wohle des Kindes ist, wenn man so vorgeht?
Viel sinnvoller ist, das Kind über einen längeren Zeitraum kontinuierlich zu beobachten - auch wenn scheinbar nichts Auffälliges geschieht. Dies gilt insbesondere auch für die extrem »braven« Kinder. Diese Beobachtungen, die täglich in der gleichen Situation für circa fünf bis zehn Minuten erfolgen sollten, werden dann rein beschreibend (nicht wertend) und objektiv festgehalten. Für derartige Beobachtungen bietet sich vor allem die Freispielzeit an, da sich die Erzieherin dann ungestörter auf ein einzelnes Kind konzentrieren und zum Beispiel seine Stellung in der Gruppe anhand eines Soziogramms festhalten kann. Aber auch die Bringsituation kann über allerlei Aufschluss geben, beispielsweise:
- Wie entschlossen kommt das Kind in den Raum?
- Wie reagiert die Gruppe auf den Neuankömmling?
- Wie verhält sich das eben eingetroffene Kind?
- Welches Spielmaterial wählt es sich als erstes aus?
- Auf welchen Spielpartner geht es zu?
- Wie wurde es von dem Vater oder der Mutter "abgegeben"?
- In welcher körperlichen Verfassung beginnt das Kind den Kindergartentag? usw.
Diese Beobachtungen bilden eine unersetzliche Grundlage für das Elterngespräch.
Beispiel einer Einzelbeobachtung
Das Kind A wurde täglich während der ersten zehn Minuten im Kindergarten beobachtet.
Montag: A wird von der Mutter in den Kindergarten gebracht. Sie zieht ihm in der Garderobe Mantel und Schuhe aus und die Hausschuhe an. Sie hängt sein Täschchen an den Taschenwagen und bringt ihn zur Türe des Gruppenraumes. A hält die Mutter fest an der Hand. K läuft auf A zu und sagt: "Spielst du mit mir?" A gibt keine Antwort. Die Mutter geht mit A zum Bauteppich und sagt: "Schau, hier kannst du schön spielen." A lässt ihre Hand los und bleibt am Rande stehen. Die Mutter meint: "Ich gehe jetzt." A antwortet nicht. Die Mutter geht. A holt sich Bauklötze aus der Kiste.
Dienstag: A wird vom Vater gebracht. Dieser ist in Eile. Er lässt A in der Garderobe stehen. Eine Praktikantin geht auf A zu: "Zieh dich doch bitte aus, das kannst du ja schon längst!" An der Haustüre winkt der Vater A zu. A winkt zurück. Die Praktikantin wiederholt ihre Bitte. A sagt: "Ich kann das nicht. Meine Mutter muss kommen." Die Praktikantin zieht A aus. Sie geht mit A in den Gruppenraum. A sagt: "Bring mich zum Bauteppich."
Mittwoch: A wird von der Mutter gebracht. Sie kommt sofort in den Gruppenraum. Sie geht auf mich zu. "Warum haben Sie A gestern nicht sofort ausgezogen? Sie wissen doch, das kann er nicht alleine." Ich sage zu Frau P: "Wenn Sie einverstanden sind, dann möchte ich mich über diese Frage gern einmal in aller Ruhe mit Ihnen unterhalten." Es wird ein Gesprächstermin in der nächsten Woche vereinbart. Frau P kehrt in die Garderobe zurück, zieht A aus und beschließt, heute im Kindergarten zu bleiben. Im Gruppenraum sagt sie: "Ich bleibe hier, damit nicht wieder das gleiche geschieht wie gestern. A ist noch klein, er kann das alles nicht."
Donnerstag: A wird von der Mutter gebracht. Sie geht auf mich zu. "Heute sind wir früher gekommen. A möchte nicht in den Kindergarten." Die Mutter zerrt ihn zur Garderobenbank. Sie zieht ihn aus. A schreit: "Mama, du sollst hier bleiben." Die Mutter antwortet: "Ich habe keine Zeit, ich muss zum Friseur." Sie bringt A in den Gruppenraum und übergibt ihn der Praktikantin. "Sorgen Sie dafür, dass er nicht schreit. Ich habe heute keine Zeit." Frau P. verlässt eilig den Kindergarten.
