Zukunftsfähigkeit der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in der Bundesrepublik DeutschlandGemeinsames Positionspapier

BAGKAE, BeA und BöfAE

1. Ausgangssituation

Seit der Veröffentlichung der Ergebnisse aus der PISA-Studie wird nicht nur in der bildungspolitischen Fachöffentlichkeit, sondern auch in den Medien über die Reform und die Qualität der Erzieher/innenausbildung diskutiert und von vielen Seiten die Ansiedlung der Ausbildung auf Hochschulniveau gefordert.

Unsere in den drei Bundesverbänden zusammengeschlossenen insgesamt ca. 200 Fachschulen/ Fachakademien für Sozialpädagogik in der Bundesrepublik Deutschland wollen in diese aktuelle Diskussion ihre Anliegen und Forderungen für eine verbesserte Ausbildung einbringen. Dabei sind wir der Auffassung, dass die Debatte zu kurz greift, wenn sie von der Akademisierung der Ausbildung alles erwartet.

2. Die Verantwortung und der Ausbildungsauftrag der Fachschulen/ Fachakademien

Fachschulen/ Fachakademien qualifizieren Fachkräfte für die breit gefächerten Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe. Die Erzieherinnen und Erzieher, für deren Ausbildung wir verantwortlich sind, stellen mit ca. 70% die größte Berufsgruppe in diesen Arbeitsfeldern.

Die Fachschulen/ Fachakademien für Sozialpädagogik in der Bundesrepublik Deutschland sind sich daher ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Sie unterstützen und begleiten die Entwicklung einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz ihrer Studierenden, damit diese selbstständig und eigenverantwortlich Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsarbeit übernehmen können. Der Befähigung für die Bildungsarbeit kommt in der Ausbildung nicht erst seit der Diskussion um die PISA-Studie ein besonders hoher Stellenwert zu.

3. Die Qualität der fachschulischen Ausbildung

Fachschulen und Fachakademien setzen bei ihrer Ausbildung auf:

  • gezielte Persönlichkeitsbildung und fachliche Kompetenzentwicklung der Studierenden, u.a.
    • durch eine intensive individuelle Lernbegleitung
    • durch biografisches und gruppenbezogenes Lernen
    • durch Projektarbeit und fachübergreifendes Lernen
    • durch erwachsenenorientierte Lehr- und Lernmethoden
  • enge Verzahnung von Theorie und Praxis u.a.
    • durch die fachwissenschaftliche und fachdidaktische sowie praxisbezogene Kompetenz der Dozent/innen und Anleiter/innen
    • durch die theoriegeleitete Bearbeitung praxisbezogener Fragestellungen in intensiver Verknüpfung der Lernorte Fachschule/ Fachakademie und Praxis
    • durch die Ausgestaltung des Schullebens als Modellerfahrung für die Praxis
  • sozialräumliche Verankerung der Fachschulen/ Fachakademien als regionale Kompetenzzentren

Auf dieses Profil einer fachschulischen Ausbildung kann im differenzierten Qualifikationsspektrum der Fachkräfte für die Kinder- und Jugendhilfe nicht verzichtet werden, da andere Ausbildungsformen diesen Anforderungen nicht in vergleichbarem Ausmaß gerecht werden.

4. Anforderungen an eine zukünftige fachschulische Erzieher/innenausbildung

Die bestehenden Stärken einer fachschulischen Ausbildung für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe müssen nachhaltig gewährleistet und ausgebaut werden.

Formal und strukturell halten wir es für unabdingbar - bundeseinheitlich -

  • der fachschulischen Ausbildung eine zweijährige einschlägige berufliche Erstausbildung vorzuschalten
  • als Zugangsvoraussetzung für die Fachschule die Fachhochschulreife festzuschreiben
  • die fachschulische Ausbildung insgesamt dreijährig auszulegen, wobei das dritte Jahr als schulisch begleitetes Berufspraktikum zu organisieren ist
  • inhaltlich und didaktisch-curricular Standards festzulegen, auf deren Basis die Ausbildungsstätten regionale und trägerspezifische Profile ausbilden.

Die gestiegenen Anforderungen im Berufsfeld der Kinder- und Jugendhilfe erfordern aus unserer Sicht zukünftig auch eine verstärkte Kooperation zwischen den unterschiedlichen Ebenen der Ausbildung von sozialpädagogischen Fachkräften.

Wir fordern daher eine konsequente und umfassende Modularisierung der Ausbildungen für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe. Damit kann eine Anrechnung der in der jeweiligen Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten für eine weiter- bzw. höherqualifizierende Ausbildung erfolgen.

Dabei sind folgende Prinzipien zu beachten:

  • Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit
    Die unterschiedlichen Ausbildungen in Fachschule/ Fachakademie und Fachhochschule müssen bei vergleichbarer Qualität der Inhalte und der Lehr- und Lernformen miteinander kompatibel und auch anschlussfähig sein. Über den Weg einer einschlägigen beruflichen Erstausbildung und den Besuch einer Fachschule/ Fachakademie wird die Durchlässigkeit von einem mittleren Bildungsabschluss bis in das Hochschulsystem ermöglicht.
  • Spezialisierung in einem transparenten System von Ausbildung
    Die Erzieher/innenausbildung muss weiterhin zu einer berufsfeldweiten Grundqualifikation führen. Da in der Kinder- und Jugendhilfe weiterführende Qualifikationen und Spezialisierungen für bestimmte Bereiche notwendig sind, fordern wir ein transparentes System aufeinander aufbauender berufsqualifizierender Abschlüsse.

Nach unserer Auffassung ermöglicht ein so differenziertes und durchlässiges Ausbildungssystem nicht nur die Ausbildung individueller Fachkräfteprofile, sondern erleichtert auch die vertikale und horizontale Mobilität der Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe. Dies wiederum ist ein notwendiger und wichtiger Beitrag zu Steigerung der Attraktivität und professionellen Weiterentwicklung der Fachkräfteausbildung für die Kinder- und Jugendhilfe.

15. Mai 2004

BAGKAE

Bundesarbeitsgemeinschaft katholischer Ausbildungsstätten für Erzieherinnen/Erzieher
Karlstr. 40
79104 Freiburg
Tel.: 0761/200248
Fax: 0761/200572
Email: monika.seemann-pfistner@caritas.de
Website: http://www.bagkae.caritas.de

BeA
Bundesverband evangelischer Ausbildungsstätten für Sozialpädagogik
Stafflenbergstr. 7
70184 Stuttgart
Tel.: 0711/2159-578
Fax: 0711/2159-569
Email: waller@diakonie.de / bea@diakonie.de
Website: http://www.beaonline.de

BöfAE
Bundesarbeitsgemeinschaft öffentlicher und freier nicht konfessionell gebundener Ausbildungsstätten für Erzieher/innen
Zum tiefen Reck 3
49504 Lotte-Halen
Email: info@boefae.de
Website: http://www.boefae.de

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