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Zitiervorschlag

Raumgestaltung und pädagogische Wirkung

Ingeborg Becker-Textor

 

Wie sind Sie in den Raum gekommen, in dem Sie sich gerade befinden? Können Sie sich noch an den Bodenbelag im Eingangsbereich erinnern? Welchen Farbanstrich haben die Wände? Wie fühlen Sie sich in diesem Raum? Sagt er Ihnen vielleicht gar nicht zu?

Raumgestaltung. Räume sollen gestaltet werden. Aber welcher Raum?

Ein Aufenthaltsraum?
Ein Bewegungsraum?
Ein Erfahrungsraum?
Ein Erlebnisraum?
Ein Freiraum?
Ein Gruppenraum?
Ein Kuschelraum?
Ein Klangraum?
Ein Kulturraum?
Ein Kellerraum?
Ein Leerraum?
Ein Lebensraum?
Ein Malraum?
Ein Musikraum?
Ein Schonraum?
Ein Schauraum?
Ein Schlafraum?
Ein Turnraum?
Ein Unterrichtsraum?
Ein Warteraum?
Ein Werkraum?
Ein Waschraum?
Der Weltraum?
Ein Zeitraum?

Diese Aufzählung ist alphabetisch geordnet, die Reihenfolge also keine Wertung. Immer handelt es sich jedoch um Räume im direkten oder indirekten Sinn.

Was macht man in diesen oder mit diesen Räumen?
Welche Menschen haben mit welchen Räumen zu tun?
Wer gestaltet sie?
Wer lebt in ihnen?

Die Liste dieser Räume lässt sich interschiedlich kategorisieren:

  • Räume, die Prozesse bzw. Aktivitäten anstoßen
  • Räume, die aus der Sicht von Erwachsenen bestimmten Funktionen zugeordnet werden können
  • Offene Räume, die von ihren Benutzern (gleich ob Kinder oder Erwachsene) gestaltet bzw. nutzbar gemacht und mit Leben erfüllt werden können
  • Räume, die Gefühlen, Wünschen, Träumen, Phantasien Entfaltungsspielräume lassen

Oder aber in:

  • Wohnräume
  • Gefühlsräume
  • Nutzräume
  • ....usw.

Lassen Sie die Raumbegriffe als Bilder an Ihrem inneren Auge vorbeiziehen, versuchen Sie, diese Räume gedanklich einzurichten, zu gestalten. Wäre das jetzt spannend, Ihre Vorstellungen zu erfahren! Aber das geht ja nicht. Mein Ziel war nur, Sie dem Raum und der Raumgestaltung näher zu bringen. Ich hoffe, es ist mir gelungen!

Die Bedeutung des Wortes und ein Blick zurück

Die Gestaltung von Räumen in Kitas wird - leider - fast ausschließlich von Erwachsenen vorgenommen: von Architekten, Raumausstattern, Möbelherstellern, Trägern ..., und erst ganz zuletzt erhalten die Pädagoginnen oder gar die Kinder ein Mitspracherecht. Dabei sind sie diejenigen, die die Räume "beleben", "bespielen", nutzen. Sie sind es, auf die die Räume in besonderer Weise wirken.

Wenig wurde aus den Erfahrungen und Erkenntnissen der Vergangenheit gelernt. Dabei ist das Thema Raumgestaltung und Wirkung von Räumen schon immer ein Thema in der Pädagogik. Bei vielen pädagogischen Klassikern existieren umfassende und wohldurchdachte Beschreibungen zu Räumen, ihrer Ausgestaltung und Möblierung und ihrer pädagogischen Wirkung - z.B. bei Fröbel, Montessori, Steiner, Berthold Otto, Petersen, Freinet, im Situationsansatz oder in der Reggiopädagogik. Nichts Neues also.

Eine Rückschau fördert daher interessante Fakten zu Tage. Die Wellenbewegungen in der Pädagogik lassen die Wissenschaftler immer wieder glauben, dass sie etwas neu entdeckt hätten... Dabei wiederholt sich so vieles.

Blicken wir auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Raum, so stoßen wir auf das althochdeutsche Wort Rümi, was bedeutet: weit, geräumig, im erweiterten Sinne viel Platz, Freiheit, Möglichkeiten, nichts steht im Wege und behindert oder verhindert Bewegung, Kontakt, Entfaltung. Eine treffende Beschreibung für den Begriff Raum.

