Naturwissenschaftliche Bildung in der Kita

Martin R. Textor

Der Wohlstand in Deutschland beruht weitgehend auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und technischem Knowhow. In den meisten Schulformen haben aber Fächer wie Physik, Chemie und Biologie nur eine geringe Bedeutung - und Ingenieurwissenschaften spielen überhaupt keine Rolle. In Kindergärten wurde traditionell wohl viel Wert auf die Naturerfahrung gelegt, aber mit zunehmender Verstädterung sind mancherorts naturnahe Flächen nur noch schwer zu erreichen. Hinzu kommt, dass auch das Außengelände von vielen Kitas nur noch selten Naturerfahrungen zulässt, da es durch den Anbau von Gruppenräumen geschrumpft ist oder bei Neubauten (in Städten) auf eine kleine Fläche mit Sandspielbereich und einigen Geräten begrenzt wurde.

Aufgrund der schlechten Ergebnisse von deutschen Schüler/innen bei den PISA-Studien und anderen internationalen Vergleichsuntersuchungen wurden in den 1990er Jahren die Forderungen seitens der Wirtschaft und der Wissenschaft nach einer intensiveren frühkindlichen Bildung immer lauter. Wegen des sich abzeichnenden Fachkräftemangels wurde insbesondere eine verstärkte Förderung von Kleinkindern in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik verlangt, damit mehr junge Menschen Interesse an den sogenannten MINT-Fächern entwickeln und einen entsprechenden Berufsweg einschlagen.

Um das Jahr 2000 herum konnte sich die Politik solchen Forderungen nicht mehr verschließen: Kindergärten wurden zu Bildungseinrichtungen erklärt. In wenigen Jahren entstanden in fast allen Bundesländern Bildungspläne, die bei Kleinkindern zu fördernde Kompetenzen und eine große Zahl von Bildungsbereichen auflisteten - darunter auch Mathematik, Naturwissenschaften und Technik. In der Folgezeit wurden vielerorts Modellversuche, Projekte und Fortbildungskampagnen durchgeführt, um die pädagogischen Fachkräften im Bereich der frühkindlichen Bildung zu qualifizieren. Außerdem wurden in vielen Bundesländern die Bildungspläne auf die unter Dreijährigen und die Kinder in Tagespflege ausgeweitet.

In diesem Artikel sollen nun einige grundsätzliche Aussagen zur naturwissenschaftlichen Bildung im Kindergarten gemacht werden, also beschränkt auf die Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen.

Kleinkinder als Forscher

Babys werden als Forscher geboren. Von Geburt an beobachten sie ihre Umgebung. Etwas später beginnen sie, diese zu erkunden, indem sie in ihrer Reichweite befindliche Dinge berühren, betasten, in den Mund nehmen, fallen lassen, in Bewegung versetzen usw. Sobald sie sich fortbewegen können, erweitert sich der Radius ihrer Forschertätigkeit. Neugierig entdecken sie die ihnen noch neue und unbekannte Welt, wobei sie alle ihre Sinne einsetzen. Durch Beobachtung und Experimentieren versuchen sie, für sie noch unerklärliche Vorgänge zu verstehen und herauszufinden, wie Dinge funktionieren. Sie sind bei ihren Aktivitäten konzentriert und fokussiert, lassen sich also dabei nicht ohne weiteres ablenken. Wenn sie etwas verstanden haben oder nun beherrschen, freuen sie sich - das Lernen macht ihnen großen Spaß. Wenn sie noch etwas älter sind, beginnen sie, anderen Menschen Fragen zu stellen, da ja nicht alles Neue und Unbekannte nur durch die Sinne oder mit Hilfe der Gliedmaßen erforscht werden kann. Zugleich ermöglicht es ihnen die Sprache, über ihre Beobachtungen und Erfahrungen nachzudenken und die Ergebnisse der kognitiven Prozesse in ihrem Gehirn dauerhaft abzuspeichern. Dies gelingt umso besser, je komplexer und differenzierter die bereits erworbene Sprache ist.