Freitag: A wird wieder vom Vater gebracht. Er übergibt mir das Kind schon an der Haustüre. Ich nehme A an der Hand, wir winken dem Vater nach. Gemeinsam gehen wir in die Garderobe. In Form eines kleinen Spieles ziehe ich A eine Schleife am Schuh auf. Er zieht die andere Schleife auf. Mit meiner Hilfe zieht A sich noch den Mantel aus und hängt ihn ganz alleine auf. Wir gehen in den Gruppenraum. A setzt sich neben mich an den Tisch: "Was machst du?" "Ich schreibe gerade die Namen auf die Elternbriefe, dann könnt ihr sie heute Mittag für eure Eltern mitnehmen." A fragt: "Wenn du fertig bist, spielst du dann mit mir?" Ich stehe auf und bringe ihn zum Bauteppich. Einen Augenblick steht er am Rand. Er kniet sich nieder und beginnt, mit den anderen Kindern zu bauen.
In der nächsten Woche übernahm die Praktikantin die schriftlichen Beobachtungen, wir wollten Subjektivität weitgehend ausschließen. Dann kam es zu dem vereinbarten Elterngespräch. Die Mutter entledigte sich aller aufgestauten Vorwürfe über unser mangelndes Einfühlungsvermögen. Ich versicherte ihr, dass ich dies alles überdenken und A noch einmal über einen längeren Zeitraum beobachten würde, da ihre Aussagen sehr wichtig seien. Wir vereinbarten einen neuen Termin.
Es folgten viele Gespräche und viele Aufenthalte von Frau P im Kindergarten. Eines Tages stellte sie fest: "Sie kommen mit Ihrem konsequenten Verhalten bei den Kindern viel weiter. Und trotzdem kommen die Kinder gerne zu Ihnen." Die Zusammenarbeit gestaltete sich von Tag zu Tag positiver. Auch Herr P kam nach kurzer Zeit zu den Elternabenden.
Auch das ist Elternarbeit. Elternarbeit braucht Geduld und Zeit. Ein vorschnelles und unüberlegtes Reagieren ist oft falsch und verhindert eine konstruktive Kooperation.
Offene Elternarbeit
Die offene Elternarbeit ist eine Methode oder Form der Elternarbeit, die relativ selten praktiziert wird. Die Gründe ihrer Gegner sind meist nicht stichhaltig: Die Öffnung des Kindergartens würde von Erziehern und Trägern nicht gewünscht, würde gesetzlichen Verordnungen und den Datenschutzbestimmungen widersprechen.
Was ist offene Elternarbeit? Sie ermöglicht Eltern, den Erzieher und die Kindergruppe im Praxisfeld des Kindergartens zu erleben. Sie nehmen einfach am Geschehen teil. Kommen öfters Eltern, so ist das keine Ausnahmesituation oder Belastung für die Kinder. Vielmehr holen sich die Kinder die Erwachsenen als Spielpartner (nur ganz selten sind es die eigenen Kinder!) und weisen sie in bestimmte Rollen und Aufgaben ein. Sie wissen, dass die Eltern nicht Kindergartenerzieher sind, sondern wie Kinder am Kindergartenalltag teilnehmen. Dazu gehören die Pausen ebenso wie das Aufräumen oder die Beteiligung am Freispiel bzw. an einer Beschäftigung. Auf diese Weise erlangen die Eltern mehr Verständnis für das Spiel und seine Bedeutung für die kindliche Entwicklung. Sie können die vielen Förderungsmöglichkeiten erkennen, die sich insbesondere im Freispiel ergeben. Auch sehen Eltern ihr Kind in der Gruppe und nehmen es so ganz anders wahr. Ferner erkennen sie, in welcher Intensität Gespräche mit den Kindern möglich sind und welche vielfältigen Erfahrungen diese im Kindergarten machen.
