Geschlechtsspezifische Aspekte im Bilderbuch

Aus: Handbuch für ErzieherInnen, 20. Lieferung 1996. Mit freundlicher Genehmigung des mvg-Verlages Landsberg/Lech  

Margarete Blank-Mathieu

 

1. Vorbemerkungen

Geschlechtsspezifische Aspekte lassen sich in Bilderbüchern nur schwer ausmachen. Es gibt kaum ein Bilderbuch, das sich mit geschlechtsrelevanten Themen beschäftigt. Wenn man näher hinsieht, bemerkt man jedoch, daß in jeder Familiendarstellung und bei vielen Kinderproblemen, die in Bilderbüchern thematisiert werden, spezielle Jungen- oder Mädchenprobleme behandelt werden. Und immer werden Kinder dabei auf ihre geschlechtsspezifische Rolle in der Gesellschaft hingewiesen. Schwachen und ängstlichen Jungen werden Wege aufgezeigt, wie sie zu Stärke und Selbstbewußtsein gelangen können. Mädchen werden entweder (dem Wunschbild der Emanzipationsbewegung entsprechend) als besonders stark und mutig oder dem herkömmlichen Rollenklischee nachgeformt als fürsorglich und hübsch dargestellt.

Hausarbeit und Kindererziehung wird in Bilderbüchern vorwiegend von Frauen geleistet. Wenn Väter in dieser Rolle gezeigt werden, werden sie als tolpatschig oder chaotisch dargestellt. Bei Berufsrollen werden Männer ernsthaft und überlegen gezeigt, und Frauen arbeiten wie im wirklichen Leben den Männern zu oder übernehmen die Restarbeiten. Männer ohne Frauen erleben spannende Abenteuer, kehren jedoch gerne an den heimischen Herd zu Frau und Kind zurück. Für Kinder sind in der Regel Frauen zuständig und übernehmen notwendige Hausarbeiten und die Herstellung von emotionaler Befriedigung. Die meisten Bilderbücher beschäftigen sich mit der konkreten Umwelt des Kindes oder kleiden kindliche Probleme in phantasievolle Geschichten ein, die für die Kinder wegen der spannenden Handlung oder der hübschen Bilder gerne angesehen werden.

Bei der Durchsicht in verschiedenen Bibliotheken fiel mir auf, daß je nach Motivation der Beschaffer eine einseitige Auswahl an Bilderbüchern anzutreffen war. Einmal waren es mehr problembezogene Bilderbücher, ein andermal fast ausschließlich Tiergeschichten, das dritte Mal handelte es sich meist um Bilderbücher bekannter Autoren. Ähnliches wird in den verschiedenen Kindergärten anzutreffen sein.

Wenn sich ErzieherInnen nun Gedanken über geschlechtsspezifische Aspekte machen, so sollten sie zunächst den Bestand der Bilderbücher durchsehen. Die einfachste Art der Durchsicht wäre die unter folgender Fragestellung:

  1. Was ist in diesem Bilderbuch männlich? Welche Eigenschaften und Tätigkeiten werden dem zugeschrieben?
  2. Was ist in diesem Bilderbuch weiblich? Welche Tätigkeiten und Eigenschaften werden dem zugeordnet?

2. Darstellungsweisen in Bilderbüchern

Tierbilderbücher

Ein Problem, das uns bei vielen Bilderbüchern bei der Durchsicht begegnet, ist die vermenschlichte Darstellung von Tieren. Sie begegnen uns in Form von Tierfamilien oder von Phantasietiergestalten. Eine eindeutige Abgrenzung von weiblichen und männlichen Tieren ist oft schwierig. Kinder lieben Tiere und finden sich in Tiergestalten auch wieder. Sie können mit Erwachsenen zusammen über die Tiergestalten reden, lachen und Situationen problematisieren, ohne sich mit ihrer eigenen Wirklichkeit auseinandersetzen zu müssen. Eine Reflexion der eigenen Situation ist für Kinder im Kindergartenalter auch schwer möglich. Durch die Tierdarstellungen in Bilderbüchern werden jedoch Möglichkeiten der Selbstreflexion gegeben, die zwar oft unbewußt bleiben, aber eine Identifikation dennoch ermöglichen. Wichtig ist bei der Durchsicht von Tierbilderbüchern die Frage, mit welchen Tieren sich Jungen oder Mädchen identifizieren können.

