3D-Drucker im Kindergarten - Der Weg vom Kunststofffaden zur Realisierung von Ideen

Aus: 4 bis 8, Fachzeitschrift für Kindergarten und Unterstufe. Nr. 7/2018. Bern: Schulverlag plus.

Antje Bostelmann

                                

Ein Techniker kommt mit einem grossen Karton in den Kindergarten und fragt, wo er den 3D-Drucker aufbauen soll. Die Kinder der Vorschulgruppe folgen ihm in den Raum des Bildungsbereichs „Universum“. Sie löchern den Mann mit ihren Fragen: „Was ist das?“, „Was macht man damit?“

Wie funktioniert das?

Der Techniker erklärt: „Das ist ein 3D-Drucker, damit könnt ihr viele spannende Sachen aus Plastik konstruieren und drucken, zum Beispiel Spielzeuge.“ Max fragt nach: „Das soll ein Drucker sein? Ich weiss, wie ein Drucker aussieht, ganz anders, klein und flach. Und überhaupt, wo soll denn das Papier reingelegt werden?“ Der Techniker sucht nach Erklärungen. „Dieser Drucker druckt mit einer Masse aus Kunststoff. Dieser ist in langen Schnüren auf Spulen aufgerollt. Man nennt das Filament. Filament gibt es in vielen Farben und aus verschiedenen Stoffen. Im Kindergarten nehmt ihr sicher immer ein Material aus Milcheiweiss, damit ihr keine Schadstoffe in die Raumluft pustet.“

Inzwischen ist die pädagogische Fachkraft dazu gekommen. Sie ist für den Bildungsbereich „Universum“ verantwortlich und hat gemeinsam mit der Leitung die Anschaffung des 3D-Druckers beschlossen. Sie schmunzelt, als sie die Erklärungen des Technikers hört.

Er hat das Filament in den Schmelzkopf eingefädelt und erklärt den Kindern, dass sie hier niemals anfassen dürfen, wenn der Drucker läuft, da diese Stelle sehr heiss wird.

Er startet den Drucker, der beginnt die Bodenplatte zum Schmelzkopf hochzufahren. Unter den staunenden Augen der Kinder entsteht ein kleines Viereck, welches zu einer Roboterfigur wächst.

Lisa flüstert: „Das ist eine tolle Klebepistole, die sowas kann.“ Die pädagogische Fachkraft lacht, als sie dies hört. „Ja, das ist richtig. Ein 3D-Drucker funktioniert wirklich wie eine Klebepistole. Das Material wird sehr heiss und schmilzt, damit der Druckkopf es in die vorher programmierte Form bringen kann.“

Sie erklärt den Kindern, dass man einen Computer an den Drucker anschliesst um damit Befehle zu senden, die festlegen, was gedruckt wird.
Die Kinder geben sofort Bestellungen für 3D-Drucke auf, eine ganze Liste voll: Ein Einhorn, ein Bär, ein Auto …

Ziele

Die pädagogische Fachkraft wird einige Wünsche der Kinder erfüllen und ihnen dabei die Online-Plattformen zeigen, auf der andere Nutzer irgendwo in der Welt schon fertig konstruierte 3D-Druckvorlagen gestellt haben. Allerdings hat sie den Drucker nicht angeschafft, um Spielzeug zu kopieren.

Mit dem 3D-Drucker sind vielfältige Projekte möglich, die den Kindern vielfältige Erfahrungen ermöglichen

  • Die Kinder bauen basales Wissen über geometrische Formen, räumliche Darstellungen, Längenverhältnisse und Formenkombinationen auf.
  • Anhand konkreter Fragestellungen entwickeln sie alltagspraktische Lösungen.
  • Die Kinder erleben, dass sie Dinge mit selbst hergestellten Ersatzteilen reparieren können.
  • Die Kinder machen Erfahrungen mit einer computergesteuerten Maschine. Sie wissen, dass es Berufe gibt, wo so gearbeitet wird und bekommen eine Ahnung, was man dazu können muss.
  • Die Kinder lernen Online-Plattformen kennen, auf denen Menschen ihre Ideen mit anderen teilen. Dabei werden Fragen wie „Wem gehört eine Idee?“ thematisiert.

Würfel, Kugel, Dach – dreidimensionale Konstruktionen

Vorschulkinder können in ihren Zeichnungen Vierecke, Kreise und Dreiecke bereits gut abbilden. Die pädagogische Fachkraft bittet die Kinder ein Haus zu zeichnen. Danach fragt sie, ob sie dieses Haus auch bauen könnten. Die Kinder flitzen in den Bauraum, kommen mit Bausteinen zurück und bauen ihre Häuser zunächst damit.

Über Nacht eingeweichte Kichererbsen und Zahnstocher stehen bereit und die Kinder sind aufgefordert, das gezeichnete Haus mit diesen Materialien räumlich nachzubauen. Danach dürfen die Kinder ihr Haus am 3D-Drucker drucken. Dazu zeichnet jedes Kind sein Haus in die Doodle-App auf dem Tablet, skaliert die Striche in die Höhe und druckt.

So entstehen einige räumliche Hauszeichnungen, aber die Kinder sind nicht zufrieden. Ein Haus muss doch stehen können! Dieser nächste Schritt wird in einer nächsten Sequenz bearbeitet.

