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Zitiervorschlag

Die Entwicklung des kindlichen Selbstkonzeptes als Fähigkeitskonzept

Reinhild Pieper

 

Einleitung

Innerhalb der Selbstkonzeptforschung finden sich unterschiedliche theoretische Richtungen und Begriffe wieder, die zur näheren Beschreibung des Selbstkonzeptes eines Menschen dienen. Die Autorin Melanie Ptatscheck (2020) schreibt dazu:

„Der Versuch einer genaueren Fassung des Selbst erzeugte vielmehr ein „Wirrwarr von Ansätzen und unterschiedlichen Positionen“ (Helsper 1999: 213), das in eine „Unverbundenheit der verschiedenen Theorien und Methoden“ (Greeve 2000a: 15; siehe auch Rustemeyer 1986; Frey 1977) führte.“ (S. 85).

Hinsichtlich der Zuordnung der unterschiedlichen Beiträge, die im Kontext der Selbstkonzeptforschung entstanden sind, schreibt Naudascher (1980): „Die Zuordnung der zahlreichen aus diesem philosophischen Gedankengut entstandenen Selbst- bzw. Selbstkonzepttheorien zu übergreifenden theoretischen Gesichtspunkten konnte nicht immer eindeutig vorgenommen werden. Bei der Analyse der theoretischen Positionen und der empirischen Untersuchungen zum SK sind drei Hauptrichtungen erkennbar, die zur Grundlage der Gliederung gemacht wurden: Die phänomenologische, die psychoanalytische und die interaktionistische Richtung.“ (S. 16)

Frühe Beiträge zum Thema Konstruktion des Selbst finden sich, neben der bereits beschriebenen phänomenologischen Perspektive (siehe dazu Die Entwicklung des Selbst. Das Selbstkonzept nach William James ), auch in den frühen therapeutischen Schulen wie des Psychoanalytikers Sigmund Freud (1856-1939) und später in der von Carl Rogers (1940) begründeten klientenzentrierten Psychotherapie (Gesprächspsychotherapie) wieder. Als exemplarischen Bezugspunkt wird an dieser Stelle das Strukturmodell der Psyche (siehe Abbildung 1) von Freud (1923) kurz vorgestellt. Die psychoanalytische Theorie der Persönlichkeit, befasste sich im Besonderen mit Prozessen der Psychodynamik, die im Strukturmodell der Psyche das Zusammenwirken der drei Instanzen: des Unbewussten (Es)Vorbewussten (Ich) und Bewussten (Über-Ich) beschreiben (vgl. Boeger 2018, Fisseni 2003; Strömung 2017). Ähnlich wie bei James (1890) finden sich im weitesten Sinne dynamische Entwicklungsprozesse wieder, die jedoch bei Freud (1923) eine Konfliktdynamik widerspiegeln zwischen dem Lust- und Moralitätsprinzip.

Das Strukturmodell der Psyche Freud

Abb. 1 Strukturmodell der Psyche, Egle 2021, o.S. unter: http://teachsam.de/psy/psy_pers/mmf/images/Freud_topologie_der_psyche_bg.png (letzter Zugriff: 27.03.2023)

Das Zusammenwirken dieser drei Instanzen beschreibt damit die Psyche des Menschen und damit auch die Persönlichkeitsstruktur (vgl. Ermann & Körner 2017). Das Es beinhaltet dabei die Triebe, wie den Sexualtrieb (Libido), die Nahrungsaufnahme und Aggressionen. Es handelt sich hierbei, um  impulsgesteuerte und unbewusste Triebe, die dem Lustprinzip unterliegen (vgl. Becker 1962).