Fremde Kulturen

Außer den Tierbilderbüchern gibt es die Darstellung von fremden Kulturen und Lebensräumen, in denen auch immer weibliche und männliche Elemente vorkommen. Meist sind dies konservative Männer- und Frauenbilder. Das Leben in anderen Ländern erfordert aber von Frauen und Männern auch andere Tätigkeiten. Die Rollenverteilung ist oft unterschiedlich. Männer üben Tätigkeiten aus, die bei uns von Frauen erledigt werden (z. B. Nähen), und Frauen sind z. B. alleine für die Feldarbeit zuständig.

Phantastische Geschichten

Phantastische Geschichten erlauben Jungen wie Mädchen sich in imaginäre Abenteuer zu stürzen, sich mächtig zu fühlen und über die tatsächlich existierenden Möglichkeiten des Lebens hinwegzusetzen. Inzwischen gibt es Bilderbücher, in denen Jungen wie Mädchen phantastische Abenteuer erleben.

Märchenbilderbücher

Nicht zuletzt möchte ich an die Märchenbilderbücher erinnern. In den Märchen werden sowohl starke Frauengestalten als auch Männer gezeigt. Eine ganze Bandbreite von Identifikationsgestalten steht Kindern in den Märchen zur Verfügung. Es kommt auch da wieder auf die Auswahl an, die man den Kindern anbietet.

3. Pädagogische Erwartungen

Wenn wir an die geschlechtsspezifische Erziehung durch Bilderbücher denken, so müssen wir vier Formen von Bilderbüchern bereithalten:

Bilderbücher, in denen sich die eigene Lebenssituation widerspiegelt

Kinder brauchen Bilderbücher, in denen sie ihre eigene Situation wiederfinden können. Wenn wir in einem Kindergarten arbeiten, in denen sich vorwiegend Kinder aus der Mittelschicht befinden, in denen viele Mütter zu Hause sind, so müssen wir auch Bilderbücher haben, die diese Situation beschreiben. Kinder können dann sehen, daß ihre Welt akzeptiert ist, sie können Situationen wiederfinden, Alltagsprobleme aufarbeiten, "normale" Alltagsprobleme mit großen oder kleinen Geschwistern nacherleben, ihre eigene Situation überprüfen und Sicherheit gewinnen.

Jedes Kind sollte seine eigene Situation wiederfinden. Das heißt, daß die Bilderbücher im Kindergarten so ausgewählt werden sollen, daß jedes Kind seine Familiensituation in einem Bilderbuch wiederfinden kann. Wenn wir ausländische Kinder haben, so müssen wir Bilderbücher aus diesem Kulturkreis haben, für Kinder Alleinerziehender sollte es Bilderbücher über Alleinerziehende geben, für Kinder, die bei den Großeltern leben, Bilderbücher über eine solche Situation.

Es gibt genügend Auswahl von Bilderbüchern, die die Situationen unserer Kindergartenkinder wiederspiegelt. Kinder brauchen Sicherheit. Sie gewinnen diese, indem sie ihre eigene Situation als akzeptiert und normal empfinden.

Bilderbücher, die zum Nachdenken anregen

Wenn wir Kinder aus vielerlei Familiensituationen in unserer Einrichtung haben, so ergibt es sich zwangsläufig, daß Kinder durch Bilderbücher auch über die Lebenssituation anderer Kinder nachdenken. Kinder ohne Geschwister erleben Kinder mit mehreren Geschwistern, Kinder aus vollständigen Familien sehen, daß andere Kinder mit Mutter oder Vater alleine leben. Wenn diese andere (Gegen-)Welt auch in Bilderbüchern sichtbar ist, so können sie sehen, daß es viele Möglichkeiten des Rollenverhaltens von Frauen und Männern gibt. Bilderbücher, die eine Welt zeigen, die das Kind nicht persönlich erlebt, können zum Nachdenken anregen und zur Offenheit und Toleranz erziehen.

