Claudia Holzner
Um die Kinder an das Material "Ton" heranzuführen, darf sich jedes Kind aus dem Eimer ein Stück Ton herausnehmen. Nun kann jeder erst einmal den Ton "befühlen" und experimentieren, was man damit alles machen kann: z.B. schlagen, boxen, kneten, rollen. Alle lernen dadurch das neue Material besser kennen und sind somit in der Lage, durch "Begreifen" und "Ertasten" die Beschaffenheit des Tons zu beschreiben (kalt, nass, klebrig).
Die ersten Reaktionen der Kinder sind in dieser Experimentierphase schon erkennbar. Hier gibt es Kinder, die den Ton als Schmutz empfinden und ihre Arbeit abbrechen, damit das neue Kleid etc. nicht schmutzig wird. Andere finden den Ton angenehm, und es ist richtig schön, seine ganze Kraft in das neue Material zu setzen. Bei diesem Spiel mit dem Ton absolvieren die Kinder eine Unzahl von Greifübungen, erfahren bzw. erspüren sehr viel über die Beschaffenheit und das Verhalten des Materials und können somit ihre Kräfte üben.
Erst nach dieser langen Phase formen wir alle eine Kugel. Nun besprechen wir, was wir aus Ton formen wollen, wie sich jeder einen Zwerg vorstellt und wie dieser eventuell aus Ton geformt werden kann. Dann gehen wir an unsere Werke. Jedem Kind ist es selbst überlassen, wie sein Wichtel aussehen soll. Hilfestellung gebe ich z.B. nur mit: "Die Mütze ziehen wir mit den Fingerspitzen aus der Kugel". Einige Kinder sagen dann: "Wie ein Hausdach".
Werkzeuge wie Messer, Schaschlikstäbchen und Draht werden zur Verfügung gestellt. Nach ca. 20 Minuten (manche brauchen länger, einige nicht so lang) sind die Kinder mit ihren Kunstwerken fertig und können es kaum mehr erwarten, bis diese in den Ofen kommen und gebrannt werden.
Kinder brauchen Angebote, um selbst tasten und berühren zu können. Es ist wichtig, ihnen Material zur Verfugung zu stellen, das ihren Tastsinn unterstützt: Ton, aber auch Sand, Erde und Wasser sind hier sehr gute Materialien.
Der Tastsinn ist die Grundlage jeder Wahrnehmung und gehört zu den grundlegendsten Sinneserfahrungen des Menschen. Über Greifen und Berühren erfährt das Kleinkind die gegenständliche Welt. Die auf diese Weise gesammelten Erfahrungen werden im Gehirn gespeichert, geordnet und miteinander verknüpft. Der Tastsinn ist die Wurzel der Erkenntnis. Besser ist es in jedem Fall, wenn Kinder etwas nicht nur hören, sondern auch "begreifen" können.
Jedoch wird dieser Wahrnehmungsbereich, welcher uns am unmittelbarsten mit der Umwelt in Kontakt bringen könnte, durch eine auf Moral und Ordnung bedachte Erziehung zu einem großen Teil unterdrückt. Deshalb ist es uns ein Anliegen, bei unseren Kindern Berührungsängste abzubauen, das Material Ton kennen zu lernen und auch einmal "braune" Hände zu bekommen. Natürlich wollen wir auch die Freude am schöpferischen Tun wecken ...