Werner Eitle
An der Fachakademie für Sozialpädagogik Dillingen/D. im Schulwerk der Diözese Augsburg gehört die Person Friedrich Fröbels und seine Pädagogik zu einem wichtigen Ausbildungsinhalt für angehende Erzieherinnen und Erzieher.
Aus diesem Grunde wollten Lehrkräfte und Studierende sich einmal ein persönliches Bild von den Lebens- und Wirkungsorten Fröbels machen und besuchten im Rahmen der Fortbildungstage im Berufspraktikum 2000/2001 Thüringen, die Heimat von Fröbel. Dabei hatten wir auch Gelegenheit, mit der Leiterin des Thüringer Fröbelseminars, Frau Monika Willuweit, ins Gespräch zu kommen. In Thüringen gibt es seit einigen Jahren eine Zusatzqualifikation in Fröbelpädagogik für Erzieherinnen und Erzieher. Einige Kindergärten sind bewusste Fröbelkindergärten und erhalten einen entsprechenden Qualifikationsnachweis.
Um sich schon im Vorfeld mit der Lebensumgebung und der Person Fröbels auseinanderzusetzen, wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit Thüringen, Fröbels Kindheit, Fröbel als Heimerzieher, Fröbel als Kindergärtner und Fröbel im Alter beschäftigten. Die Referate wurde auf dem Weg zu den einzelnen Stationen der Reise - Geburtshaus in Oberweißbach, Keilhauer Heim, 1. Kindergarten in Bad Blankenburg und 1. Ausbildungsstätte in Bad Liebenstein - im Bus vorgetragen.
Der nachfolgende Artikel wurde vom Fortbildungsleiter Werner Eitle auf der Grundlage der Referate und der gemachten Erfahrungen/Erlebnisse gefertigt und soll sowohl einen Eindruck von der Reise (24.-26.05.2001) als auch von den historischen Begebenheiten widerspiegeln.
Thüringen - Fröbels Heimat
Im 4. Jahrhundert wird der germanische Stamm der Thüringer erstmals erwähnt. Bis 1919 bestand Thüringen aus sieben Fürstentümern und einem preußischen Regierungsbezirk. Durch Erbteilung und Aussterben mehrerer Grafengeschlechter bildete sich eine Vielzahl von Herrschaften. Diese schlossen sich 1920 zum Land Thüringen zusammen.
Nach dem Ende der Naziherrschaft wurde Thüringen zunächst von amerikanischen Truppen besetzt, gehörte dann aber zur sowjetischen Besatzungszone. 1952 wurde das Land Thüringen aufgelöst und bildete mit anderen ehemaligen Ländern die DDR.
Nach der "Wende" kam es 1990 zur Neubildung des Landes Thüringen. Hauptstadt ist Erfurt.
Fröbel lebte also in einem Land das zu seiner Geburt stark zergliedert war und daher als sog. "Flickenteppich" bezeichnet wurde. Sein Geburtsort Oberweißbach, ein im Jahre 1370 erstmals urkundlich erwähnter Ort, liegt am Rennsteig, dem ältesten Höhenwanderweg Deutschlands. Heute sind der Rennsteig und der Thüringer Wald ein Eldorado für Wanderfreunde.
Da die Bergkette des Thüringer Waldes als Windsperre dient, herrscht ein stabiles Wintersportwetter. Die trocken-warmen Sommerzeiten lassen das Thüringer Becken zu einer fruchtbaren Kornkammer werden. Das Klima und die Bodenbeschaffenheit begünstigen auch den Weinanbau.
Friedrich Wilhelm August Fröbel wuchs also in einer begünstigten Umgebung auf.
