Gabriele Hertlein
Von Fröbel bis heute
Seit Friedrich Fröbel 1848 die erste Ausbildungsstätte für Frauen gründete, die in Kindergärten tätig waren, verging einige Zeit. Damals wie heute basiert die Ausbildung für Frauen - und heute auch für Männer -, die als Erzieher/innen tätig sein möchten, auf dem dualen System. Sie werden in Theorie und Praxis ausgebildet, um ihrer sehr anspruchsvollen und hoch verantwortlichen Aufgabe gerecht werden zu können.
Die Theorie wird an einer Fachschule oder einer Fachakademie - je nach Bundesland - angeboten und durch einige Praktika in verschiedenen pädagogischen Einrichtungen ergänzt. Die Ausbildung der angehenden Erzieher/innen dauert gemäß der umfangreichen Inhalte, die sie für die berufliche Praxis benötigen, vier bzw. fünf Jahre, je nach Bundesland. Eine Vielzahl an theoretischen und praktischen Fächern ist zu belegen, um sich all das anzueignen, was die Praxis dann fordert. Am Ende der Ausbildung bzw. nach der Zeit an der Fachakademie oder der Fachschule sind dann Prüfungen abzulegen, um die Qualifizierung für diesen anspruchsvollen Beruf nachzuweisen.
Vielfältige Anforderungen
Zu Zeiten Fröbels wurden die Auszubildenden Kindergärtnerinnen, da sie ausschließlich für diesen Bereich ausgebildet wurden. Heute hingegen machen sie ihren Abschluss als Erzieher/innen. In diesem Beruf können sie in pädagogischen Einrichtungen mit Kindern ab der Geburt, mit Jugendliche und mit erwachsenen Menschen mit Behinderung arbeiten. Dies verdeutlicht, wie vielfältig und umfangreich die Kenntnisse und Fähigkeiten sein müssen, die Erzieher/innen haben und umsetzen können müssen.
Die Anforderung an eine sehr hohe Qualifizierung als Erzieher/in ergibt sich neben den unterschiedlichen Arbeitsbereichen auch aus den veränderten Anforderungen, die Klient/innen heute an sie stellen. Gesellschaftliche Veränderungen, wie die Lebenssituation von Familien und aktuelle Belastungen im alltäglichen Leben, fordern einen sehr hohen und kompetenten Einsatz sowohl für die Kinder bzw. Jugendlichen als auch für deren Eltern und Familien. Aktuell richtet sich der Blick nicht nur auf eine intensive Bildungs- und Erziehungstätigkeit, sondern auch auf erweiterte Angebote und Hilfen im Bereich der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern.
Aufgabenbereichen von Erzieher/innen
Zu den vielfältigen Aufgabenbereichen von Erzieher/innen gehören
- die pädagogische Arbeit mit den Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung: z.B. Betreuung, Erziehung, Bildung, Pflege, Beziehungsaufbau und -pflege, Gruppenpädagogik, Beobachtung, Planung, Durchführung pädagogischer Angebote in allen Bildungsbereichen, Entwicklung von Förderplänen, Freispielführung, Konfliktlösung, Inklusion, interkulturelle Pädagogik und vieles mehr
- pflegerische Aufgaben: z.B. Wickeln, Körperpflege und medizinische Versorgung
- Teamarbeit: z.B. Teambildung, Teamgespräche, Planung, Koordination der Aufgaben, Weiterentwicklung der Einrichtung, Reflexion, Fallarbeit, praktische Teamarbeit, Evaluation der Arbeit usw.
- Konzeptionsarbeit
- Zusammenarbeit mit dem Träger
- Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern: Planung, Organisation, Durchführung und Reflexion aller zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft gehörender Aufgaben
- Organisation: z.B. Koordination der vielfältigen Aufgaben, Strukturierung des Tagesablaufes, Dienst- und Speisepläne erstellen, Bestellungen, Raumgestaltung, Materialbestellung und -beschaffung, Abrechnungen der Beiträge...
