Maria Odemarck
Abstract
Frühpädagogische Einrichtungen arbeiten in den seltensten Fällen gewinnorientiert. Dennoch stehen den Leitungen solcher Einrichtungen knappe Ressourcen zur Verfügung, mit denen sie wirtschaften müssen, um ihren pädagogischen Auftrag zu erfüllen. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welches betriebswirtschaftliche Wissen in frühpädagogischen Institutionen notwendig ist und welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in Deutschland derzeit angeboten werden.
1. Einleitung
Zu dem Aufgabengebiet der Führungskraft einer Kindertagesstätte (Kita-Leitung) gehört u.a.:
- „(…) Eigenverantwortliche Organisation des betrieblichen Alltags zur Sicherung der ganzheitlichen Umsetzung des Bildungsauftrages
- Führung des Gesamtteams, d.h. Steuerung des Personaleinsatzes, fachliche Begleitung der Mitarbeiterinnen und Praktikanten sowie Reflexion, Personalentwicklung und Personalgewinnung (…)“ (EFK 2014).
Dieser Auszug aus einer Stellenbeschreibung zeigt, dass das Anforderungsprofil einer Kita-Leitung den erzieherischen und pädagogischen Aspekt dieses Berufs überschreitet und Führungskompetenzen im Bereich der Organisation des betrieblichen Alltags sowie im Personalmanagement gefordert werden. Es wird deutlich, dass ein „Umdenken bzw. ein Denken in wirtschaftlichen Kategorien aufgrund der weiterhin zunehmenden Konkurrenz, der sich stetig verändernden Rahmenbedingungen und des steigenden Qualitätsbewusstseins, das für soziale Einrichtung überlebensnotwendig ist“ (Moos / Peters 2008, S. 15), an Bedeutung gewinnt. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit rückt demnach auch in frühkindlichen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen vermehrt in den Vordergrund.
Die Frage ist, warum der Anspruch des Wirtschaftlichkeitsprinzips überhaupt an öffentliche Institutionen gestellt wird, wenn es sich nicht um Unternehmen der freien Marktwirtschaft handelt, die Gewinne erzielen müssen, um am Markt bestehen zu können. Dazu ist zunächst zu klären, was einen Betrieb von einer Kindertagesstätte unterscheidet oder auch nicht unterscheidet und ob im Fall einer Gleichheit nicht die gleichen Anforderungen an eine Kindertagesstätte gestellt werden können, wie es bei Betrieben getan wird, d.h. es können die gleichen Kompetenzen zum Führen dieser Unternehmungen gefordert werden. Wenn dem so ist, muss auch eine entsprechende Ausbildung dafür angeboten werden. Ist diese Entwicklung derzeit in Deutschland erkennbar?
2. Systemtheoretischer Ansatz
Betriebe stellen die Bedürfnisbefriedigung und das Gewinnstreben in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Dafür werden betriebswirtschaftliche Kompetenzen benötigt, um durch effizientes und effektives Wirtschaften, dieses Ziel zu erreichen. Wenn das Gewinnstreben eine zentrale Voraussetzung für die Anwendung betriebswirtschaftlicher Kompetenzen ist, wären z.B. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe davon ausgenommen, obwohl diese auch mit knappen Gütern, wie die menschliche Arbeitskraft, konfrontiert sind (Moos / Peters 2008). Die Betriebswirtschaftslehre bewegt sich bis heute im Spannungsfeld der erwerbswirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Forschungsansätze, wodurch deutlich wird, dass nicht ausschließlich das Gewinnstreben einen betriebswirtschaftlichen Ansatz begründet (Wöhe / Döring 2002). Um zu untersuchen, wie die Betriebswirtschaft auch in sozialen Bereichen, hier speziell in der Kinder- und Jugendhilfe, Anwendung finden kann, wird der systemtheoretische Ansatz nach Ulrich (1970), als einer der Forschungsansätze der Betriebswirtschaftslehre, näher beleuchtet, da hierbei der Mensch „in seiner Bedeutung für den Betrieb in den Mittelpunkt der Betrachtung“ (Grass 2003, S. 35) rückt sowie die allgemeinen Systemfunktionen (Wöhe / Döring 2002).