Fröbels Kindheit und Jugend
Am 21. April, einem Sonntag des Jahres 1782, wird Fröbel in Oberweißbach im heute über 400 Jahre alten, denkmalgeschützten Pfarrhaus geboren. Sein Vater, Johann Jakob Fröbel war zu dieser Zeit Pfarrer. Pfarrer Fröbel hatte seit 1776 den Bau der neuen Kirche zu Oberweißbach fortgeführt, und nach 12 ½ jähriger Bauzeit konnte er diese am 24. Oktober 1779 einweihen. Die neue Kirche ist die größte Dorfkirche Thüringens und wird im Volksmund auch "Dom von Südthüringen" genannt. In der Kirche erkennt man den Einfluss des Arzneihandels (Olitätenhandels), der von vielen Oberweißbachern betrieben wurde, und sicherlich dazu führte, dass viele Vorschläge zur Größe und Ausstattung der Kirche von den weit gereisten Händlern mitgebracht wurden. Die Kirche selbst, die drei Geschosse mit Emporen hat, beherbergt eine überdimensionale Kanzel, auf der 12 erwachsene Menschen gleichzeitig stehen können - vermutlich eine der größten in Europa. Die in weiß gehaltene Dorfkirche gibt damit Zeugnis vom Wohlstand der Gemeinde zur Zeit Fröbels. In dieser Kirche wird Friedrich Fröbel getauft und wächst in diesem weltzugewandtem und naturverbundenem Umfeld auf.
Friedrich Wilhelm August Fröbel ist das sechste Kind der Familie Fröbel. Seine Mutter Jakobine Eleonore Fröbel, geb. Hoffmann, stirbt ein Jahr nach seiner Geburt. Fröbel verbringt seine frühe Kindheit einsam und oft sich selbst überlassen im Haus und Garten des Fachwerkhauses. Sein Vater ist streng und gottesfürchtig.
Als Fröbel 4 Jahre alt ist, heiratet sein Vater wieder. Auch seine Stiefmutter, die wesentlich jüngere Friederike Sophie, geb. Otto, kümmert sich kaum um Friedrich Fröbel. Mit 10 Jahren zieht Fröbel zum Bruder seiner leiblichen Mutter nach Stadt-Ilm, wo er die Stadtschule besuchen kann.
Nach der Schulentlassung kommt Fröbel wieder nach Oberweißbach und nimmt eine Lehre als Rentsekretär, später als Förster auf. Mit 17 Jahren erhält er von seinem Vater die Erlaubnis, in Jena Naturwissenschaften zu studieren.
1802 stirbt sein Vater, und Fröbel geht endgültig aus dem Elternhaus.
Heute erinnert ein Fröbelmuseum mit Mobiliar aus Fröbels Kindheit an den bedeutenden Pädagogen.
Als Fröbel das Studium abbricht, folgen vier Jahre Wanderschaft und Ausübung verschiedenster Tätigkeiten. Mit 23 Jahren will Fröbel dann das Baufach in Frankfurt/Main studieren. Hier lernt er über einen Freund den Pädagogen und Pestalozzi-Anhänger Anton Gruner kennen. Dieser rät Fröbel das Baufach aufzugeben. Er soll Erzieher werden. Im Sommer 1805 bekommt Fröbel an Gruners Musterschule in Frankfurt/Main eine Lehrerstelle. Im Herbst fährt Fröbel nach Iferten zu Pestalozzi und wird von dessen Ideen beeinflusst.
Fröbel als Heimerzieher
Im März 1813/14 nimmt Fröbel an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil.
1817 gründet er im thüringischen Keilhau die "Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt". Trotz anfänglicher Schwierigkeiten entwickelt sich die Einrichtung positiv. Fröbel will hier "freie denkende, selbsttätige Menschen" bilden. Mit seiner Idee eines Heimes mit Familiencharakter ist Fröbel der Zeit weit voraus.
1818 heiratet Fröbel Wilhelmine Hoffmeister.
Fröbel wird in den darauf folgenden Jahren als "Demagoge" und "Aufwiegler" verdächtigt. Eine staatliche Überprüfung, die 1825 vom preußischen Innenministerium gefordert wird, verläuft allerdings positiv.