Kann man offene Elternarbeit generell empfehlen? "Es ist nicht möglich, offene Elternarbeit generell zu empfehlen. Wie sich aus dem Bericht zeigt, sind eine Menge wichtiger Faktoren Voraussetzung, damit offene Elternarbeit überhaupt funktionieren kann. Als eine wichtige Voraussetzung muß die Bereitschaft der Zusammenarbeit zwischen Erziehern, Eltern und Kindern gesehen werden. Ist ein Partner nicht voll damit einverstanden, so ist offene Elternarbeit zum Scheitern verurteilt. Anfangs macht die offene Elternarbeit den Erziehern sehr viel Arbeit. Vieles muß gründlicher durchdacht und überlegt werden, aber nach geraumer Zeit ist es eine wesentliche Hilfe im Rahmen der gesamten Kindergartenarbeit. Auf alle Fälle zu beachten ist, daß das Erziehungspersonal ganz klare Vorstellungen über seine Ziele und Methoden haben muß. Eltern bringen eine ganze Reihe von Impulsen, doch haben sie wenig Vorschläge, wie diese auch tatsächlich zu realisieren sind. Dabei muß das Erziehungspersonal auswählen und entsprechende Hilfen geben. Es wäre zu begrüßen, wenn sich noch mehr Erzieher für die Form der offenen Elternarbeit entscheiden könnten" (Becker-Textor 1987, S. 27).
Elternbeirat
Auch der Elternbeirat gehört zum großen Feld der Elternarbeit im Rahmen des Kindergartens - in einigen Bundesländern ist er gesetzlich vorgeschrieben. Es handelt sich dabei um gewählte Elternvertreter mit beratender Funktion zu Fragen der Organisation, des Personals, der pädagogischen Arbeit, der Elternarbeit usw. Fragt man Erzieher, was sie vom Elternbeirat halten, so sind sie geteilter Meinung. Einige sagen, er mische sich in alles ein und möchte sogar alles bestimmen. Andere sehen in ihm eine Unterstützung in vielerlei Dingen. Sicherlich hängt es davon ab, welche Persönlichkeiten im Elternbeirat vertreten sind und wie die Erzieher mit ihnen zurechtkommen, ob er eher einen beratenden oder eher einen kritisierenden Einfluss auf die Kindergartenarbeit ausübt, ob er die Erzieher unterstützt oder hemmt und ob er Eltern und Kinder nach innen und außen hin (zum Beispiel gegenüber dem Träger) angemessen repräsentiert.
Auf die anderen Formen der Elternarbeit soll hier nicht weiter eingegangen werden. Sicher ist deutlich geworden, dass Elternarbeit einen hohen Einsatz des Erziehers erfordert, wenn eine gute Kooperation erreicht werden soll. So sollten auch die Träger von Kindergärten die Notwendigkeit von Elternarbeit als einen wichtigen Teil der Kindergartenarbeit anerkennen und dementsprechend die verschiedenen Maßnahmen unterstützen. Es bedarf immer wieder neuer Wege, um den Eltern die Lernvorgänge und Verhaltensweisen ihrer Kinder verständlich zu machen. Und dies kann nur dann erreicht werden, wenn wir Eltern fortwährend die Möglichkeit und gleichzeitig die Chance einräumen, in das Lernfeld ihrer Kinder einzusteigen und ähnliche Erfahrungen wie diese zu machen.
Elternarbeit im Hort
Bisher wurde auf die speziellen Probleme der Elternarbeit im Hort kaum eingegangen. Grundsätzlich können ähnliche Formen der Elternarbeit eingesetzt werden wie im Kindergarten. Der gravierendste Unterschied zur Elternarbeit im Kindergarten liegt wohl in der Bedeutung, die Hausaufgaben, das schulische Lernen und die Verbesserung der Schulleistung haben. Dies resultiert nicht zuletzt auch aus den Motiven, weshalb Kinder für den Hort angemeldet werden, und die ganz anders als die Beweggründe von Kindergarteneltern sind. Während der Kindergartenbesuch in den vergangenen Jahren für nahezu alle Kinder zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, gehen in den Hort vor allem:
- Kinder von Alleinerziehenden,
- Kinder aus Familien, in denen beide Partner berufstätig sind,
- Kinder von Geschäftsleuten,
- Kinder mit schwachen Leistungen, deren Eltern eine intensive Hausaufgabenbetreuung erwarten,
- ausländische Kinder,
- Problemkinder,
- Kinder auf Empfehlung der Schule zur Verbesserung des Sozialverhaltens und der Leistungen, insbesondere der Hausaufgaben, usw.