Dieser Forscherdrang, diese unendliche Neugier und Wissbegierde von Kleinkindern sollen im Kindergarten aufgegriffen, ausgeweitet und gelegentlich in bestimmte Bahnen gelenkt werden. Letztlich haben die pädagogischen Fachkräfte die folgenden drei Aufgaben zu bewältigen:

  1. Sie sollen die angeborene Neugier, den Erkundungsdrang und die Entdeckerfreude der Kinder erhalten und ihnen helfen, weitere Eigenschaften zu entwickeln, die für den Erfolg forschender Aktivitäten relevant sind, also z.B. Konzentrationsfähigkeit, Durchhaltevermögen und Kooperationsbereitschaft.
  2. Sie sollen die Denkprozesse der Kinder komplexer werden lassen und deren Gedächtnisinhalte erweitern, indem sie ihnen neue oder differenziertere Begriffe sowie naturwissenschaftliche Kenntnisse vermitteln.
  3. Sie sollen die Kinder an die naturwissenschaftlichen Methoden heranführen, also an das genaue Beobachten mit allen Sinnen, das Sammeln, Ordnen und Klassifizieren, die Verwendung von Geräten (wie Messinstrumenten, Waagen, Lupen, Pipetten usw.), das Formulieren von Forscherfragen, die Hypothesenbildung und Vorhersage, die Untersuchung und das Experiment, das Reflektieren und Ziehen von Rückschlüssen sowie die Dokumentation der Forschungsergebnisse.

Wenn Kleinkinder geborene Forscher sind, dann beherrschen sie natürlich auch ansatzweise naturwissenschaftliche Methoden: Sie sammeln z.B. Blätter und ordnen sie nach der Form, sie verwenden Geräte wie Eimer und Schaufeln, sie machen Beobachtungen (Dinge fallen nach unten), stellen Hypothesen auf (alle Dinge fallen nach unten), testen diese (werfen alles herunter, was sie in ihre Hände bekommen) und erkennen so, ob die Vorhersagen stimmen oder ob es Ausnahmen gibt (wie z.B. Ballons, Vögel oder Hubschrauber). Die Fachkräfte helfen ihnen also nur, diesen Prozess bewusster und umfassender zu durchlaufen, indem sie z.B. die Wahrnehmung der Kinder auf etwas lenken und dieses beschreiben lassen (Wie fühlt sich die Oberfläche an? Was hast du gesehen?), Voraussagen erfragen (Was wird wohl als nächstes geschehen?), zum Experimentieren anleiten (Wie kannst du dies überprüfen?), Hypothesen bilden lassen (Warum ist dies wohl passiert?) und zur Dokumentation auffordern (Soll ich das aufschreiben? Willst du darüber ein Bild malen?).

Hier wird erneut deutlich, dass naturwissenschaftliche Bildung im Kindergarten nicht in der Form des Lehrens oder Unterrichtens erfolgt, sondern eher nachgehend (den Interessen der Kinder folgend, selbst wenn sie nicht den eigenen Zielen entsprechen), ausweitend (Denkanstöße geben, neue Ideen in den Raum stellen) und ergänzend (Informationen, Materialien und Werkzeuge zur Verfügung stellen, richtige Begriffe lehren). Die Fachkräfte machen also nur selten Bildungsangebote, sondern ermuntern zum Erkunden, Ausprobieren und entdeckenden Lernen. Häufig beantworten sie die Fragen der Kinder nicht und fordern diese auf, selbst nach Antworten zu suchen, also Hypothesen aufzustellen und diese zu überprüfen (Experiment, Beobachtung). Für sie ist der Prozess des Lernens wichtiger als ein von ihnen angezieltes Ergebnis (Heute sollen die Kinder ... lernen).

Die Rolle der pädagogischen Fachkräfte lässt sich also am ehesten als "Forschungsbegleiter/innen" definieren (analog zu "Bildungsbegleiter/innen"). Sie beobachten die ihnen anvertrauten Kinder, erkennen, mit welchen "Forscherfragen" sie sich gerade beschäftigen, und erhalten ihr Interesse aufrecht, indem sie darauf eingehen und die Forschungssituation bereichern, indem sie Fragen stellen, gemeinsam mit den Kindern Überlegungen anstellen oder neue Impulse geben. Sie lassen ihnen den größtmöglichen Freiraum für ihre Forschertätigkeit sowie für die Dokumentation ihrer Beobachtungen und Erkenntnisse (z.B. durch Bilder, Collagen, Sammlungen, Fotos usw.). Die Fachkräfte verbessern keine falschen Hypothesen bzw. Informationen der Kinder, sondern warten vielmehr ab, ob diese im weiteren Verlauf der Forschungstätigkeit selbst den Fehler erkennen - schließlich lernt man auch aus seinen Fehlern.

