Holger Küls
Seit einigen Jahren gibt es in den sozialpädagogischen Arbeitsfeldern neben der Kinderpflegerin, der Erzieherin und der Sozialpädagogin (FH), um nur die klassischen Qualifikationen zu nennen, einen neuen Beruf, nämlich den der Sozialassistentin. Allerdings fällt es schwer, genau zu sagen, worum es sich dabei handelt. Der Grund hierfür liegt in erster Linie darin, dass die Sozialassistentin als eigenständiger sozialpädagogischer Beruf mit einer darauf abgestimmten Ausbildung nur in einigen Bundesländern existiert. Zudem herrschen landesabhängig sehr verschiedene Berufsbilder und Qualifikationsprofile vor. Dort, wo es die Sozialassistentin als Beruf gibt, ist sie in aller Regel eine Fachkraft, die ergänzend und unterstützend vor allem mit der Erzieherin und/oder Heilerziehungspflegerin zusammenarbeitet.
Dieser Artikel will in einem ersten Schritt versuchen, einen vorläufigen Überblick über die Ausbildung und die Arbeitsfelder der Sozialassistentin in der Bundesrepublik zu geben. Dem folgt eine genauere Beschreibung der Situation in Niedersachsen, mit welcher der Autor durch seine eigene berufliche Tätigkeit vertraut ist.
Beruf und Ausbildung der Sozialassistentin im Ländervergleich
Sicherlich kennen viele die großen Unterschiede in der Ausbildung zur Erzieherin zwischen den einzelnen Bundesländern, die sich aufgrund der Kulturhoheit der Länder ergeben haben. Dem steht inzwischen die Bemühung entgegen, durch die Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erziehern/ Erzieherinnen auf Bundesebene eine Vereinheitlichung der Qualifizierung herbeizuführen. Im Jahr 2000 vereinbarten die Kulturminister darin Standards, die eine Vergleichbarkeit der sozialpädagogischen Fachschulausbildungen ermöglichen (Kultusministerkonferenz: Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erziehern/ Erzieherinnen www.kindergartenpaedagogik.de/84.html).
Auch für die Arbeitsfelder der Erzieherin kann von gleichen Bedingungen und Merkmalen in den verschiedenen Bundesländern ausgegangen werden. Es gibt bundesweit ein weitgehend einheitliches Tätigkeitsprofil. Dies gilt vor allem für den Bereich der Kindertagesstätten als quantitativ bedeutendstem Arbeitsfeld, aber auch für andere Einrichtungen der Jugendhilfe.
Für die Sozialassistentin trifft das nicht zu. Ein Überblick zeigt, wie verschieden die Berufsbilder und die darauf bezogenen Ausbildungsgänge in den einzelnen Bundesländern sind, soweit es diesen Beruf dort überhaupt gibt. Folgende Länder kennen die Sozialassistentin als eigenständigen Beruf:
Hamburg |
Arbeitsfelder:
Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in sozialpädagogischen Einrichtungen. |
Hessen |
Arbeitsfelder:
im Schwerpunkt Kinderpflege Kinderkrippen, Krabbelstuben, Kindertagesstätten und Kindergärten.
im Schwerpunkt Heilerziehung Werkstätten und Wohnheime für Behinderte, integrative Kindertagesstätten und Sonderkindertagesstätten, Sozialstationen und ambulante Dienste. |
Niedersachsen |
Arbeitsfelder:
Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. |
Schleswig-Holstein |
Arbeitsfelder:
Betreuung und Erziehung von Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren in Kinderkrippen, Kindertagesstätten, Kindergärten, Horten, Heimen und Einrichtungen für behinderte Kinder. |
Thüringen |
Arbeitsfelder:
Sozialpädagogische und sozialpflegerische Einrichtungen der Familien-, Heilerziehungs- und Kinderpflege wie Heime und Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen, Kindertagesstätten, Kindergärten, Krippen, Kinderkrankenhäuser, Privathaushalte. |
Für diese Bundesländer gilt, dass die Sozialassistentin die sozialpädagogische oder heilerzieherische Fachkraft unterstützt und ergänzt. Sie trägt eine assistierende Verantwortung und arbeitet nur im begrenzten Umfang selbstständig. Allerdings ist diese Beschreibung des Tätigkeitsprofils der Sozialassistentin sehr allgemein und wahrscheinlich eher ungenau. Es fehlen differenzierte Aussagen bzw. Informationen über die präzisen Handlungs- und Arbeitsabläufe einer Sozialassistentin in den verschiedenen Arbeitsfeldern. Vermutlich, zumindest legen das punktuelle Erfahrungen in Niedersachsen nahe, werden die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche vor allem in den Kindertagesstätten nicht in der dargestellten Weise unterschieden. Es herrscht vielmehr weitgehend ein Arbeiten im Team vor, in dem sich alle in gleicher Weise an den Aufgaben und Funktionen in der jeweiligen Gruppe beteiligen. Nur an einigen Stellen übernimmt die Erzieherin als Gruppenleiterin Aufgaben bzw. Verantwortung, die nur sie wahrnimmt. Für genauere Einschätzungen fehlen empirische Untersuchungen oder Befragungen.