Zumeist steht die Schule im Mittelpunkt, da die Hausaufgaben eine dominante Rolle spielen und den sozialpädagogischen Auftrag des Hortes an den Rand drängen. So muss bei der Elternarbeit im Hort immer auch die Schule mit berücksichtigt werden - zudem Lehrer nicht selten von den Erziehern erwarten, dass sie die Aufgabe des Elternhauses übernehmen. Kontakte zwischen Eltern, Lehrern und Erziehern sind aber auch notwendig, um ein "Ausspielen" von Hort gegen Schule (und umgekehrt) durch die Eltern zu verhindern. So müssen Eltern immer wieder die unterschiedlichen Aufträge von Hort und Schule bewusst gemacht werden. Auch ist zu verdeutlichen, dass zum Beispiel der Hort kein "Paukstudio" oder verlängerter Arm der Schule sein soll, will und darf.
Wenn Eltern ihren Kindern beispielsweise erlauben, nach den Hausaufgaben den Hort zu verlassen, so zeigt dies, dass deren Interesse nicht die sozialpädagogische Betreuung ihrer Kinder, sondern in erster Linie die Überwachung von deren Hausaufgaben ist. Dies ist nicht nur für die Erzieher frustrierend, sondern lässt ihnen auch kaum Gelegenheit, erzieherisch auf die Kinder einzuwirken und die Gemeinschaft zu fördern. Gerade Kinder mit Schulschwächen oder geringem Lernerfolg benötigen aber positive Bestätigung durch andere und in nichtschulischen Erlebnisfeldern. Nur dann können sie ein positives Selbstbild, Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl entwickeln. Hier kann der Hort mit seinem sozialpädagogischen Auftrag eine gute Arbeit leisten.
Bei der Elternarbeit im Hort muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Eltern um eine Gruppe sehr stark belasteter und von der Zeit her oft überforderter Mütter und Väter handelt. Dies ist ja auch ein Grund, warum sie ihre Kinder in einem Hort anmelden. So bleibt für die Mitarbeiter des Hortes zu überlegen, inwieweit zum Beispiel familiäre Freizeitaktivitäten in die Elternarbeit einbezogen werden können, um einen besseren Kontakt zu den Eltern herzustellen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Vierzehntägiges Schwimmen (nach Dienstschluss der Eltern und Hortende) mit Eltern und Kindern.
- Ein gemeinsames Abendessen mit den Eltern, das im Abstand von zwei bis drei Monaten von den Kindern im Hort vorbereitet wird und zu dem die Eltern nach Dienstende kommen. An die gemeinsamen Mahlzeiten können sich dann ein Fußballspiel, eine Spielstunde oder ähnliches anschließen.
- Ein gemeinsamer Wandertag oder Ausflug an einem Samstag.
- Ein Filmabend mit anschließender Diskussion im Hort, zu dem sich Eltern und Kinder treffen.
- Gemeinsame Feste und Feiern usw.
Auch Hausbesuche bei den Familien der Hortkinder sind eine gute Möglichkeit, um einen Kontakt zu den Eltern herzustellen und sich näher kennen zu lernen. Bei solchen individuellen Gesprächsmöglichkeiten können Eltern ihre Sorgen und Probleme aussprechen. Die Erzieher können sie dann beraten, zwischen ihnen und der Schule vermitteln oder auf andere Hilfen wie zum Beispiel Erziehungsberatungsstellen hinweisen. Hausbesuche bei ausländischen Familien sind ganz besonders wichtig, um den kulturellen Hintergrund, in dem die Kinder aufwachsen, besser zu verstehen.
Ausblick
Elternarbeit im Kindergarten und Hort kann ohne Kooperation und positiven Austausch zwischen Eltern und Erziehern sowie ohne gemeinsame Erlebnisse nicht zum gewünschten Erfolg führen. Dazu ist es notwendig, die in diesem Beitrag beschriebenen "anderen" Formen der Elternarbeit einzusetzen. Elternbildung allgemeiner Art ist nicht Aufgabe des Kindergartens und Hortes. Die Mitarbeiter beider Institutionen sind Mit-Erzieher. Sie ergänzen (und stützen) die familiäre Erziehung. Und deshalb muss es unser vorrangiger Auftrag im Rahmen der Elternarbeit sein, eine positive Beziehung zwischen Elternhaus und Institution aufzubauen, um eine Zusammenarbeit zum Wohle unserer Kinder zu gewährleisten.
Literatur
Bäuerle, W. (1971): Theorie der Elternbildung. Sozialpädagogische Reihe, Band IV. Weinheim, Basel: Beltz
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