Pädagogische Fachkräfte können nur dann zu Forschungsbegleiter/innen werden, wenn sie sich selbst als Forscher/innen sehen, sich also für naturwissenschaftliche Phänomene interessieren, Freude am Erkunden, Experimentieren und Lernen haben und immer offen für neue Erfahrungen und Erkenntnisse sind. Nur dann werden sie die Neugier der Kinder teilen - und selbst wissbegierig sein, wenn sie auf Fragen der Kinder keine Antwort wissen.

Naturwissenschaftliche Bildung im Freispiel

Wenn Kleinkinder Forscher sind, die ständig ihre Umgebung erkunden und neue Erkenntnisse sammeln, dann ist naturwissenschaftliche Bildung im Kindergarten weitgehend Selbstbildung - und Teil des Kita-Alltags. Und so findet ein Großteil der gerade beschriebenen Forschungstätigkeiten im Freispiel statt. Zumeist sind es einzelne Kinder oder Kleingruppen, die eine bestimmte Beobachtung gemacht haben und nun einem naturwissenschaftlichen Phänomen auf der Spur sind. Die erste Aufgabe der pädagogischen Fachkraft ist nun, den Lernmoment zu schützen, also das einzelne Kind bzw. die Kleingruppe vor Störungen durch andere Kinder zu schützen. Ihre zweite Aufgabe besteht darin, wenn möglich dem Kind bzw. der Kleingruppe genug Zeit zum Durchlaufen des weiter oben skizzierten Forschungsprozesses zu lassen, sodass die naturwissenschaftlichen Methoden eingesetzt werden können. Ihrer dritten Aufgabe, nämlich den Prozess wie weiter oben beschrieben zu ergänzen und zu bereichern, wird die Fachkraft während der Freispielzeit aber nur begrenzt nachkommen können, da sie in ihrer großen Gruppe ja für viele Kinder zuständig ist. Zumindest kann sie aber das Kind bzw. die Kleingruppe durch Blicke spüren lassen, dass sie sich für seine/ ihre Forschungstätigkeit interessiert. In manchen Fällen profitieren die Kinder sogar davon, wenn die Fachkraft sie alleine forschen lässt, weil sie so nicht abgelenkt werden und sich voll auf das Untersuchen des jeweiligen Phänomens konzentrieren können. Dann kann schon ein zweijähriges Kind eine lange Aufmerksamkeitsspanne haben.

Naturwissenschaftliche (Selbst-) Bildung in der Freispielzeit kann dadurch gefördert werden, dass ein entsprechender Lernbereich im Gruppenraum oder in einem Nebenraum ausgewiesen wird. Hier stehen den Kindern Geräte und Werkzeuge zur Verfügung, wie sie beispielhaft in der nachstehenden Tabelle aufgelistet sind. Hinzu kommen von Fachkräften, Kindern oder Eltern gesammelte bzw. mitgebrachte Gegenstände wie z.B. Steine, Holzstücke, Muscheln, Federn, Fellreste, Samen, Zapfen, getrocknete Pflanzen usw. Mit diesen Gegenständen können sich Kleingruppen während der Freispielzeit beschäftigen - und bei gutem Wetter auch mit in den Außenbereich nehmen. Das Interesse der Kinder wird immer wieder von neuem entfacht, wenn die Fachkräfte öfters neue Materialien oder für Kleinkinder (aufgrund vieler Bilder) geeignete (Fach-) Bücher auslegen (z.B. über verschiedene Arten von Steinen, Mineralien, Erzen, Fossilien, Dinosauriern, Nutzpflanzen, Himmelskörper). Gelegentlich können sie sich im naturwissenschaftlichen Lernbereich aufhalten, um den Kindern noch nicht entdeckte Verwendungsmöglichkeiten der Geräte, Werkzeuge und Materialien zu zeigen, die Forschungsaktivitäten der Kinder zu bereichern und neue Impulse zu geben.

