Antje Bostelmann
Die Beschreibung der Pädagog/innenpersönlichkeit beginnt mit der Haltung, dem Bild vom Kind und dem Verständnis des Lernens.
Während der Hortbetreuung in einer Schule haben wir folgende Beobachtung gemacht: Im Computerraum der Schule sitzen viele Kinder vor den Bildschirmen. Die Atmosphäre im Raum ist ganz im Gegensatz zu den anderen Räumen, die wie ausgestorben wirken, von Diskussionen und Aktivitäten geprägt. Die Pädagog/innen finden wir im Büro.
Auf unsere Frage, warum sie nicht bei den Kindern sind, antworten diese, dass die Kinder schon klarkommen. Sie selbst verstehen ohnehin nichts von Computern und könnten zu dem Tun der Kinder kaum etwas beitragen.
Diese Situation hat uns nicht losgelassen. Ist es wirklich wahr, dass heutige Erwachsene den Kindern nicht beim Erlernen des Verstehens und Anwendens digitaler Technologien helfen können? Sind pädagogische Fachkräfte nicht doch eher Meister/innen im Organisieren und Inszenieren von Lernprozessen, als allwissende Automaten, die auf Knopfdruck zu jedem beliebigen Thema eine Unterweisung ausspucken können? Was steckt hinter der Aussage der Fachkräfte?
Die Haltung „Wir Erwachsene verstehen nichts von Computern“ und die daraus getätigte Ableitung „Wir wollen deshalb auch nichts damit zu tun haben“ ist grundlegend zu diskutieren. Erwachsene haben die Verantwortung für die Bildung und Erziehung der nachwachsenden Generation. Das hat sich auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht geändert. Pädagogik hat die Pflicht, sich mit der Lebensrealität der Kinder auseinander zu setzen und diese in ihrem pädagogischen Handeln zu berücksichtigen.
Das Bild vom Kind als lernendem Wesen, welches in seiner Entwicklung begleitet, dabei im Erlernen sozialer und kultureller Fähigkeiten angeleitet und in seinem Wissenserwerb gelenkt und motiviert wird, ist nach wie vor richtig, braucht aber eine neue Einordnung. Bisher wurde die Tätigkeit des Lernens und Erziehens als eine Art Übergabe von Wissen und Verhalten durch den Erwachsenen an die Kinder verstanden. Auch wenn schon lange vor dem Auftritt des ersten Tablets auf dem Markt heftig darüber diskutiert wurde, dass hier Änderungen nötig sind, hat sich die auf dieser Annahme beruhende Methodik an Schulen und Kindergärten nicht viel geändert. Die zunehmende Digitalisierung unseres Lebensalltags zieht notwendigerweise nach sich, dass auch Veränderungen im pädagogischen Vorgehen gebraucht werden. Seymour Papert macht mit seiner Aussage, die bereits aus den 70iger Jahren stammt, einmal mehr deutlich um was es eigentlich geht: You can't teach people everything they need to know. The best you can do is position them where they can find what they need to know when they need to know it. I am convinced that the best learning takes place when the learner takes charge.
Die Idee vom forschenden und entdeckenden Lernen ist nicht neu, viele Bildungseinrichtungen versuchen sich daran und berichten über ihre Erfolge. Im System staatlicher Vorgaben und Kontrollen geht es jedoch nach wie vor um messbare Lernleistungen, die durch eine erwachsenenzentrierte Didaktik erreicht werden sollen.
Lernen ist keine Einbahnstraße, sondern ein soziales Paket. Beim Lernen werden vielfältige Einflüsse und Ereignisse aufgenommen, im Diskurs mit anderen Menschen überprüft, erweitert oder verworfen und im Alltagshandeln angewandt und weiterentwickelt. Lernen braucht Zuversicht, Leidenschaft und Mut. Es braucht eine anregende Umgebung und regulierende Auseinandersetzungen. Wer lernt, bewegt sich, macht Fehler und muss Misserfolge verarbeiten. Es ist daher wichtig, dies alles schon in der frühen Kindheit zu lernen. Und dafür braucht es Pädagog/innen, die diese Art des Lernens durch eigenes Verhalten, sowie Raum-und Materialangebote ermöglichen, unterstützen und begleiten können.