Bilderbücher aus anderen Ländern und Kulturen

Kinder lieben es, in Gedanken in fremde Länder zu reisen, sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen. Die Geschichte eines Kindes in einem fremden Erdteil ist für Jungen und Mädchen besonders interessant. Wie leben Kinder in Afrika und Indien, wie sehen Indianerkinder aus und was machen deren Mütter und Väter? Gehen Kinder in anderen Ländern auch in den Kindergarten? Solche Fragen sind für Kinder spannend und werden gerne durch eine Bilderbuchdarstellung immer wieder neu thematisiert. Kinder können an solchen Bilderbüchern lernen, daß eine Männer- und Frauenrolle nicht festgelegt ist, daß es viele Möglichkeiten (und Notwendigkeiten) gibt, wie Männer und Frauen, Jungen und Mädchen leben.

Bilderbücher, die das Selbstbild des Kindes stärken

Solche Bilderbücher sind bei den Kindergartenkindern besonders beliebt. Es handelt sich dabei entweder um phantastische Geschichten, in denen die Kinder über ihr Kindsein hinauswachsen und spannende Abenteuer ohne die Hilfe von Erwachsenen erleben, ja oft den Erwachsenen noch überlegen sind. Aber auch Alltagsgeschichten von Jungen und Mädchen, in denen sie mit Problemen fertigwerden, Ängste überwinden lernen, Mutproben bestehen und ihre eigenen Fähigkeiten entdecken, sind dafür geeignet. Kinder fühlen sich häufig machtlos und klein. Sie brauchen Bilderbücher, in denen diese Gefühle durch phantastische Möglichkeiten ersetzt werden. Gerade Kinder brauchen Träume, die sie über den Alltag hinauswachsen lassen und ihnen Mut geben, Neues, Schwieriges zu wagen.

Auffallend oft werden aber nur Jungen in ihrem Selbstwertgefühl von solchen Bilderbüchern bestärkt. Bei Mädchendarstellungen wird oft ein überzogenes Bild gezeichnet, das Mädchen leicht signalisiert, daß es nur Wunschträume sind und solche Dinge in Wirklichkeit nicht erlebt werden können.

Wir sollten bei der Auswahl darauf achten, daß Kindern nicht nur in phantastischen Geschichten eine überdimensionale Macht zugestanden wird, sondern auch Bilderbücher zur Verfügung stellen, die tatsächliche Möglichkeiten aufzeigen, Kindern einen Zuwachs an Stärke und Kompetenz zu ermöglichen.

4. Bilderbücher

Zum einfacheren Auffinden von im Kindergarten noch nicht vorhandenen Bilderbüchern habe ich sie in vier Bereiche eingeteilt:

4.1 Bilderbücher mit typischer Rollenverteilung

Kein Tag für Juli, Boie, Kirsten; Bauer Jutta. Beltz-Verlag 1991

In diesem Bilderbuch wird geschildert, wie Juli die Alltagssituationen, die ihn überfordern nur mit typisch jungenhaften Reaktionsweisen begegnen kann. Dieses Buch fordert dazu heraus, Kindern Situationen aus dem Leben von Juli vorzustellen und sie dazu Stellung nehmen zu lassen. Die Reaktionen von Jungen auf Alltagskonflikte stellen die Kindergartengruppe vielfach vor Probleme. Gemeinsam mit den Kindern könnten wir zu besseren Lösungen gelangen.

Beim Einkaufen gibts viel zu sehen. Annette Betz-Verlag 1984

Kindern macht es Freude, dieses Bilderbuch ohne Text zu betrachten. Sie werden dabei Situationen beim Einkaufen, die sie mit der Mutter erlebten wiederentdecken. Typisch sind die Verkäuferinnen, die Darstellung der einkaufenden Frauen, die wenigen Männer, die zu sehen sind. Da auch heute die Einkaufssituation noch ähnlich ist, gibt es viele Möglichkeiten der Identifikation mit der Situation, aber auch Gelegenheiten, mit den Kindern über Einkäufe mit ihren Vätern zu sprechen.