Die Grundlage dieses Ansatzes ist ein vorhandenes System, „eine Gesamtheit von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können“ (Flechtner 1966, S. 353). Der Systembegriff wird anhand der Ganzheit, der Elemente, der Beziehungen und der Struktur und Ordnung (z.B. Wirkungsmöglichkeiten der Elemente aufeinander) charakterisiert (Grass 2003). Sind diese Grundlagen erfüllt, bietet die Systemtheorie „Methoden zur Lösung typischer Unternehmensprobleme“ (Ulrich 1970, S. 100) an.
Systeme können anhand ihrer Eigenschaften genauer charakterisiert werden. Demnach
handelt es sich bei Betrieben um ein:
- künstliches (von Menschen geschaffen),
- reales (in der Wirklichkeit erfahrbar),
- soziales (mindestens zwei Menschen als Elemente vorhanden),
- sozio-technisches (z.B. Computer vorhanden),
- informelles (Verarbeitung und Weitergabe von Informationen),
- offenes (Beziehung zur Umwelt),
- dynamisches (Systemzustand bei Eintritt von Störungen verändern),
- zweck- und zielorientiertes,
- komplexes (Anzahl der Elemente und Beziehungen)
- und probabilistisches (Verhalten kann nur mit gewissen Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden)
System (Grass 2003). Aufgrund dieser Komplexität ist, im systemtheoretischen Denken, eine „Regelung und Steuerung von dynamischen Prozessen“ (Grass 2003, S. 79) notwendig, sodass auf betriebswirtschaftliche Methoden im Sinne der Systemtheorie zurückgegriffen werden kann.
3. Frühpädagogische Institutionen als Betriebe
Mit frühpädagogischen Institutionen, sind Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gemeint, „in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten“ (KJHG, §22 Abs. 1, Satz 1) und wo ein Förderungsauftrag zur Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes besteht (vgl. KJHG, §22 Abs. 3, Satz 1). Wie bereits beschrieben, können betriebswirtschaftliche Methoden angewandt werden, wenn Kitas systemtheoretisch genauso eingeordnet werden können wie Betriebe, was im Folgenden geprüft wird.
Bei einer Kita handelt es sich um ein künstliches, reales, soziales und offenes System (Wehrmann / Abel 2000). Es liegt, im Sinne des gesetzlich verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrages, eine Zweck- und Zielorientierung vor. Aufgrund von möglichen neuen Richtlinien liegt ebenfalls ein informelles und dynamisches System vor. So stellt beispielsweise der Berliner Bildungsplan seit 2004 „für alle Träger von Kitas im Land Berlin, die aus Landesmitteln finanziert werden, eine verbindliche Grundlage für ihr Handeln und das ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft 2014, S. 175) dar. Die Gemeinschaft der Kinder, ihrer Familien sowie der Erzieher/innen (Wehrmann / Abel 2000, S. 12) verdeutlicht die Komplexität, sowie auch die probabilistische Komponente, da Verhalten nicht vorhergesagt werden kann. Die einzige Einschränkung, wenn auch vorhanden, liegt bei der sozio-technischen Eigenschaft, die z.B. in Wirtschaftsunternehmen einen viel größeren Raum einnimmt. Da jedoch auch in einer Kita Verwaltungsaufgaben anfallen, kann in unserer heutigen Gesellschaft davon ausgegangen werden, dass dies durchaus durch technische Unterstützung erfolgt (Wehrmann / Abel 2000).