Wie kann gute Lernbegleitung heute aussehen
The role of the teacher is to create the conditions for invention rather than provide ready-made knowledge. (Seymour Papert)
Aktuell werden die Erwachsenen dazu herausgefordert einzusehen, dass sie bei weitem nicht alles wissen und vermitteln können, was die heutigen Kinder für die Zukunft brauchen. Die Wissensarbeit der Bildungsinstitutionen muss hinterfragt werden: Wie werden Lernprozesse in Kindergarten und Schule gestaltet? Lernen die Kinder zu lernen, sich Wissen selbst zu anzueignen und Lernaufgaben aus Neugier zu entwickeln?
Bildungsinstitutionen sind verpflichtet, die Lebensrealität der Kinder in ihre Arbeit zu integrieren. Die Digitalisierung unseres Alltags ist Teil der Lebensrealität heutiger Kinder und gleichzeitig eine wichtige Herausforderung für Pädagog/innen. Für ein verantwortungsvolles Leben in der digitalisierten Welt ist es notwendig Technik zu verstehen und anwenden zu können. Begonnen beim Wissen über Stromkreise; Wissen, wie ein Algorithmus aufgebaut ist; Grundlagen des Programmierens verstehen; Wissen, wie ein Roboter arbeitet bis hin zur Fähigkeit Maschinen mit Hilfe von Computern zu steuern ...
Dies fordert von Eltern und pädagogischen Fachkräften eine bescheidene Haltung bezüglich des eigenen Wissens einzunehmen, und gleichzeitig die Verantwortung für das Gelingen des Bildung-und Erziehungsprozesses zu behalten. Was fast unmöglich klingt, beschreibt das Spannungsfeld, welches die Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen seit jeher begleitet. Die Frage nach den Merkmalen guter Lernbegleitung wird hier beantwortet:
- Beziehungen gestalten
Lernen gelingt am besten im Zusammensein mit anderen Menschen. Lernprozesse brauchen Diskussion und Reflexion. Lernen ist ein diskursiver Prozess, der im Austausch mit anderen stattfindet. Daher ist es wichtig, dass die Kinder gemeinsam mit anderen Kindern und den pädagogischen Fachkräften an einer Aufgabe arbeiten. Gute Beziehungen sind eine Voraussetzung dafür.
- Den Fragen und Thesen der Kinder genau zuhören
An den Fragen und Thesen lässt sich ableiten, wo die Kinder in ihrer Welterkenntnis gerade stehen, was sie schon wissen und wie sie dieses Wissen in ihr Weltbild einordnen. Lernen kann man am besten, wenn die neue Erkenntnis auf vorhandenes Wissen stößt und darauf aufbauen kann. Pädagogische Fachkräfte, die wissen, was die Kinder schon gelernt haben, können leichter den nächsten Lernschritt planen.
- Lernarrangements entdecken oder bewusst gestalten
Pädagog/innen sorgen für eine anregende Umgebung, die zum Erkunden einlädt. Sie gehen selbst mit offenen Augen durch die Welt und lassen die Kinder an ihren Entdeckungen teilhaben, nehmen selbst aber auch an den Entdeckungen der Kinder Anteil.
- Vorbereitet sein
Das Material sollte bereitstehen und der Raum gut vorbereitet sein. Die Lernumgebung sollte so gestaltet sein, dass selbstständiges und forschendes Lernen möglich ist.
- Gemeinsam mit den Kindern planen und reflektieren
Es macht Sinn, eine Aufgabe in Schritte zu zerlegen, sich genau zu überlegen was herausgefunden werden soll, wie man vorgehen will und wen man fragen kann. Pädagog/innen sprechen mit den Kindern über deren Forschungsschritte, geben ihnen wertschätzende Rückmeldung und vermitteln Anerkennung und Sicherheit.