Es fällt auf, dass auch diese fünf Bundesländer keine einheitlichen Tätigkeitsprofile haben. So scheint in Hessen und Thüringen eine Tendenz zu einer sozial- oder heilerziehungspflegerischen Ausrichtung der Tätigkeit vorzuliegen, während Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen die sozialpädagogische Arbeit vor allem mit Kindern in den Vordergrund stellen.
Die Berufsausbildung zur Sozialassistentin findet in den genannten Bundesländern in einer Vollzeitberufsschule statt, genauer in einer Berufsfachschule, und umfasst theoretische und praktische Anteile. Die Unterrichtsinhalte stehen weitgehend in Analogie zu den Inhalten der Erzieherinnenausbildung. So gibt es jeweils auf das Bundesland bezogen ähnliche Fächerbezeichnungen und didaktische Konzepte. Voraussetzung für den Beginn der Ausbildung ist der Realschulabschluss. Sie endet mit einem Berufsabschluss, der als eine einschlägige Zugangsberechtigung für die weitere Ausbildung an einer Fachschule/ Fachakademie bzw. einem Berufskolleg - Sozialpädagogik - gilt. Dieser wird übrigens auch in den Bundesländern als Zugangsvoraussetzung anerkannt, die über keine eigene Ausbildung zur Sozialassistentin verfügen.
Leider liegen keine Zahlen vor, wie viele junge Menschen als Sozialassistentin in das Berufsleben gehen oder ob dieser Abschluss vielmehr als erste Berufsorientierung genutzt wird, um dann eine weitergehende Ausbildung zu absolvieren. Auf den besonderen Fall Niedersachsen wird noch einzugehen sein.
In den übrigen Ländern existiert der Beruf der Sozialassistentin im Bereich Sozialpädagogik oder Heilerziehung nicht, wie folgender Überblick zeigt:
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt |
Keine Ausbildung zur Sozialassistentin bzw. vereinzelt als Schulversuch |
Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen |
Sozialassistentin als schulisch begleitetes Praktikum als Voraussetzung für die Ausbildung zur Erzieherin |
Allerdings gibt es in diesen Bundesländern in aller Regel Berufsfachschulen, meist dem Bereich Sozialpflege zugeordnet, die teilweise pädagogische und pflegerische Inhalte umfassen und unter anderem auf die Ausbildung zur Erzieherin vorbereiten.
Beruf und Ausbildung der Sozialassistentin in Niedersachsen
Niedersachsen gehört zu jenen Bundesländern, in denen es einen eigenständigen sozialpädagogischen Beruf der Sozialassistentin gibt. Die Ausbildung zur Sozialassistentin, Schwerpunkt Sozialpädagogik, wurde dort nach einem Modellversuch offiziell 1993 eingeführt. Die Ausbildung findet in einer zweijährigen Berufsfachschule statt und endet mit dem Abschluss zur staatlich geprüften Sozialassistentin. Neben dem Schwerpunkt Sozialpädagogik, von dem hier allein die Rede ist, gibt es noch einen weiteren, nämlich den der Haus- und Familienpflege.
Die Rahmenrichtlinien für die Ausbildung zur Sozialassistentin beschreiben das Berufsbild wie folgt: "Die Rolle der Sozialassistentin/ des Sozialassistenten ist vor allem durch Mitwirkung und Unterstützung gekennzeichnet. Sie tragen in den Einrichtungen bzw. Gruppen Teilverantwortung und sind auf eine enge Zusammenarbeit mit Erzieherinnen/ Erziehern angewiesen. Innerhalb des gleichen Handlungsfeldes sind die Aufgabenbereiche der Erzieherin/ des Erziehers und der Sozialassistentin/ des Sozialassistenten vor allem im Hinblick auf die Verantwortlichkeit voneinander abzugrenzen." (Niedersächsisches Kultusministerium: Rahmenrichtlinien für das Fach Berufsbezogener Unterricht der Berufsfachschule Sozialassistentin/ Sozialassistent, Schwerpunkt Sozialpädagogik - Anhörungsfassung -. Mai 2002, http://www.nibis.ni.schule.de/haus/dez3).
Hier wird die Besonderheit des niedersächsischen Modells deutlich, die in einer sehr engen Verzahnung mit dem Berufsfeld sowie der Ausbildung der Erzieherin besteht. So arbeiten auch Sozialassistentinnen vom Grundgedanken her mit Kindern und Jugendlichen sowie Menschen mit Behinderungen in den verschiedenen sozialpädagogischen Arbeitsfeldern. Im Vordergrund stehen dabei die Betreuung, Erziehung und Bildung. Die Zusammenarbeit mit der Erzieherin ist dabei, wie schon gesagt, gekennzeichnet durch die Aufgabe der Unterstützung. In der Praxis wird diesbezüglich oft der Begriff der "Zweitkraft" verwendet. Gerade für das quantitativ bedeutendste Tätigkeitsfeld der Elementarpädagogik wird die Sozialassistentin im niedersächsischen Kindertagesstättengesetz als eine mögliche zweite Fach- und Betreuungskraft aufgeführt (Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG -, http://www.bezreg-hannover.niedersachsen.de/dez407/ftp/se_rglt1.pdf).
