Tassilo Knauf
Bildungspolitische Reaktionen auf PISA
Schon wenige Wochen nach Veröffentlichung der ersten Ergebnisse der PISA-Studie beschloss die Kultusministerkonferenz am 5./6. Dezember 2001 ein Sieben-Punkte-Programm zur Weiterentwicklung der öffentlichen Bildung. Zwei der Punkte beziehen sich auf die Frühförderung im Kindergarten und die Verzahnung von vorschulischem Bereich und Grundschule (vgl. KMK 2001). War dies ein Versuch der Ablenkung von den eigentlichen, im Schulsystem liegenden Problemen, die durch die internationale Vergleichsuntersuchung von Schulleistungen 15-Jährigen aufgedeckt wurden? Dies mag bei dem KMK-Beschluss eine Rolle gespielt haben.
Die Kultusministerempfehlung an die deutschen Bundesländer war aber letztlich konsequent und richtig. Denn
- eine Reform des Bildungswesens darf sich nicht auf isolierte Schwachpunkte des Schulsystems beschränken, sondern muss alle Bereiche öffentlicher Bildung einschließen;
- gerade die frühe Kindheit prägt Lern- und Bildungsbiografien, die später nur schwer korrigierbar sind;
- die neuere Hirnforschung betont die Effektivität und Nachhaltigkeit des Lernens in den ersten Lebensjahren.
Die Bundesländer sind folgerichtig seit 2002 dabei, für den Elementarbereich Rahmenvorgaben zu entwickeln, um die Chancen für die Stimulierung von Bildungsprozessen in Kindertageseinrichtungen zu verbessern. Schon 2003 wurden in Bayern der Entwurf des "Bildungs- und Erziehungsplans"(siehe im Literaturverzeichnis) vorgestellt, in Nordrhein-Westfalen die "Bildungsvereinbarung", in Berlin das "Bildungsprogramm", in Rheinland-Pfalz die "Bildungsempfehlungen". Die anderen Bundesländer folgen, denn kein Land kann es sich leisten, den von der Analyse der PISA-Ergebnisse ausgehenden Trend, Frühförderung im Kindergarten sicher zu stellen, zu verpassen. Die unterschiedliche Bezeichnung der Landeskonzepte macht zugleich darauf aufmerksam, dass die Länder sehr wohl auf Eigenständigkeit ihrer Anstrengungen im Elementarbereich achten. Sie verstehen sich nicht nur als Umsetzer eines Bundestrends in Gestalt von KMK-Beschlüssen oder von Bundesinitiativen (wie die "Nationale Qualitätsinitiative" oder das "Forum Bildung"), die vom Bundesfamilien- oder vom Bundesbildungsministerium ausgegangen sind.
Hinter den unterschiedlichen Bezeichnungen der Landeskonzepte stecken allerdings auch verschiedene Vorstellungen über die Grade von Verbindlichkeiten, Standardisierung und von der optimalen Definition der Gestaltungsfreiräume für die einzelne Einrichtung. Auch die Rolle der Kommunen und der Träger wird unterschiedlich eingeschätzt. Letztere werden beispielsweise stärker in NRW, erstere mehr in Rheinland-Pfalz berücksichtigt.
Schließlich gibt es auch inhaltliche Divergenzen. In der nordrhein-westfälischen Bildungsvereinbarung werden die Selbstbildungsprozesse des einzelnen Kindes hervorgehoben und damit die individuelle Verarbeitung von Welt- und Ich-Erfahrungen. Im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan stehen dagegen die Ko-Konstruktionen der Kinder im Zentrum, also ihre in sozialer Interaktion gewonnenen Kompetenzen, Interpretationen und Bedeutungshierarchien, außerdem die von den Kindern zu erwerbenden lernmethodischen Kompetenzen. Hinter diesen unterschiedlich akzentuierten Bildungskonzepten stehen auch verschiedene Denktraditionen, die über die Persönlichkeiten, die für die einzelnen Länderkonzepte verantwortlich sind (z.B. Gerd E. Schäfer und Wassilios E. Fthenakis), Eingang in die Texte der Länderkonzepte gefunden haben.