Der Reformpädagoge Peter Petersen (1884-1952) hat den (Schul-) Raum als starke, seelenformende Kraft beschrieben und ihm und seiner architektonischen Gestaltung eine hohe Bedeutung beigemessen. In seinen Ausführungen zum kleinen Jena-Plan schreibt er: "Dem Gruppenraume geben wir aber eine ganz große Bedeutung, keine geringere als die der Abgeschlossenheit, der Bindung an einen bestimmten Raum zur Entfaltung geistiger Kräfte... Ebenso ist die Beweglichkeit gegenüber dem veralteten, Gesundheit fressenden System der Bankreihen von allgemeiner Bedeutung. Die Kinder lieben es außerordentlich, an ihrem Raum gestaltend tätig zu sein... Es gilt in der Regel mehrmals täglich, sich immer 2-3 mal den Raum anders zu ordnen: für den Lesekreis, zur Schulspeisung, zum Gruppenunterricht, für gewisse Tischgruppenarbeiten usw. Auch beobachten wir typische Verhaltensweisen: die Untergruppe hält mehr auf die starrere Ordnung, dass immer wieder alles genau so gemacht wird, wie üblich, die anderen stehen freier zur Raumordnung, die Mittelgruppe ist dabei am meisten erfinderisch und auch für ganz etwas Neues... Der Raum werde zu einer Schulwohnstube... Es ist ein Unterschied zwischen einer zusammenarbeitenden Gesellschaft und einer zusammen lebenden Gemeinschaft... Den Charakter einer Wohnstube aber verleihen dem Raume ganz besonders der singende Vogel, die tickende Uhr, der Blumenschmuck, der Wandschmuck, den die Kinder selbst herstellten. Es bindet vor allen Dingen innerlich an ihn alles, was sie an Eigenem aus ihrem Besitz, an ihnen wertvollen kleinen und großen Schätzen dort aufstellen dürfen, sei es auch nur vorübergehend" (Petersen 1927).

Der Philosoph und Pädagoge Otto Friedrich Bollnow (1903-1991), dessen Denken stark anthropologisch ausgerichtet war, befasste sich u.a. mit Phänomenen und ihrer Wirkung und Relevanz im Erziehungsfeld. Der Mensch befinde sich nicht in einem Raum wie ein Gegenstand in einer Schachtel. Der Mensch sei auch kein traumloses Subjekt, sondern das Leben bestehe ursprünglich im Verhältnis zum Raum. Er weist damit auf die Wechselwirkung Mensch und Raum hin.

Auch die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870-1952) hat bereits den Zusammenhang zwischen Raumgestaltung, Bewegungsmöglichkeiten und geistiger Entwicklung des Kindes festgestellt. Die intellektuelle Neugier, Spannung und Entdeckung erfordern eine kontinuierliche Interaktion zwischen Kind und Umgebung. So sollen bei Montessori die Räume so ausgestaltet sein, dass "selbständiges, selbstgesteuertes Lernen und die handlungsorientierte, selbsttätige Aneignung von Kompetenzen, die konsequente Individualisierung und Differenzierung des Unterrichts" möglich werden (vgl. Hammerer/ Renner 2006). Der Raum wird zum "Erzieher", kann Lernen befördern oder erschweren bzw. verhindern.

In vielen ihrer Schriften gibt uns Montessori Hinweise zur Raumgestaltung. So sollen Flächen im Raum frei bleiben, offene Türen "geistige Spaziergänge" erleichtern, Möbel ansprechend und kindgerecht sein.

Eine aktuelle österreichische Untersuchung in Montessorieinrichtungen hat u.a. ergeben, dass Veränderungen oder Erweiterungen der Raumgestaltung positive Wirkungen auf das Lern- und Sozialverhalten der Kinder haben, Konflikte und aggressives Verhalten stark zurückgehen. Die Hirnforschung kommt zum gleichen Ergebnis. Beengte Raumverhältnisse, Übermöblierung und Reizüberflutung (übertriebene Raumgestaltung) verhindern konzentriertes Arbeiten, Kommunikation und soziale Interaktionen.