Naturwissenschaftliche Bildung: Geräte und Werkzeuge

verschiedene Gefäße
Flaschen
Eimer
Tüten
Rohre
Strohhalme
Siebe
Filterpapier
Schwämme
Pipetten
Pinzetten
Zangen
Hammer
Bohrer
Magnete
Prismen
usw.

Lineale
Maßband
(Balken-) Waage
Briefwaage
Messbecher
Sanduhr
Eieruhr
Stoppuhr
Thermometer
usw.

Fernglas
Lupen
Becherlupen
Taschenlampen
Spiegel
Kaleidoskope
usw.

Kindergärten können ein "Stück Natur" in die Innenräume hereinholen, wenn z.B. Topfpflanzen, Aquarien oder Terrarien aufgestellt werden. Terrarien können auch für eine begrenzte Zeit ein Ameisenvolk oder eine Anzahl Regenwürmer beherbergen. Insbesondere in (groß-) städtischen Lagen sollte überlegt werden, ob man das Außengelände nicht naturnaher gestalten könnte, weil viele Stadtkinder kaum noch Naturerfahrungen machen. Selbst bei einer kleinen Außenspielfläche findet sich zumeist noch Platz für ein Insektenhotel, eine Futterstelle für Vögel oder ein Hochbeet, in dem z.B. verschiedene Salate und Gemüsesorten gezogen werden. Bei einem größeren Außengelände können Hügel, Felsbrocken, Büsche, Obstbäume, Beete, Trockenmauern, Wasserpumpen, Matschecken usw. viele naturwissenschaftliche Erfahrungen ermöglichen.

Naturwissenschaftliche Bildung durch Experimente

In den letzten Jahren sind viele (Fach-) Bücher und Artikel erschienen, in denen Experimente beschrieben werden, die pädagogische Fachkräfte Kleinkindern vorführen oder mit diesen gemeinsam machen können. Auf diese Weise sollen Kinder vor allem mit physikalischen und chemischen Phänomenen bekannt gemacht werden, die im Gegensatz zu Naturerlebnissen eher selten Teil der kindlichen Erfahrungswelt sind.

Häufig wird das jeweilige Experiment von einer Fachkraft in einem Nebenraum aufgebaut. Dann wird oft nur ein Teil der Kinder - zumeist die älteren - hereingerufen. Die Kinder schauen sich die Versuchsanordnung an und lernen die Begriffe für die verwendeten Geräte und Materialien kennen. Dann führt die Fachkraft das Experiment vor und versucht anschließend, gemeinsam mit den Kindern Erklärungen für die beobachteten Prozesse zu finden. Manchmal wird das Experiment (von den Kindern) wiederholt. Etwa eine Woche später folgt dann das nächste Bildungsangebot. Manche Experimente können sich auch über mehrere Wochen erstrecken - z.B. wenn untersucht wird, was Pflanzen zum Wachsen gebrauchen.

Viele Experimente können draußen durchgeführt werden. So können pädagogische Fachkräfte z.B. das Phänomen der Reibung verdeutlichen, indem sie die Kinder mit dem Dreirad über verschiedene Untergründe fahren lassen. Oder sie lassen sie die Hebelwirkung erkennen, indem sie verschieden schwere Kinder auf der Wippe sitzen oder unterschiedliche Sitzpositionen ausprobieren lassen.

Zumeist wird darauf geachtet, dass die Experimente einen Alltagsbezug haben, also für Kleinkinder relevant sind und mit Materialien aus ihrer Lebenswelt durchgeführt werden. Die ablaufenden Prozesse müssen für Kleinkinder verständlich sein (keine "Zauberei"!). Und selbstverständlich muss das Experiment ungefährlich sein. Auch sollte es nicht länger als 20 Minuten dauern, da sonst das Interesse und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder rapide nachlassen. Schließlich ist es sinnvoll, wenn einzelne Experimente nicht unverknüpft nebeneinander stehen bleiben, sondern zu einer umfassenden Thematik erfolgen (z.B. "Aggregatzustände von Wasser").