Neben diesen Differenzen in grundsätzlichen Überlegungen über die Struktur von Bildungsprozessen ergeben sich viele Übereinstimmungen hinsichtlich der Beschreibung von Bildungsinhalten und -gegenständen, vor allem in Hinblick auf zu verstärkende Bildungsbereiche, wie Sprache, Umgang mit Medien, Zahlen, Natur und technischen Prozessen, aber auch die Bewegungsförderung.
Hirnforschung und elementarpädagogische Bildung im Gesamtsystem öffentlicher Bildung
Die kritischen PISA-Ergebnisse spiegeln sich insgesamt in der Verstärkung und speziellen Akzentuierung des Bildungsauftrags der Kindertageseinrichtung wider, aber auch in den pädagogischen Schlussfolgerungen, die aus der neueren Hirnforschung gezogen werden (vgl. Eliot 2001; Fthenakis 2003a; Hobson 2003; OECD 2002; Spitzer 2002; Singer 2003). Die Konsequenzen der Hirnforschung für die Elementarpädagogik lassen sich in folgenden Thesen zusammenfassen (vgl. Textor 2003, S. 15 f.):
- Kinder lernen am erfolgreichsten in einer Umgebung, die ihnen einerseits emotionale Sicherheit, stabile Beziehungen, Orientierung, Vertrauen und Wärme, andererseits Herausforderungen, neue Erfahrungen und Aha-Erlebnisse vermittelt, die zum Experimentieren, selbstständigen Forschen und Problemlösen stimulieren.
- Das Lernen der Kinder wird unterstützt durch die Förderung von Bewegung, Wahrnehmen, Kommunikation sowie durch Interesse und Rückmeldung anderer.
- Lernen ist für Kinder dann nachhaltig, wenn es für sie bedeutungsvoll, lebensnah, auf ihre Erfahrungen, Wünsche oder Alltagsprobleme bezogen ist.
- Kinder lernen unterschiedlich, in unterschiedlichem Tempo, in unterschiedlichen sozialen Konstellationen (z.B. allein oder in der Gruppe); sie brauchen die Rücksichtnahme auf ihre Lernstile und Lerntypen.
Inhaltlich lässt sich ein Trend zur Annäherung elementarpädagogischer Bildungskonzepte an die Schule registrieren. In den methodischen Lernprinzipien geht Bildung im Kindergarten dagegen eigene Wege, ist moderner und stärker auf neuere wissenschaftliche Positionen bezogen als schulische Lernprozesse, in denen die Bindung an Traditionen aus der vor-reformpädagogischen Ära noch überwiegen. Der Bildungsauftrag des Kindergartens muss sich dennoch weniger defensiv vom Bildungsauftrag der Schule abgrenzen. Es ist ja das Kind, das Bildungsprozesse realisiert, nicht die einzelne Institution innerhalb des Bildungssystems. Die Institutionen innerhalb des Bildungssystems haben für die Bildung des Einzelnen eine unterstützende, letztlich dienende Funktion. Das traditionelle Pochen von Kindergarten, Grundschule und von weiterführenden Schulen auf Autonomie und Eigenständigkeit ihres Auftrags übersieht die notwendige und naturgegebene Kindzentrierung von Bildungsprozessen und Bildungsauftrag: Zentrale Aufgabe aller Bildungseinrichtungen ist es, die Wissens- und Könnenspotenziale jedes Kindes freizusetzen, zu stabilisieren und zu pflegen, d.h. auch vor Verlust zu schützen. Dafür ist Kontinuität von Bildungsprozessen und ihre Stützung durch die Bildungsinstitutionen notwendig (vgl. Knauf 2003, S. 6 ff.).