Eine Kita kann demnach, nach dem systemtheoretischen Ansatz, mit einem Betrieb gleichgesetzt werden, was folglich die Steuerung von Prozessen notwendig macht. Zusammenfassend stellt die Kita ein System mit Elementen (u.a. Kinder, Eltern, Erzieher/innen) und Beziehungen (alle Elemente stehen zueinander in Beziehung) dar, denen durch eine Struktur sowohl „der Ort des einzelnen Elements im System“ (Ulrich 1970, S. 110), wie auch die „Wirkungsmöglichkeiten der Elemente aufeinander“ (Ulrich 1970, S. 110) vorgegeben werden können.
Um die Kita allgemein einzuordnen, handelt es sich um eine Institution die Dienstleistungen erbringt und in der das „Wirtschaften als Entscheidung über knappe Güter (…) auch (…) ohne Gewinnerzielungsabsicht von Bedeutung“ (Moos / Peters 2008, S. 15) ist.
4. Betriebswirtschaftliche Kompetenzen von Führungskräften in Kindertageseinrichtungen
Um die komplexen Prozesse in einem System zu verstehen und zu steuern, sind betriebswirtschaftliche Kompetenzen, in erster Linie Sachkompetenzen, notwendig. Da festgestellt werden konnte, dass sich eine Kita systemtheoretisch nicht von einem Betrieb unterscheidet, sind in beiden Systemen, unabhängig von der Betriebs- bzw. Systemgröße, auch die gleichen betriebswirtschaftlichen Kompetenzen zur Prozesssteuerung notwendig.
Greift man auf die Gliederungspunkte einer pädagogischen Konzeption, verpflichtend für jede Kindertageseinrichtung (SenBJW 2012), zurück, werden schon einige betriebswirtschaftliche Bereiche verdeutlicht. Allgemein schreibt die pädagogische Konzeption „die Grundsätze und Ziele des pädagogischen Handelns“ (Aust und Partner 2015) fest und ist damit wie eine Art Unternehmensphilosophie (Unternehmung als Ganzheit) zu verstehen, die nicht nur schriftlich fixiert ist, sondern auch umgesetzt werden muss. Die Konzeption enthält auch Maßnahmen der Personalentwicklung sowie zur Ausgestaltung der Teamarbeit und erfordert damit ein umfangreiches Wissen über Personalmanagementprozesse (soziale Dimension).
Weiterhin ist für die Umsetzung der Bildungsgrundsätze, die eigentliche pädagogische Arbeit, sozusagen eine Produktionsplanung notwendig (materielle Dimension), wie diese Umsetzung erfolgen soll, was gleichzeitig einer Zieldefinition gleichkommt und einen langfristigen Planungsprozess impliziert (Unternehmung als Ganzheit). Einen sehr hohen Stellwert hat die Informationswirtschaft in einer Kita, da z.B. in den Bereichen Beobachtung und Dokumentation der Entwicklung der Kinder, Gestaltung von Übergängen, Elternarbeit und Öffentlichkeitsarbeit die Kooperation mit anderen Personen oder Institutionen und die Informationsübermittlung ein zentrales Element ist (kommunikative Dimension). Die Maßnahmen des Qualitätsmanagements in der Einrichtung müssen geplant, umgesetzt und bewertet werden (vgl. Unterausschuss Kindertagesbetreuung des Landesjugendhilfeausschusses des Landes Brandenburg 2010). Nach § 22 a (1) TAG sind Kitas zum Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit verpflichtet (wertmäßige Dimension). Anhand einer pädagogischen Konzeption werden demnach schon Aspekte verdeutlicht, die betriebswirtschaftlichen Bereichen zugeordnet werden können. Jedoch sind im tatsächlichen Arbeitsalltag noch mehr Verbindungen zu erkennen.
