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Zitiervorschlag

Aus: KinderTageseinrichtungen aktuell, KiTa BY 1999, 11, S. 236-239

Mobile Dienste für Kindertageseinrichtungen

Martin R. Textor

 

In der pädagogischen Arbeit mit Kindern werden Erzieher/innen immer wieder mit Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen, Sprachstörungen oder (drohenden) Behinderungen konfrontiert. Manchmal sind sie sich hinsichtlich der Diagnose und des weiteren Umgangs mit dem Kind nicht sicher und wünschen sich dann irgendeine Art von Beratung und Unterstützung. In anderen Fällen gelingt es ihnen nicht, die Eltern zu motivieren, ihr Kind bei einem (Kinder-)Arzt, einer Frühförderstelle, einer Erziehungsberatungsstelle oder einem anderen psychosozialen Dienst vorzustellen. In wieder anderen Fällen sind Eltern hierzu wohl grundsätzlich bereit, können ihr Kind aber nicht tagsüber zu einer (längerfristigen) ambulanten Behandlung bringen, da sie vollerwerbstätig sind oder - ein Problem in ländlichen Regionen - über kein Fahrzeug verfügen und öffentliche Verkehrsmittel nicht erreichbar sind. Schließlich gibt es eine Anzahl von Kindern, die so ängstlich und gehemmt sind, dass sie eine Behandlung außerhalb des gewohnten und als sicher erlebten Kindergartens nur schwer verkraften würden.

In all diesen Fällen können mobile Dienste helfen, die direkt in die Kindertageseinrichtung kommen und dort Behandlungen und Beratungen durchführen. In den letzten Jahren sind immer mehr solcher Dienste entstanden, die zumeist an Frühförderstellen und Förderschulen angebunden sind, aber auch an Erziehungsberatungsstellen, Schulvorbereitende Einrichtungen, Trägerverbände, Jugendämter usw. In der Regel sind mobile Dienste personell unterbesetzt, sodass sie nur in einem (kleinen) Teil der Kindertagesstätten in ihrem Einzugsbereich tätig werden können. Außerdem sind sie zumeist nur für Kindergärten zuständig.

In diesem Artikel soll die Aufmerksamkeit auf solche mobilen Dienste gelenkt werden - verbunden mit der Hoffnung, dass sie dann in denjenigen Jugendamts- und Schulamtsbezirken, wo sie noch fehlen, eingerichtet und anderswo weiter ausgebaut werden. Zunächst sollen mobile Dienste, deren Arbeitsschwerpunkt die Behandlung von Kindern in Tageseinrichtungen ist, vorgestellt werden und dann solche, die vor allem Beratungsangebote für Erzieher/innen machen. Abschließend soll auf einige Faktoren hingewiesen werden, die sich positiv auf die Zusammenarbeit der Fachkräfte auswirken.

Mobile Dienste für Kinder

Im Schuljahr 1996/97 wurden allein in Bayern mehr als 6.600 Kinder im Vorschulalter durch "Mobile sonderpädagogische Hilfen" der Förderschulen betreut (Mayr 1998). Eine wahrscheinlich noch größere Zahl von Kindern wird von mobilen Diensten mit anderen Trägern behandelt - die in Bayern mit 7,3 Stellen wohl größte dieser Einrichtungen, der Pädagogisch-Psychologische Dienst (PPD) für Stadt und Landkreis Passau, betreute z.B. allein 784 Kinder im Jahr 1996 (a.a.O.). Zum Personal gehören Heilpädagog/innen, Förderschullehrer/innen, Sozialpädagog/innen, Psycholog/innen u.a. Aber nicht nur bei größeren mobilen Diensten ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit gesichert, auch viele kleinere können bei ihrem Träger (z.B. Erziehungsberatungs- oder Frühförderstelle) auf Fachkräfte mit anderen, ergänzenden Qualifikationen zurückgreifen. Entsprechend der Ausbildung ihrer Mitarbeiter/innen bzw. des Arbeitsauftrages ihres Trägers haben sich manche mobile Dienste auf bestimmte Probleme - z.B. Sprachauffälligkeiten - spezialisiert.

Mobile Dienste kommen nur auf Anforderung der Erzieher/innen in die Kindertageseinrichtung. Der Anlass ist normalerweise ein verhaltensauffälliges, entwicklungsverzögertes, sprachgestörtes oder behindertes Kind. In der Regel geht es - mit Einverständnis der Eltern - zunächst um die Beobachtung des Kindes mit dem Ziel der Diagnoseerstellung. Wenn die Eltern noch nicht angesprochen worden sind, kann die Erzieherin aber auch das Verhalten und die Symptome des Kindes - ohne Namensnennung - der Mitarbeiterin des mobilen Dienstes schildern, ihre Meinung erfragen und mit ihr das weitere Vorgehen (Elterngespräch, Beobachtungstermin, Einsatz eines diagnostischen Instruments...) abstimmen.