Von anderen europäischen Ländern ist dies schon früh erkannt worden. So wurde 1985 in den Niederlanden ausdrücklich mit dem Ziel, die Kontinuität individueller Bildung zu verbessern, die Basisschule eingeführt. Diese verknüpft Elementarbereich und Grundschule in einem inzwischen neun Jahre umfassenden Bildungsgang (vgl. Knauf 2003, S. 2 f.). In Skandinavien, insbesondere in Schweden, sind zwar Elementarbereich und (8- bis 9-jährige) Grundschule institutionell getrennt, aber durch ein dichtes Netz wechselseitiger Information und Abstimmung verknüpft. Dies könnte mit ein Grund dafür sein, dass Schweden 2003 Spitzenreiter bei der grundschulbezogenen internationalen Schulleistungsuntersuchung IGLU war, obwohl dort die Kinder erst mit sieben Jahren eingeschult werden.
In der Bundesrepublik legen die nach Formen und Stufen geordneten Einrichtungen des Bildungssystems dagegen nach wie vor Wert auf Eigenständigkeit und verurteilen Kinder damit dazu, sich auf die jeweils favorisierten Formen, Inhalte und Rahmenbedingungen von Bildungsprozessen immer wieder neu einzustellen. Die Übergänge zwischen den Bildungsstufen sind für Kinder mit Selektion (z.B. Schulfähigkeitsuntersuchung mit eventuell folgender Rückstellung) und mit dem Teil-Verlust der in der (nachfolgenden Einrichtung) nicht mehr gebrauchten Kompetenzen verbunden. So könnte die Zersplitterung des Bildungswesens auch zum Negativ-Ergebnis bei PISA beigetragen haben.
Reggio-Pädagogik: ein bildungs- und kindorientierter Ansatz für den Elementarbereich
Wenn im Zuge einer stärkeren Verklammerung der Stufen und Einrichtungen unseres Bildungssystems Kindergärten sich verstärkt als Bildungseinrichtungen verstehen sollen (vgl. Fthenakis 2003), brauchen sie Grundkonzepte für die Aktivierung, Stärkung und nachhaltige Sicherung von Bildungspotenzialen der Kinder. Sie brauchen eine pädagogische Philosophie, die Kinder als Forscher, Entdecker und Konstrukteure von Wissen, Können und von eigenen Lernstrategien begreift.
Eine solche pädagogische Philosophie ist die Reggio-Pädagogik (vgl. Dreier 1999; Knauf 2000; Krieg 2002; Lingenauber 2001; PÄD FORUM 2001; Ullrich/ Brockschnieder 2001). Sie wurde Ende der 1960er Jahre von Erzieherinnen und Experten mit verschiedenen Theorie-Praxis-Bezügen, wie dem Lehrer und Erziehungswissenschaftler Loris Malaguzzi, in der norditalienischen Stadt Reggio Emilia entwickelt. 1991 wurde die Reggio-Pädagogik von einer amerikanischen Expertengruppe als bestes vorschulisches Bildungskonzept weltweit ausgezeichnet. Schon in dem Jahrzehnt zuvor wurde die Reggio-Pädagogik durch die große Wanderausstellung "Die 100 Sprachen des Kindes", durch Tagungen und die Hospitationsmöglichkeiten in den kommunalen Kindertageseinrichtungen in Reggio international bekannt.
Großen Einfluss hat die Reggio-Pädagogik vor allem in Skandinavien ausgeübt. Viele Einrichtungen tragen dort die Bezeichnung "reggio-orientiert" oder "reggio-inspiriert" im Namen. In einem dichten Netzwerk regionaler Arbeitskreise tauschen sich Teams und Leitungen regelmäßig aus und versuchen voneinander zu lernen. Die schwedische Reggio-Bewegung hat auch Gründung und Entwicklung von Dialog Reggio - Vereinigung zur Förderung der Reggio-Pädagogik in Deutschland e.V. beeinflusst (www.dialog-reggio.de).
