Martin R. Textor
Immer wieder wird berichtet, dass viele Menschen zu wenig für den Zahnerhalt tun - sie vernachlässigen die Zahnpflege, ernähren sich ungesund und gehen nicht regelmäßig zum Zahnarzt. In der Gesundheitserziehung kommt dem Kindergarten neben der Familie eine besondere Bedeutung zu: Erzieher/innen können bei Kindern gesundheitsbewusste Haltungen wecken, mit ihnen das richtige Zähneputzen einüben und ihnen Angst vor dem Zahnarzt nehmen.
Kinder werden die Bedeutung einer gründlichen Zahnpflege nur erkennen, wenn sie ein Grundverständnis vom Aufbau der Zähne und von den Ursachen der Zahnerkrankungen haben. Beispielsweise anhand eines Schaubilds (z.B. erhältlich beim Verein für Zahnhygiene, Adresse s.u.) erklären wir den Kindern, dass jeder Zahn aus der Wurzel und der Krone besteht. Die Wurzel verankert den Zahn im Kieferknochen. Die Krone besteht zum größten Teil aus Zahnbein. Sie ragt über das Zahnfleisch hinaus und ist von einem harten, glänzenden Überzug umgeben, dem Schmelz. Im Inneren des Zahnes befindet sich ein hohler Raum mit Blutgefäßen und Nerven. Generell werden vier Formen unterschieden: Schneide-, Eck-, Backen- und Mahlzähne. Die Unterschiede zwischen ihnen können leicht herausgearbeitet werden.
Alle Zähne zusammen bilden das Gebiss. Wir arbeiten mit den Kindern die Unterschiede zwischen Milch-, Wechsel- und Dauergebiss heraus. Ersteres enthält 20, letzteres 28 Zähne, wozu noch vier Weisheitszähne kommen können. Die Zähne des Dauergebisses brechen zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr durch (die Weisheitszähne zwischen dem 18. und 30. - oder überhaupt nicht). Anschließend können wir mit den Kindern noch ein Gebiss (oder mehrere) aus Knetmasse oder ähnlichen Materialien herstellen. Es lässt sich später auch dazu verwenden, das Zähneputzen oder die Tätigkeit eines Zahnarztes zu verdeutlichen.
Zahnerkrankungen
In der Regel haben schon alle Kinder von Karies, der Zahnfäule, gehört. Sie entsteht durch Säuren, die den Zahnschmelz angreifen (Entkalkung) und im Zahn Löcher entstehen lassen. Diese Säuren bilden sich vor allem dann, wenn Bakterien im Mund Zucker "verdauen". Aber auch andere Essensreste (z.B. Stärke) können sich zwischen den Zähnen festsetzen und von Bakterien verwertet werden. Hinzu kommt, dass aus Zucker eine zähe, klebrige Substanz entstehen kann, die als Bindemittel zwischen Bakterien wirkt. Durch sie können sich die Bakterien an den Zähnen anheften; dies bildet zusammen mit Nahrungsresten und Speichelbestandteilen die Plaque, den Zahnbelag. Die Bakterien haben sich mit Hilfe des Zuckers ein eigenes "Nest" gebaut! In und unter der Plaque erfolgt hauptsächlich die Säurebildung.
Wir besprechen mit den Kindern, wann besonders leicht Karies entstehen kann:
- Wenn wir viele Süßigkeiten wie Bonbons, Kaugummi, Schokolade oder Eis naschen,
- wenn wir süße Sachen wie Marmelade, Nougatcreme, Nachspeisen, Kuchen oder Plätzchen essen,
- wenn wir Limonade oder mit Zucker gesüßten Tee trinken,
- wenn wir uns ungesund ernähren, also z.B. nicht genügend Mineralien wie Kalzium oder Phosphat zu uns nehmen,
- wenn wir unsere Zähne nicht regelmäßig oder gründlich genug putzen.
Besonders gefährlich ist, wenn wir im Verlauf des Tages fortwährend etwas Süßes essen oder dieses lange im Mund bleibt (z.B. wenn wir Bonbons lutschen). Dann erfolgt immer wieder ein "Säureangriff" auf unsere Zähne. Dieser dauert rund 30 Min. länger als das Lutschen von Süßigkeiten (bzw. die Nahrungsaufnahme). Ungefährlich ist hingegen, wenn wir nach einer Hauptmahlzeit einen Nachtisch essen und uns anschließend gleich die Zähne putzen.
