Barbara Perras
Begreifen stellt einen wichtigen Erfahrungsbereich für Kinder dar. Greifen mit der linken Hand führt zur rechten Gehirnhälfte, welche für
- Raumgefühl (Mathematik, Konstruktion ...),
- Abstand- und Formwahrnehmung,
- Wahrnehmung von Winkel und Linien,
- das Wiedererkennen von Objekten,
- Bewegungsplanung und Abläufe Lernen,
- Vorstellungskraft und Kreativität,
- Gleichgewicht und Muskelkoordination,
- Rhythmus und Musik sowie
- Emotionen
zuständig ist. Im Vergleich zum Schneiden, Malen (auch zu Arbeitsblättern) und anderen Techniken arbeitet das Kind hier mit beiden Händen. Die rechte Hand stimuliert die linke Gehirnhälfte und ist eher zuständig für Sprache, Symbole, die Verbindung von Sprache und Gefühlen usw. Diese beidhändige Tätigkeit wirkt sich positiv auf die Gehirnentwicklung aus.
Die Beschäftigung mit dem Urmaterial Ton übt einen besonderen Reiz auf die Kinder aus. Der Ton ist feucht, glatt, geschmeidig und passt sich der Körpertemperatur an. Er erweckt angenehme Berührungsempfindungen. Die "Umkehrmöglichkeit" mit dieser Masse lässt Fehler eigentlich nicht zu. Zwar wird der Ton trocken, er nimmt jedoch jederzeit wieder die geschwundene Wassermenge auf und kann neu bearbeitet werden.
Ganz nebenbei erkennen die Kinder den Unterschied zwischen physikalischen Vorgängen und chemischen Prozessen. Letztere sind nicht rückgängig zu machen. Beim Brennen mit Temperaturen über 550 Grad Celsius wird aus dem Molekül des Tons H2O abgespalten, der Gegenstand wird stabiler. Der gebrannte Ton kann zwar noch etwas Wasser aufsaugen, seine Form verändert er dadurch nicht mehr. Noch deutlicher wird der chemische Vorgang beim Glasurbrand: Die unscheinbaren wasserlöslichen Farben in den Tönen weiß, rosa, cremefarbig und braun glänzen nach dem Brennvorgang, sind wasserfest und haben ganz andere, viel kräftigere Farbnuancen als beim Auftragen.
Die Form der Zahl 8 (Plätzchenausstecher) bot sich Ostern besonders gut an. Kopf und Körper mussten nur noch um zwei Ohren ergänzt werden. Die zur Zeit bei unseren Kindern sehr beliebten Schnecken "standen Modell" für die Zahl 6. Ob ausgestochen mit angeklebten Fühlern oder aus einer langen Ton-"Wurst" eingerollt, sie waren immer als Schnecken und gleichzeitig als 6 zu erkennen. Die größere Variante des Schneckendrehens spielen unsere Kinder fast täglich mit den Seilen. Es fiel ihnen nicht schwer, dieses Können auf ein anderes Material und eine andere Größe zu übertragen.
Die Aufgaben machten den Kindern Spaß; sie pflegten soziale Kontakte und übten alltägliche Fertigkeiten, wie Umgang mit Pinsel, Teigrolle, Plätzchenformen, Reinigung derselben und vieles mehr. Angenehme Gefühle unterstützen sie dabei, die Zahlen später als solche blitzschnell wieder zu erkennen.