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Zitiervorschlag

Förderung eines verständigen Umgangs mit Suchmaschinen im Elementarbereich

Melanie Platz, Alexander Decker & Christine Plote

 

1. Einleitung

Eine Suchmaschine ist ein Computersystem, das verteilte Inhalte aus dem World Wide Web erfasst. Dies geschieht durch sogenanntes Crawling, einem Prozess, bei dem Webcrawler (auch Bots oder Spider genannt) Websites besuchen, deren Inhalt abrufen und untersuchen. Die gefundenen Inhalte werden anschließend in einer Art Datenbank, dem Suchindex, erfasst. Anschließend können Benutzer:innen die Inhalte durchsuchen – mittels der Benutzeroberfläche der Suchmaschine. Die Suchergebnisse werden bei der Ausgabe von der Suchmaschine nach einer systemseitig angenommenen Relevanz sortiert (Lewandowski 2021, 29 f.). Das Wissen, wie eine Suchmaschine im Detail funktioniert und was es alles zu beachten gibt, nennt man Search Engine Literacy.[1]

Häufig werden Suchmaschinen, wie z.B. die bekannteste Suchmaschine Google, genutzt, ohne deren Funktionsweise zu kennen oder zu hinterfragen (Feierabend, Rathgeb & Reutter, 2018; Feil, Gieger & Grobbing, 2013). LeDeuff (2017, S. 4) fasst dies folgendermaßen sehr passend zusammen: „The simplicity and clean interface of Google conceal a complexity that is not understood by users.“ Dies trifft nicht nur auf Kinder und Jugendliche zu, sondern auch auf Erwachsene. Vielen Nutzern ist nicht bewusst, dass Suchmaschinen ihnen ausschließlich Inhalte vorschlagen, die ihren Interessen entsprechen. Von anderen Informationen werden Nutzer hingen abgeschnitten. Sie befinden sich dann in einer sogenannten Filterblase (Nagulendra & Vassileva, 2014). Durch das Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten (z.B. was hat der Nutzer gesucht, welche Webseiten besucht er, etc.) trainieren die Suchmaschinenanbeiter Algorithmen, um Suchergebnisse durch gezielte Informationsfilterung noch spezifischer auf die Suchanfragen auszurichten. Was in welcher Weise wie gesammelt und aufbereitet wird, sprich wie die Algorithmen und Suchindizes der großen Anbieter, wie z.B. Google oder Bing, funktionieren, wird jedoch nicht veröffentlicht. Das führt zu Verzerrungen (Bias), Informationsasymmetrien sowie datengesteuerter Diskriminierung und Abgrenzung (Bobic, Platz & Gütl, 2021; Galindo & Garcia-Marco, 2017).

Wollen wir Kinder und Erwachsene darin stärken, sich selbstbewusst, selbstbestimmt und sicher in digital durchdrungenen Lern-, Lebens- und Arbeitswelten zu bewegen, müssen Lernumgebungen entwickelt werden, die die Lernenden dabei unterstützen, den Blackbox-Effekt solcher Systeme zu überwinden. Sie müssen außerdem in die Lage versetzt werden, Suchergebnisse analysieren und sogar kritisieren zu können (Platz, Bierbrauer & Müller, 2023; Platz, Klan & Decker, 2022; Platz, Müller, Niehaus & Müller, 2021). Ziel solcher Lernumgebungen ist die Förderung von Information Literacy, die den Erwerb von Search Literacy und Search Engine Literacy voraussetzt. Auf Grund der thematischen Nähe zur Mathematik werden auch im folgenden Artikel immer wieder Bezüge zur Mathematik und Mathematikdidaktik hergestellt.