Frau Meier, die Amsel, Erlbruch, Wolf, 1995

Frau Meier versorgt zunächst ihren Haushalt und ihren Mann nach den üblichen Rollenvorstellungen. Als sie eine Amsel kennenlernt, wird ihr die Enge ihrer Rollenzuweisung deutlich. Schließlich läßt sie ihren Mann, ohne ein Mittagessen gekocht zu haben, im Stich und fliegt mit der Amsel weg. Dieses Bilderbuch wäre für Erwachsene zum Nachdenken über ihre Frauenrolle interessant, ein Kind wird die Botschaft im Bilderbuch nicht begreifen. Es wird sich höchstens fragen, wann Frau Meier zurückkommt, um das Mittagessen zu kochen.

Herbert Günther erzählt von Großvaters Kindheit, Günther, H., Rettich, R.

Kinder fragen ihre Großeltern gerne, wie es war, als sie noch ein Kind waren. Sie können sich die Großeltern als Kinder nicht vorstellen. Dieses Buch gibt Auskunft über das Leben des Großvaters, als er noch ein Kind war. Ich halte es für sehr gut, mit Kindern ins Gespräch zu kommen, wie es früher war. Sie entdecken selbst die Veränderungen, und eine sich verändernde Rollenverteilung wird ansatzweise sichtbar.

Ein Baum für Jakob, Wolf Harranth, Bertelsmann 1993

Eigentlich geht es um die Geschichte eines Baumes. Aber diese Geschichte begleitet Jakob durch sein ganzes Leben. Er verliebt sich unter dem Baum, baut eine Wiege aus dem Holz des Baumes, später für seine Frau und sein Kind Särge. Schließlich fällt er den Baum, um ein Boot zu zimmern, das ihn von diesem Unglücksort wegbringt. Am Ende seines Lebens kommt er zum Baumstumpf zurück. Eine nachdenkliche Lebensgeschichte, die die typische Männerrolle aufzeigt, aber auch zu ökologischen und menschlichen Fragen Nachdenkliches beisteuert. Für ältere Kindergartenkinder halte ich dieses Buch bei der Thematisierung von vielen Fragen für geeignet.

Rudi, Papa und die Fische, Erhard Dietl, Oetinger 1995

Rudi geht mit seinem Vater zum Angeln. Trotz vieler Mißerfolge haben sie viel Spaß miteinander. Die Hauptsache ist die Anwesenheit des Vaters. Jungen erleben mit ihren Vätern, wenn sie zu Hause sind, spannende Abenteuer. Das ist die Aussage dieses Bilderbuches. Es gefällt mir aber, daß der Vater nicht allmächtig gezeichnet ist. Ein gutes Buch, um Väter und Söhne zu gemeinsamen Aktivitäten anzuregen.

Dursum, Marianne Calim-Auer. Stadler-Verlag 1990

Hier geht es um das Leben in einem fremden Land. Wir erleben Dursum in einer Kultur, in der die Rollen anders als bei uns verteilt sind. Dabei können Kinder die Erfahrung machen, daß das Verhalten und Handeln von Frauen und Männern in unterschiedlichen Ländern verschieden sind.

4.2 Bilderbücher gegen eine festgefügte Rollenverteilung

Meine Schürze, Carle, Eric

Obwohl auch hier Eric und sein Onkel die Wände verputzen und damit eine typische Männerarbeit verrichten, bekommt Eric die gleiche Schürze wie sein Onkel und fühlt sich dadurch wichtig, groß und ernstgenommen. Die Geschichte zeigt, daß eine Schürze durchaus kein weibliches Utensil ist und gebraucht wird, wenn eine Arbeit ansteht, bei der man sich schmutzig machen kann. So wird es Jungen auch im Kindergarten erleichtert, bei Schmutzarbeiten selbstverständlich eine Schürze zu tragen.