Naturwissenschaftliche Bildung durch Naturerkundung

Wenn kleine Forscher normalerweise ihre Umgebung eigeninitiativ und selbsttätig erkunden, sollten sie dies auch in der Natur tun. Dort können sie alle ihre Sinne einsetzen, um Primärerfahrungen zu machen und sich selbständig naturwissenschaftliche Kenntnisse anzueignen. Deshalb sollten pädagogische Fachkräfte möglichst oft mit ihren Kindergruppen in der Nähe des Kindergartens liegende Waldstücke, Wiesen und Parks aufsuchen, damit die Kinder dort die Natur konkret erleben und handelnd entdecken können.

Diese Form der naturwissenschaftlichen Bildung wird zunehmend wichtiger, da immer mehr Kleinkinder (nicht nur in Großstädten und verstädterten Räumen!) wenig Vorerfahrungen mit der Natur gemacht haben. Sie scheuen sich zunächst, Erde und anderen "Dreck" zu berühren, ekeln sich vor Schnecken, Würmern und Spinnen, haben Angst, einen steilen Hang herauf- oder herunterzulaufen. Bei den ersten Ausflügen in die Natur sind sie zunächst gehemmt, wissen nicht, was sie dort tun können, wollen nicht schmutzig werden oder fürchten, Pflanzen zu "verletzen".

Solche Kinder müssen von den Fachkräften zunächst an die belebte und unbelebte Natur herangeführt werden. So können die Ausflüge anfangs (und natürlich auch später) unter einem bestimmten Thema stehen: "An einem so schönen Frühlingstag wollen wir herausgehen und schauen, was alles blüht!" (Blüten von Bäumen, Büschen und Pflanzen entdecken, an ihnen schnuppern, Blütenformen und Gerüche vergleichen), "Heute machen wir einen Ausflug zur Wiese und suchen nach Insekten!" (die Wiese krabbelnd erkunden oder eine weiße Decke auslegen und beobachten, welche Insekten darauf landen bzw. darüber laufen) oder "Gestern hat es geschneit. Wollen wir im Wald nach frischen Tierspuren suchen?" (mit den Kindern besprechen, was Tiere, Vögel, Insekten und Frösche im Winter machen, wo sie schlafen, was sie fressen).

Je öfters Kinder in der Natur gewesen sind, umso mehr können sie sich selbst überlassen werden: Sie verfolgen nun eigene Interessen, experimentieren mit Naturmaterialien, entdecken Höhlen, Nester, Insekten, Eicheln und andere Baumfrüchte, stauen Rinnsale, untersuchen die Beschaffenheit verschiedener Böden, sammeln Steine und vergleichen sie. Sie "begreifen" die Natur eigeninitiativ über ihren Körper und ihre Sinne, durch Beobachten, Berühren, Manipulieren und Ausprobieren, beim Verfolgen eigener Fragestellungen oder im Gespräch miteinander. Die Fachkräfte ziehen sich immer mehr zurück, passen sich dem Tempo der Kinder an, beobachten deren Handeln, interessieren sich für neue Entdeckungen, beantworten Fragen, beteiligen sich an Überlegungen, wirken bei Experimenten mit und stellen mitgebrachte Geräte (siehe obige Tabelle) zur Verfügung.

Nach der Rückkehr verarbeiten die Kinder neue Erfahrungen und Erkenntnisse in Bildern, sortieren gesammelte Gräser, Blätter, Früchte und Steine, machen Kollagen mit Naturmaterialien, suchen nach ergänzenden Informationen in Sachbüchern oder mit Hilfe der Fachkräfte im Internet. Es werden Sammlungen angelegt, mitgebrachte Samen ausgesät, Experimente mit Erdproben gemacht. Von den Fachkräften oder den Kindern gemachte Fotos werden angeschaut, Dokumentationen erstellt und die Portfolios einzelner Kinder um Bilder und Berichte ergänzt.