Allerdings gibt es in Niedersachsen nur sehr wenige Sozialassistentinnen, die nach dem Abschluss ihrer Ausbildung ins Berufsleben streben und etwa als Zweitkraft in einem Kindergarten arbeiten. Erfahrungswerte der einzelnen Schulen belegen, dass es sich hierbei nur um einen sehr geringen Prozentsatz handelt. Meist verlassen die Schülerinnen die Ausbildungsstätte, um eine Zeit lang Geld zu verdienen, bevor die Ausbildung fortgesetzt wird. Ein anderer Grund liegt mitunter darin, dass die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Schülerin erst mal eine Phase der praktischen Arbeit und Erfahrung erforderlich macht. Der weitaus größte Anteil der Absolventinnen wechselt unmittelbar in die Fachschule - Sozialpädagogik -, um Erzieherin zu werden. Ausgesprochen selten steht schon am Beginn der Berufsfachschule Sozialassistentin/ Sozialassistent fest, dass dieser Beruf ergriffen werden soll.
Dies wird in Niedersachsen ausdrücklich so angestrebt. Hier ist der Werdegang zur Erzieherin als eine vierjährige Ausbildung konzipiert. Die Berufsfachschule Sozialassistentin/ Sozialassistent, Schwerpunkt Sozialpädagogik, ist als Teil der Ausbildung zur Erzieherin, als deren Eingangsberuf, gedacht. Auf diesem baut dann die Weiterbildung zur Erzieherin auf. Konsequenterweise ist auch allein der Abschluss zur staatlich geprüften Sozialassistentin eine gültige Eingangsvoraussetzung für die Fachschule Sozialpädagogik. Beide sozialpädagogischen Ausbildungsgänge gemeinsam bilden eine Einheit.
Dies zeigt sich auch daran, dass zum Schuljahr 2002/2003 für beide Schulformen neue Lehrpläne als Rahmenrichtlinie in Kraft treten. Diese sind eng aufeinander bezogen, folgen dem gleichen didaktischen Konzept (Holger Küls: Lernen in Lernfeldern www.kindergartenpaedagogik.de/762.html) und sind in Form eines Spiralcurriculums aufeinander bezogen. Dahinter verbirgt sich, dass sowohl in der Berufsfachschule Sozialassistentin/ Sozialassistent, Schwerpunkt Sozialpädagogik, als auch in der Fachschule - Sozialpädagogik - ähnliche Lernfelder auf gleiche sozialpädagogische Handlungsfelder vorbereiten sollen. Der Unterschied liegt in den Tätigkeitsfeldern, die für die Sozialassistentin eine unterstützende Rolle sehen. "Vor diesem Hintergrund ist in der Ausbildung zur Sozialassistentin/ zum Sozialassistenten darauf zu achten, dass erst in dem weiterführenden Bildungsgang an der Fachschule - Sozialpädagogik - eine erweiterte Handlungskompetenz mit dem Ziel eigenverantwortlichen sozialpädagogischen Handelns erworben wird" (Niedersächsisches Kultusministerium: Rahmenrichtlinien für das Fach Berufsbezogener Unterricht der Berufsfachschule Sozialassistentin/ Sozialassistent, Schwerpunkt Sozialpädagogik - Anhörungsfassung - Mai 2002 http://www.nibis.ni.schule.de/haus/dez3).
Diese grundständige Berufsfachschule bereitet also formal auf alle sozialpädagogischen Arbeitsbereiche vor. Sie beinhaltet einen hohen Praxisanteil, der 28 Wochen in zwei Jahren umfasst und auch in das Praxiskontingent der Ausbildung zur Erzieherin eingerechnet wird. Trotz der formal vorgesehenen Breitbandausbildung hat sich an fast allen Schulen eine Beschränkung auf den Elementarbereich entwickelt. Sowohl der Unterricht als auch die praktische Ausbildung beziehen sich in erster Linie auf die Altersgruppe der 3- bis 6-Jährigen bzw. die Tagesstätten für Kinder. Dies wird im Sinne exemplarischen Lernens verstanden.
Insgesamt wird deutlich, dass der formal eigenständige Beruf der Sozialassistentin in Niedersachsen kaum in Erscheinung tritt. Er stellt in erster Linie einen Teil der Ausbildung zur Erzieherin dar. Ob dies eine Besonderheit in Niedersachsen ist, die für die übrigen Bundesländer mit einer Ausbildung zur Sozialassistentin nicht gilt, bleibt noch zu klären.