Hingegen beinhaltet das Über-Ich das Moralitätsprinzip, das moralische Vorstellungen und damit über die Sozialisation des Menschen erlernte Normen und Werte vereint (vgl. Rotter, Hochreich 1979). Das Ich als Vermittlungsinstanz zwischen dem Es und Über-Ich fungiert als Realitätsprinzip. Zwischen die aus dem Es kommenden Impulse treffen, im Ich auf die Moralvorstellungen und Werte aus dem Über-Ich und werden gegeneinander abgewägt, sodass Handlungsmöglichkeiten eruiert werden (Heigl & Heigl-Evers 1984). Psychische Störungen oder Suchterkrankungen können nach Freud (vgl. Danzer & Danzer 2011) entstehen, wenn Handlungsmöglichkeiten zwischen dem Es und dem Über-Ich nicht zustande kommen (vgl. Weiß 2017; Wurmser 2003). Das 3-Instanzenmodell der Psyche (vgl. Freud 1923; 1933) kann hier exemplarisch für die psychoanalytische Richtung genannt werden (vgl. Naudascher 1980)

Innerhalb der interaktionistischen Theorien finden sich, beispielweise Beiträge von dem US-amerikanischen Philosophen, Soziologen und Psychologen George Herbert Mead (vgl. Mead 1934; Rost 2003) sowie das aus der integrativen Persönlichkeitstheorie stammende Konzept des Selbst von Seymour Epstein (1993). Epstein (1993) versucht beispielsweise mit seinem Modell verschiedene Zugänge zum Selbstkonzept miteinander zu verknüpfen. Dies schließt dabei einen „lerntheoretischen, psychoanalytischen, verhaltenstheoretischen und persönlichkeits- und selbsttheoretischen“ (Kampmeier 1997, S. 91) Ansatz ein. Diese Konzeptualisierung des Selbst prägte maßgeblich das im nächsten Abschnitt vorgestellte hierarchische Selbstkonzept nach Shavelson, Hubner und Stanton (1976) sowie das darauffolgende vorgestellte akademische Selbstkonzept von Herbert Marsh (vgl. 1986; 1990).

Anhand einiger ausgewählter Ansätze wurden zunächst exemplarisch die drei Hauptrichtungen in der Selbstkonzeptforschung nach Naudascher (1980) vorgestellt. Im nächsten Kapitel geht es nun vertiefend um die Einführung, wie innere Prozesse in Form von Kognitionen und in Relation zur Außenwelt ein komplexes Geflecht an Selbstbeschreibungen bilden, die sich zu generalisierten und bereichsspezifischen Beschreibungen zusammenfassen lassen. In Form eines Einschubs geht es im nächsten Kapitel, um die Entwicklung des kindlichen Bewusstseins. Dazu wird der, aus der Entwicklungspsychologie stammende, Rouge-Test/Self-Recognition-Test vorgestellt.

Wie entwickelt sich das Selbstkonzept bei Kleinkindern?

Bei Kleinkindern entwickelt sich zunächst ein Bewusstsein, mit der zunehmenden Entwicklung und dem Alter (vgl. Merget 2022). Voraussetzungen für die Bildung des Selbstkonzepts sind mitunter selbstbezogene Kognitionen und ein entsprechendes Konzentrationsvermögen. Beispielsweise erkennen Kinder unter 18 Monaten bei der eigenen Betrachtung im Spiegel meist noch nicht, dass es sich um eine Reflexion handelt (vgl. Frech 2008).

In diesen Kontext kommt oftmals der Rouge-Test/Self-Recognition-Test zur Anwendung, dabei wird ein roter Punkt im Gesicht des Kindes platziert, sofern das Kind im Spiegel diesen Fleck erkennt und versucht diesen wegzuwischen, spricht man von einem Kriterium des Selbstbewusstseins, da es sich im Spiegel erkennt (vgl. Anderson 1984; Gallup, Anderson & Platek 2011; Kilroy 2021). Dieses Testverfahren findet in entwicklungspsychologischen Kontexten Anwendung, um festzustellen, ob eine rudimentäre Selbstwahrnehmung besteht. Durchschnittlich können sich Kinder zwischen dem 18. und 25. Monat im Spiegel identifizieren (vgl. Anderson 1984). Säuglinge können sich bereits in den ersten Lebensmonaten von anderen unterscheiden (vgl. Frech 2008).

Mit zunehmendem Alter, in den Übergängen vom Säuglingsalter (29. Lebenstag bis 12. Lebensmonat) in das Kleinkindalter (Beginn des 2. Lebensjahres bis Vollendung des 3. Lebensjahres) und in das Kind-Alter (4. bis 12. Lebensjahr), entwickelt sich (vgl. kassenärztliche Bundesvereinigung, Stand: 30.06.2023) ein Bewusstsein für zuerst kategoriale Merkmale. Dies lässt anhand der Altersgruppe der Kleinkinder skizzieren. Kleinkinder zeigen beispielsweise auf Personen und differenzieren zwischen sich und anderen, indem sie ihren Namen nennen und auf sich zeigen oder auf ihre Eltern.