In der Reggio-Pädagogik spielt der Raum die Rolle schlechthin: "Der Raum als dritter Erzieher. Räume wirken als reichhaltige, vorbereitete Umgebung, die den Kindern sowohl Anregung und Herausforderung bieten, als auch Geborgenheit und Rückzugsmöglichkeiten. Sie können als Gruppenräume strukturiert sein, wie auch als Funktionsräume, z.B. Räume für Atelier, Bewegung, Entspannung etc. Einrichtung und Material haben durch die Präsentation Aufforderungscharakter, bieten ordnende Orientierung, ermöglichen unterschiedliche Perspektiven, fordern verschiedene Wahrnehmung heraus und laden zum forschenden Lernen ein" (Dialog Reggio 2005).

An diesen Beispielen pädagogischer Überlegungen zeigt sich, dass bedeutsame Wechselwirkungen zwischen Erziehung, Kind und Raum bestehen. Warum lernen wir so wenig aus diesen Erkenntnissen und setzen die Erfahrungen nicht im Erziehungsalltag um?

An den Räumen erkennt man den Menschen

Der Reggio-Kenner Prof. Tassilo Knauf verweist in vielen seiner Publikationen immer wieder auf die pädagogische Bedeutung der Räume: "Räume, die unverwechselbar sind, geben etwas von den Menschen preis, die sie gestaltet und genutzt haben". Jede Kita sollte also einzigartig und damit unverwechselbar sein. Ihre Ausgestaltung sollte das Leben ihrer "Bewohner" widerspiegeln. Trifft dies in der Praxis zu oder ist es nur ein Wunsch?

Ein persönliches Beispiel: Eine Freundin besitzt vom Zuschnitt her eine wunderschöne Wohnung. Jedes Möbelstück ist ein "Einzelstück". Aber die Wohnung ist leer und kühl, nicht belebt, keine Pflanze. Man hat das Gefühl, in einer schlechten Ausstellung zu sein, ohne persönliches Flair, ohne warme Atmosphäre. Die Freundin ist selten in ihrer Wohnung, nutzt sie überwiegend nur zum Schlafen. Sie "lebt" nicht in ihrer Wohnung, benutzt sie nur als ihr eigenes "Hotel".

Ähnlich ist es in vielen Kitas, insbesondere wenn nach der Einrichtung nie mehr etwas verändert wurde oder verändert werden durfte. Erzieher wechseln, Kinder wechseln, die Bedürfnisse der "Bewohner/ Nutzer" ändern sich. Geklagt wird über Übermöblierung (selten klagen Kitas, dass sie zu wenig Möbel hätten!).Warum werden keine Möbel in den Keller geschafft? Warum werden einzelne Stücke nicht wenigstens zeitweise aus dem Raum entfernt?

"Räume, die ansprechen, haben etwas mitzuteilen, vor allem über die Geschichte ihrer Nutzung und über die Personen, die als Gestalter oder Nutzer mit einem Raum verbunden sind" (Tassilo Knauf). Dies ist absolut zutreffend. Räume sind ein Spiegel der Menschen, die darin leben. So erinnern Kitas oft stärker an ein Bild aus einem Möbelkatalog als an einen Lebensraum für Kinder. Kein Leben. Erzieherinnen klagen, dass es laut sei, die Kinder wären unruhig und unkonzentriert.

Als Fachberaterin entwickelte ich mit einer Kita ein neues Raumkonzept. Eine Woche arbeiteten wir alle zusammen, auch die Kinder. Wir durchbrachen so manche Ordnungsvorstellungen und "Schönheitsprinzipien" der Erzieherin. Das Leben in der Gruppe veränderte sich total. Es schien; als wären weniger Kinder in der Gruppe. Wochen nach dieser Aktion rief mich die Erzieherin an und berichtete, dass die Kinder sich so positiv verändern würden und ihr die Arbeit wieder viel mehr Spaß machen würde: "Ich habe jetzt verstanden, dass es falsch ist, den Gruppenraum allein nach meinen Vorstellungen herzurichten und die Vorstellungen der Kinder zu ignorieren. Ich habe eben immer alles nach meinen Ordnungsprinzipien gestaltet und weiß, dass ich sehr pingelig bin".

Pädagogische Wirkungen von Räumen

Erinnern Sie sich an die eingangs genannte Raumaufzählung?

Räume sind "Erzieher" und "Bewirker". Wir brauchen keine Schau- oder Ausstellungsräume in der Kita, aber Spielräume für die freie Gestaltung der Nutzer, der Kinder.