Kariöse Stellen bzw. Löcher verschwinden nicht von selbst. Mit der Zeit werden sie immer größer und tiefer, so dass wir sie schließlich mit der Zunge fühlen können. Der Zahn tut zuerst nur weh, wenn etwas sehr Heißes oder Kaltes, Süßes oder Saures mit ihm in Berührung kommt. Später kann es zu dauerhaftem Schmerz, Entzündungen und schweren Allgemeinerkrankungen kommen. Deshalb muss Karies von einem Zahnarzt behandelt werden.
Ferner können wir mit Kindern noch über Parodontitis sprechen, einer Entzündung des Zahnfleisches. Dieses zieht sich immer mehr zurück, eine Zahnfleischtasche entsteht. In dieser sammeln sich Bakterien und Plaque, die durch Zähneputzen nicht mehr entfernt werden können. Sie greifen den mittleren Teil der Zähne - das nicht durch den Zahnschmelz geschützte Zahnbein - an. Auch der Kiefernknochen wird angegriffen und bildet sich zurück, so dass schließlich die Zähne locker werden und herausfallen.
Schließlich können wir noch kurz Fehlbildungen von Gebiss und Kiefer eingehen, die oft durch Daumenlutschen oder den zu frühen Verlust eines Milchzahnes bedingt werden. Gebissfehlbildungen werden mit Hilfe von Zahnspangen reguliert werden - viele unserer Kinder haben schon Kinder mit Zahnspangen gesehen und können berichten, dass die meisten nur nachts die Spange in den Mund tun müssen, andere aber Tag und Nacht mit einer festen Zahnspange leben müssen. Bissfehlstellungen können im Erwachsenenalter nicht mehr reguliert werden.
Zähneputzen
Im Kindergarten können wir das richtige Zähneputzen vormachen. Dazu können wir Dias und Videos (Bezugsquellen s.u.), ein großes Demonstrationsgebiss mit einer entsprechenden Zahnbürste (erhältlich beim Verein für Zahnhygiene, Adresse s.u.) u.Ä. verwenden. Die Kinder können im Gruppenraum mit ihrer (trockenen!) Zahnbürste üben. Dann können wir ihnen Heidelbeeren zum Essen geben, so dass sich ihre Zähne verfärben. Wenn sie sich im Waschraum vor und nach dem "richtigen" Zähneputzen im Spiegel betrachten, werden sie ein "Erfolgserlebnis" haben. Sinnvoll ist, wenn sie beim Reinigen der Zähne nicht nur von uns, sondern auch von einigen Eltern als "Zahnputzhelfer" angeleitet und überwacht werden.
Beim Zähneputzen werden zunächst die Kauflächen der Backenzähne kräftig gebürstet, wobei die Zahnbürste parallel zu den Zähnen geführt wird. Danach werden alle Außenflächen der Zähne in kleinen Kreisbewegungen gebürstet, wobei mit den hinteren Zähnen begonnen wird. Es werden sowohl das Zahnfleisch als auch die Zähne gebürstet, wobei von "Rot nach Weiß" geputzt wird, um Verletzungen des Zahnfleisches zu vermeiden (deswegen darf die Zahnbürste auch nicht zu hart sein bzw. zu fest aufgedrückt werden). Dieses sollte ausreichend "massiert" werden, wobei dem Zahnsaum besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Zum Reinigen der Rückseiten der Schneidezähne wird die Zahnbürste senkrecht gehalten. Das Zähneputzen sollte mindestens zwei Minuten lang dauern - im Spielzeug(versand)handel können wir eine "Zahnputzuhr" erwerben, die den Kindern einen entsprechend langen Zeitraum vorgibt.
Die verwendete Zahnbürste sollte kindgerecht sein, also einen dicken, möglichst abgewinkelten Griff und eine kleines, kurzes Borstenfeld haben. Die Borsten sollten viel büschelig und elastisch sein, dicht stehen und an ihren Enden rund geschliffen sein. Nach dem Gebrauch sollte die Zahnbürste gründlich gespült, am Waschbeckenrand ausgeklopft und so aufbewahrt werden, dass sie leicht trocknen kann. Die Trocknung entzieht Bakterien den Nährboden. Zahnbürsten sollten nach circa drei Monaten durch neue ersetzt werden.