Hier spielt vor allem die Grundvorstellung eine große Rolle, dass die Reggio-Pädagogik kein starres System von Prinzipien für die Gestaltung der Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen sowie von räumlichen, zeitlichen und gegenständlichen Rahmenbedingungen elementarpädagogischer Arbeit ist. Die Reggio-Pädagogik realisiert sich vielmehr praktisch im Prozess des Lernens aus eigenen Erfahrungen und aus den Erfahrungen anderer, in der Reflektion des fortschreitenden Wissens über kindliche Entwicklung und kindliche Bildungsprozesse, im interessierten, aufgeschlossenen Austausch mit den Kolleginnen im Team und mit Eltern, vor allem aber in der achtsamen Beobachtung der Kinder, im Zuhören und im nachdenklichen Dokumentieren von Beobachtungen, sprachlichen oder bildlichen Äußerungen der Kinder.
Das kompetente Kind
Im Mittelpunkt der in Reggio Emilia entwickelten pädagogischen Philosophie steht das Bild vom kompetenten Kind, das interessiert ist, die Phänomene der Welt zu verstehen und in ihr wirkungsvoll zu handeln. Die Reggio-Pädagogik schließt sich damit dem von Robert White in den 1950er entwickelten "Kompetenzkonzept" an, zugleich an das Entwicklungs- und Lernkonzept Jean Piagets, der Lernen als aktive Auseinandersetzung mit der gegenständlichen und sozialen Welt begreift. Im pädagogischen Konstruktivismus (vgl. Siebert 1999) haben die Überlegungen Piagets eine Weiterentwicklung erfahren, die in der Reggio-Pädagogik aufgegriffen wurde: Das Kind konstruiert in der Reflektion seiner Erfahrungen sein Wissen, seine Überzeugungen und Strategien seines Alltagshandelns. Das Interesse an der Lösung von Problemen und am erfolgreichen Austausch mit der Umwelt ist Motor und wichtigstes Kriterium bei der Reflektion von Erfahrungen. Dafür brauchen Kinder
- Spielräume,
- Sicherheit und
- Impulse.
Alle drei Ressourcen versucht die Erzieherin in der Reggio-Pädagogik sicher zu stellen (vgl. Knauf 1998):
- Sie gibt den Kindern Zeit und räumlichen Ressourcen für ihre Beobachtungen, ihre Erkundungs- und kleinen Forschungsprozesse, für die Kommunikation zwischen den Kindern, für den Ausdruck ihrer Erlebnisse und deren Verarbeitung in Bildern, Bau-, Puppen- oder Rollenspiel.
- Die Erzieherin schafft eine stimulierende Atmosphäre des Wohlbefindens durch Gestaltung eines räumlich-gegenständlichen und ästhetischen Ambientes, das sich durch Klarheit, Ausgewogenheit und eine sich immer neu herstellende Balance zwischen Materialreichtum und aktivierender Knappheit auszeichnet. Zugleich bemüht sich die Erzieherin um ein sozialemotionales Klima, das durch Respekt, wechselseitige Akzeptanz, Einfühlung, Freundlichkeit, Friedlichkeit und produktiven Umgang mit Krisen und Problemen geprägt ist.
- Die Erzieherin begleitet, stimuliert und fördert die Entdeckungen und Aktivitäten der Kinder durch sprachliche und nonverbale Impulse. Das sind zum Beispiel Fragen, kurze Berichte, mitgebrachte alltägliche oder geheimnisvolle Gegenstände.
