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Zitiervorschlag

Rezension

Anne Booth/ David Litchfield: Ein Ort für meine Traurigkeit. Übersetzung Mechthild Schroeter-Rupieper. Stuttgart: Gabriel Verlag 2021, 4. Auflage, 40 Seiten, EUR 15,00 – direkt bestellen durch Anklicken

Ein Ort für meine Traurigkeit Cover

Kinderliteratur, die das Zulassen von Gefühlen zum Thema hat, ist besonders wertvoll, wie der hier beschriebene Buchtitel: Die Traurigkeit … ein gekritzeltes Strichmännchen. Was vermutlich illustratorisch zunächst nur Erwachsene verwundert, ist für Kinder vermutlich gleich schlüssig. So durcheinander, wie sich die Striche als Figur zeigen, so durcheinander kann man sich bei traurigen Gefühlen auch tatsächlich fühlen!Das empfinden sicherlich auch nach den ersten Seiten Erwachsene mit, denn was sich zwischen „der Traurigkeit“ und dem kleinen (namenlosen) Jungen entwickelt, kommt altersunabhängiger Lebensweisheit gleich.

„Eines Tages kam die Traurigkeit zu mir und ich habe beschlossen, ihr ein Zuhause zu geben.“ So lautet der erste Satz, dessen Gedanke, der Traurigkeit einen Platz einzuräumen und sie nicht zurückzuweisen, sich durch das ganze Buch zieht. Traurigkeit hat Beheimatung verdient! Und wo Traurigkeit beheimatet sein darf, führt die Geschichte vor. Der Junge baut ihr eine „Wohnung“. Er wird also selbst aktiv, wird nicht geleitet oder gezwungen.

Auf einer Doppelseite ist zu sehen, was die Traurigkeit alles in ihrem Zuhause darf: groß und klein, laut und leise. Still und aufgeregt sein „oder irgendetwas dazwischen“. Die Traurigkeit-Wohnung hat Fenster, die sich öffnen und schließen lassen, in der es hell oder dunkel sein kann, je nach dem.

Immer wieder wird betont, dass die Traurigkeit sein darf, wie sie will. Schließlich weiß nur sie, wie es um sie steht (und um den Jungen, der sie ja eigentlich empfindet und beherbergt). Wenn sie mag, nimmt er sie im Frühling, Sommer und Herbst mit nach draußen, in die Natur.

„Manchmal werde ich zu beschäftigt sein, um meine Traurigkeit zu besuchen. Aber das ist natürlich in Ordnung …“ schließt die Geschichte, und zeigt damit auf, dass Traurigkeit nicht das bestimmende Gefühl bleiben muss, sich wandelt und doch immer verfügbar bleibt, wenn man sie braucht.

Die Geschichte ist ein Beitrag dazu, emotional positive Steuerung mit belastenden Gefühlen zu lernen und gleichermaßen über das Bedrückende im Leben zu philosophieren. Ein wertvolles Buch, für jeden Menschen jeden Alters.

Elke Schlösser