Konstruieren am Computer für Vorschulkinder

Gemeinsam schauen sich die Kinder einen Film über moderne Produktionstechnologien an. Sie bemerken, dass die riesigen Maschinen von Menschen mit Tablets in der Hand gesteuert werden. Die Kinder diskutieren darüber, ob ein Roboter, der ein Auto zusammensetzt, auch von einem so kleinen Tablet aus gesteuert werden kann. Damit die Kinder vergleichbare Prozesse  im realen Leben beobachten können, besichtigt die Klasse eine örtliche Getränkefabrik. Die Kinder staunen, wie der Arbeiter das riesige Fliessband über ein Tablet anhalten und starten kann. Sie sehen an vielen Maschinen Computer, mit deren Hilfe die Arbeiter bestimmen, was die Maschine machen soll.

Im Kindergarten wird der Laptop an den 3D-Drucker angeschlossen. Die pädagogische Fachkraft hat das Programm TinkerCad geöffnet und erklärt den Kindern, wie es benutzt wird. Die Aufgabe besteht darin einen Würfel, ein Dach und eine Kugel zu konstruieren, damit der 3D-Drucker diese Körper ausdrucken kann. Sie drucken ihre Entwürfe und wundern sich, dass die Körper zwar von einer Seite gut aussehen, die anderen Seiten aber unfertig sind. Sie erkennen, dass sie den Körper im Programm von allen Seiten bearbeiten müssen. Schliesslich gelingt ihnen ein Ausdruck.

„Das ist aber anstrengend“, sagt Mino. „Der Computer macht einfach nicht, was ich will.“ „Er macht nicht, was du willst“, erklärt die pädagogische Fachkraft. „Er macht, was du einprogrammierst. Ein Computer ist nur eine Maschine, die nicht allein denken kann. Du musst deshalb immer ganz genau sein, wenn du Befehle in einen Computer eingibst.“ In Gedanken plant sie für die Kinder schon ein neues Projekt, in dem es um das Programmieren gehen wird.

Über den verantwortlichen Umgang mit „Open Resources“

Als der 3D-Drucker im Kindergarten ankam, wollten die Kinder alle möglichen kleinen Figuren ausgedruckt haben. Die pädagogische Fachkraft spricht zuerst mit den Kindern darüber, woher diese fertigen Druckvorlagen eigentlich kommen. „Wer hat zum Beispiel dieses kleine Pferd konstruiert? Ist das richtig, dass wir einfach etwas nehmen, das ein anderer gemacht hat?“ Die Kinder sind ratlos. „Stimmt“, sagt Max, „wir haben das Pferd nicht gemacht und deshalb müssen wir fragen, ob wir es drucken dürfen.“ Gemeinsam untersuchen sie, ob an dem Pferd dransteht, wen man anrufen und fragen kann. Die pädagogische Fachkraft erklärt den Kindern, dass es im Internet sogenannte „Open Resources“ gibt, die jeder benutzen kann, solange er damit kein Geld verdient. Die Kinder sind erleichtert und überlegen, ob sie auch etwas konstruieren und auf die Plattform stellen können, damit andere Kinder es benutzen.

Ein Problem und eine Lösung

Im Atelier möchten die Kinder Papier mit Wollfäden besticken, aber in der Wollkiste ist alles verknotet. „Wir müssen unsere Wolle besser aufbewahren“, findet die pädagogische Fachkraft. „Lasst uns doch überlegen, wie das gehen kann.“

„Jeder Faden braucht eine eigene Verpackung, in der sich das Knäuel abrollen kann“, meint Luisa.

Die pädagogische Fachkraft hat eine Idee. Sie holt eine leere Plastikflasche, schneidet den Boden ab und steckt ein Wollknäuel hinein. Den losen Faden fädelt sie durch den Flaschenhals. „Seht ihr, so kann es gehen. Lasst uns für jede Wollfarbe eine Flasche finden.“ Die Kinder schneiden Flaschen zurecht und fädeln die Wollknäuel ein. „Wir sollten die Flaschen aufhängen, sonst fallen die Knäuel wieder heraus“, meint Max. Er überlegt. „Dafür brauchen wir eine Halterung. Ob es in der Sammlung im Internet etwas Passendes hat? Können wir nachsehen, ob es dort eine Halterung für Flaschen gibt?“ Gemeinsam mit den Kindern durchsucht die pädagogische Fachkraft diese Plattformen. Aber sie finden nichts, was ihnen geeignet erscheint. „Wir müssen wohl selbst etwas konstruieren. Was brauchen wir denn?“, fragt sie die Kinder. „Einen Ring, durch den man den Flaschenhals steckt und den man anschrauben kann“, meint Luisa. Sie versuchen es mit dem Programm TinkerCad und es gelingt ihnen tatsächlich. Sie drucken die Konstruktion aus und stellen fest, dass sie vergessen haben ein Loch für die Schraube einzubauen. Das wird nachgeholt. Es werden sechs Halterungen für sechs Wollfarben gedruckt. Diese schrauben sie auf ein Brett und das Brett an die Wand. Die Wollstation im Atelier ist fertig. „Lasst uns noch eine Schere anhängen“, meint Mino. „Dann müssen wir sie nicht immer suchen.“

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