Auch das Ausspülen des Mundes sollte geübt werden. Dabei wird das Wasser kurz durch die Zahnzwischenräume gepresst. Dies sollte nur einmal geschehen, damit Fluoridanteile der Zahnpasta an den Zähnen haften bleiben und die Remineralisierung des Zahnschmelzes fördern können. Zum Schluss sollten die Kinder die vorderen Zähne im Spiegel betrachten und auf eventuell übrig gebliebene Beläge überprüfen. Mit der Zungenspitze können sie die Rückseiten bzw. die übrigen Zähne abtasten. Raue Stellen verweisen auf Beläge, die noch entfernt werden müssen. Hierzu reicht die noch feuchte Zahnbürste.
Ansonsten kann auf Zahnpasta bzw. ein Gel nicht verzichtet werden. Bis Kinder kontrolliert - d.h. vollständig - ausspucken können, sollten sie Kinderzahnpasta mit maximal 500 ppm Fluorid verwenden, und zwar nicht mehr als eine erbsengroße Menge. Zahnpasten bestehen aus Putzkörpern, einer Pastengrundlage, Wirkstoffen (evtl. medizinischen Substanzen), Aromastoffen u.a. Sie sollten unbedingt Fluoride enthalten, die den Zahnschmelz widerstandsfähig machen, indem sie z.B. die Remineralisierung fördern. Wenn wir ein Stück Tafelkreide in Tinte tauchen und dann durchbrechen, können wir den Kindern verdeutlichen, wie Fluor in den Zahnschmelz dringt. Fluoride sind in den meisten Zahnpasten und Gelen vorhanden, werden aber auch als Bestandteile von Tabletten, Kochsalz oder Lack verabreicht (der Lack kann nur vom Zahnarzt aufgetragen werden).
Sinnvoll ist, wenn wir uns in der Apotheke Färbetabletten besorgen. Einige Tage nach der gerade beschriebenen "Einführung in das Zähneputzen" können wir den Kindern - nachdem sie ihre Zähne nach dem zweiten Frühstück bzw. dem Mittagessen geputzt haben! - diese Tabletten geben. Bei vielen Kindern werden Verfärbungen auftreten. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass die Zähne nicht richtig, nicht lange genug bzw. nicht gründlich genug gereinigt wurden. Und dies motiviert natürlich neu zum Zähneputzen...
Was wir sonst noch für unsere Zähne tun können
Offensichtlich ist, dass wir auf Süßes so weit wie möglich verzichten sollten. Dies zu befolgen, fällt Kindern (und Erwachsenen!) sehr schwer. Es gibt aber einen Ausweg: zahnfreundliche Süßwaren. Man erkennt sie an dem "Zahnmännchen mit Schirm" auf der Verpackung - ein Markenzeichen, das nur anhand strenger Kriterien nach einer wissenschaftlichen Untersuchung des jeweiligen Produkts vergeben wird. Sie sind mit Zuckerersatzstoffen gesüßt, die von den Mundbakterien nicht oder kaum zu zahnschädigenden Säuren abgebaut werden können. Zudem wird weniger Plaque gebildet. Zuckeraustauschstoffe können auch verwendet werden, um z.B. Kuchen, Plätzchen oder Desserts zu süßen. Im Übermaße verzehrt, können sie aber abführend wirken.
Wichtig ist auch eine abwechslungsreiche Ernährung, die unserem Körper - und damit auch unseren Zähnen - genügend Mineralien und Vitamine zuführt. Eine "derbe Kost" wie Vollkornbrot, Mohrrüben oder Nüsse ist notwendig, da kräftiges Kauen den Zahnhalteapparat stärkt. Bei Zwischenmahlzeiten, nach denen wir nicht die Zähne putzen können, sollten wir zuckerarme/ -freie Lebensmittel wie Obst (Ausnahmen sind Bananen, Trockenfrüchte und Eingemachtes), Gemüse, (Vollkorn-) Brot/ Brötchen, Butter/ Margarine, Käse, Quark und Wurst zu uns nehmen sowie Milch, Mineralwasser, ungesüßten Tee u.ä. trinken. Die Hauptregel lautet: "Süßes zwischendurch? - Nein Danke!"