- Impulse, statt Anleitung
Es ist wichtig, sich mit Anleitungen zurückzuhalten und zum Weiterdenken anzuregen, zum Beispiel indem man Fragen stellt. Fantasie, Sinn, Erfahrung und Sprachkompetenz spielen in Lernprozessen eine entscheidende Rolle.
- Spielen ist Lernen
Die Möglichkeit zu spielen braucht zeitliche und räumliche Ressourcen. Pädagog/innen müssen sich dessen bewusst sein, um darauf achten zu können diese Ressourcen nicht einzuschränken.
- Kinderräume zu Lernlaboren umgestalten
Kinder brauchen vielfältige Zugänge, um die Welt zu erkunden. Kinderräume sollten daher als Lernlabore fungieren, die anregen und unterschiedlichste Experimente zulassen.
Pädagog/innen als mitlernende Forscher/innen
Wie wird man zum/zur Mitspielender/in und Lernermöglicher/in, wenn man doch jahrelang eingeübt hat, den Kindern zu helfen, sie zu unterweisen und zu unterrichten? Wie kann pädagogisches Handeln unter den neuen Anforderungen aussehen?
- Pädagogische Abläufe planen, ohne alles vorherzusehen und vorgestalten zu können und zu wollen.
- Pädagogische Grundlagen anwenden, um Kindern zu Wissen und Erfahrungen zu verhelfen.
- Teamarbeit pflegen, auch mit Kindern.
- Didaktische Überlegungen zum Mitspielen und Mitforschen anstellen.
- Sich selbst darauf trainieren, die Fragen der Kinder im Fluss zu halten, und nicht durch schnelle Antworten zum Versiegen zu bringen.
- Den Kindern immer wieder neue interessante Dinge zum Untersuchen mitbringen.
- Mit den Kindern im Dialog bleiben.
- Die Fähigkeit erwerben, traditionelle pädagogische Methoden mit neuen Möglichkeiten zu kombinieren. Ästhetische Bildung, Geschichten erzählen, Alltagsspiele und Naturerkundungen bleiben im Mittelpunkt des Kindergartens.
- Digitale Medien in das Alltagsleben des Kindergartens integrieren und in selbstverständlicher Benutzung zu sinnvollem Zubehör des Kindergartenlebens zu machen.
- Üben, die eigenen Gedanken mit Eltern, Teamkollegen und Kindern zu teilen. Auch oder gerade wenn sie kritisch gegenüber allgemeingültigen Meinungen und Haltungen sind.
Am Ende ist es eine Frage des didaktischen Vorgehens von Pädagog/innen. Es braucht neue Überlegungen und pädagogische Gedanken. Diese entstehen am ehesten im Austausch mit Kolleg/innen, über Versuche, den Alltag neu und anders zu gestalten, über Erfahrungen im Umgang mit neuen Materialien und über Projekte, die gelungen oder manchmal auch misslungen sind.
Die Didaktik der Fragen
In einer von Fragen geleiteten Didaktik lernen Menschen den Wert der Gruppe als Pool von vielfältigem Wissen, unterschiedlichen Meinungen und Sichtweisen zu schätzen. Zusammen arbeiten ist deshalb eine wichtige Zukunftskompetenz, weil sie die Gemeinschaft stärkt und damit die Demokratiefähigkeit der Menschen. Im ganz praktischen pädagogischen Kontext stellt sich die Frage: Können die Kinder gemeinsam an Aufgabenstellungen arbeiten und Produkte präsentieren, die in Gemeinschaftsarbeit entstanden sind? Wissenskonstruktion braucht die Didaktik der Fragen. Gemeinsam Fragestellungen zu finden und diese zu bearbeiten, ist die Grundlage moderner Lernkonzepte. Fragengeleitetes, forschendes Lernen findet sich in vielen Ansätzen, sei es das Design Thinking, die Methode des Future Classroom Lab oder der Methode des Selbstorganisierten Lernens und vor allem in der Didaktik des Kindergartens.