Die Verantwortung der Führungskräfte in Kitas wird „im Zuge einer größeren Verantwortlichkeit für die Dienstleistungsqualität und Wirtschaftlichkeit zunehmen“ (Wehrmann / Abel 2000, S. 16), wodurch auch die Personalbereiche der Planung, Auswahl, Entlohnung und Bewertung angesprochen werden, wie auch die Motivation der Mitarbeiter/innen (soziale Dimension). Im Zuge der Wirtschaftlichkeit wird auch die Kostenplanung und das Controlling eine immer größere Rolle spielen (wertmäßige Dimension). In diesem Zusammenhang wird, ganz allgemein, die Bedeutung der Planung und Steuerung von Prozessen immer bedeutsamer, um mit den verfügbaren Ressourcen, das bestmöglichste Ergebnis zu erzielen und dieses auch nach außen, z.B. an den Träger oder Senat, zu kommunizieren.
Eine weiteres wichtiges Richtmaß für eine frühpädagogische Führungskraft ist die sogenannte Prozessqualität, „die Dynamik des pädagogischen Geschehens und den entwicklungsangemessenen und auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmten Umgang mit dem Kind“ (Kluczniok / Kuger, 2008 S. 161). Die Prozessqualität wird durch die Orientierungsqualität (die pädagogische Orientierung des Fachpersonals, die Strukturqualität (die Rahmenbedingungen einer Gruppe) sowie durch die Organisations- und Managementqualität beeinflusst (DJI / WiFF 2014; Kluczniok / Kuger, 2008). „Leitungskräfte beeinflussen die Prozessqualität in ihrer Einrichtung direkt, denn sie prägen Stil und Atmosphäre sozialer Prozesse mit [und] sie setzen Standards, gestalten Arbeitsbedingungen und beeinflussen durch ihren Führungsstil die Motivation der pädagogischen Fachkräfte sowie deren fachliche Weiterentwicklung“ (DJI / WiFF 2014, S. 21). Dies soll verdeutlichen, dass auch hier betriebswirtschaftliche Kompetenzen notwendig sind, um die Organisations- und Managementqualität zu gestalten, z.B. durch Personalführung und Motivation.
Eine betriebswirtschliche Führung und Bilanzierbarkeit einer Kita bietet Stabilität und Sicherheit für involvierte Partner (z.B. Träger oder Senat), bei denen die gleichen betriebswirtschlichen Mechanismen wirken.
5. Aus- und Weiterbildungsangebot in Deutschland
Die Gründung der „Weiterbildungsinitiative frühpädagogische Fachkräfte“ im Jahre 2009 verdeutlicht, dass ein Fokus auf die Professionalisierung der Fachkräfte im Rahmen der Qualität pädagogischer Arbeit vorhanden ist (DJI o.J.). Dabei wird auch das Thema der Kita-Leitung fokussiert und untersucht „welche typischen Anforderungen Kita-Leitungen zu bewältigen haben“ (DJI 2014), was die Wichtigkeit dieses Themas herausstellt. Die derzeitige Erzieherausbildung hat jedoch das Ziel, Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen zu können und selbstständig und eigenverantwortlich tätig zu sein (Speth 2010). Folglich ist eine Übernahme von Führungsaufgaben kein Bestandteil dieser Erstausbildung.
Es ist demnach eine Weiterbildung oder separate Ausbildung, wie ein Studium, zum betriebswirtschaftlichen Führen einer Kita notwendig. In diesem Abschnitt werden exemplarisch jeweils ein Aus- und ein Weiterbildungsangebot für Kita-Leitungen ausgewählt und die Ausbildungsinhalte mit den notwendigen betriebswirtschaftlichen Kompetenzen verglichen.
5.1 Weiterbildung - Lehrgang zur zertifizierten Kita-Leitung
Die Akademie für Kindergarten, Kita und Hort bietet qualifizierte Weiterbildungen für Erzieher und Erzieherinnen, u.a. einen Lehrgang zur zertifizierten Kita-Leitung, an (AfKKH o.J.). Diese Weiterbildung soll Teilnehmende „zielgerichtet auf Ihre neue Funktion als Leitung vorbereiten“ (AfKKH o.J., S. 3), um im „Dienstleistungsunternehmen Kindertagesstätte“ (AfKKH o.J., S. 2) agieren zu können. Es handelt sich hier vorerst um ein Angebot, das alle Leitungsaufgaben abdecken soll. Um eine Zertifizierung zu erhalten, müssen die Pflichtmodule Teammanagement, Recht und Qualitätsmanagement, sowie ein Spezialisierungsmodul in Führung und Leitung, Management und Organisation oder Elternarbeit belegt werden (AfKKH o.J., S. 2).
