Barbara Perras
"Der Weltkindertag als gemeinsame Aktion aller evangelischen Kindertageseinrichtungen in Deutschland" war das Ziel der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (BETA). Mit einer Aktionsmappe riefen Verantwortliche - u.a. Frau Ilse Wehrmann als Vorsitzende - in ihrem Grußwort auf, am 20. Sept. 2002, "zeitgleich die Glocken zu läuten und in Andachten oder Gottesdiensten an die Kinder in aller Welt zu denken".
Im Mittelpunkt des diesjährigen Weltkindertages stand das Recht der Kinder auf Bildung. "Kinder machen in den frühen Lebensjahren die größten Schritte in ihrer Entwicklung. Ihr Entwicklungsdrang, ihre kindliche Neugier und Entdeckungsfreude werden im Laufe ihres Lebens nie wieder so ausgeprägt sein, wie in dieser Lebensphase. ... Die Verantwortung der Gesellschaft für die Bildung der Kinder ist seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der PISA-Studie in den Mittelpunkt der Diskussion getreten. ... Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative und Kooperationsfähigkeit haben in der heutigen Wissensgesellschaft eine hohe Bedeutung für den beruflichen Erfolg und für die Bewältigung der Anforderungen des Lebens. Mit der Erziehung und Bildung in Kindertageseinrichtungen werden dafür wichtige Voraussetzungen geschaffen. Es geht keinesfalls nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kindertageseinrichtungen sind ein unverzichtbares Element der ersten Bildungsstufe" (Ilse Wehrmann, Bremen im März 2002).
10 Gebote für den Umgang mit Kindern von Hartmut von Hentig, Mut zum Wachsen - Zeit zum Werden, ein Bericht über die Kinderrechtskonvention, Artikel 28 aus "Kinderrechte sind Menschenrechte" (National Coalition, 2000), ein Zitat von Janusz Korczak, Lieder, Bausteine und Anregungen zur Gestaltung eines Gottesdienstes, Literatur, Logos und Werbematerialien und noch mehr bot die bunt und ansprechend aufgemachte Aktionsmappe den Lesern an. Neben dem Vorschlag, am Weltkindertag um 11.30 Uhr in ganz Deutschland die Glocken läuten zu lassen, wurde vorgeschlagen, von den Kindern Luftballons steigen zu lassen - für jeden Kinderwunsch einen.
Gleich nach Beginn des Kindergartenjahres im September, setzten sich die Erzieherinnen aller Sulzbacher und Rosenberger Einrichtungen zusammen, um diesen Tag zu planen. Die Genehmigung fürs Glockenläuten musste eingeholt werden; Spender für Luftballons und das Gas zum Füllen wurden gesucht. Der Ev. Kindergarten an der Allee erstellte das Programm anhand des Besprechungsprotokolls, der Diakon übernahm die Gestaltung der Andacht und das Drucken der Karten für die Ballons. Jeder Kindergarten erhielt ein Kinderrecht zugeteilt, welches er auf einem Transparent in Größe eines Bettlakens darstellen sollte.
Unser Kindergarten bestellte zudem noch 2 Busse, weil wir am Rande der Stadt liegen. Unsere Vorpraktikantin malte mit einigen Kindern das Bild zu den Themen "Gesundheit, Betreuung während der Schwangerschaft, Nahrung und Familie". Für jedes Kind bastelten wir eine "Kette" mit der Kindergartenanschrift, falls wir in der Menge eines verlieren sollten - was wir natürlich nicht hofften!
Am Freitag, den 20. Sept. 2002, regnete es am Morgen in Strömen - und doch kamen alle Kinder, in entsprechend regenfester Kleidung. Die Mütter fanden es zwar - wie wir auch - schade, dass das Wetter so schlecht war, sahen aber keinen Grund, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen. Als um 10.15 Uhr die Busse kamen, regnete es nicht mehr so stark, und als wir 10 Minuten später an der Christuskirche ausstiegen, hatte es fast aufgehört.
Über 500 Kinder mit ihren Betreuerinnen aus allen Kindergärten, viele Mütter, kleinere Geschwister und Interessierte waren in der Kirche versammelt. Neben drei Liedern, die sie im Kindergarten gelernt haben, brachten die Kinder Fürbitten in Anlehnung an die Rechte der Kinder vor: "Schütze unsere Familien - schenke uns Gesundheit - gib allen die gleichen Bildungschancen ..." und stellten für jeden Wunsch eine mitgebrachte Kerze auf. Ein riesiger mit Luft befüllter Weltball brachte Bewegung in die Bänke: Die Kinder rollten ihn über ihren Köpfen auf den Händen von vorne nach hinten und wieder zurück.