Räume sind Initiatoren zum Handeln und Experimentieren. Sie bieten Herausforderungen zum Entdecken und Erkunden. Raumübergreifende Aktivitäten ermöglichen eine Vielfalt von Bewegungsmöglichkeiten, eröffnen Spiel- und Arbeitsräume, Leise- und Lauträume.

Die Raumgestaltung bietet Anlässe für soziale Interaktion, Kommunikation, Gespräche und den Austausch der Kinder untereinander. Genauso kann sie aber die Kinder unruhig, unzufrieden, aggressiv werden lassen. Die Wirkung des Raumes beeinflusst die Atmosphäre und die sinnliche Wahrnehmung, was wiederum zu Wohlbefinden und Ausgeglichenheit führt.

Und nicht vergessen werden dürfen die Raumproportionen und die Größenverhältnisse der Kinder zu den Einrichtungsgegenständen. Ein zu großer Raum kann ebenso ungünstig sein wie ein zu kleiner Raum. Schränke, die Kinder nicht selbst öffnen können, oder Regale, auf die Kinder selbst nichts stellen können, lösen Unzufriedenheit und Unruhe aus.

Haben Sie jemals versucht die Perspektive von Kindern einzunehmen? In einer Kita leben in der Regel 25 Kinder mit 2 Erzieherinnen in einem Raum zusammen. Aber ist der Raum wirklich auf die Kinder ausgerichtet? Machen Sie einmal folgenden Versuch: Gehen Sie in die Hocke und laufen Sie in dieser Haltung durch das Kinderzimmer daheim oder den Gruppenraum in der Kita. Was fällt Ihnen auf? Die Kinder müssen sich den wenigen Erwachsenen unterordnen. Können Sie noch den Blumenstrauß auf der Kommode betrachten oder etwas auf dem Bild an der Wand erkennen? Hängt das Bild nicht viel zu hoch und kann deshalb von den Kindern gar nicht wahrgenommen werden?

Wenn wir einen Raum betreten, dann spüren wir sofort:

  • Offenheit
  • Freiheit
  • Weite
  • Überschaubarkeit
  • Geborgenheit
  • Grenzen
  • ...

Oder auch:

  • Enge
  • Beklommenheit
  • Strenge
  • Chaos
  • Angst
  • ...

Weder Worte noch Handlungen sind nötig, um uns dies spüren zu lassen. Räume wirken!

Was wir nie vergessen dürfen: "Räume wirken auf unsere Sinne. Unsere Kreativität kann durch einen Raum beflügelt oder eingefroren werden... Wir erkunden Räume mit unserem ganzen Körper. Unser Körper steht in jedem Moment in Verbindung mit dem uns umgebenden Raum" (Tassilo Knauf).

Haben Sie schon mal Gänsehaut in einem Raum bekommen? Haben Sie sich schon einmal in einem Raum beflügelt gefühlt, sodass Sie am liebsten zu tanzen begonnen hätten?

Farben und Klänge im Raum und ihre Wirkung

"Bunt, das ist gut für Kinder. Je bunter desto besser". Nicht selten die landläufige Meinung. Sogar die Meinung von Raumausstattern!?

Was wissen wir über die Wirkung von Farben? Wie viel Farbe brauchen wir? Es lohnt sich hier, etwas in der Farblehre zu stöbern, z.B. bei Johannes Itten (1888-1967). Der berühmte Bauhausmeister interessierte sich für Philosophie und strebte nach der Erkenntnis einer inneren kosmischen Ordnung. Dies prägt auch seine Farblehre. Er spricht von Farbharmonie, Farbklängen, sieben Farbkontrasten, dem Zusammenhang von Farbe und Form, die räumliche Wirkung der Farben etc. So springt beispielsweise gelb auf schwarzem Hintergrund hervor, während violett verschwindet. Sicher kann und sollte so mancher Aspekt seiner Farblehre in die Überlegungen zur Ausgestaltung von Kitas einbezogen werden...