2. Search Engine Literacy, Search Literacy und Information Literacy

Search Engine Literacy ist ein Aspekt von Search Literacy, die wiederum einen Aspekt der Information Literacy darstellt. Dabei meint Information Literacy die Fähigkeit zu verstehen, dass Informationen gebraucht werden, diese effektiv und effizient zu suchen, angemessen zu bewerten und zu verwenden. Darüber hinaus umfasst sie die Fähigkeit neue Informationen in Vorwissen zu integrieren und zur Zielerreichung legal, ökonomisch, sozial und ethisch korrekt zu nutzen (Karatassis, 2015). Search Literacy bezieht sich dabei direkt auf den Prozess der Informationsbeschaffung und bezeichnet die Fähigkeit, die gewünschten Informationen zu finden und auf sie zuzugreifen, um die Informationsbedürfnisse effizient und effektiv zu befriedigen (Karatassis, 2015). Der Aufbau von Search Engine Literacy bedeutet dabei Kenntnisse über die grundlegende Funktionsweise von Suchmaschinen zu erlangen (wie Ranking, Filter- & Sortieralgorithmen) sowie über die folgenden Aspekte: Auffindbarkeit, linguistische Funktionen, Anfragesprache und Ranking (Karatassis, 2015; Fuhr, 2014).

3. Förderung eines verständigen Umgangs mit Suchmaschinen in Kindertageseinrichtungen

Von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen werden unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit Medien erwartet bzw. gefordert. „Dieser Diskurs wurde und wird im englischen Sprachraum sowie auf internationaler Ebene vorrangig unter dem Begriff der literacy oder media literacy geführt. Im deutschen Sprachraum, aber auch in anderen europäischen Regionen, ist in diesem Kontext auch der Begriff der Kompetenz bzw. Medienkompetenz anzutreffen“ (Trültzsch-Wijnen, 2020, S. 173).

Zur frühen Bildung in Kindertageseinrichtungen gehört neben dem Erwerb von praktischen Fertigkeiten im Umgang mit informationstechnischen Geräten, die den Alltag der Kinder prägen, auch der Erwerb von Kenntnissen über deren Verwendungs- und Funktionsweisen (KMK, 2022a, S. 13). Textor (2021) hebt mit Verweis auf die miniKIM-Studie 2020 hervor, dass die Freizeit von Kleinkindern bereits intensiv durch die Nutzung von Medien(-geräten) geprägt ist. Sie sind in ihren Familien von vielen Mediengeräten umgeben, erleben deren Nutzung mit und verwenden digitale Medien mit zunehmendem Alter immer häufiger selbst.

Unter Medienkompetenz in der Kindertageseinrichtung im Sinne alltagsintegrierter Medienbildung versteht die KMK (2022a, S. 14), dass Kinder Medien nicht nur technisch nutzen können sollen, sondern auch lernen, diese reflektiert und verantwortlich zu gebrauchen. „Gleichzeitig ist die entwicklungsangemessene und selbstkritische Auseinandersetzung mit den Risiken des Gebrauchs digitaler Medien und des Internets unabdingbar“ (KMKa, 2022, S. 13).

Lernumgebungen in Kindertageseinrichtungen sollten frühkindliche Lernformen wie Spielen, Forschen und Gestalten aufgreifen und adaptiv gestaltet sein, sodass Kinder gemäß ihrem Wissensstand und ihren Fähigkeiten aktiv und möglichst autonom partizipieren können (Vogler & Beck, 2020). Die Situations of play and exploration (Situationen des Spielens und Erkundens; Vogel, 2013) legen den Fokus vor allem auf das lernende Kind und umfassen drei Komponenten: Die (fachspezifische) Aufgabe oder das Problem, das Material-Raum-Arrangement und multimodale Stimuli (gesprochene Sprache, Gestik und Handlung) des anleitenden Erwachsenen. Erste Begegnungen mit der Funktionsweise des Mediums, welches im Fokus stehen soll, können in Design-Pattern (Vogel, 2013) beschrieben werden, die Vogel (2013) für mathematische Kontexte entwickelt hat:

  • Organisatorische Faktoren: Eine kurze Zusammenfassung der Situation, die unter anderem die Beschreibung des Anwendungsbereichs (z.B. für welche Altersstufen die Situation gedacht ist und ob die Situation für Kinder in Paaren oder Gruppen gedacht ist) und die Beschreibung der materiell-räumlichen Anordnung, beinhaltet.
  • Umsetzungsbezogene Hinweise: Die Aufgabenstellung wird in der Eingangssituation und ggf. auch in den möglichen Erzählkontexten beschrieben. Mit Hilfe der Beschreibungskategorien ‚mögliche Anregungen in der Einstiegssituation‘ und ‚mögliche Bezugspunkte‘ wird dem anleitenden Erwachsenen ein Repertoire an multimodalen Stimuli zur Verfügung gestellt, die für die konkrete Umsetzung der Situation genutzt werden können. Der anleitende Erwachsene kann diese Impulse nutzen, hat aber dennoch die Möglichkeit, die Situation selbst zu modellieren.
  • Hintergrundwissen: Die Durchführung der Situation erfordert ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz, um die Vorstellungen der Kinder zu erkennen und mit geeigneten multimodalen Reizen zu unterstützen. Umfassende Beschreibungen des fachlichen Inhalts der Situation und Erklärungen sind hier hilfreich, um herauszufinden, welche weiteren oder übergreifenden Bereiche in dieser Situation anknüpfen.

Steinweg (2008) formuliert Grundsätze bei der Förderung von Mathematik in jedem Alter – die auf die Förderung des Umgangs mit Suchmaschinen übertragen werden können – unter anderem: mathematischer Kompetenzerwerb soll als lebenslanger Prozess in unterschiedlichen Tiefen der Auseinandersetzung verstanden werden, deshalb müssen sich Überlegungen zur Förderung mathematischer Kompetenzen in der Zeit vor der Schule an mathematikdidaktischen Grundlagen der wichtigen Inhaltsbereiche und an den fundamentalen Lernzielen bzw. Ideen der Mathematik orientieren. Dabei sind Fundamentale Ideen „[...] für die Mathematik und das Mathematiktreiben zentrale Aspekte wie Inhalte, Handlungen und Einstellungen. Ihr Zusammenspiel macht das Wesen der Mathematik aus. Im Mathematikunterricht dienen sie der begründeten Stoffauswahl und der Vernetzung von unterrichtsrelevanten Aspekten von Mathematik wie Inhalten, Repräsentationen, Aktivitäten, Genese und den Aspekten, welche die Person des Schülers betreffen“ (Von der Bank 2016, S. 6). Die fundamentalen Ideen sollen bereits im Anfangsunterricht kindgerecht grundgelegt und auf den weiteren Stufen des Lernprozesses, also in späteren Jahrgangsstufen, erneut aufgegriffen und dabei strukturell angereichert werden (Krauthausen, 2018).

In Analogie sollten sich deshalb Lernumgebungen an den fundamentalen Ideen zur Suchmaschinennutzung orientieren. Diese mussten zunächst identifiziert werden (Platz, Klan & Decker, 2022) und können anhand der Pole der Digitalisierung strukturiert werden (Platz, Bierbrauer & Müller, 2023). Oldenburg (2022) beschreibt die Pole der Digitalisierung in Anlehnung an die Funktionen des Sachrechnens nach Winter (1985): Digitalisierung als Lernstoff, als Lernprinzip und als Beitrag zur Umwelterschließung. Übertragen auf Suchmaschinennutzung ergeben sich:

  • Suchmaschinennutzung als Lernstoff (Search Engine Literacy): Wissen über und Fertigkeiten im Umgang mit Suchmaschinen werden aufgebaut: Crawling und Index, Ranking, Filter- & Sortieralgorithmen werden hier adressiert.
  • Suchmaschinennutzung als Lernprinzip (Search Literacy): Bezüge zur Realität für das Lernen von Begriffen und Verfahren werden ausgenutzt, um die Kinder stärker für das Lernen zu interessieren, ihr Verständnis zu fördern und ihre Kenntnisse und Fertigkeiten zu festigen. Hier geht es um die Frage: Wie sind Informationen im Internet repräsentiert und wie muss ich deshalb mit der Suchmaschine kommunizieren? Suche und Suchindex (als Basis) werden hier adressiert.
  • Suchmaschinennutzung als Beitrag zur Umwelterschließung (Information Literacy): Dies ist die umfassendste Funktion, in ihr sind die zuvor genannten aufgehoben. Insgesamt handelt es sich um „[…] ein didaktisches Programm, in das tiefere Dimensionen pädagogischen Arbeitens eingehen: die übergeordneten Ziele des Mathematikunterrichts (sein möglicher Beitrag zur Entfaltung der Kreativität und zur Sensibilisierung für die Probleme unserer Welt) und das Bild, das man vom Menschen und menschlichem Lernen hat“ (Winter, 1995, S. 37). Hier werden Fragen gestellt wie: Sind meine Ergebnisse vertrauenswürdig und brauchbar? Welche Informationen über mich erhalten Dritte durch meine Sucheingaben? Filterblasen und kritischer Umgang werden hier adressiert.

Ein zentrales Element bei der Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Suchmaschinen ist die Reflexion des eigenen Handelns durch die Auseinandersetzung mit der Funktionsweise von Suchmaschinen (Platz, 2022). Als Grundlage zur Entwicklung von Lernumgebungen dient das Modell zur theoretisch fundierten Durchdringung eines Begriffs (ursprünglich zum Themenfeld Algorithmen; Etzold, Noack & Jurk 2019), das auf Suchmaschinen übertragen und um eine Reflexion erweitert wurde (Platz, Bierbrauer & Müller, 2023):

  1. Zunächst wird ein Ausgangsbeispiel intensiv besprochen. Dieses muss charakteristisch für den auszubildenden Begriff sein, d.h. an ihm muss das Wesen des Begriffs besonders gut erkennbar und erlebbar sein. Es sollte sich also nicht um einen besonderen Spezialfall halten aber auch nicht allzu viele zusätzliche Bestandteile beinhalten, die vom eigentlichen Begriff ablenken.
  2. Nachdem das Ausgangsbeispiel besprochen wurde, wird an ihm das Wesentliche des Begriffs herausgearbeitet und als Ausgangsabstraktion Dies kann bspw. eine kindgerechte Definition sein. Wichtig ist hierfür, dass es sich tatsächlich um eine allgemeine Formulierung handelt. D.h., es können und sollen zwar Bezüge zum Ausgangsbeispiel hergestellt werden, aber in der Formulierung der Abstraktion selbst spielen diese keine Rolle.
  3. Nun wird die Ausgangsabstraktion angewandt auf weitere Beispiele, die Konkretisierungen. Dabei wird mit der Ausgangsabstraktion gearbeitet, begründet, warum sie anwendbar ist bzw. warum die Beispiele bestimmte Eigenschaften beinhalten usw. Durch diese Beschäftigung wird das Wesentliche des Begriffs nochmals durchdrungen und besser verinnerlicht.
  4. Reflexion: Konsequenzen für den Umgang mit Suchmaschinen werden gezogen und Richtlinien für eine optimierte Suche werden formuliert.

5. Ein Beispiel zur fundamentalen Idee „Ranking“

Sortieralgorithmen spielen im Kontext von Suchmaschinen eine wichtige Rolle, um ein Ranking der Suchergebnisse zu erzeugen (Halavais, 2017). Durch die Durchführung einer intransparenten Sortierung können Sortierkriterien diskutiert werden und Aspekte besprochen werden, die für das Ranking der Ergebnisse bei Suchmaschinen bestimmend sind. Durch das Ranking versuchen Suchmaschinen, die gefundenen Suchergebnisse in eine Reihenfolge zu bringen. Die relevanten Ergebnisse werden zuerst angezeigt, die weniger relevanten weiter unten. Es wird also nach absteigender Relevanz sortiert (Lewandovski, 2021, S. 93). Wie es genau zu der Reihenfolge bezüglich der Relevanz kommt, ist unklar.