Es waren einmal eine Mama und ein Papa, Sir Widerberg, Oetinger 1988

Tim und Pella haben schwierige Eltern. Morgens kommen sie nicht aus dem Bett, sie mögen nicht zur Arbeit gehen, die Kinder haben ihre liebe Not mit ihnen, weil sie nur in den Tag hinein leben. Eine witzige Geschichte, in der die Kinder in die Rolle der Eltern schlüpfen. Jeder macht, was ihm am besten gefällt, der Vater strickt, die Mutter repariert Spielzeugautos, Tim und Pella meistern den Haushalt gemeinsam.Eine hübsche Geschichte, die zum Nachdenken und Schmunzeln anregt.

Meine Oma hat schwarze Haare, Mary Hoffmann/Joanna Burroughes, Reinbek 1988

Die Oma wie sie leibt und lebt. Sie sitzt nicht mit dem Strickstrumpf in der Ecke, sondern ist berufstätig. Sie hat schwarze Haare und keinen grauen Zopf, sie steht nicht für Kinder und Enkel zur Verfügung, sondern plant und organisiert ihr eigenes Leben. Eigentlich keine Gegengeschichte, sondern eine wirklichkeitsnahe Darstellung der Omas heute. Dennoch regt diese Geschichte zum Nachdenken über die Rolle der Oma an, die meistens keine Großmutter im ursprünglichen Sinn mehr ist. Die Rolle der Oma verändert sich zusehends und wird in diesem Bilderbuch deutlich skizziert.

4.3 Besonders für Jungen

Papa nervt , Meir Shalev, Diogenes 1994

Eine hübsche Geschichte, in der es sich um eine berufstätige Mutter und einen haushaltführenden Vater handelt. Die Rolle der die Kinder mit ihren Vorhaltungen nervenden Mutter hat nun der Vater. Die Mutter kommt am Abend nach Hause und kümmert sich nicht um den Alltagskram. Eine umgedrehte Rollenverteilung, die zum Nachdenken anregt. Zudem wird sie witzig und humorvoll dargestellt, so daß sie sicher immer wieder gerne von Kindern angeschaut wird.

Gute Nacht, Willi. Wiberg, Gunilla Bergstrom, Oetinger 1974

Auch in dieser Geschichte ist der Vater für Willi präsent. Er kümmert sich ums Zubettgehen, liest eine Geschichte vor, hört sich Willis Alltagsprobleme an. Ein präsenter Vater, wie sich viele Jungen einen wünschen.

Augustin und die Trompete, Max Bolliger, Michael Grijnice, Bohem Press Zürich 1989

Eine Geschichte, wie ein Junge seine eigene Identität findet. Der Vater will ihn zum Feuerwehrmann machen, er aber erlebt, daß eine Trompete für ihn wichtiger ist. Schließlich kann er sich gegen die Wünsche des Vaters durchsetzen und wird Trompeter. Dieses Bilderbuch thematisiert die Wünsche der Eltern für ihre Kinder, vor allem die Erwartungen von Vätern. Daß Kinder ihre eigene Lebensgeschichte haben und nur darin glücklich werden, ist in diesem Bilderbuch deutlich aufgezeigt. Die Abgrenzung von Elternwünschen ist für Jungen besonders wichtig.

Tonio auf dem Hochseil, Moers, Hermann, Nord-Süd-Verlag 1990

Für Kinder ist das Leben in einem Zirkus interessant. Wie Kinder im Zirkus leben, erfahren sie in dieser Geschichte. Tonio soll Seiltänzer wie sein Vater werden. Aber er kann es nicht. Immer, wenn er auf das Hochseil steigt, bekommt er schreckliche Angst. Schließlich erfährt er, daß er trotz der Angst, die er den Leuten im Zirkuszelt nicht verhehlt, ein guter Clown werden kann. Kinder erfahren in dieser Geschichte, daß man seine Angst nicht verbergen muß, sondern andere einen trotz oder gerade wegen dieser Ängste lieben.