Den einzelnen Farben wird eine bestimmte Wirkung und Bedeutung für den Menschen zugeschrieben. So gilt Rot als Farbe des Zorns und Angriffs. Denken wir nur an die roten Tücher, die beim Stierkampf eingesetzt werden. Der Farbe Grün wird eine harmonisierende Wirkung zugeschrieben. Sie erinnert mich an Wanderungen im Dschungel. Erst war alles langweilig Grün. Dann von Stunde zu Stunde differenzierte sich das Grün in viele, viele Grüntöne, eine ganze Grünpalette tat sich für mein Auge auf. Zurückgekehrt erzählte ich Kindern davon, und wir malten mit Wasserfarben, nur in Grün. Mit Hingabe, Konzentration und Kreativität entdeckten die Kinder im eigenen Experiment, dass Grün nicht Grün ist. Wochenlang zog sich unsere Grünmeditation dahin.

Gelb steht für Licht, Optimismus, Freude, Wissen, Vernunft und Logik, Lebensfreude und Selbstbewusstsein. Vielleicht sollte etwas mehr Gelb in die Kita?

Wie ist es mit der Raumakustik? Was klingt in Räumen? Warum verschlucken manche Räume alles? Wissenschaftler der Universität Oldenburg haben den Hall und die Akustik in Schulräumen untersucht. Ergebnis: Hallende Räume wirken sich verheerend auf die Lernleistungen der Kinder aus.

Räume, fest, robust, viel Beton, wenig Textil oder andere weiche Materialien. Diese Räume sind pflegeleicht. Über die Auswirkungen wird aber zu wenig nachgedacht. So wurde im Schulportal des WDR am 7. Mai 2007 berichtet: "Akustik in Klassenräumen: Ungenügend! Lärmmessungen in Schulen haben gezeigt, dass es in durchschnittlichen Klassenräumen oft so laut zugeht wie auf einer Autobahn. Kein Wunder, dass der erhöhte Pegel Lehrer und Schüler stresst und die Aufmerksamkeit erschwert". Da ändert sich auch das Lehrerverhalten. Ein "lauter" Lehrer hat laute Kinder.

Mittlerweile haben hier und dort auch die Gedanken des Feng Shui Eingang in die Raumgestaltung von Kitas gefunden. Feng Shui basiert auf den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Es soll deren Harmonie sicherstellen. Ist diese Harmonie erreicht, kommt es zum optimalen Energiefluss in der Wohnumgebung.

Räume beeinflussen Bildung

Die Ergebnisse von PISA brachten eine Menge Unruhe. Warum ist Bildung in Deutschland so defizitär? Liegt es an den Kindern? An den Eltern? An den Erzieherinnen? An der Politik? Förderprogramme schossen wie Pilze aus dem Boden. Bei den Rahmenbedingungen beschränkte man sich auf eine verbesserte Ausbildung der Erzieherinnen auf Hochschulniveau. Erziehungs- und Bildungspläne, Orientierungspläne und Bildungsvereinbarungen wurden ganz ehrgeizig in den Bundesländern entwickelt und implementiert. Das Raumprogramm oder die Raumausstattung kommt dabei spärlich weg. Will man sich vielleicht der Folgekosten wegen nicht festlegen?

Das Berliner Bildungsprogramm geht bei den Vorgaben für die einzelnen Bildungsbereiche ganz explizit auf Räume, Raumgestaltung und Material ein. Was die einzelnen Kitas wohl aus diesen Vorschlägen gemacht haben? Bei der Darstellung der pädagogisch-methodischen Aufgaben finden wir knappe, aber präzise Ausführungen über "anregungsreiche Räume": "Raumgestaltung ist gestaltete Wirklichkeit. Sie ist Ausdruck gesellschaftlich-kultureller Realität, zu der man sich abgrenzend oder zustimmend in Beziehung setzen kann. Kinder halten sich in Räumen auf, die Erwachsene als geeignet ansehen und für sie gestalten. Zwangsläufig werden Kinder mit Zeitgeist und Kultur vertraut gemacht... Ein anregungsreicher Raum wird deshalb zu Recht als der "dritte Erzieher" benannt.
Eine differenzierte Raumgestaltung regt die Wahrnehmung der Kinder an. Durchdacht gestaltete Räume fördern Eigenaktivität, Orientierung, Kommunikation, soziales Zusammenleben, Körpererfahrungen und ästhetisches Empfinden. Räume in der Kita sollten Forschungs- und Experimentierfelder sein, in denen Kinder mit allen Sinnen ein Bild von sich selbst, von den anderen und von der Welt entwickeln können.
Räume sind zum Wohlfühlen da. Kinder werden sich eher wohl fühlen, wenn sie Einfluss auf die Gestaltung nehmen können. Zwischen Anregungsreichtum und Reizüberflutung müssen Erzieherinnen und Erzieher gemeinsam mit den Kindern sorgsam abwägen" (Berliner Bildungsprogramm 2004).