Wir verließen die Kirche durch den Gemeindesaal unter der Kirche. Hier waren seit 8 Uhr morgens Mütter aus den Einrichtungen damit beschäftigt, die Ballons mit Gas zu füllen und die Karten anzubinden. Jeder Kindergarten bekam seine eigenen, d.h. mit der entsprechenden Anschrift für die Rücksendung. Mit dem Luftballon in der Hand gingen wir durch den Dekanatsgarten an Fotografen und Filmkameras (privaten, der Presse, des regionalen Radiosenders und des örtlichen TVs) in Richtung Luitpoldplatz. Mittlerweile regnete es nicht mehr! Dort stellten wir uns mit unseren Transparenten auf, die Erzieherinnen lasen die entsprechenden Kinderrechte vor und die Kinder hatten noch spezielle Wünsche an die Stadt Sulzbach-Rosenberg formuliert, z.B. bessere Kinderspielplätze und weiterhin die gute Förderung der Kindergärten. Einzelne Luftballons stiegen bereits gen Himmel.
Um 11.30 Uhr läuteten die Glocken, die Kinder ließen gemeinsam die bunten Ballone los, und diese stiegen nach oben zur mittlerweile scheinenden Sonne, zunächst leicht östlich und später nach Süden treibend. Der 2. Bürgermeister hielt noch eine kurze Ansprache, dann war die Veranstaltung beendet.
Mit den Bussen fuhren wir wieder zurück zum Kindergarten. Alle teilnehmenden Eltern waren so diszipliniert, dass sie sich nur am Rande aufhielten und sich nicht zwischen die Kinder mischten. Sie holten ihren Nachwuchs erst nach der Rückkehr ab, so dass wir keine Probleme mit dem Überblick bekamen. Vor allem aufgrund dieser verständnisvollen Unterstützung haben wir kein Kind verloren und kehrten wohlbehalten zurück.
Inzwischen kamen Karten aus Weiding und Stachesried mit der Post zurück.
Neben den Zielen der BETA zum Weltkindertag erlebten die Kinder, dass es viele andere Kinder in anderen Kindergärten ihrer Stadt gibt. Sie spürten Gemeinschaft in der Kirche und sangen gemeinsam die gleichen Lieder. Sie wussten, wie sie sich verhalten sollten, damit sie bei der Gruppe bleiben, bzw. dass sie im Notfall um Hilfe bitten können und dass ihre Adresse auf der Karte ihrer "Halskette" stand. Über die "Luftpost" wurden natürliche Kräfte der Nachrichtenübermittlung neben den modernen Medien genutzt. Es war eine sehr gelungene Aktion, an der wir uns wieder beteiligen werden.
Acht Grundsätze
Folgende acht Grundsätze der Konvention (ausgewählt von den acht Kindergärten der Stadt) trugen die Kinder am Luitpoldplatz vor:
Grundsatz 1: Jeder Mensch, jedes Kind hat die gleichen Rechte! Gleichgültig, ob es ein Mädchen oder Junge, schwarz oder weiß, gleich welchen Glaubens, reich oder arm ist.
Grundsatz 2: Jedes Kind hat das Recht, sich körperlich, geistig, moralisch, seelisch und sozial frei entwickeln und entfalten zu dürfen. Das Wohl des Kindes ist immer an die erste Stelle zu setzen.
Grundsatz 3: Jedes Kind hat Anspruch auf einen Namen und eine Staatsangehörigkeit von Geburt an.
Grundsatz 4: Jedes Kind hat das Recht, in Gesundheit heranzuwachsen und zu reifen. Deshalb genießen Mutter und Kind besondere Fürsorge und Schutz von Anfang an.
Grundsatz 5: Jedes Kind, das körperlich, geistig oder sozial behindert ist, erhält diejenige besondere Behandlung, Erziehung und Fürsorge, die sein Zustand und seine Lage erfordern.
Grundsatz 6: Jedes Kind hat ein Recht auf Erziehung und finanzielle Sicherheit. Die Eltern haben dafür die Verantwortung zu tragen.
Grundsatz 7: Jedes Kind hat das Recht auf eine Schulausbildung und der Unterricht darf kein Geld kosten. Die allgemeine Bildung soll gefördert werden. Es soll Verständnis für andere Menschen entwickeln und lernen, eine moralische und soziale Unterstützung für die menschliche Gesellschaft zu sein. In der Schule muss das Kind die Möglichkeit haben, alle seine Fähigkeiten zu entwickeln.
Grundsatz 8: Jedes Kind ist in allen Notlagen an die vorderste Stelle zu setzen.