Aus:
WWD 2002, Ausgabe 76, S. 24-25
Ingrid Biermann
Jeden Tag verbringen wir mit den Kindern gemeinsam viele Stunden. Wir Erzieherinnen widmen den Kindern aus unterschiedlichen Gründen oft mehr Zeit als die eigenen Eltern. Wir erleben die Kinder mit ihren unterschiedlichen Stimmungen, Bedürfnissen, ihren unterschiedlichen Entwicklungsstufen, ihren Auffälligkeiten, kennen ihre kleinen Gewohnheiten, ihre Wünsche und Sorgen, ihre Vorlieben für Spiele und auch ihre schwachen Seiten.
Jedoch fehlt uns manchmal die Zeit, um jedem Kind individuelle Spielmöglichkeiten zu bieten. Die großen Gruppen und unterschiedlichen Altersstufen zwingen uns, ein gutes Gespür dafür zu entwickeln, was wir den Kindern anbieten, was wir mit ihnen gemeinsam machen. Damit unsere Angebote nicht am Kind vorbeigehen und damit wir sie mit dem, was wir mit ihnen machen, erreichen, müssen wir uns lange den Vorbereitungen zuwenden. Wir müssen unsere Angebote, so wie es auch Verkäufer in einem Warenhaus machen, reizvoll anbieten, d.h. verpacken.
Ein Angebot kann noch so einfach sein, wenn es jedoch ideenreich verpackt ist, dann macht auch ein schon bekanntes Fingerspiel, eine kleine Morgengeschichte oder ein schon mehrfach gezeigtes Bilderbuch wieder Spaß. Um die Mitwirkung und das Interesse der Kinder zu wecken, müssen wir die Umgebung, in der das Angebot stattfindet, entsprechend vorbereiten.
Eine Geschichte, vorgetragen zwischen Papierschnipseln und auf dem Boden liegendem Malpapier, kann nie so von den Kindern aufgenommen werden, als wenn sie in einer Ecke mit lustigen bunten Kissen, Kuscheltieren oder einer Duftkerze erzählt wird. Eine dem Angebot entsprechend gestaltete Mitte sorgt dafür, dass sich die Aufmerksamkeit der Kinder auf das konzentrieren kann, was in dem Augenblick angeboten wird. Das Interesse und die Motivation, aktiv mitzumachen, werden geweckt und die Kinder sind bereit, sich auf das, was nun angeboten wird, einzulassen. Die Erzieherin kann sich nun auf das, was sie mit den Kindern machen möchte, konzentrieren, ohne immer wieder um die Aufmerksamkeit der Kinder zu bitten.
Ein Sprichwort sagt: So wie man in den Wald hineinruft, so kommt es wieder heraus. Es kann auch auf die Angebote der Erzieherinnen übertragen werden. So wie sie etwas den Kindern anbieten, so nehmen diese es an. Kinder spüren an der Mimik und Gestik der Erzieherin, an der Art, wie sie mit ihnen etwas macht, genau, ob sie auch dahinter steht. Das Verhalten der Kinder signalisiert sofort, wie das Angebot angenommen wird. So kann das Herumzappeln mehrerer Kinder, das Herumkramen in den Hosentaschen als ein Signal angesehen werden, dass irgend etwas nicht stimmt. Eine Erzieherin mit Fingerspitzengefühl wird kritisch reflektieren und eventuell ihr Angebot anders verpacken.
Im Nachfolgenden geht es um die Verpackung von Angeboten. Die Erzieherin hat die Möglichkeit, einmal als Mitspieler (Kind), aber auch als Erzieherin die Auswirkung verschiedener Verpackungen zu erleben. Die hier vorgestellten Angebote sind aus meinen Büchern: Miteinander umgehen lernen, Don Bosco Verlag, München 1998; Große Ohren - kurze Beine, Bergmoser + Höller Verlag. An dieser Stelle danke ich den Verlagen dafür, dass ich Auszüge aus den Büchern hier abdrucken durfte.
Rhythmik mit Steinen und Ästen
Motivation: Zuhören, hinsehen, miteinander spielen.
Am Vortag dieser Rhythmik sammeln die Kinder bei einem Erlebnisspaziergang Steine und Äste. Am folgenden Tag wird in einem Gespräch auf den Spaziergang Bezug genommen. Erlebnisse, die die Kinder noch in Erinnerung haben, werden in der Rhythmik in Bewegung umgesetzt.
Die gesammelten Steine und Äste werden im Raum verteilt. Anschließend springen, hüpfen oder gehen die Kinder im Takt (Tamburin) über diese Hindernisse, ohne sie zu berühren.