Im weiteren Verlauf können auch Merkmale benannt werden, wie die Augen- oder Haarfarbe. Kennzeichnend für dieses Lebensalter ist wie Susan Harter (2012b) schreibt, der „kindliche Größenwahn“, dieser zeigt sich daran das beispielweise kognitive Fähigkeiten noch in der Entwicklung sind und soziale Vergleiche schwerfallen und oftmals eine Selbstüberschätzung eintritt. Harter (2012b) scheibt dazu das Kleinkinder noch keinen “balanced view of their strengths and weaknesses” (Harter, 2012b, S. 33) aufweisen. Nachfolgend wird in Abbildung 2 zur Vervollständigung der entwicklungsbedingten Veränderungen des Selbstkonzeptes vom Kleinkind bis zur späten Kindheit eine Übersichtstabelle abgebildet.

Altersabschnitt

Inhalt

Struktur

Valenz/

Selbsteinschätzung

Art des Vergleichs

Bezug zu anderen/

Standards

Kleinkinder bis frühe Kindheit

(2-4 Jahre)

Konkret beobachtbare Eigenschaften; Beschreibung meist in Form von einzelnen Fähigkeiten oder Präferenzen

Isolierte Repräsentationen; Mangel an Kohärenz und Koordination einzelner Merkmale; Alles-oder-Nichts-Denken

Unrealistisch positiv („kindlicher Größenwahn“); Unvermögen das reale Selbst zu unterscheiden

Keine direkten Vergleiche

Antizipation von Reaktionen Erwachsener; rudimentäres Verständnis, ob jemand objektive Kriterien erfüllt

Frühe bis mittlere Kindheit

(5-7 Jahre)

Bildung übergeordneter Kategorien; Fokus auf spezifische Fähigkeiten

Rudimentäre Verbindung einzelner Selbstbeschreibung; Alles-oder-Nichts-Denken

Eher positiv; Überschätzung bleibt bestehen

Erste soziale Vergleiche; besonders zur Bestimmung fairen oder unfairen Verhaltens anderer

Einsicht, dass man von anderem bewertet wird und diese anderer Meinung sein können; einzelne Wertvorstellungen werden übernommen

Mittlere bis späte Kindheit

(8-10 Jahre)

Ausweitung übergeordneter Kategorien; allgemeine Selbstwertschätzung

Integration widersprüchlicher Merkmale zu einem Gesamtbild; „Bidimensionales Denken“

Eigene Stärken und Schwächen werden erkannt; Selbsteinschätzung wird realistischer

Sozialer Vergleich gewinnt immer mehr an Bedeutung

Internalisierung von Wertvorstellungen, die verhaltensregulative Funktionen übernehmen

Tabelle 2: Entwicklungsbedingte Veränderungen des Selbstkonzeptes vom Kleinkind bis zur späten Kindheit in Anlehnung an Harter (2003, S. 617), Quelle unter: https://lehrbuch-biologie.springer.com/sites/default/files/atoms/files/4_selbstkonzept_im_kindesalter.pdf

Sabrina Förster (2018) beschreibt beispielsweise die Entwicklung für die mittlere bis späte Kindheit wie folgt:

„Kindliche Selbsteinschätzungen in Bezug darauf sind allerdings gerade zu Beginn der Grundschulzeit unrealistisch überhöht (Helmke, 1998). Verantwortlich hierfür sind in diesem Alter noch unzureichend ausgebildete kognitive Fähigkeiten der Informationsverarbeitung und integration (Helmke, 1998, S. 119) oder die mangelnden Fähigkeiten der Kinder durch z.B. Perspektivübernahme bzw. im sozialen Vergleich gewonnenen Informationen systematisch in ihre Selbsteinschätzungen zu integrieren (Harter, 2006). Für eine theoretische Präzisierung zur Klärung der Frage, was das Selbstkonzept ist, erweist sich das Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976; siehe Abbildung 2) als populär und einschlägig innerhalb der modernen Selbstkonzeptforschung.“ (Förster 2018, S. 24)

