Kamishibai für die AllerjüngstenTipps aus der Praxis einer Erzählerin

Helga Gruschka

Ein Kamishibai ist in den meisten Einrichtungen schon vorhanden. Für den Einsatz bei den Allerjüngsten, etwa ab 8 Monaten benötigen Sie aber keinen Bildersatz, nur ein Bild, selbstgemalt, aus einem Bilderbuch kopiert oder zum Beispiel aus einem Download beim Don Bosco - Verlag.

Gut eignet sich eine Banane. Drucken Sie das Bild in DIN A3 aus, laminieren es und schneiden die Kanten rund. Dieses Bild schieben Sie in das Kamishibai.   

Das Kamishibai stellen Sie mit geschlossenen Türen auf einen Tisch in der Erzählecke. Setzen Sie sich vor das Kamishibai und nehmen ein Kleinchen auf den Schoß. Zwei oder drei andere können sitzend oder auf dem Bauch liegend teilnehmen, neugierige Größere dürfen auch zuhören. Lassen Sie eine Klangschale erklingen und öffnen die Türen. Dabei nutzen Sie den Überraschungseffekt bei den Kindern, Sie beginnen zu sprechen. Zeigen Sie immer wieder auf das Bild, besprechen Sie das Bild, reden darauf los, alles, was Ihnen einfällt. Farbe, Form, Größe, Geruch, Geschmack usw. Sprechen Sie sehr deutlich, spüren Sie Ihre Lippen, genießen Sie die einzelnen Laute des Wortes Banane, das B, das A und das N. Die Kinder werden Sie ganz genau beobachten und versuchen Sie nachzuahmen. So wie ich es bei meinen Besuchen in Krippen und bei Tagesmüttern habe erleben dürfen.

Sind die Kinder schon etwa 12 Monate alt, halten Sie eine ganze und eine in Stückchen geschnittene Banane bereit. Lassen Sie die Kinder die Banane anfassen, daran riechen und ein Stückchen schmecken.

Das Sprachbild der Kinder verknüpft Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Begleiten Sie jeden Vorgang mit Worten und stellen sie immer wieder den Bezug zu dem gezeigten Bild her. Betonen Sie alle Laute in dem Wort Banane und achten Sie darauf, ob die Kinder die Laute nachahmen wollen. Zeigen Sie, dass Sie genau zuhören und ahmen ihrerseits die Kinder nach. Seien es zu Anfang auch nur Lippen- und Zungenbewegungen, machen Sie es nach. Damit ermuntern Sie die Kinder zum Sprechen.

Für Kinder ab etwa einem Jahr können Sie zur Abwechslung bereits ein Tierbild wählen, zum Beispiel eine Kuh. Drucken Sie auch dieses Bild in DIN A3 aus, laminieren es und schneiden die Kanten rund. Suchen Sie in Ihrem Fundus ein Stofftier, eine Kuschelkuh und aus der Bausteinkiste verschieden geformte Klötzchen. Das Erzählstündchen beginnt auch hiermit dem Ritus, Klangschale ertönen lassen und langsam die Türen des Kamishibais öffnen, - Theatereffekt. Richten Sie sich an Ein-bis Zweijährigen, Kleinere dürfen dabei sein.

Erzählen Sie alles, was Ihnen zur Kuh einfällt, besprechen Sie die einzelnen Körperteile nach ihrer Form, die Augen sind rund, der Bauch ist dick, die Hörner gebogen, die Beine gerade, das Fell weich. Geben Sie den Kindern die Gelegenheit die Begriffe rund, gebogen, gerade und weich mit Bauklötzchen und dem weichen Fell zu fühlen.

Die Wahrnehmungskanäle Sehen, Hören und Fühlen werden angesprochen, Sprache wird „begriffen“. Beziehen Sie die Kinder mit Fragen ein: „Wo sind deine Augen, wo sind deine Ohren, wo ist dein Mund“? Imitieren Sie die Kuh „muh muh“ und fordern die Kinder zum Nachahmen auf. Auch hier geht es wieder darum, dass Sie beim Sprechen jeden so Laut genießen, dass die Kinder Ihnen die Freude am Sprechen anmerken. Damit schaffen Sie eine Atmosphäre, die die Kinder anregt, selbst zu sprechen.

Weitere Tipps:

Auf die gleiche Art und Weise lassen sich für die ganz Kleinen Bilder von einem Apfel, einer Erdbeere und anderen Früchten besprechen. Für die Ein-bis Zweijährigen eignen sich auch Tierbilder, Pferd, Hase, Hund usw.

Lassen Sie die Kinder die Türen des Kamishibais öffnen und schließen, begleiten das Geräusch, das Klappern, mit Worten und lassen Sie auch die laminierten Bildkarten anfassen.

Fertigen Sie auch kleinere Bilder von dem Besprochenen an und geben sie den Kindern. Die Kinder werden damit spielen, Sie, die Sprecherin, nachahmen und sich gegenseitig etwas über die Banane oder die Kuh erzählen. Die Eigentätigkeit wird angeregt.

Somit dient das Kamishibai bei den Allerjüngsten als ideales Werkzeug zur Sprachförderung. Sogar nicht muttersprachlich Deutsch sprechende größere Kinder profitieren davon.

Literatur

Gruschka, H. (2020). Erzählen und Sprechen lernen in der Krippe. Berlin: Don Bosco.

Autorin

Helga Gruschka, Apothekerin, ausgebildete Märchen- und Geschichtenerzählerin. In Kitas, Schulen, Bibliotheken und Krankenhäusern veranstaltet sie Geschichtenerfinder-Werkstätten und entwickelt dort zusammen mit Kindern neue Geschichten.

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