Leitsätze für die Pädagogin / den Pädagogen von morgen
Sei ein/e Träumer/in
Man könnte auch sagen: „Stehe zu Deinen Visionen und Ideen. Vielleicht sind andere noch nicht so weit, dass sie dir folgen können, aber bleibe dran, dann wirst du einen Weg finden deine Ideen anderen zu erklären und vielleicht schaffst du es sogar, sie zu begeistern.“
Schon Kindergartenkinder machen die Erfahrung, dass nicht alles, was sie sich ausdenken und für richtig halten, bei anderen ankommt. Dies auszuhalten, sich nicht entmutigen zu lassen und einfach weiter zu machen, das ist etwas, was zu lernen lohnenswert ist.
Wie schön ist es, wenn Pädagog/innen und Kinder gemeinsam etwas erträumen.
So wie die Kinder in einem dänischen Kindergarten: Sie provozierten ihren Erzieher mit der Aussage, ihnen sei langweilig. Seine Idee eine Rakete zu bauen sei auch langweilig, denn die könne ja sowieso nicht fliegen. „Ja doch“ erwiderte der Erzieher. Und so begann ein beeindruckendes Projekt. Die Rakete wurde aus Pappkartons gebaut. Es wurde auf alles geachtet: Sie brauchte eine Tür, bequeme Sitze für die Astronauten, Licht und natürlich einen Weltraum. Die Pappkartonrakete mit Licht zu versehen war nicht das Problem, denn die Kinder kannten sich mit Stromkreisen und LEDs schon gut aus. Aber wie sollte der Weltraum entstehen? Darüber wurde sehr lange nachgedacht. Ein Kind kam auf die Idee, wenn um die Rakete herum Weltraumgeräusche wären, würde man drinnen in der Rakete denken, dass man im Weltraum herumfliegt.
Die Kinder haben alle möglichen Geräusche im Kindergarten entdeckt und aufgenommen. Ausgewählt wurde das melodische Schmatzen der Kühlschranktür, wenn diese geschlossen wird. „Das klingt, als wenn ein Satellit vorbei fliegt“, stellten die Kinder fest, saßen in der Rakete, hörten dem Geräusch zu und träumten vom Fliegen im Weltraum.
Sei furchtlos
Manche fürchten sich vor Situationen, in denen sie sich beweisen müssen. Andere wiederum fürchten sich davor, etwas falsch zu machen. Ganz allgemein ist es wohl menschlich sich vor Neuem und Unbekanntem zu fürchten, oder vor Dingen, die wir nicht verstehen. Die Arbeit mit digitalen Medien braucht Entdecker/innen, Personen, die sich voller Neugier an Neues heranwagen. Die nachwachsende Generation in diesem Sinne zu bilden, bedeutet, Kinder in einer Atmosphäre des Forschens aufwachsen zu lassen. Ihnen den Mut zu erhalten, beim Ausprobieren etwas falsch zu machen, nicht aufzugeben und immer wieder aufs Neue zu beginnen. Diese etwas romantisch klingende Zukunftsherausforderung steht unserem aktuellen Lehr- und Lernverständnis kontrovers gegenüber. Wir müssen uns dessen bewusst sein. Der Kindergarten, der sich in vielen europäischen Ländern vor der Verschulung schützen konnte, kann in seiner Didaktik ein Vorbild für die Heranbildung von Menschen sein, für die Fehler eine Lernchance ist. In dänischen Kindergärten arbeitet man deshalb mit dem Ziel Fehlermöglichkeiten für die Kinder im Alltag zu schaffen.