Zusammenfassend lässt sich anhand der Tabelle nachvollzuziehen welche Veränderungen auftreten können, diese Verläufe stabilisieren sich mit zunehmendem Alter, in bereichsspezifische Selbstkonzepte, wie im nächsten Kapitel anhand des akademischen Selbstkonzeptes erläutert wird (vgl. Marsh 1990; Shavelson, Hubner, & Stanton 1976)

Das kindliche Selbstkonzept als Fähigkeitskonzept

Im Teilgebiet der pädagogischen Psychologie werden selbstbezogene Wahrnehmungen und Einschätzungen zum Beispiel in Anlehnung an Ulrich Trautwein (2003) oder Herbert Marsh (1990) anhand von Selbstkonzeptdimensionen dargestellt und im Rahmen der schulischen Laufbahn beschrieben.

Ein Beispiel dafür wäre das von Herbert Marsh (1990) entwickelte akademische Selbstkonzept, dass auf dem Modell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) aufbaut und eine revidierte Version des Aufgangsmodells darstellt. Im Unterschied zum Modell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) gibt es ein generelles akademisches Selbst, dass sich untergliedert in das mathematische akademische Selbstkonzept und ein verbales akademisches Selbstkonzept. Durch diese grobe Unterteilung werden die Schulfächer jeweils diesen Bereichen zugeordnet. Zum Beispiel werden unter dem verbalen Selbstkonzept, die jeweilige Muttersprache, das Fach Geschichte oder Geografie und unter dem mathematischen Selbstkonzept werden zum Beispiel naturwissenschaftliche Fächer (Physik, Chemie, Wirtschaft) subsumiert.

The extended self concept model Herbert Marsh

Abbildung 2: The extended self-concept model. Quelle: Yang, L. (2017): Understanding in School and Post-School Success of adolescents: An Integrative Perspective of Multidimensional Self-Concepts in Education and Career Development.

Mit diesem Konzept lassen sich empirisch-messbare akademische Selbstkonzeptdimensionen finden, die sich nach den jeweiligen Schulfächern aufteilen lassen. An der Spitze es Selbstkonzeptmodells nach Marsh (1990) befindet sich das allgemeine Selbstkonzept, das durch die Self-Esteem-Scale nach Rosenberg (1965) gemessen wird und sich dann hierarchisch nach unten hin weiter unterteilt, in ein schulisches und nicht-schulisches Selbstkonzept (siehe Abbildung 2). Marsh (1986) beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Selbstwertgefühl und Selbstkonzept wie folgt:

„Subjects, particularly those with high esteem, were more likely to have high self-concepts in facets they perceived to be more important, but their importance ratings did not contribute to the prediction of esteem.” (S. 1224)

In Abbildung 3 ist zu sehen, dass an der Spitze des multidimensionalen und hierarchischen Selbstkonzepts nach Marsh (1990) das allgemeine Selbstkonzept steht, dass durch die von Morris Rosenberg (1965a) entwickelte self-esteem-scala (Selbstwertgefühlskala) gemessen wird. Das Selbstwertgefühl (self-esteem) bezieht sich auf die Bewertung von selbstbezogenen Kognitionen, die auf Grundlage eines psychologischen Fragebogens zur Erfassung des Selbstwertes anhand von Selbstbeurteilungen eingesetzt wird. Dies kann sowohl positive als auch negative Bewertungen enthalten, bezüglich retrospektiver und gegenwärtiger Evaluationen der eigenen Fähigkeiten und wahrgenommenen Eigenschaften.

„According to Rosenberg (1965a), self-esteem is one’s positive or negative attitude toward oneself and one’s evaluation of one’s own thoughts and feelings overall in relation to oneself. Self-esteem is regarded as a personal psychological characteristic relating to self-judgment based on one’s values about humans (Alesi et al., 2012). Self-esteem implies an awareness of one’s value system and one’s emotional evaluation of one’s self-worth (Schunk, 1985).” (Park & Park 2019, S. 1).