Die Räume werden in der Reggio-Pädagogik als "dritte Erzieher" bezeichnet. Neben den leiblichen Erziehern oder deren Vertretern und den professionellen Kita-Erziehern sind Räume prägend für die Entwicklung der Kinder: Sie geben den Kindern Geborgenheit, Sicherheit und Orientierung, aber auch Anregungen und Herausforderungen für Bewegung, Spiel, Erkundungen, Experimente wie auch für das Erproben von sozialen Rollen und Gemeinschaftsritualen. Daher hat die feste, mobile und spontan veränderbare Ausstattung von Räumen auch eine eminent wichtige pädagogische Funktion (vgl. Knauf 1995; Beek 2001; Hermann/ Wunschel 2002).
Die räumlich-gegenständliche Umgebung der Kinder ist auch Voraussetzung und zugleich Fluidum für das aktiv Werden der Kinder im Spiel und in Projekten. Spiel ist in der Reggio-Pädagogik vor allem
- Bauspiel mit Holzbauklötzen, Legosteinen und mitgebrachten Gegenständen,
- darstellendes Spiel mit Verkleidungsutensilien, Requisiten, Podesten und Leinwänden für Schattentheater oder für Diaprojektionen, um Hintergründe für Kinderaktionen herzustellen,
- Entdeckungsspiel z.B. mit optischen Geräten wie dem Leuchttisch, Dia- und Overheadprojektor oder auch mit Naturmaterialien, die Kinder auf Ausflügen oder Spaziergängen gefunden haben.
Projekte sind thematisch gebundene Kinderaktionen, in denen Kinder, angetrieben von ihrem eigenen Interesse, verschiedene Handlungen verknüpfen (vgl. Knauf 2001):
- sinnliche Wahrnehmung,
- Erkunden und Experimentieren ("Forschen"),
- Reflektion,
- Aktivieren von Gefühlen und Erinnerungen,
- Vernetzen von Wahrnehmungen, Fiktionen, Wünschen oder Ängsten,
- Kommunikation mittels Sprache oder nonverbalen Mitteilungsformen,
- Schulung und Erprobung sinnlich-ästhetischer Darstellungs- und Ausdrucksformen,
- Herstellen, Gestalten oder Verändern von Objekten.
Dies kann sich beispielsweise entwickeln, wenn Kinder über die gleitende Fortbewegung einer Schnecke oder die Entstehung einer Eisschicht auf einer Pfütze staunen. Ein Projekt kann aber auch entstehen, weil sich die Kinder im Morgenkreis für das Verfolgen bestimmter Themen oder Fragestellungen entschieden haben oder weil die Erzieherin konkrete inhaltliche Anstöße gibt. So lassen sich auch die jahreszeitlichen Stationen von Fasching/ Karneval bis St. Martin aus ihren Routinen herauslösen und lebendig machen, indem interessierte (nicht alle) Kinder (in Kleingruppen) ihren eigenen Ideen zum Thema folgen können.
Projekte, wie sie in reggio-orientierten Einrichtungen realisiert werden, werden von zwei Kindern, vielleicht sogar nur von einem oder von der ganzen Kindergartengruppe praktiziert. Meistens sind es allerdings Kleingruppen von zwei bis fünf Kinder (auch aus verschiedenen Kindergartengruppen), weil sich in ihnen ein gemeinsames Interesse am ehesten stabil halten lässt. Ein Projekt kann von zwei Stunden bis zu mehreren Monaten dauern - je nachdem, welche Energie mit dem Interesse der Kinder verbunden ist.
