Zitiervorschlag

Motopädagogik: Raumerfahrungen mit Murmeln und Rollbrettern

Barbara Perras

 

Mittwoch Nachmittag gehen ca. 35 bis 40 Kinder des Städt. Kindergartens Parsberg regelmäßig in die Zweifachturnhalle der Hauptschule zum Bewegen in großen Räumen. Drei bis vier Erzieherinnen begleiten sie, zwei von ihnen sind ausgebildete Übungsleiter des BLSV, alle haben die Motopädagogische Zusatzqualifikation AkM.

Bei einer Vorbesprechung am Vormittag entscheiden die Kinder meist selbst, welche Spielgeräte sie mitnehmen möchten. Für Sportlehrer und Trainer sicher ungewöhnliche Dinge: Teppiche und Teppichfliesen, Rollbretter und Murmelkiste, Materialien aus der "Bewegungsbaustelle" von Klaus Miedzinski und vieles mehr. Die Kinder machen damit Körper-, Raum-, Material- und Sozialerfahrungen.

Die eingesetzten Spielgeräte helfen den Kindern, Vieles selbst zu entdecken und eigene Erfahrungen zu machen. Gemäß dem Motto der Pädagogin Maria Montessori "Hilf mir, es selbst zu tun" halten sich die Erzieher eher im Hintergrund. Anstatt vorgegebenen Kommandos zu folgen oder hinter einem Leiter herzulaufen, um die Raumdimensionen der Turnhalle zu erFAHRen, FAHREN die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes hinter den Murmeln her. Diese haben sich nach physikalischen Gesetzen überall in der Halle verteilt und bilden einen sehr bewegten Anreiz für die Eigenbewegungen der Kinder. Auch geometrisches Körperwissen erleben die Kinder auf runden und halbrunden, drei- und rechteckigen, quadratischen und rautenförmigen, stern- und kreuzförmigen Rollbrettern: Jede Form hat ein eigenes Fahrverhalten. Mit dieser sensomotorischen Wahrnehmung, welche dem Kindergartenalter entspricht, erleben die Kinder, wo sie sich selbst im Raum befinden, und entwickeln ein so genanntes Körperschema als Basis für spätere schulische Leistungen. Weiß ein Kind, wo es sich selbst im Raum befindet, so findet es sich auch auf einem Blatt oder in einem Buch zurecht.

Unser "Turnen" am Mittwoch ist mehr als nur einfach Bewegung - die Kinder können sich ganzheitlich entfalten. Sie dürfen sich beim Denken bewegen und müssen bei der Bewegung denken. Gleichzeitig lernen sie, selbständig zu planen, und auch der gesundheitliche Aspekt sowie der Umgang mit bzw. die Vermeidung von Unfällen werden dabei nicht vergessen.

Autorin

Barbara Perras, Erzieherin, Motopädagogin, ist Leiterin des Evang. Kindergartens Loderhof in Sulzbach-Rosenberg. Email: [email protected]



In: Klax International GmbH: Das Kita-Handbuch.

https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/bildungsbereiche-erziehungsfelder/bewegungserziehung-psychomotorik/1793/