Elternarbeit
Alle Bemühungen des Kindergartens sind vergeblich, wenn die Eltern nicht unsere Bemühungen um eine bessere Kariesprophylaxe aufgreifen und verstärken. Die Eltern sind gerade auf dem Gebiet des Zähneputzens die wichtigsten Vorbilder für Kinder - und die einzigen, die wirklich regelmäßig überprüfen können, ob sich ihre Kinder regelmäßig und gründlich die Zähne putzen. Sie haben nicht nur die Verantwortung für die Ernährung ihrer Kinder, sondern bereiten auch die meisten Mahlzeiten zu. Da Kleinkinder noch nicht über ein nennenswertes Taschengeld verfügen, können sie nur von ihren Eltern (und anderen Erwachsenen) Süßes erhalten. So hängt es überwiegend von letzteren ab, inwieweit die Kinder eine ballaststoffreiche, mineralien- und vitaminhaltige Mischkost erhalten, ob nur wenig Süßes (zwischendurch) gegeben wird und ob überwiegend zahnfreundliche Süßwaren gekauft werden.
Im Rahmen der Elternarbeit stellt sich uns somit die Aufgabe, Eltern über die "vier Säulen der Kariesprophylaxe" - Zähneputzen, Anwendung von Fluoriden, gesunde Ernährung, regelmäßige Untersuchung durch den Zahnarzt - zu informieren und sie zu einem entsprechenden Handeln zu bewegen. Wir müssen ihnen bewusst machen, dass Kinder das, was sie in frühen Jahren lernen, meist ihr ganzes Leben lang praktizieren. Und so sollten sie in der Familie möglichst früh die richtige Zahnpflege lernen - gerade auch am Modell der Eltern.
Durch einen Elternbrief oder Broschüren (mögliche Bezugsquellen s.u.; eventuell auch bei Krankenkassen oder Gesundheitsämtern erhältlich) können wir Eltern z.B. über das richtige Zähneputzen informieren. Sie sollten abends die Zähne des Kleinkindes - hinter diesem stehend - nochmals putzen. Entscheidend ist aber, dass ihr Kind selbst Verantwortung für seine Zähne und deren gründliche Pflege übernimmt. Das Zähneputzen sollte einen bestimmten Platz im Verlauf des Tages (z.B. nach jeder Hauptmahlzeit) haben, also zur Gewohnheit werden. Zunächst müssen die Eltern aber immer wieder das Verhalten ihres Kindes kontrollieren und gesundheitsorientierte Einstellungen fördern.
Beim Zahnarzt
Lernen Kleinkinder den Zahnarzt und seine Tätigkeit kennen, hat dies für beide Seiten positive Folgen: Bei ersteren werden Ängste reduziert; letzterer findet entspanntere Patienten vor, die er leichter behandeln kann. So sollte auf einen entsprechenden Kontakt nicht verzichtet werden. Vor dem Besuch wird mit den Kindern über deren Erfahrungen mit Zahnärzten und die damit verbundenen Emotionen gesprochen. Dabei kann der Ablauf eines Zahnarztbesuches rekonstruiert werden. Ferner können relevante (Bilder-)Bücher betrachtet werden (z.B.: Jaeger/Haager/Schultes 1987; Schmitt-Menzel/Keller 1995; Spee 1996).
Den Kindern wird verdeutlicht, dass ein Zahnarztbesuch nicht mehr wie früher mit Schmerzen verbunden ist, weil entsprechende Betäubungsmittel zur Verfügung stehen. So sollte der Arzt regelmäßig aufgesucht werden - und nicht erst, wenn Schmerzen eine schwere Zahnerkrankung signalisieren. Dadurch wird die Bedeutung der Vorsorge betont. Es darf aber nicht negiert werden, dass eine Zahnbehandlung auch bei den heutigen medizinischen Möglichkeiten eine unangenehme Angelegenheit ist. Eventuelle "Rest"-Schmerzen können jedoch durchaus ertragen werden.
Sinnvoll ist auch ein gemeinsamer "Zahnarztbesuch". Hier gibt es drei Alternativen:
(1) Besuch eines Zahnarztes im Kindergarten: Diese Alternative hat den Nachteil, dass der Zahnarzt die für seine Tätigkeit notwendigen Geräte nicht mitbringen kann. Er kann seine Arbeit nur beschreiben. Allerdings kann er die in den Tagen zuvor gemachten Aussagen der Erzieherin bestätigen und verstärken: So kann der Zahnarzt den Aufbau eines Zahnes und die Entstehung von Karies beschreiben, anhand eines großen Demonstrationsgebisses das richtige Zähneputzen vormachen und mit den Kindern üben. Ein solcher Besuch muss sowohl mit den Kindern als auch mit dem Zahnarzt gründlich vorbereitet werden.