In der Kindertageseinrichtung können Mitarbeiter/innen mobiler Dienste ein auffälliges Kind in einer ihm vertrauten Umgebung erleben. Die Beobachtungen können in der Einzel- oder in der Gruppensituation erfolgen; im letztgenannten Fall können sie teilnehmend oder nicht teilnehmend sein. In der Regel beziehen sich die Beobachtungen nicht nur auf das Verhalten des Kindes, sondern auch auf seine Beziehung zu den Erzieher/innen und den anderen Kindern. Daneben sammeln die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste weitere Informationen über das Kind im Gespräch mit den Fachkräften und möglichst auch mit den Eltern (Anamnese). Eventuell setzen sie entwicklungsdiagnostische Testverfahren ein oder erstellen Soziogramme. In Einzelfällen veranlassen sie eine medizinische, neurologische oder andersartige Untersuchung des Kindes durch Dritte.

Die Diagnose wird zumeist unter Einbeziehung der Erzieher/innen (und der Eltern) erstellt. Daran schließt sich die Besprechung möglicher Maßnahmen an. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss ein Gespräch mit den Eltern geführt werden, da diese die Interventionen genehmigen müssen. Es wird mit ihnen ein mündlicher, oft auch ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen. Mögliche Maßnahmen von Mitarbeiter/innen mobiler Dienste in Kindertageseinrichtungen sind:

  • Behandlung des Kindes: Je nach Auffälligkeit wird - zumeist einmal pro Woche - eine heilpädagogische, sprach-, spiel- bzw. ergotherapeutische oder sonstige Behandlung durchgeführt. Neben der Einwirkung auf die Verhaltensauffälligkeiten, Sprachstörungen, Entwicklungsrückstände oder (drohenden) Behinderungen geht es in der Regel auch um eine allgemeine Förderung des Kindes, also um die Vermittlung sozialer und anderer Kompetenzen, die Integration in die Gruppe, die Bewusstmachung von Grenzen, den Aufbau von Selbstvertrauen usw. Generell kann die Behandlung erfolgen als
    1. Einzelförderung außerhalb der Kindergruppe, wenn z.B. das Kind für eine bestimmte Zeit eine gezielte, intensive Behandlung durch eine konstante Bezugsperson benötigt, die auf seine Bedürfnisse eingeht und sich ihm anpaßt;
    2. Einzelförderung in der Kindergartengruppe, wenn das Kind z.B. eine exklusive Zweiersituation nicht erträgt, wenn die intensive Einzelbehandlung bereits abgeschlossen ist oder wenn es um die Integration des Kindes in die Gruppe geht;
    3. Förderung in einer Kleingruppe außerhalb der Kindergartengruppe, wenn z.B. Kinder mit ähnlichen Auffälligkeiten gemeinsam behandelt werden sollen oder wenn ein sehr ängstliches und kontaktarmes Kind erst in eine Kleingruppe integriert werden soll; oder als
    4. Förderung in einer Kleingruppe innerhalb der Kindergartengruppe, wenn z.B. mehrere Kinder gleichzeitig behandelt oder Kontakte zwischen ihnen gefördert werden sollen (nach Weiß o.J.).
  • Beratung der Erzieher/innen: Die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste erläutern ihnen die Probleme des Kindes und deren Ursachen, wecken Verständnis für seine besonderen Bedürfnisse und geben Hinweise, durch welche Maßnahmen die Fachkräfte die Behandlung des Kindes unterstützen und wie diese in den Kindergartenalltag integriert werden können. Manchmal versuchen sie, das Bild der Erzieher/innen von dem auffälligen Kind zu verändern, da eine neue Sichtweise zu einer anderen Beziehung zum Kind führt, was diesem Chancen für eine Veränderung seines Verhaltens eröffnet. Auch können die Erzieher/innen darauf aufmerksam gemacht werden, wie ihr Verhalten (z.B. eine Überbehütung oder Unterforderung des Kindes), Gruppenprozesse (wie die Zuweisung einer Sündenbockrolle) oder Rahmenbedingungen zu den Problemen des Kindes beitragen und was dagegen gemacht werden kann. Schließlich können (gemeinsame) Elterngespräche vor- und nachbereitet werden.
  • Elternberatung: Zusammen mit den Erzieher/innen oder ohne sie informieren Mitarbeiter/innen mobiler Dienste die Eltern eines "Problemkindes" über die Ursachen der Auffälligkeiten und deren Behandlung. Sie erklären ihnen, wie sie die Einzelförderung unterstützen können (z.B. durch die Durchführung bestimmter Übungen mit dem Kind, durch das Unterlassen bestimmter Verhaltensweisen oder durch Zuwendung und Aufmerksamkeit). Auch beraten sie die Eltern bei Erziehungsschwierigkeiten und Alltagsproblemen. Manchmal muss auch die Beziehung zwischen Eltern und Erzieher/innen verbessert werden (z.B. Lösen von Konflikten, Aufbau von Vertrauen).
  • Weitervermittlung: Können die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste einem Kind bzw. seiner Familie nicht helfen, werden diese an Beratungsstellen, Ärzte, Therapeuten in freier Praxis, Frühförderstellen, Jugendämter usw. überwiesen.