5.2 Studium - Kita-Master (Leitung frühkindlicher Bildungseinrichtungen)
An der Europa-Universität Flensburg wird ein Weiterbildungsstudium mit dem Abschluss „Kita-Master (M.A.) - Leitung frühkindlicher Bildungseinrichtungen“ - angeboten (EUF 2014). Dieser Studiengang wurde ausgewählt, weil es zum derzeitigen Recherchezeitpunkt der einzige mit einer Spezialisierung auf die Leitung von Kitas ist. Ziel des Studiengangs ist, eine „fundierte, akademische und zugleich anwendungsorientierte Qualifizierung von Führungskräften“ (EUF 2014, S. 2) zu gewährleisten. Bei den Berufsperspektiven wird speziell betont, dass dieser Abschluss zur „Arbeit in Leitungen frühkindlicher Bildungseinrichtungen, insbesondere in Kitas“ (EUF 2014) befähigt. Der Studiengang ist modular aufgebaut und beinhaltet sieben Pflichtmodule, sowie zehn Tage Praktika und die abschließende Masterarbeit (EUF 2014). Zu den Ausbildungsinhalten gehören die Module: Leitungsarbeit, Personal, Kommunikation; Gesundheit, Bewegung, Prävention; Finanzen, Recht, Öffentlichkeitsarbeit; Pädagogisches Konzept, Qualitätsmanagement; Entwicklungsdiagnostik; sprachliche Kompetenzentwicklung, sowie das Modul Entdecken, Erforschen, Erleben (EUF 2014).
5.3. Vereinbarkeit betriebswirtschaftlicher Kompetenzen im Aus- und Weiterbildungsangebot
Vergleicht man die beiden vorgestellten Aus- und Weiterbildungsangebote, den „Lehrgang zur zertifizierten Kita-Leitung“ mit dem „Kita-Master (M.A.) – Leitung frühkindlicher Bildungseinrichtungen“, wird klar, dass sie sich in der inhaltlichen Konzeption deutlich unterschieden.
Keines der beiden Angebote definiert den Begriff Führung (Leitung), sodass nicht klar ist, welches Verständnis dahintersteht. Geht man von einem institutionellen Führungsbegriff aus, d.h. die Führungsperson und die Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt (Beschorner / Peemöller 2006), dann wären die Module „Management & Organisation“ des Weiterbildungsangebotes, sowie das Modul „Finanzen“ beim Master-Studiengang, nicht relevant. Der Begriff Management beinhaltet das Planen, Organisieren und Kontrollieren und die Finanzierung stellt eine Kontrollfunktion in Unternehmen dar. Demnach wird der multifunktionale Führungsbegriff zugrunde gelegt, was auch den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit wiederspiegelt.
Der „Lehrgang zur zertifizierten Kita-Leitung“ bildet vereinzelt Schnittstellen zu den notwendigen betriebswirtschaftlichen Kompetenzen, jedoch wird die materielle sowie die wertmäßige Dimension komplett vernachlässigt. Das heißt es wird kein Wissen darüber vermittelt, wie sich eine Kita generell finanziert oder wie man vielleicht auch einmalige Projekte sponsern lassen kann.