Sei leidenschaftlich
Es ist wunderbar, etwas zu tun, was man gern tut, wofür man sich interessiert und was einen antreibt. Wir Menschen sind verschieden und interessieren uns für verschiedene Dinge. Trotzdem versucht die traditionelle Schule Kinder und Jugendlichen zu vermitteln, dass Dinge, die Spaß machen, den Neigungen und Interessen entsprechen eher in den Freizeitbereich gehören. Die Schüler/innen, deren Vorlieben sich mit dem Lehrplan der Schule decken, sind in diesem Bildungssystem sehr im Vorteil. Es lohnt sich einmal andersherum vorzugehen und eine Schule zu erdenken, in der jeder nach seinen Interessen und Neigungen lernen kann. Wir sind sicher, dass kein naturwissenschaftliches oder künstlerisches Fach zu kurz kommen würde. In unserer komplexen Welt ist es wichtig, in vielen Facetten Wissen zu erwerben, sich weiter zu bilden und seine Kompetenzen zu verfeinern. Der Unterschied bestünde nur darin, dass der Lernprozess am leidenschaftlichen Interesse der Kinder und Jugendlichen ansetzt.
Sei inklusiv
Die Idee vom Lernen als soziales Paket beinhaltet die Idee vom gemeinsamen Lernen. Die Idee von der sozialen Gemeinschaft als Basis für ein gutes Miteinander im Kindergarten steckt in dieser Forderung. Sich gegenseitig etwas zutrauen, dem anderen zuhören, sich füreinander interessieren sind wichtige Voraussetzungen für ein Lernen in der sozialen Gemeinschaft. Damit dieses gemeinsame Lernen die Energie der Kreativität, des Entdeckens und des Erfindens entfalten kann, ist es wichtig, sich der eigenen Vorurteile bewusst zu sein, diese zu reflektieren und dadurch nicht zu groß werden zu lassen. Jeder ist ein wichtiges Mitglied der Gruppe, jeder hat Ideen und Wissen, die das gemeinsame Konstruieren und Entdecken voranbringen können.
Sei ein/e Hacker/in
Nichts bleibt, wie es ist. Alles verändert sich stetig. Kinder werden größer, verfügen über immer mehr Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Welt dreht sich weiter und die Menschen verändern sich, neue Erfindungen und Entwicklungen verändern unsere Gesellschaft. Besonders in der Kindheit werden Veränderungen als etwas Positives angesehen. „Ich werde größer“, „Wenn ich doch nur schon in der Schule wäre“, „ Meine Freundin kann schon schwimmen.“ Solche Äußerungen von Kindern machen deutlich, dass sie Veränderungen sehr positiv gegenüber stehen. Wir Erwachsenen, besonders pädagogische Fachkräfte, stehen Veränderungen eher skeptisch gegenüber. Wir machen uns zum Beispiel viele Gedanken über Transitionsprozesse. Es ist notwendig und berechtigt, die Kinder bei allen Veränderungen gut zu begleiten, sie dabei vor Irritationen zu schützen und darauf zu achten, dass jedes Kind gut mitkommt. Doch hier geht es um die Balance. Die Kinder müssen lernen Veränderungsprozesse für sich selbst gut zu gestalten, dabei eine positive Einstellung bei sich selbst erzeugen zu können und am Ende selber Veränderungen anregen und umsetzen zu können. Hacker verändern Dinge, Zusammenhänge oder eingeübte Routinen. Sie tun dies in dem Bestreben, etwas Neues zu erschaffen. Für forschendes Lernen ist der Hackergeist absolut notwendig.
Sei ein/e Geschichtenerzähler/in
Ist Eltern und Pädagog/innen eigentlich bewusst, dass sie, die Erwachsenen, die Kinder über Geschichten lenken? Die Narrative der frühen Kindheit haben sich über Generationen hinweg nur wenig verändert. Auch wenn die Akteure immer wieder andere sind, die Geschichten handeln von grundlegenden Werten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, liefern Erklärungen für die Gesetzmäßigkeiten unserer Welt und geben vor allem Zuversicht und Hoffnung auf ein gutes Ende, ein gutes Gelingen und den sicheren Schutz der Familie oder der Gemeinschaft.