Alle diese Maßnahmen führen zumeist nicht nur zu einer Verbesserung der Situation und Entwicklung des Kindes, sondern in der Regel auch zu einer Entlastung der Erzieher/innen. Hinzu kommt, dass Letztere durch den häufigen Kontakt zu Mitarbeiter/innen mobiler Dienste (insbesondere durch Fallbesprechungen und die Mitwirkung an Fördermaßnahmen) indirekt weiterqualifiziert werden: Sie erweitern ihr heilpädagogisches Wissen, erwerben neue Kompetenzen im Umgang mit "Problemkindern" und erlernen Techniken der Gesprächsführung mit Eltern. Zumeist kann auch eine generelle Verbesserung der erzieherischen Tätigkeit und der Elternarbeit beobachtet werden.

Mobile Dienste für Erzieher/innen

Eine kleinere Zahl mobiler Dienste hat sich auf die Beratung von Erzieher/innen spezialisiert. Ihre Mitarbeiter/innen behandeln keine Kinder in Tageseinrichtungen - was aber nicht ausschließt, dass sie verhaltensauffällige, entwicklungsverzögerte oder sprachgestörte Kinder in der Gruppe beobachten und zusammen mit den Erzieher/innen (und Eltern) eine Diagnose erstellen. Dies dient dann aber überwiegend der Unterstützung der Erzieher/innen: bei der Feststellung, ob ein Kind "gestört" ist, hinsichtlich der Entscheidung, ob es behandlungsbedürftig ist, bei der Planung des weiteren Vorgehens.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit dieser mobilen Dienste stehen somit Fallbesprechungen - anonymisiert, wenn die Eltern nicht informiert sind und das Kind nicht beobachtet werden muss, ansonsten mit Namensnennung. Gemeinsam werden diagnostische Daten und Beobachtungen ausgewertet, die bisherige Entwicklung des Kindes und der familiale Hintergrund besprochen, die Ursachen von Auffälligkeiten gesucht, Wechselwirkungen zwischen Kindertageseinrichtung und Familie reflektiert. Dann wird geklärt, welche Hilfsmaßnahmen sinnvoll sind. Reichen erzieherische oder heilpädagogische Aktivitäten der Erzieher/innen aus, werden diese besprochen und in den Tagesablauf eingeplant (z.B. an Nachmittagen mit geringerer Gruppenstärke). In diesem Zusammenhang erhalten Erzieher/innen eine Anleitung zur gezielten Förderung des jeweiligen Kindes, wobei auch heilpädagogische Kenntnisse und Verfahren vermittelt werden können. Ferner geht es bei den Fallbesprechungen um die Reflexion des eigenen Tuns, um das Erkennen von Fehlern im Umgang mit dem jeweiligen Kind, die Steigerung der erzieherischen Kompetenz, die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten und die Verbesserung der pädagogischen Arbeit im Allgemeinen.

Deutlich wird, dass auf solche Weise gerade auch den so genannten "Grauzonenkindern" geholfen werden kann, die wohl schon auffällig sind, aber noch keiner Behandlung durch psychosoziale Dienste bedürfen. Ferner können so integrative Bemühungen von Kindertageseinrichtungen unterstützt, aber auch Fragen z. B. hinsichtlich der Schulreife eines Kindes geklärt werden. Zeigt sich hingegen bei den Fallbesprechungen, dass eine ärztliche, logopädische, ergotherapeutische, heilpädagogische, psychotherapeutische oder eine andere intensive Behandlung des Kindes bzw. eine besondere Beratung der Eltern notwendig ist, werden die Familien an die entsprechenden Einrichtungen weiter vermittelt. Hier wirken die mobilen Dienste wie ein "Sieb": Sie stellen sicher, dass Kinder wirklich behandlungs- bzw. ihre Eltern beratungsbedürftig sind und dass sie an eine für ihre Problematik zuständige Institution überwiesen werden.