Außerdem wird vernachlässigt, wie die Betreuung und der Einsatz der Fachkräfte geplant werden. Es lässt sich insgesamt festhalten, dass die Module eher notwendiges Wissen über einzelne für Führungskräfte relevante Bereiche vermitteln, aber nicht den Gesamtprozess der Betriebsführung abdecken. Die soziale und kommunikative Dimension stehen eher im Mittelpunkt dieser Weiterbildung, aber auch hier werden zentrale Elemente, wie die Personalauswahl oder die Informationsbeschaffung, komplett oder teilweise vernachlässigt. Entscheidend ist, dass das Modul „Führung und Leitung“ kein Pflichtmodul ist, was bei einer Nichtbelegung die Zertifizierung zur Kita-Leitung nicht rechtfertigt. Aufgrund dessen kann dieses Weiterbildungsangebot keine ausreichenden betriebswirtschaftlichen Kompetenzen vermitteln.
Das Studienangebot „Kita-Master (M.A.) - Leitung frühkindlicher Bildungseinrichtungen“ deckt, bis auf die Einsatzplanung (materielle Dimension), positiv formuliert alle Bereiche der betriebswirtschaftlichen Kompetenzen ab. Das liegt daran, dass einige Bereiche wie z.B. die materielle und wertmäßige Dimension sehr allgemein gehalten sind und, auch auf Nachfrage an der Universität Flensburg, keine detaillierten Modulinhalte kommuniziert wurden. Die soziale und kommunikative Dimension, sowie die Anforderung an das Unternehmen als Ganzheit werden sehr detailliert beschreiben und erfüllen nahezu alle Grundlagenkenntnisse zur Entwicklung betriebswirtschaftlicher Kompetenzen (Riecke-Baulecke 2014). Da jedoch nicht alle Module, aufgrund der fehlenden Informationen, genau beurteilt werden können, bleibt die Einschätzung z.B. der wertmäßigen Dimension sehr vage.
Ein Modulbestandteil ist auch die pädagogische Konzeption, wodurch schon einige betriebswirtschaftliche Bereiche abgedeckt werden. Jedoch geht aus den Modulen nicht hervor, dass die Funktion eines Betriebes und die Beziehungsgefüge der einzelnen Dimensionen gelehrt werden. Dieses Grundverständnis ist für die Betriebsführung jedoch zwingend notwendig.
Abschließend kann festgehalten werden, dass die beiden Aus- und Weiterbildungsangebote die Anforderung an die Entwicklung betriebswirtschaftlicher Kompetenzen nicht hinreichend erfüllen.
6. Fazit und Ausblick
Es konnte gezeigt werden, dass eine Kindertagesstätte im systemtheoretischen Kontext die gleichen Eigenschaften aufweist wie ein Betrieb und daher auch betriebswirtschaftliche Kompetenzen notwendig sind, um dieses System zu steuern. Um demnach einer Führungskraft einer frühpädagogischen Institution das notwendige Wissen für ein multifunktionales Führen von Betrieben zu vermitteln, muss eine Orientierung an den Methoden der Betriebswirtschaftslehre erfolgen. Das bedeutet, dass Fachwissen über die verschiedenen betriebswirtschaftlichen Bereiche vermittelt werden muss, sodass aufgrund dieser Sach- und Methodenkompetenz ein erfolgreiches Führen einer Kita ermöglicht wird.
Betrachtet man die Ausbildungsinhalte von zwei derzeit angebotenen Aus- und Weiterbildungsoptionen findet keine ausschöpfende Wissensvermittlung der Betriebsführung statt. Es besteht also die Möglichkeit, dass eine Führungskraft einer Kita nicht alle Maßnahmen im Sinne der Wirtschaftlichkeit, wie z.B. einen effizienten Umgang mit knappen Gütern (Fachpersonal, Zeit, Finanzen), durchführen kann, um die Prozesse der Einrichtung zu steuern und zu optimieren. Aber es besteht nicht nur die Gefahr, dass die Führungskraft betriebliche Ressourcen nicht erkennt, sondern auch die Gefahr der persönlichen Überforderung. Wenn betriebswirtschaftliche Kompetenzen von Führungskräften in frühpädagogischen Institutionen gefordert werden, aber nicht die notwendige Ausbildung bereitgestellt wird, fehlt die Sach- und Methodenkompetenz, was eventuell zum Scheitern in der Leitungsfunktion führt und als persönlicher Misserfolg gewertet wird.