Wir Menschen sind also daran gewöhnt durch Geschichten gelenkt zu werden und merken ihren Einfluss aus Nachrichten, Tratsch und sozialen Medien auf unsere Glaubenssätze und Handlungen im Alltag kaum. Hier braucht es gerade in der modernen Zeit ein Achtungszeichen, mehr Reflexion und sicher auch Regulation. Diese Erkenntnis legt eine große Verantwortung in die Hand des Geschichtenerzählers oder Geschichtenerfinders. Der Kindergarten braucht positive, motivierende und aktive Geschichten. Diese Geschichten sollen mit den Eltern und anderen Kindergärten geteilt werden.
Sei ein/e Künstler/in
Verwirkliche deine eigene Idee! Lass dein Projekt oder deine Erfindung Realität werden. Lass dich davon nicht abbringen. Dies steckt hinter der Aufforderung: „Sei ein/e Künstler/in!“ Der Kindergarten ist der ideale Tummelplatz für Ideenverwirklicher/innen und Erfinder/innen. Bauräume mit Platz und vielen verschiedenen Bausteinen, Pappkartons, Kleber oder Klebeband, Stifte, Kreide, Wasserfarben - all dies gibt es im Kindergarten in Hülle und Fülle. Wenn diese Möglichkeiten durch pädagogische Fachkräfte ergänzt werden, die dem fantasievollen Tun der Kinder Raum und Zeit verschaffen, können sie ihre Projekte verwirklichen. Die digitalen Werkzeuge ergänzen das Angebot. Tabletts und 3D-Drucker liefern eine neue Dimension anregenden Materials.
Sei authentisch
Kinder brauchen Erwachsene, die sich zeigen. Die offen ihre Stärken und Schwächen zeigen. Sie machen damit deutlich, dass sie keine Held/innen sind, leben vor, wie man mit persönlichen Eigenheiten umgehen kann und machen klar, wie schön es ist, Neues zu lernen. Offenheit, Ehrlichkeit, die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und verantwortlich zu handeln sind Eigenschaften, die der Idee der Makermentalität zu Grunde liegen. Eine funktionierende Gemeinschaft muss davon ausgehen, dass ausgrenzende Gerüchte, Eigennutz, Unehrlichkeit, Störungswille und andere negative Dinge immer wieder auftreten können. Es braucht die Fähigkeit damit umzugehen. Darüber muss reflektiert und der Zusammenhalt der Gruppe muss geübt werden. Je mehr die Kinder über Regulationsprozesse in Gruppen in ihrem Alltag erfahren können, um so besser sind sie für die Zukunft gerüstet und können Forderungen wie „Sei authentisch!“ oder „Sei inklusiv“ in ihr Leben integrieren.
Wir heutigen Pädagog/innen von morgen sind in der Lage die Kinder herauszufordern, ihre eigenen Fragen zu stellen, anstatt ihnen Schritte vorzugeben. Wir geben ihnen Freiraum, Zeit und Ruhe, ihre Ideen zu realisieren sowie inspirierendes Material und Platz. Wir diskutieren über Lösungswege anstatt über Ergebnisse. Gemeinsam mit den Kindern lernen wir aus Fehlern. Wir entwickeln Prototypen und nutzen diese im Alltag. Wir recyceln und reparieren anstatt zu konsumieren. Wir trauen uns gegenseitig etwas zu.
Zusammenfassung
Erwachsene begleiten Kinder in Lern- und Entwicklungsprozessen. Damit dies gelingt, gilt es diese fünf Punkte zu berücksichtigen:
- Die eigene Fähigkeit, zu experimentieren und zu spielen, trainieren .
- Vorbereitet sein, nicht nur den Raum vorbereiten. Auch der eigene Kopf, die eigene Haltung und die Selbstreflexion sind wichtig.
- Den Fragen der Kinder folgen.
- Den Kindern vertrauen, dass sie vieles schaffen und richtig machen können.
- Für die Kinder inspirierend bleiben