(2) Besuch in der Zahnarztpraxis: Diese Alternative hat den Vorteil, dass die Kinder die Atmosphäre in der Arztpraxis und die ganze Einrichtung kennen lernen können. Allerdings ist die Vorbereitung recht aufwendig: Ein Arzt muss gefunden werden, der mit einem Besuch - bei einer Aufteilung der Kinder auf zwei oder drei Gruppen sogar mit mehreren Besuchen - einverstanden ist; mit Eltern muss der Transport der Kinder organisiert werden; Vorgespräche sind unbedingt notwendig. Während des Besuchs wird den Kindern Empfang, Wartezimmer und Behandlungsraum mit Ausstattung gezeigt. Der Zahnarzt erklärt einigen Kindern seine Geräte und Instrumente - z.B. Mundspiegel, Sonde, Pinzette, Bohrer, Absauggerät, Speichelsauger, Stopfer, Schleifinstrumente, Polierer - sowie deren Funktion, während sich die übrigen Kinder im Wartezimmer die Zeit mit Spielen, Bilderbüchern u.ä. vertreiben. Ferner untersucht der Zahnarzt das Gebiss "Freiwilliger". Zum Abschluss des Besuchs wird vielleicht sogar eine echte Zahnbehandlung (z.B. an der Erzieherin oder einem Elternteil) durchgeführt. So können die Kinder erleben, wie der Befund erhoben und schriftlich fixiert wird, wie ein kariöser Zahn präpariert und gefüllt wird. Außerdem können sie sich gegenseitig mit dem Mundspiegel in den Mund schauen. Eventuell kann ihnen noch eine Zahnspange gezeigt und erklärt werden.
(3) "Zahnarztbesuch" im Kindergarten - ein Rollenspiel ohne "echtem" Arzt: Diese Alternative wird durch folgendes Praxisbeispiel (Arbeitsgruppe Vorschulerziehung und die Erzieherinnen aus Modellkindergärten der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen 1975, S. 22-23) illustriert: "An der Uniklinik versuchte ich, Material zu bekommen, künstliche Zähne und Gebissabdrücke. Beim Gesundheitsamt versuchten wir, einen Spiegel und eine Sonde zu bekommen, die uns auch leihweise zur Verfügung gestellt wurden. Eine Schreibtischlampe diente als intensive Beleuchtung. Eine elektrische Zahnbürste brachte ich mit, die nachher als Bohrer verwandt wurde. Zur Desinfektion besorgte ich Alkohol, damit es auch keine Schwierigkeiten mit den Eltern gab. Weiterhin hatten wir Servietten, die wir mit Hilfe einer Wäscheklammer und eines Bandes dem jeweiligen Patienten umlegten. Für die Anmeldung benötigten wir Karteikarten, Karteikasten. Und für die Sprechstundenhilfe noch Tupfer, um das Besteck zu reinigen. Wir hatten Zahnpasta und Zahnbürsten zur Verfügung, denn wir wollten den Kindern auch zeigen, wie sie sich die Zähne putzen müssen, nämlich in kreisenden Bewegungen. Wir erkundigten uns in der Uni-Klinik bei einem Medizinstudenten, der uns einige Informationen gab, wie wir die Untersuchung durchführen könnten. Das Wartezimmer richteten wir in dem gleichen Raum ein, wo auch das Sprechstundenzimmer war. Wir teilten es ab durch ein paar Stühle und legten dort Illustrierte hin, um die Situation möglichst realistisch und konkret zu gestalten.
Ein Bekannter von mir spielte den Zahnarzt. Die Kinder kannten Jürgen bereits durch einen vorhergehenden Kindergartenbesuch. Er kam auch sehr früh an diesem Nachmittag, um mit den Kindern noch zu spielen. Bei der Beschäftigung selbst konnte man jedoch feststellen, dass Jürgen für die Kinder nicht mehr der Spielkamerad war, sondern der Zahnarzt. ... Als wir fragten, wer der erste Patient sein sollte, wagte keiner den ersten Schritt, und ich musste zuerst Patient spielen. Wir demonstrierten es dann den Kindern. Jürgen fragte mich nach dem Namen und ob ich Beschwerden hätte, und er zeigte dann den Kindern, wie man mit Hilfe des Spiegels die Zähne, die Backenzähne, gut sehen kann, wie Karies aussieht und was man mit der Sonde tut. Die Kinder waren sehr interessiert und schauten sehr eifrig zu. ... Den Kindern machte es besonders viel Spaß, wenn wir Patienten spielten. Ich weiß nicht, ob es dem Angstabbau diente, wenn die Kinder sahen, wie wir reagierten, ob wir sicher oder sehr ruhig waren.