Für Steine und Äste werden bestimmte Instrumente eingesetzt. Ertönen sie, so springen die Kinder über den dem Instrument zugeordneten Gegenstand (z.B. Triangel = Steine; Klanghölzer = Äste).
Die auf dem Spaziergang beobachteten Tiere werden durch verschiedenfarbige Tücher gekennzeichnet. Beispiele:
- kriechen = Regenwurm = blaues Tuch,
- rennen = Maus = rotes Tuch,
- hüpfen = Hase = gelbes Tuch,
- krabbeln = Käfer = grünes Tuch.
Die Kinder führen die den Farben zugeordneten Bewegungen aus, berühren aber dabei nicht die Äste und Steine.
Jedes Kind nimmt zwei auf dem Boden liegende Steine. In einer Experimentierphase erzeugen sie damit verschiedene Geräusche.
Vers (Die Kinder begleiten diesen mit den darin beschriebenen Geräuschen):
Reibt die Steine, hart und schwer,
kräftig aneinander her,
lasst sie aufeinander prallen,
dieses Spiel gefällt uns allen.
Die Kinder experimentieren auf die gleiche Weise mit den gesammelten Ästen.
Vers (Begleitung mit den Zweigen):
Reibt die Zweige, lang und schwer,
kräftig aneinander her,
lasst sie aufeinander prallen,
dieses Spiel gefällt uns allen.
Mit den Steinen und Ästen werden nun zwei Wege gelegt. Die Kinder bewegen sich auf diesen Wegen in einem vorgegebenen Rhythmus (Tamburin): laufend, hüpfend, springend, krabbelnd.
Abschluss: Die Kinder legen aus den Steinen und Ästen gemeinsam ein Bild.
(Quelle: Ingrid Biermann, Miteinander umgehen lernen, Don Bosco Verlag, München 1998)
Versgeschichte: Zwei dicke Schweine
Alter der Kinder: ab 4 Jahren; Anzahl der Kinder: 6 - 8; Dauer des Angebotes: ca.30 Minuten.
Materialien: eine Tomatenkiste, Stroh, zwei Marzipanschweine, eine Lampe, Malpapier, Stifte; für jedes Kind einen Stuhl, eine Matte oder ein Kissen und ein kleines Brett als Malunterlage.
Raumvorbereitung: Ein Stuhl-, Matten- oder Kissenkreis wird gestellt/gelegt. Eine mit Stroh gefüllte Tomatenkiste, in der die zwei Marzipanschweine sitzen, steht in der Kreismitte und wird mit einem Tuch abgedeckt.
Einstieg: Die Kinder sitzen im Kreis. Das Tuch wird entfernt. Die Kinder betrachten den Mittelpunkt. In einem anschließenden Gespräch wird das bei den Kindern vorhandene Wissen über das Schwein zusammengetragen.
Reimgeschichte (Die Kinder sollen nach Möglichkeit das letzte Wort der zweiten Zeile einsetzen):
In einem alten Bauernhaus,
da ruhen sich zwei Schweine (aus).
Sie haben hier nicht viel zu tun,
wollen nur fressen oder (ruhn).
Sie grunzen, quieken, schmatzen laut,
der Bauer in den Stall nun (schaut).
So geht es nun tagaus, tagein,
so'n Schweineleben das ist (fein).
Man frisst und frisst sich immer satt,
man wird bequem und ganz schön (matt).
Doch eines Tages, o welch Graus,
nehmen die Schweine schnell (Reißaus).
Sie wollen heute ganz weit gehen
und sich die schöne Welt (ansehn).
Sie treffen Pferde, Enten, Hasen,
sehen die Kühe gemütlich (grasen).
Sie sehn die Sonne, treffen Rinder,
sehn in der Ferne viele (Kinder).
Auf dieser Welt gibt's viel zu sehn,
auf dieser Welt ist's richtig (schön).
So sagen sie und gehen nach Haus,
doch morgen gehen sie wieder (raus).
Vom vielen Schmatzen und vom Fressen,
haben sie die Welt (vergessen).
Die Faulheit und die Schmatzerei,
die sind endgültig nun (vorbei).
Von diesem Tag an kann man sehn,
zwei Schweine oft spazieren (gehn).
Sie fühlen sich wohl, sind richtig froh,
ihr Leben bleibt nun immer (so).
Auswertung: Die Kinder erstellen ein eigenes Bilderbuch zu dieser Geschichte. Von den Bildern können Dias gemacht werden, sodass diese Bildgeschichte auch als selbst hergestellte Diaserie gezeigt werden kann.
(Quelle: Ingrid Biermann, "Bausteine Kindergarten", Ausgabe 3/99, "Große Ohren, kurze Beine, langer Schwanz", Bergmoser + Höller Verlag, Aachen 1999)