Bei den Fallbesprechungen geht es in der Regel auch um die Vor- und Nachbereitung von Elterngesprächen. Oft nehmen die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste an den Besprechungen mit den Eltern teil, informieren sie über die diagnostischen Erkenntnisse, die geplanten bzw. empfehlenswerten Maßnahmen und den richtigen Umgang mit dem Kind. Eine (längerfristige) Elternberatung ist zumeist aber nicht möglich - das zentrale Ziel ist schließlich die Unterstützung und Entlastung der Erzieher/innen.

Neben Fallbesprechungen bieten mobile Dienste Kindertageseinrichtungen auch eine allgemeine Beratung an. Diese kann sich auf ein bestimmtes Thema beziehen wie beispielsweise die Förderung ängstlicher und gehemmter Kinder, der Umgang mit ausländischen Kindern und ihren Eltern, die Sexualerziehung, die Elternarbeit oder die Umsetzung der pädagogischen Konzeption. Die Beratung kann sich aber auch auf das Verhalten der Erzieher/innen, ihr Verhältnis zu den Kindern und ihre praktische Erziehungstätigkeit beziehen. In diesen Fällen beobachten die Mitarbeiter/innen der mobilen Dienste sie zunächst im Gruppenalltag. Anschließend besprechen sie ihre Beobachtungen mit ihnen, weisen sie auf problematische Reaktionen hin und machen Verbesserungsvorschläge hinsichtlich des konkreten Umgangs mit Kindern oder der pädagogischen Arbeit. Da sich die Beobachtungen auf die Erzieher/innen beziehen, ist in diesen Fällen kein Einverständnis der Eltern nötig. Es ist aber generell sinnvoll, auf die enge Zusammenarbeit mit mobilen Diensten in der Konzeption der Kindertageseinrichtung und/oder bei Anmeldegesprächen hinzuweisen.

Mobile Dienste, die vor allem Erzieher/innen unterstützen wollen, bieten oft auch Fortbildungsveranstaltungen für diese Zielgruppe an. Die Themenbandbreite erstreckt sich von der kindlichen Entwicklung über verschiedene Störungsbilder, heilpädagogische Verfahren und den Umgang mit schwierigen Gruppensituationen bis hin zur Gesprächsführung mit Eltern. Außerdem werden manchmal Arbeitskreise für Erzieher/innen angeboten. Die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste sind in der Regel auch gerne bereit, an Elternveranstaltungen mitzuwirken.

Positive und negative Faktoren

Eine Zusammenarbeit mit mobilen Diensten verläuft nicht immer ohne Probleme. Beispielsweise haben manche Erzieher/innen zu hohe Erwartungen an eine heilpädagogische oder therapeutische Behandlung von Kindern in ihrer Einrichtung. Sie sind dann enttäuscht, wenn sich Erfolge nicht so schnell wie erwartet einstellen. Dies kann zu einer negativen Einschätzung der weiteren Entwicklung des Kindes führen - was manchmal zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. Hinzu kommt, dass die Einzelförderung eines Kindes in der Tageseinrichtung auch Nachteile im Vergleich zu einer Behandlung in einer Frühförder- oder Erziehungsberatungsstelle hat: Beispielsweise ist oft eine intensive Elternberatung nicht möglich (obwohl die Ursachen vieler Probleme in der Familie liegen). Manche Eltern sind auch weniger offen, da sie befürchten, dass die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste ihre Aussagen mit den Erzieher/innen besprechen und dass diese unter Umständen sogar anderen Eltern davon berichten. Schließlich können Eltern oft nicht in dem Maße in die Behandlung ihres Kindes einbezogen werden wie z.B. in einer Frühförderstelle, wo sie bei den einzelnen Terminen bestimmte Übungen erlernen, die sie dann während der nächsten Tage mit ihrem Kind wiederholen sollen. Abschließend muss noch angemerkt werden, dass mobile Dienste wegen der anfallenden Wegezeiten und Fahrtkosten weniger effizient als ambulante Einrichtungen sind.