Naturwissenschaftliche Bildung durch Projekte

Während im Freispiel, in Experimenten oder bei Exkursionen gesammelte Erfahrungen oft unverbunden nebeneinander stehen, wird bei einem Projekt ein naturwissenschaftliches Thema über einen längeren Zeitraum hinweg von den Kindern mit Unterstützung der Fachkräfte erarbeitet. Die Kinder erwerben also nicht eine große Bandbreite an Erkenntnissen, sondern gehen stattdessen in die Tiefe. Bei Projekten steht somit das exemplarische Lernen im Vordergrund: Da im Kindergarten sowieso nicht alle möglichen naturwissenschaftlichen Themen abgedeckt werden können, wird ein an der aktuellen Interessenslage der Kinder ausgerichtetes bzw. von diesen ausgesuchtes Thema gründlich behandelt (nach dem Prinzip "Weniger ist mehr").

Der Verlauf des Projekts wird maßgeblich von den Interessen, Fragen, Ideen und Aktivitäten der Kinder bestimmt. Die Fachkräfte halten sich also zurück, geben aber auch Impulse, besorgen benötigte Geräte und Materialien, stellen Informationen zur Verfügung, vermitteln Kontakte zu Fachleuten usw. Sie besprechen wohl miteinander, wie das Projekt (weiter) ablaufen könnte (auch um neue Ideen parat zu haben und einbringen zu können, wenn es ins Stocken gerät bzw. die Neugier und das Interesse der Kinder abnehmen), können den Verlauf aber nicht im Voraus planen.

Oft werden Projekte nur von einer Kleingruppe (mit den gleichen Kindern oder mit einer Kerngruppe und wechselnden Teilnehmer/innen) durchgeführt, da sich häufig nicht alle Kinder für das jeweilige Thema interessieren. In diesen Fällen sind die Fachkräfte nur gelegentlich beteiligt, da sie sich ja auch um die anderen Kinder kümmern müssen. Sie beobachten aber das Geschehen in der Kleingruppe, um z.B. bei Bedarf Anregungen geben, Fragen beantworten oder Materialien zur Verfügung stellen zu können. Bei Kitas mit einer weiten Altersmischung kann ein Projekt auch gruppenübergreifend erfolgen (z.B. nur mit älteren Kindern).

Manchmal wird ein Thema von den Fachkräften vorgeschlagen, z.B. wenn sie den Kindern in ihrer Lebenswelt fehlende Erfahrungen vermitteln wollen: Wenn Stadtkinder nicht mehr wissen, wo die Milch herkommt, wie Feldfrüchte, Gemüsesorten und Salate unverarbeitet aussehen oder wie man (Apfel-, Karotten-) Säfte herstellt, bietet sich ein Projekt zum Thema "Lebensmittel" an. Generell sollten Projekte aber nahe an der Lebenswelt der Kinder sein und an ihre Erfahrungen anknüpfen. So sollten naturwissenschaftliche Phänomene erkundet werden, die möglichst schon von den Kindern erlebt wurden oder von ihnen beobachtet werden können. Das ist z.B. bei Projekten zu Themen wie "Wetter", "Wasser", "Sommer" oder "Mein Körper" der Fall.

Eine wichtige Aufgabe der Fachkräfte ist die Dokumentation des Projektverlaufs. Wenn am Nachmittag Fotos, Bilder oder Skizzen an der Projektwand aufgehängt werden, fragen Eltern beim Abholen ihre Kinder danach, was deren Interesse an dem jeweiligen Thema aufrechterhält. Manche Eltern bringen auch eigene Ideen ein oder geben ihrem Kind am nächsten Tag Gegenstände, Bücher und andere Materialien mit, die im weiteren Projektverlauf genutzt werden können. Diese Dinge - und die Betrachtung der Projektwand - führen die Kinder am nächsten Morgen zu ihrem Projekt zurück. Die Projektwand sowie eine damit verbundene Ausstellung von Bastelarbeiten, Collagen und Erfindungen verdeutlichen am Ende des Projekts dessen Verlauf und die gesammelten Erkenntnisse.

Schlusswort

In diesem Artikel wurden vier unterschiedliche Formen der naturwissenschaftlichen Bildung im Kindergarten beschrieben, die sich durchaus kombinieren lassen. Immer aber sollte darauf geachtet werden, dass die Kinder selbst als Forscher tätig werden können, die neugierig, eigenständig und selbsttätig die unbelebte und belebte Natur erkunden, neue Erfahrungen sammeln und entdeckend lernen.

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