Die eben vorgestellten theoretischen Grundlagen werden im Folgenden anhand eines konkreten Beispiels zur fundamentalen Idee des Rankings von Suchmaschinen angewendet.

5.1 Organisatorische Faktoren

Bereits im Kindergarten kann die Funktionsweise von Sortieralgorithmen von den Kindern entdeckt und aktiv erlebt werden. Ein Beispiel ist Bubble Sort, das aufgrund seiner Langsamkeit eher von didaktischer Bedeutung ist (Fischer & Hofer, 2011, S. 839) und bereits im Kindergarten erforscht werden kann. Diese Situation des Spielens und Erkundens eignet sich für eine Kleingruppe von fünf bis zehn Kindern (Sönnerås, 2019). Es werden verschieden lange Stäbe (z.B. Cuisenaire Holzstäbchen) vorbereitet. Auf dem Boden befindet sich eine Linie mit Rechtecken. Die Rechtecke können zur Markierung der verschiedenen Positionen auf der Linie verwendet werden. Die Anzahl der Rechtecke entspricht der Anzahl der Kinder.

5.1 organisatorische Faktoren

5.2 Umsetzungsbezogene Hinweise

  • Mögliche Anregungen in der Einstiegssituation: ‚Heute lernt ihr, wie eine Suchmaschine funktioniert. An einem Ende geben wir die Daten ein, die bearbeitet werden sollen. Das ist die Länge eurer Stäbe. Am anderen Ende kommen die sortierten Daten heraus. Nehmt euch einen Stab und sucht euch eine Position [Rechteck] auf der Linie aus.‘ Dann wird die Funktionsweise des Flussdiagramms beschrieben: Beginnend auf der linken Seite sollen die beiden Kinder, die nebeneinanderstehen, die Länge ihrer Balken vergleichen. Das Kind mit dem längeren Balken soll nach rechts, das Kind mit dem kürzeren Balken soll nach links gehen (ältere Kinder müssen den jüngeren eventuell bei der richtigen Sortierung helfen). Wenn das Kind mit dem längsten Stab die rechte Seite erreicht hat, beginnt die Sortierung auf der linken Seite von Neuem. Nach mehreren Schritten ist die Sortierung beendet und die Kinder legen die Stäbe vor sich auf den Boden, um zu sehen, ob es funktioniert hat. Wenn die Reihenfolge nicht stimmt, kann mit den Kindern eine konkrete Fehlersuche durchgeführt werden.
  • Mögliche Bezugspunkte: Sönnerås (2019) berichtet, dass Kinder zweifelten, ob die richtige Sortierung nur ein Zufall war und ob es beim nächsten Durchgang wieder genauso funktionieren würde. Sie wiederholten das Experiment und begannen in anderen Rechtecken und mit anderen Stäben, aber das Ergebnis war das gleiche. Die Kinder fragten sich, ob das auch mit anderen Dingen anstelle der Stäbe funktionieren würde. Sie sortierten sich unter anderem nach der Größe und sahen, dass auch das funktionierte. Dieses induktive Testen überzeugte sie davon, dass der Algorithmus immer funktionieren würde. Bisher wurde die vermeintliche Sortierreihenfolge vorgegeben (Längen von Stäben mit der Relation ... ist länger als ...) und alle beteiligten Lernenden stimmten diesen Reihenfolgen[2] selbstverständlich zu. Gerade in dieser Informatik-Unplugged-Lernumgebung beginnen Kinder zu überlegen, welche anderen Eigenschaften anstelle der Länge zum Sortieren verwendet werden können. Dies könnte auch zu Diskussionen führen, wenn die Entscheidung für die ‚richtige‘ Reihenfolge nicht klar ist (Sönnerås, 2019, S. 50). Im nächsten Schritt wäre es denkbar, Gegenstände oder auch die Kinder selbst von der Erzieherin oder einem anderen Kind in eine bestimmte (vielleicht sogar zufällige) Reihenfolge zu bringen (intransparente Sortierung). Die Kinder müssten dann Vermutungen über die Sortierkriterien anstellen und finden Argumente (KMK, 2022b, S. 10) für ihre Vermutung (Platz et al. 2021). So könnten Bereiche besprochen werden, die für das Ranking der Ergebnisse bei Suchmaschinen bestimmend sind – zum Beispiel die Popularität oder Personalisierung.