Mit diesen wenigen Sätzen ist es den Autoren gelungen, die Kernanforderung an die Raumgestaltung und die Teilhabe der Kinder bei der Gestaltung zu fixieren. Schade, dass die pädagogische Wirkung von Räumen nicht ausgeführt wird. Sie würde nämlich unverzichtbare Argumente für die Notwendigkeit der Umsetzung liefern. Vielleicht in der nächsten Fortschreibung?

Im Bayerischen Bildungsplan wird auf eine geeignete Lernumgebung eingegangen. Es klingt allerdings so, als würden alle Forderungen schon erfüllt. Ein Funktionsraumprogramm alleine reicht noch nicht aus, denn es garantiert nicht eine notwendige Raumqualität. Aber es wird deutlich formuliert: "Farbliche Abstimmungen, die harmonisierend auf die Befindlichkeit der Kinder wirken, sollten bei der Raumgestaltung beachtet werden. Die mit unzähligen Bastelarbeiten ausstaffierten und überladenen Gruppenräume führen zur Reizüberflutung und überfordern manche Kinder... Die Mitwirkung der Kinder an der Gestaltung der Räume ist sinnvoll und notwendig" (Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan 2006).

Auch hier wird nicht näher auf die pädagogische Wirkung von Räumen eingegangen oder der "dritte Erzieher" in seiner Rolle und seiner Wirkung beschrieben. Bildungspläne müssen lebendige Instrumente bleiben und in ihren Fortschreibungen Antwort auf neue Entwicklungen und Erkenntnisse geben!

Ich möchte Ihnen nicht alle Bildungspläne vorstellen. Es bleibt nur festzuhalten, dass noch viel intensiver auf die Wirkung von Räumen und auf die Wirkung der Ausstattung eingegangen werden muss. Räume dürfen und können niemals fertig sein. Sie begleiten das Leben der Kinder und Erwachsenen prozesshaft und müssen änderbar sein. Wie sonst können sie den Bedürfnissen der Kinder entsprechen und ihren Beitrag zur Bildung leisten?

Räume sind zwar etwas Statisches, können durch ihre Ausstattung aber eine gewisse Dynamik erhalten. Es ist unsere Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass diese Dynamik und Flexibilität immer erhalten bleiben. Nur, wenn wir die Bedürfnisse der Kinder erkennen - und dazu zählen auch deren Raumbedürfnisse -, können wir angemessen reagieren, Kinder erziehen und selbst daraus lernen. Die pädagogische Wirkung von Räumen wird nämlich auch uns beeinflussen und verändern.

So ist das mit dem lebenslangen Lernen!

Autorin

Ingeborg Becker-Textor ist Kindergärtnerin und Hortnerin. Sie studierte Diplom-Sozialpädagogik an der Fachhochschule Würzburg und Diplom-Pädagogik an der Universität Würzburg und hat mehrere Zusatzqualifikationen wie z.B. den Abschluss als Fachlehrerin für Werken und das Montessori-Diplom erworben.
Frau Becker-Textor arbeitete als Kindergartenleiterin in Würzburg, als Regierungsfachberaterin für Kindertageseinrichtungen in Unterfranken, als nebenberufliche Dozentin in der Ausbildung für Kinderpfleger/innen und Erzieher/innen, in der Fortbildung für Erzieher/innen und Fachkräfte in der Jugendhilfe sowie mehr als 20 Jahre lang als Referatsleiterin im Bayer. Sozialministerium (nacheinander in den Bereichen Jugendhilfe, Kindertagesbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit). Im Ministerium war sie auch für zahlreiche Forschungsprojekte auf Landes- und Bundesebene zuständig. Von 2006 bis 2018 leitete sie zusammen mit ihrem Mann das Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg.
Ingeborg Becker-Textor ist Autorin bzw. Herausgeberin von mehr als 20 Büchern und über 40 Medienpaketen. Sie hat ca. 140 Fachartikel in Zeitschriften, in Sammelbänden und im Internet veröffentlicht.
Homepage: https://www.ipzf.de