Positiv ist hingegen, dass die Hilfen mobiler Dienste niederschwellig als "Leistung der Kindertageseinrichtung" in deren Räumen angeboten werden, sodass für die Kinder weniger eine Sondersituation eintritt (manchmal werden sie sogar um die Einzelförderung beneidet, wenn diese z.B. rhythmische oder sportliche Elemente umfasst). Zugleich werden Aussonderung, Etikettierung und Stigmatisierung vermieden, bleiben normale Entwicklungsanreize erhalten (Modellfunktion "normaler" Kinder), können Erzieher/innen und andere Kinder in die Behandlung einbezogen werden. Außerdem verspüren die Eltern bei Inanspruchnahme einer Beratung in der Tageseinrichtung weniger Schwellenangst. Auch akzeptieren sie Ratschläge und Hinweise der Mitarbeiter/innen mobiler Dienste leichter, weil sie wissen, dass diese ihr Kind auch aus dem Gruppenalltag kennen. Zudem erfolgt die Hilfe unbürokratisch und wohnortnah. Wie bereits in der Einführung erwähnt, können so auch Kinder (allein erziehender, berufstätiger Eltern) einbezogen werden, die sonst keine Behandlung erfahren würden. Dasselbe gilt für Familien in den traditionell schlechter versorgten ländlichen Regionen, deren Kinder oft nur von mobilen Diensten in der Kindertageseinrichtung erreicht werden können.

Die Fördermaßnahmen können in der Regel gut in den Alltag der Kinder und der Erzieher/innen integriert werden. Sie stören nur selten den Gruppenablauf und die Planung der Fachkräfte. Allerdings gibt es manchmal Probleme wegen eines Behandlungsraumes oder wegen des den Erzieher/innen abverlangten Zeitaufwands für Fallbesprechungen u.Ä. Generell verläuft die Zusammenarbeit besser, wenn Mitarbeiter/innen mobiler Dienste und Erzieher/innen (nicht nur Leiter/innen!) kontinuierlich Kontakt miteinander haben, einander offen, vertrauensvoll und als gleichberechtigte Partner begegnen sowie einander Kompetenzen und Grenzen akzeptieren (keine Überforderung der anderen Seite). Einzelfallbezogene Maßnahmen sollten inhaltlich und organisatorisch gut abgestimmt werden (klar abgegrenzte Aufgabenbereiche), Besprechungs- und Behandlungszeiten genau vereinbart und die Termine auch eingehalten werden. Für Erzieher/innen sollte die Inanspruchnahme von Beratung freiwillig sein. Schließlich wirkt sich positiv aus, wenn die Mitarbeiter/innen mobiler Dienste Verständnis für die Lebenswelt "Kindertageseinrichtung" haben und für die Elternschaft präsent sind, also z.B. einmal pro Jahr an einem Elternabend teilnehmen und ihre Arbeit vorstellen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann sind Erzieher/innen in der Regel sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit mobilen Diensten, erleben sie als entlastend und bezeichnen die durchgeführten Maßnahmen als weitgehend erfolgreich (siehe z.B. Mayr 1998).

Literatur

Fuchs, D.: Einzelhilfen für Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten in den Stuttgarter Kindertagesstätten. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 1991, 40, S. 303-305

Katholische Fachhochschule Freiburg, Fachbereich Heilpädagogik / Landeswohlfahrtsverband Baden (Hrsg.): Projekt: Förderung verhaltensauffälliger und entwicklungsverzögerter Kinder in Kindergärten. 1991 - 1994. Abschlussbericht. Freiburg, Karlsruhe: Selbstverlag o.J.

Mayr, T.: Pädagogisch-Psychologischer Dienst im Kindergarten. Abschlussbericht. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik 1998

Textor, M.R. (Red.): Vernetzung von Kindertageseinrichtungen mit psychosozialen Diensten. Zwischenbericht. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik 1999

Weiß, G.: Heilpädagogische Interventionen. In: Katholische Fachhochschule Freiburg, Fachbereich Heilpädagogik / Landeswohlfahrtsverband Baden (Hrsg.): Projekt: Förderung verhaltensauffälliger und entwicklungsverzögerter Kinder in Kindergärten. 1991 - 1994. Abschlussbericht. Freiburg, Karlsruhe: Selbstverlag o.J., S. 125-149

Wolfram, W.-W.: Im Vorfeld der Erziehungsberatung: Psychologischer Dienst für Kindertagesstätten. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 1984, 33, S. 239-243

Autor

Dr. Martin R. Textor studierte Pädagogik, Beratung und Sozialarbeit an den Universitäten Würzburg, Albany, N.Y., und Kapstadt. Er arbeitete 20 Jahre lang als wissenschaftlicher Angestellter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Von 2006 bis 2018 leitete er zusammen mit seiner Frau das Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg. Er ist Autor bzw. Herausgeber von 45 Büchern und hat 770 Fachartikel in Zeitschriften und im Internet veröffentlicht.
Homepage: https://www.ipzf.de
Autobiographie unter http://www.martin-textor.de