5.3 Hintergrundwissen

Die Inhaltsbereiche „Sprachen und Automaten“ sowie „Algorithmen der informatischen Bildung“ werden angesprochen (GI, 2019, S. 9f.). Bezüglich Mathematik fördert diese Aktivität Kompetenzen in den Bereichen Geometrie sowie Größen und Messen (Sortieren geometrischer Figuren nach Eigenschaften durch Vergleichen der Längen der Stäbe, z.B. KMK, 2022b, S. 15 & 17). Der direkte Vergleich knüpft an Vorerfahrungen der Kinder mit dem Ordnen und Vergleichen an und regt eine bewusste Auseinandersetzung mit den Beziehungskonzepten durch Handlungen an (... ist so lang wie ...; ... ist länger als ..., etc.).[3] Bezogen auf Sortieralgorithmen ist der direkte Vergleich mit dem Sortieren und Ordnen vom Kleinsten zum Größten verbunden.[4] Durch solche Sortieraufgaben können prozessbezogene Kompetenzen wie Kommunizieren (vor allem gemeinsames Bearbeiten von Aufgaben, Treffen und Einhalten von Absprachen) und Argumentieren (vor allem beim Überprüfen des Sortiervorgangs auf Richtigkeit und Finden und Korrigieren von Fehlern) gefördert werden (z.B. KMK, 2022a, S. 14; KMK, 2022b, S. 10; GI, 2019, S. 8f). Neben Bubble Sort können beispielsweise auch Sortiernetzwerke, die dazu eingesetzt werden, Werte durch Vergleichen von Wertepaaren in aufsteigender Reihenfolge zu ordnen, untersucht werden. (Ein Unterrichtsbeispiel wurde von CS Unplugged ausgearbeitet: https://www.csunplugged.org/de/topics/sorting-networks/).

Suchmaschinen legen ihre Rankingverfahren – wie oben angedeutet – nicht offen. Allerdings haben sich sechs Bereiche herausgebildet, die für das Ranking der Ergebnisse bestimmend zu sein scheinen (Lewandovski, 2021, S. 93) und die in Lernumgebungen aufgegriffen werden können:

  • Textspezifische Faktoren: Abgleich, welche Wörter der Suchanfrage in den zu durchsuchenden Argumenten vorkommen und daher in die Treffermenge mit aufgenommen werden sollen.
  • Popularität: Wird vor allem über die Verlinkung der Dokumente untereinander und über das Klickverhalten der Nutzenden gemessen.
  • Aktualität: Je nach Zweck der Anfrage kann es sinnvoll sein, entweder besonders aktuelle Dokumente oder statische, dafür aber populäre Dokumente anzuzeigen.
  • Lokalität: Einbezug der Standortdaten des Nutzers.
  • Personalisierung: Dem individuellen Nutzer sollen auf ihn maßgeschneiderte Ergebnisse ausgegeben werden.
  • Technische Rankingfaktoren: grundlegende technische Eigenschaften von Websites bzw. Servern (z.B. Ladegeschwindigkeit der Seite), die für das Ranking ausgenutzt werden.

6. Zusammenfassung & Ausblick

Wenn das Ziel darin besteht, das Denken und die Entscheidungsfindung von Generationen zu verändern, spielen Kinder eine zentrale Rolle als Multiplikatoren. Deshalb wurde im vorliegenden Beitrag ein Beispiel für die Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Suchmaschinen bereits im Kindergartenalter vorgestellt. (Früh-)Mathematische Konzepte werden im vorliegenden Beispiel zur Beschreibung und Erklärung der Funktionsweise von Suchmaschinen verwendet. Ein zentrales Element dabei ist die Reflexion des eigenen Handelns aufgrund der Auseinandersetzung mit der Funktionsweise von Suchmaschinen.