Diese Unterstellungen führen aber zu einem Schwund der Zöglinge. Von 56 Zöglingen befinden sich 1829 nur noch 5 Zöglinge in Keilhau. Die Erziehungsanstalt steht kurz vor dem Ruin. Seinen Mitarbeiter gelingt es aber die Anstalt zu retten.
Heute ist auf dem Gelände eine Sprachschule untergebracht. Die ursprünglichen Gebäude aus der Zeit Fröbels bestehen noch und sind im Gesamtareal integriert. Unter anderem kann man einen von Fröbel selbst entworfenen Speisesaal besichtigen. Von hier aus gelangt man auch zum Fröbelblick. Hier fand Fröbel das Wort Kindergarten. Ein Denkmal erinnert heute an diese Eingebung.
In der Keilhauer Zeit erscheint Fröbels Hauptwerk: "Die Menschenerziehung". In diesem Buch stellt er die Grundideen seiner Erziehung und seine philosophischen Überlegungen dar.
1831 verlässt Fröbel Keilhau und geht in die Schweiz. Hier eröffnet Fröbel im Schloss Wartensee im Kanton Luzern eine Erziehungsanstalt. Ziel und Aufgabe der Anstalt sollte nach Fröbels Vorstellung die Ausbildung des heranwachsenden Menschen in "Tatkraft, Empfinden und Denken" sein. Die Erziehungsanstalt besteht allerdings nur kurze Zeit.
1834 erhält Fröbel von der Regierung des Kantons Bern (Schweiz) den Auftrag, das pädagogische Konzept für eine Armenerziehungsanstalt in Burgdorf auszuarbeiten. In diesem Jahr übernimmt er auch die Leitung des auf dem Burgdorfer Schloss beginnenden Lehrerfortbildungskurses. Ab 1. April 1835 bekommt Fröbel die Leitung des neu eröffneten Waisenhauses in Burgdorf.
Alle diese schweizerischen Aktivitäten werden allerdings sehr unterschiedlich gesehen; sie wurden angefeindet und hatten dadurch keinen durchschlagenden Erfolg. Daher verlässt Fröbel am 14. Mai 1836 die Schweiz, im Kopf bereits den Plan für das neue Unternehmen Kindergarten.
Fröbel als Kindergärtner
Nach dem Aufenthalt in der Schweiz widmet sich Fröbel 1836 ganz der Vorschulerziehung. Er entwickelt in Bad Blankenburg Spielmaterialien, die er als "Spielgaben" bezeichnet. Grundelemente sind Kugel, Walze und Würfel. Fröbel gründet "Spielkreise" und richtet Kurse für "Spielführer" ein, an denen auch Mädchen teilnehmen.
1839 stirbt seine Frau. Die Ehe blieb kinderlos.
Im gleichen Jahr gründet Fröbel im "Haus über dem Keller" eine "Spiel- und Beschäftigungsanstalt". Das viergeschossige Gebäude aus dem 14. Jahrhundert liegt unterhalb der Burg Greifenstein. Es ist vermutlich das älteste Rathaus der Stadt. Seit 1982 (200. Geburtstag von Fröbel) befinden sich im Gebäude ein Fröbelmuseum sowie ein Archiv und eine Bibliothek.
Am 28. Juni 1840 gründet Friedrich Fröbel in Bad Blankenburg den "Allgemeinen deutschen Kindergarten". Dies ist die Geburtsstunde des Kindergartens. Da Fröbel ständig Geldnot hat und auch die Politik die Umsetzung seiner Idee erschwert, ist dem Kindergarten zunächst kein glückliches Los beschieden.
Fröbel betätigt sich weiter als Autor. 1844 gibt er die "Mutter-, Spiel- und Koselieder" heraus. In dieser Zeit hält er Vorträge und führt Halbjahreskurse zur Unterweisung in seine Vorschulerziehung ab.
Die Revolution von 1848 nimmt sich des Kindergartengedankens an und führt zu einer weiten Verbreitung.