Abbildung 3 multidimensionales und hierarchisches Selbstkonzept

Abbildung 3: multidimensionales und hierarchisches Selbstkonzept, Quelle: Möller, J., Trautwein, U. (2015). Selbstkonzept. In: Wild, E., Möller, J. (eds) Pädagogische Psychologie. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41291-2_8, S. 179.

Zusammenfassend kann anhand dieses Kapitels zeigt werden, dass Kinder im Laufe ihrer Entwicklung individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die unter dem Begriff des Selbstkonzept subsumiert werden können. Weiterhin kann gezeigt werden, dass zum einem der Lernerfolg von Kindern in Abhängigkeit steht zur subjektiven Einschätzung dieser Fähigkeiten. Darüber hinaus spielen auch die Einschätzung von Bezugspersonen, dass können Eltern, pädagogische Fachkräfte, Peer-Groups usw. sein eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung (vgl. Möller & Trautwein, 2015).

Mit dem akademischen Selbstkonzept von Marsh (vgl. 1990; 1992; Brunner et al. 2010) lässt sich also ein reziproker Zusammenhang zwischen besseren Schulleistungen und einen höheren Selbstkonzept konstatieren und ein höheres Selbstkonzept wirkt sich positiv auf die Schulleistungen aus (Möller, Retelsdorf, Köller & Marsh, 2011).

„Für die Genese des akademischen Selbstkonzepts sind vor allem Leistungsrückmeldungen signifikanter Anderer (z.B. Lehrer) sowie soziale und dimensionale Vergleiche bedeutsam (Filipp, 2006). So vergleichen Schüler ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen nicht nur mit denen der anderen Mitschüler (sozialer Vergleich), sondern es werden Leistungen verschiedener Bereiche z. B. verbaler vs. mathematischer, zueinander in Beziehung gesetzt (dimensionaler Vergleich; Marsh, 1986).“ (Ehm, Duzy & Hasselhorn 2011, S. 37)

Mit dem Verständnis über das akademische Selbstkonzept von Schüler:innen, gerade im Vor- und Grundschulalter lassen sich bei „der Betrachtung möglicher Einflussfaktoren auf die Entwicklung des akademischen Selbstkonzepts […]“ Rückschlüsse auf „Möglichkeiten der Förderung des akademischen Selbstkonzepts durch (Grundschul-)lehrer/-innen […]“ (Langenkamp 2018, S. 25) ziehen. Des Weiteren spielen Emotionen im Lernprozess eine große Rolle, wie Reinhard Pekrun (1998, 1992a) sie innerhalb der Kontroll-Wert-Theorie beschreibt. Pekrun (vgl. 1992a; 1998) untersuchte die Eigenschaften von relevanten (Lern)Emotionen wie Stolz, Freude, Langeweile, Ärger und Angst hinsichtlich ihrer Valenz (vgl. Pieper 2019; 2020).

Implikationen für die Bildung in frühkindlichen und schulischen Einrichtungen

In der frühkindlichen Bildung geht es vor allem um die Frage, wie Kinder unterstützt werden können, damit sie positive Erfahrungen hinsichtlich ihrer eigenen Kompetenzen sammeln können (vgl. Schäfer 2001). Weiterhin geht es darum einen förderlich/positiven Resonanzrahmen aufzubauen, um Kompetenzen weiter auszubauen (vgl. Sozialministerium 2010).

Positive und negative Lernerfahrungen wirken sich auf die Selbstwirksamkeitserfahrungen von (Klein)Kindern aus und können somit das zukünftige Lernverhalten beeinflussen. Gerade erste Lernerfahrungen sind dabei prägend (vgl. Romer & Romer 2018). Im Bereich des akademischen Selbstkonzeptes (academic self-concept) wird auch von einem Fähigkeitsselbstkonzept gesprochen (Grans-Wermers, Klug & Hansen 2021). Der Schulerfolg steht damit im Zusammenhang mit dem jeweiligen Fähigkeitsselbstkonzept eines Kindes und wirkt sich wiederum auf Verhalten in Lernsituationen aus (vgl. Funk 2012). Mit dem frühkindlichen Selbstkonzept wird somit ein wichtiger Grundstein für die spätere schulische und berufliche Laufbahn gelegt.

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