Um ein Handlungsbedürfnis anregen zu können, ist die Schaffung eines Bewusstseins für die Probleme der Internetsuche fundamental. Ist ein Handlungsbedürfnis geweckt, müssen Konzepte zur Unterstützung einer sichereren Internetsuche zur Verfügung gestellt werden, um den Erwerb von Handlungskompetenzen zu ermöglichen. Die Arbeitsgruppe Education+Literacy der Open Search Foundation arbeitet derzeit solche Konzepte aus. Auf der Landingpage für Kinder und Eltern finden sich kindgerechte Informationsgrafiken und eine Informationsbroschüre zum Download. https://opensearchfoundation.org/infos-fuer-kinder/

Endnoten

[1] Zur besseren Übersicht hat die Open Search Foundation dazu eine Erklärung zusammengestellt (siehe: https://opensearchfoundation.org/wp-content/uploads/2022/10/So-funktioniert-die-Internetsuche.pdf).

[2] aufgrund der Ordnungsrelationen auf diesen Mengen

[3] Ohne diese grundlegenden Erfahrungen in jedem Größenbereich können Kinder kein Verständnis für die Äquivalenz- und Ordnungsrelation in diesem Bereich aufbauen (Franke & Ruwisch, 2010, S. 185f.).

[4] Dabei wird die Transitivität der Ordnungsrelation deutlich: Wenn der Balken A länger ist als der Balken B und der Balken B länger ist als der Balken C, dann ist der Balken A länger als der Balken C. Die der Ordnungsrelation zugrunde liegende Transitivität, die sich auf dem Aktivitätsniveau der Kinder darin äußert, dass sie nicht nur Paare vergleichen, sondern auch eine Rangfolge (Reihung) mehrerer Objekte vornehmen können, stellt einen wesentlichen Aspekt des Größen- und Messkonzepts dar. Allerdings gibt es für die Kinder keine einfache Korrespondenz zwischen Handlung, Konzept und verbaler Beschreibung (Franke & Ruwisch, 2010).

7. Literatur

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Feierabend, S., Rathgeb, T., & Reutter, T.: JIM-Studie 2018. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Suttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, c/o Landesanstalt für Kommunikation, 2018. https://www.schauhin.info/fileadmin/content/Downloads/Sonstiges/JIM_2018_Gesamt.pdf

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Autoren

Melanie Platz

Univ.-Prof., Dr. rer. nat., Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der Primarstufe an der Universität des Saarlandes. Sprecherin der Arbeitsgruppe PriMaMedien (Lernen, Lehren und Forschen mit digitalen Medien im Mathematikunterricht der Primarstufe) im Arbeitskreis Grundschule der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik, Vice-Chair des IEEE Technical Committee on Immersive Learning Environments und Co-Moderatorin Fachgruppe Education+Literacy der Open Search Foundation; [email protected]

Alexander Decker

Prof. Dr., Professor für Konsumgütermarketing und Digitale Medien an der Technischen Hochschule Ingolstadt - THI Business School. Leiter des Masterstudiengangs Marketing / Vertrieb / Medien sowie Prodekan Marketing & Alumni. Seit September 2018 Gründungsmitglied der gemeinnützigen Initiative Open Search Foundation (opensearchfoundation.org), die es zum Ziel hat, in Europa einen neutralen, offen und transparenten Suchindex zu implementieren. Co-Moderator Fachgruppe Education+Literacy der Open Search Foundation; [email protected]

Christine Plote

Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstands der Open Search Foundation. Co-Moderatorin der Fachgruppe Ethics der Open Search Foundation und des Projekts #EthicsInSearch. Leitet die Kommunikation der Non-Profit-Organisation und ist für die Kommunikationsaktivitäten des EU-Projekts OpenWebSearch.eu verantwortlich; [email protected]