Fröbel als KindergärtnerInnenausbilder
Im Jahr 1849 bietet ihm der Herzog von Meiningen sein Schlösschen Marienthal bei Bad Liebenstein als Wohnsitz an. Hier gründete er die erstes ständige Kindergärtnerinnenausbildungsstätte der Welt. Zugleich sollten ein Waisenheim, ein Kindergarten und eine Schule entstehen. Diese Einrichtungen sollten den angehenden Kindergärtnerinnen als Übungsstätte dienen. Allerdings konnte nur der Kindergarten und ein kleines Seminar im ehemaligen Jagdschlösschen Marienthal verwirklicht werden.
Im Schloss heiratet er 1851 zum zweiten Mal. Seine junge Frau ist eine von ihm ausgebildete Kindergärtnerin - Luise Levin. Auch diese Ehe blieb kinderlos.
Bei unserer Vor-Ort-Besichtigung mussten wir feststellen, dass sich das Schlösschen Marienthal noch immer in einem maroden Zustand befindet. Wir konnten zwar erste Sanierungsarbeiten sehen, doch sind noch viele Arbeiten, auch am Garten erforderlich, bevor das Schlösschen Marienthal im neuen Glanz erstrahlen kann.
Fröbel im Alter
Der August 1851 bringt für den alternden Fröbel die Vernichtung seines Lebenswerkes. Die Kindergärten werden im Königreich Preußen verboten, da sie angeblich Teil eines sozialistischen Systems seien. Diesem Verbot liegt eine Verwechslung mit seinem Verwandten Karl Fröbel, der 1851 die Schrift "Weibliche Hochschulen und Kindergärten" veröffentlicht hat, zugrunde. Fröbel ist über das Verbot zutiefst verletzt.
Im Schloss Marienthal stirbt Fröbel mit 70 Jahren am 21. Juni 1852. Daran erinnert eine Gedenktafel die an der Hausfront von Schloss Marienthal angebracht ist. Fröbel wurde, wenige Minuten vom Schlösschen entfernt, auf dem Bergfriedhof von Schweina beigesetzt.
Schlussbemerkung
Etwas vom Geiste Fröbels konnten wir während der Exkursion spüren, und damit wurden Fröbel und seine Zeit für uns alle lebendiger.
Fröbel wird auch künftig im Rahmen der ErzieherInnenausbildung einen wichtigen Stellenwert haben, da er nicht nur ausgezeichnete Spielgaben entwickelt hat, sondern auch sein erzieherisches Vorbild für künftige ErzieherInnen Gültigkeit besitzt. Dieser Intention folgt auch das Thüringer Fröbelseminar, indem es eine qualifizierte Fortbildung in Fröbelpädagogik anbietet. Vielleicht ist dies auch ein hilfreicher Ansatz für andere Bundesländer? Man denke nur an die Qualitätsdiskussion!
Unsere Berufspraktikanten waren jedenfalls von dieser Möglichkeit der Qualifizierung angetan.
Auf Fröbels Grabdenkmal mit Würfel, Walze und Kugel steht der Wahlspruch:
"Kommt lasst uns unseren Kindern Leben !"
Ein richtungsweisender Spruch auch für künftige ErzieherInnen!
Anmerkung
Sollten Leserinnen und Leser an näheren Informationen zur Exkursion interessiert sein, so können Informationen beim Fachakademielehrer Werner Eitle, Hangstr. 6, 89547 Dettingen, Tel./Fax: 07324-41184, E-Mail: L.u.W.Eitle@t-online.de, eingeholt werden.
An den Referaten, die Grundlage dieses Artikel sind, waren die Berufspraktikanten (2000/2001) Maria Andraschko, Armin Scherer, Sabine Lechner, Monique Rexin, Claudia Sing, Kathrin Lanzinger, Sabine Schweizer, Yvonne Braun, Diana Grunewald, Anita Keller, Christoph Loew, Patricia Storf, Karin Binkert, Claudia Zeidler, Verena Schmidt, Mario Schmidt, Ursula Rieß beteiligt.