Knirps und die sieben Geschichten seiner Geheimnisse, Comenius Verlag 1961

Ein älteres Bilderbuch, das aber an Aktualität nicht verloren hat. Knirps wird wegen seiner Kleinheit gehänselt. Vor allem Jungen sollten ja groß und stark sein. Knirps erlebt deshalb ständig neue Enttäuschungen. Bis er eines Tages seine Stärke entdeckt. Er kann wunderbare Geschichten erfinden. Als die anderen Kinder dies merken, wird er nicht mehr wegen seiner Größe gehänselt. Eine vor allem für Jungen sehr ermutigende Geschichte.

Matti sucht einen Freund, Maria Vuorio, Ann Vanas, Gerstenberg 1990

In diesem Buch wird das Thema Freundschaft aufgegriffen. Freundschaften sind für Jungen und Mädchen wichtig, aber Jungen, die sich in der meisten Zeit in der Obhut von Frauen befinden, brauchen die Anerkennung und Freundschaft von gleichaltrigen Jungen besonders. In dieser Geschichte findet Matti nach langem Suchen endlich einen Freund.

4.4 Besonders für Mädchen

Anna und die Welt, Christine Nöstlinger, J&V 1994

Anna ist wütend. Sie kann ihre Wut nicht bezähmen. Eines Tages findet sie eine Möglichkeit, immer dann, wenn sie wütend ist, nicht auszurasten. Sie bekommt eine Trommel geschenkt und immer, wenn sie ganz fest trommelt, vergeht die Wut. Eine Geschichte, in der auch Mädchen erlaubt wird, wütend zu sein.

Marlene und der Räuber, Lilo Fromm, Ellermann 1988

Marlene ist mutig. Als sie gerade Kirschen zu einem Kirschkuchen pflücken will, kommt ein Räuber daher. Sie bringt den Räuber mit List dazu, für sie Kirschen zu pflücken. Das Bilderbuch zeigt, daß Mädchen mit Mut und Beherztheit auch angstmachenden Situationen gewachsen sind.

Der rote Sessel, Achim Bröger, Manfred Schlüter, Thienemann 1988

Ein roter Sessel verhilft Miriam zu spannenden Abenteuern. Mit seiner Hilfe versetzt sie sich in Phantasiewelten und kann so dem grauen Alltag entschlüpfen. In dem Bilderbuch werden Möglichkeiten aufgezeigt, daß Abenteuer auch in der Phantasie erlebbar sind.

4.5 Weitere empfehlenswerte Bilderbücher

Sie sind in folgenden Veröffentlichungen zu finden:

Jungen im Kindergarten, Blank-Mathieu Margarete, Brandes & Apsel, 1996

Mädchen und Jungen im Kindergarten, Verlinden, Martin, SPI 1995

Sexualerziehung im Kindergarten, Berger, Manfred, Brandes &Apsel 1995

Das Buch der Jugend 1995/1996

Neue Bilderbücher, Spiele, Elternbücher 1995/96 (ausgewählt und empfohlen vom Deutschen Jugendschriftenwerk e. V.). Bestellung bei Buchhändler-Vereinigung GmbH, Postfach 10 04 42, D-60004 Frankfurt/Main

Ich Tarzan, Du Jane? Geschlechtsspezifisches Rollenverhalten in Kinderbüchern , Arbeitskreis für Jugendliteratur e. V., Schlörstraße 10, 80634 München

Mädchen im Bilderbuch, Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Bonn, 2. Auflage Juni 1987

Literatur

Cordes, Roswitha (Hg.) Hans Giehrl, Bettine Hurrelmann, Dorothea Bemmann, Ottilie Dinges, Jutta Grützmacher u. a. Vater, Mutter, Schwestern, Brüder - Familie, wie sie im Buche steht. Katholische Akademie Schwerte 1987

Mattthiae, Astrid, Vom pfiffigen Peter und der faden Anna, Fischer 1986

Niermann, Monika, Das Bilderbuch in der pädagogischen Diskussion, Pädagogischer Verlag Schwann 1979

Ohms, Ulla, Von frechen Mädchen und anderen Monstern, PEV (Progressiver Eltern- und Erzieherverband NRW e. V. Hohenstaufenallee 1 - 5, Gelsenkirchen ), 5. Auflage 1988

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