Durch gegenständliche oder verbale Impulse können Erzieherinnen dem Interessen- und Handlungsspektrum der Kinder neue Akzente vermitteln. Ausgangspunkt hierfür sind die Beobachtungen der Kinder und die darauf aufbauenden Dokumentationen der Kinderaktivitäten. Bestandteile der Dokumentationen sind Bilder, Zeichnungen oder andere von den Kindern geschaffenen Objekte, verschriftlichte Kinderäußerungen und Fotos, die den Handlungsprozess der Kinder wiedergeben. Projektdokumentationen haben meist die Form großflächiger Wanddokumentationen ("sprechende Wände" sagt man in Reggio), die an die Stelle der traditionellen Dekorationen in den Kindergartenräumen treten. Ältere Kinder können sich an der Erstellung von Dokumentationen beteiligen. Dies stärkt ihre Verantwortlichkeit und Identifikation mit Prozess und Ergebnis des Projekts und seiner Dokumentation. Für Erzieherinnen und Eltern stellen Projektdokumentation eine wichtige Informationsquelle über Denken, Fühlen, Kompetenzen der Kinder und deren Entwicklung dar (vgl. Knauf 2001, S. 18 f.).
Mit dem regelmäßigen, strukturierten Beobachten der Kinder, das die Grundlage für die Projektdokumentation liefert, erschließen sich Erzieherinnen die Basiskompetenz für das beobachtende Erfassen von Entwicklung und individuellen Kompetenzprofilen der Kinder, das in den aktuellen Bildungsplänen für den Elementarbereich der Bundesländer eine außerordentliche Bedeutung erlangt (vgl. u.a. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen/ Staatsinstitut für Frühpädagogik München 2003, 273 ff.).
Literatur
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Frauen/ Staatsinstitut für Frühpädagogik München: Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung. Entwurf zur Erprobung. Weinheim 2003
Beek, Angelika von der u.a.: Kinderräume bilden. Ein Ideenbuch für die Raumgestaltung in Kitas. Neuwied 2001
Bos, Wilfried u.a. (Hrsg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster 2003
Dreier, Annette: Was tut der Wind, wenn er nicht weht? Begegnungen mit der Kleinkindpädagogik in Reggio Emilia. Weinheim 1999
Fthenakis, Wassilios E. (Hrsg.): Elementarpädagogik nach PISA. Wie aus Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen werden können. Freiburg 2003
Fthenakis, Wassilios E.: Neurologie und frühkindliches Lernen: ein kontroverses Thema oder eine neue Perspektive für die frühkindliche Bildung. Vortrag auf dem Symposium "Die Zukunft des Lernens" am 06.12.2003a in Hamburg
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Knauf, Tassilo: Wir erziehen die Kinder nicht, wir assistieren ihnen. Die Rolle der Erzieherin in der Reggio-Pädagogik. In: Welt des Kindes 4/1998, S. 13-19
Knauf, Tassilo: Reggio-Pädagogik: ein italienischer Beitrag zur konsequenten Kindorientierung in der Elementarerziehung. In: Fthenakis, Wassilios E./ Textor, Martin R. (Hrsg.): Pädagogische Ansätze im Kindergarten. Weinheim 2000, S. 181-201
Knauf, Tassilo: Projekte in der Reggio-Pädagogik. In: PÄD Forum 3/2001, S. 15-19
Knauf, Tassilo: Zusammenarbeit Kindergarten - Grundschule: Notwendigkeit, Probleme, Perspektiven (2003). In: Textor, Martin R. (Hrsg.): Kindergartenpädagogik. Online-Handbuch. www.kindergartenpaedagogik.de/1056.html
Krieg, Elsbeth: Lernen von Reggio. Theorie und Praxis der Reggio-Pädagogik im Kindergarten. Lage 2002
Lingenauber, Sabine: Einführung in die Reggio-Pädagogik. Bochum 2001
Lingenauber, Sabine (Hrsg.): Handlexikon Reggio-Pädagogik. Bochum 2004
Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW: Bildungsvereinbarung NRW. Fundament stärken und erfolgreich starten. Düsseldorf 2003
Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend Rheinland-Pfalz: Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Diskussionsentwurf. Mainz 2003
OECD: Understanding the Brain. Towards a new learning science. Paris 1002
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Reggio Children (Hrsg.): Hundert Sprachen hat das Kind. Neuwied 2002
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Siebert, Horst: Pädagogischer Konstruktivismus. Neuwied 1999
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