Das Zahnarztspiel dauerte sehr lang. Die Kinder wechselten ständig die Rollen, vom Patienten zum Zahnarzt und zur Zahnarzthelferin. Es wurde ziemlich viel Alkohol vergossen an diesem Nachmittag, und auch sehr viel Tupfer wurden gebraucht. Die Kinder waren sehr aktiv. Während drei oder vier Kinder immer Zahnarzt und Patient spielten, hatten die übrigen Kinder die Gelegenheit, selbst ein Gebiss zu bauen. Und zwar haben wir auf einem Gebissabdruck Knete verteilt, und die Kinder konnten dann die künstlichen Zähne dort aufstecken, so dass sie eine Vorstellung bekamen, wo die Backen- und Schneidezähne sitzen und welche Funktion sie haben. ... Das Zahnarztspiel dauerte bis zum Abholen am Nachmittag. Es war sehr nett, da die Kinder ihre Eltern in das Behandlungszimmer riefen: Sie mussten einmal Patient sein und sich von ihren Kindern untersuchen lassen, und es wurde ihnen dann von den Kindern gesagt, ob sie nun Karies hätten oder nicht".
Dieses Praxisbeispiel verdeutlicht, wie im Gruppenraum eine "Zahnarztpraxis" eingerichtet und von Kindern für Rollenspiele genutzt werden kann. Das ist natürlich auch möglich, wenn ein "echter" Zahnarzt auf Besuch kam oder eine Exkursion zu seiner Praxis erfolgte. Gerade solche Rollenspiele ermöglichen es Kindern, bestimmte Situationen - die ihres Ernstcharakters entkleidet sind - mehrfach zu erleben und dabei ihre Ängste immer mehr abzubauen.
Literatur
Arbeitsgruppe Vorschulerziehung und die Erzieherinnen aus Modellkindergärten der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen: Didaktische Einheit Kinder im Krankenhaus. Erprobungsfassung. München: Deutsches Jugendinstitut 1975
Bartsch, B./Bartsch, N./Waldschmidt, I.: Zahngesundheit im Kindergarten - Lernangebote. Zahnmedizinische Beratung: Karl-Heinz Stock. Darmstadt: Verein für Zahnhygiene e.V., 5. Aufl. 1986
Oborski, F.: Die Zähne. Niederzier: Rüdiger Kohl Verlag 1996 (Dieses Heft enthält Kopiervorlagen)
Kinderbücher rund um Zahn, Zähneputzen und Zahnarztbesuch
Iwona Radünz/ Thomas Röhner: Das Wackelzahnbuch. Münster: Coppenrath Verlag 1999
Friederike Wilhelmi/ Sophie Schmid: Meine Zähne putz ich nicht! München: Prestel Verlag 2002
Katja Reider/ Sabine Scholbeck: Mein erstes Zahnputzbuch. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 2004
Anne-Marie Frisque/ Julia Boehme: Niki putzt seine Zähne selbst. München: arsEdition 2004
Heike Ellermann: Die blaue Maschine. Oldenburg: Lappan Verlag 2002
Ian Whybrow/ Adrian Reynolds: Harry und die Dinosaurier sagen "Raahh!" Berlin: Buchverlag Junge Welt 2002
Liane Schneider: Conni geht zum Zahnarzt. Hamburg: Carlsen Verlag 1996
Verein für Zahnhygiene e.V.: Der kleine Brummbär im Zahnzauberland (Bestelladresse siehe unten)
Jane Clark/ Cecilia Johansson: Keine Angst vorm Zahnarzt, Wilbert! Gießen: Brunnen Verlag 2003
Weitere Informationen
https://www.ag-zahngesundheit.de
http://www.dgzmk.de
http://www.dge.de
Verein für Zahnhygiene
Feldbergstraße 40
64293 Darmstadt