Die pädagogische Konzeption einer Kita zeigt, dass schon einige Bereiche der Betriebswirtschaft in der Planung und Organisation einer Kita berücksichtigt werden. Das heißt eine Führungskraft ist zwangsläufig mit bestimmten betriebswirtschaftlichen Bereichen konfrontiert. Daher ist die verpflichtende pädagogische Konzeption durchaus positiv zu sehen. Jedoch fehlen hier wesentliche Aspekte wie Finanzierung, Bedarfsanalyse, Personaleinsatzplanung, Zeitplanung oder auch Controlling. Natürlich kann es sein, dass diese Bereiche teilweise vom Träger der Einrichtung abgedeckt werden und im Arbeitsalltag für die Kita-Leitung nicht relevant sind, aber ein Wissen darüber, wie Prozesse ablaufen und was zu beachten ist, sollte nichtsdestotrotz vorhanden sein. Wenn eine betriebswirtschaftliche Kompetenz gefördert wird, führt dies bei Kita-Leitungen zu mehr Selbstständigkeit und einem kompetenten Umgang mit dem Träger. Dies ermöglicht dem Träger Aufgaben abzugeben und die Führungskraft langfristig zu binden. Eventuell wäre es, im Hinblick auf die pädagogische Konzeption, zielführend, wenn eine Anpassung an einen Business Plan erfolgt, der eben alle wichtigen betriebswirtschaftlichen Bereiche abdeckt und dadurch auch Führungskräften von Kitas die Relevanz dieser vor Augen führt.
Es fällt auf, dass der Aus- und Weiterbildung im betriebswirtschaftlichen Bereich immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die „Weiterbildungsinitiative für frühpädagogische Fachkräfte“ zeigt, dass ein Informationsbedarf allgemein zum Thema Weiterbildung, auch speziell auf der Leitungsebene, vorhanden ist. Je höher die Nachfrage in diesem Bereich wird, desto spezifischer wird sich auch das Angebot entwickeln. Es bleibt also abzuwarten, ob eine stärkere thematische Orientierung an der Betriebswirtschaftslehre in Zukunft erfolgt.
Das Thema Optimierung ist oft nicht einfach mit Prozessen in den Bereichen der Sozialen Arbeit zu vereinbaren, da es gefühlmäßig immer mit einer Maximierung, in der Wirtschaft in erster Linie mit der Maximierung des Gewinns, einhergeht. Jedoch können Prozesse auch im Hinblick auf eine Ressourcenfreisetzung optimiert werden. In der Sozialen Arbeit bedeutet das, dass durch strukturiertere und verkürzte Prozesse zum einen Zeit, aber auch, bei der Optimierung z.B. im Einkauf, finanzielle Mittel freigesetzt werden. Diese freien finanziellen Mittel können beispielsweise für die Einstellung einer weiteren Fachkraft genutzt werden. Dadurch besteht die Möglichkeit das ganze Team zeitlich zu entlasten.
Zusammenfassend können also Optimierungsprozesse, für deren Umsetzung betriebswirtschaftliche Kompetenzen notwendig sind, genutzt werden, um Ressourcen freizusetzen, die zu einer besseren Betreuung der Kinder einer Kindertageseinrichtung führen. Dieses eigentliche Ziel der pädagogischen Arbeit, das im Mittelpunkt der frühpädagogischen Führungstätigkeit steht, darf natürlich nicht vernachlässigt werden. Mit diesem Ziel und einer entsprechenden Herangehensweise lassen sich betriebswirtschaftliche Strukturen gut in Kitas integrieren und die Wichtigkeit der Betriebswirtschaftslehre im sozialen Kontext wird deutlicher.
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