- hauswirtschaftliche Aufgaben: z.B. Reinigung und Pflege des Gruppenraumes, Säubern von Materialien, Zubereitung vom Speisen, Pflanzenpflege und dergleichen
- Anleitung von Praktikant/innen
- Einstellung neuer Mitarbeiter/innen
- Öffentlichkeitsarbeit: Planung, Organisation, Durchführung und Reflexion aller zur Öffentlichkeitsarbeit gehörenden Aufgaben
- Kooperation mit anderen Fachleuten
- Gemeinwesenarbeit
- Gremienarbeit
- Fortbildung
- Reflexion aller anfallenden Aufgaben
- Sonstiges: z.B. Verhandlungen mit Vertretern und Geschäftsleuten
Um all diesen Aufgaben und den damit verbundenen Anforderungen auch angesichts der unterschiedlichen Kontaktpersonen gerecht werden zu können, bedarf es nicht nur einer fundierten Ausbildung, sondern auch einer gereiften Persönlichkeit.
Kompetenzen der Erzieher/innen
Die Kompetenzen, die von Erzieher/innen in ihrer beruflichen Arbeit gefordert sind und die ihre Erzieher/innen-Persönlichkeit ausdrücken, können folgendermaßen unterteilt werden:
- instrumentelle Kompetenzen
- Fachwissen
- Fähigkeiten
- Methodenkompetenz
- Verhaltensroutinen
- soziale Kompetenzen
- Basiskompetenzen
- Haltungen und Werte
- Rollendefinition und -distanz
- Erkennen und Interpretation von Bedürfnissen
- personale Kompetenzen
- Selbstannahme
- Persönlichkeit und Individualität
- reflexive Kompetenzen
- Selbstreflexion
- methodisch-didaktische Reflexion
- Fortbildung
Neben den fachlichen Qualifikationen sind also auch bedeutende persönliche Qualifikationen erforderlich, um den Anforderungen dieses Berufes gerecht werden zu können. Diese können nicht theoretisch vermittelt werden, sondern bedürfen geeigneter Erfahrungen im Rahmen der Ausbildungssituation, z.B. bei Gruppenarbeiten und bei Festen, sowie intensiver Praxiserfahrungen, die an der Ausbildungsstätte reflektiert werden.
Mit viel Idealismus am Werk
Dass Kinder und Jugendliche unser höchstes Gut sind, da sie die nächste Generation gestalten und somit auch unsere Zukunft bedeuten, leitet wohl die meisten Erzieher/innen bei ihrem hohen fachlichen und persönlichen Einsatz in ihrem Beruf. Die vielen widrigen Gegebenheiten, wie beispielsweise die unangemessene Bezahlung für diesen verantwortungsvollen Beruf, tragen dazu bei, dass es nachweislich einen Mangel an Erzieher/innen gibt. Es kommen in diesem Zusammenhang immer wieder höchst sonderbare Ideen auf, wie zum Beispiel zu den Schlecker-Frauen: "von der Kasse in die Krippe". Manchen Erzieher/innen, die sich ihrer pädagogischen Arbeit mit viel Idealismus widmen, mag dies höchst verwunderlich erscheinen.
Präsentation der fachlichen Arbeit
Ich erachte es als sehr wichtig, dass die Erzieher/innen ihre Kompetenzen klar darstellen, um aufzuzeigen, welcher hohen Qualität ihr Bildungs- und Erziehungstätigkeit entspricht. Zugleich ist es erforderlich, auch darauf hinzuweisen, welche Bedingungen es erschweren oder verhindern, dass sie gemäß ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse arbeiten können. Hier seien als Beispiele zu gering bemessene Vorbereitungszeiten, hohe Gruppenstärken und Unterbesetzung des Personals genannt.
Es ist Zeit für Solidarität unter den Erzieher/innen, die bei Modeerscheinungen in der Pädagogik nicht mitmachen und sich gemeinsam für bessere Bedingungen in ihrem Arbeitsfeld und somit auch für die Kinder und Jugendlichen einsetzen!
Autorin
Weitere Informationen zur Autorin befinden sich auf ihrer Homepage: http://www.hertlein-bildung.de