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Zitiervorschlag

Naturwissenschaftliche Bildung im Kindergarten

Martin R. Textor

 

Kleinkinder sind in hohem Maße an physikalischen, chemischen und biologischen Vorgängen interessiert. Schon als Babys untersuchen sie die Eigenschaften der für sie erreichbaren Objekte, wobei sie z.B. die Schwerkraft entdecken. Später erkunden sie aktiv und selbsttätig ihre Umgebung - seien es Gegenstände, Pflanzen, Tiere oder chemische Prozesse, wie sie beispielsweise beim Kochen und Backen zu beobachten sind. Das Erforschen der Umwelt geschieht weitgehend im Spiel, und so kann man mit Ross (2000) sagen. "Kinder sind Wissenschaftler beim Spielen" (S. 6).

Sobald Kinder sprechen können, versuchen sie, ihre Neugier auch im Gespräch mit Erwachsenen oder anderen (älteren) Kindern zu befriedigen. Wenn man sie lässt, stellen sie eine Frage nach der anderen. In der Interaktion mit anderen Personen, durch Beobachten, Experimentieren usw. gelingt es ihnen, sich bis zur Einschulung umfassende naturwissenschaftliche Kenntnisse anzueignen. Diese sind "domänenspezifisch" organisiert, also nach Gebieten strukturiert, die Erwachsene z.B. als "Physik", "Biologie" oder "Psychologie" bezeichnen würden. In diesen Domänen werden Begriffe und Informationen in "intuitive Theorien" eingeordnet, die nach Sodian (2002) in vielerlei Hinsicht wissenschaftlichen Theorien ähneln.

Laut den Bildungsplänen, die von den zuständigen Landesministerien verabschiedet wurden oder sich noch in der Erprobung befinden, sollen Kindergärten naturwissenschaftliche Bildung leisten. Erzieher/innen sollen entsprechende Fragen der Kinder aufgreifen und kindgerechte Antworten geben, zu weitergehenden Fragestellungen hinführen, Gelegenheiten zum Beobachten und Experimentieren schaffen, Forschergeist und Neugier fördern. Die naturwissenschaftliche Bildung soll altersgemäß erfolgen, also weitgehend auf spielerische Weise. Ferner sollten Kleinkindern große Freiräume zum selbst gesteuerten Lernen und zum selbständigen Forschen gewährt werden.

Naturwissenschaftliche Bildung kann im Kindergarten auf ganz unterschiedliche Weise erfolgen. Drei "Bildungswege" sollen in diesem Artikel vorgestellt werden.

1. Kinder die Natur entdecken lassen

Kleinkinder leben in einer Umgebung voller physikalischer, chemischer und biologischer Phänomene. Häufig reicht es schon, ihre Aufmerksamkeit auf diese Objekte und Prozesse zu lenken und sie zu deren Beobachtung zu motivieren. Da Kleinkinder noch einen Großteil ihres Wissens über ihre Sinne erwerben, wird in diesem Kontext oft von Sinnesschulung gesprochen - der Kindergarten soll auch eine "Schule des Sehens" sein. So sollte eine Erzieherin zunächst erfassen, welchem physikalischen, chemischen oder biologischen Phänomen gerade das besondere Interesse eines Kindes (oder mehrerer Kinder) gilt. Wichtig ist, dass dem Kind genügend Zeit gegeben wird, sich mit diesem Phänomen zu befassen, dass also mögliche Störungen von ihm ferngehalten werden. Ferner muss es die Möglichkeit haben, mit der Erzieherin bzw. mit anderen Kindern über seine Beobachtungen zu sprechen, Hypothesen zu äußern, Zusammenhänge zu vermuten und nach Erklärungen zu suchen. Die Erzieherin kann das Kind motivieren, weitere Sinne zur Erforschung des Gegenstandes bzw. Prozesses einzusetzen. Auch kann sie es auf bisher übersehene Aspekte aufmerksam machen. Durch offene Fragen kann sie sein Interesse verstärken oder auf ähnliche Phänomene lenken, sodass Vergleichen, Abstrahieren und Generalisieren möglich werden. Außerdem kann die Erzieherin seine Umgebung durch Objekte oder Materialien anreichern, die eine weiterführende Beschäftigung mit dem jeweiligen Phänomen ermöglichen. Schließlich kann sie seine Fragen beantworten, ihm also Informationen auf verbalem Weg geben.

Ein Beispiel: Viele Kenntnisse über biologische Phänomene können sich Kinder z.B. im Außengelände eines Kindergartens aneignen. Besteht dieses aber nur aus einer Rasenfläche mit Spielgeräten, einem Sandkasten, einigen Schatten spendenden Bäumen und einer Hecke, sind jedoch die Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder stark begrenzt. Eine ganz andere Situation ist gegeben, wenn verschiedene Obstbäume und Beerensträucher gepflanzt werden, die Hecke durch Spalierobst ersetzt wird, Gemüse-, Kräuter- und Blumenbeete angelegt werden und vielleicht noch ein Biotop wie eine Trockenmauer oder ein flacher Teich geschaffen wird. Dann können Kinder biologische Prozesse wie das Keimen von Samen, das Wachsen, das Blühen und Reifen beobachten. Sie können sich selbst als Gärtner betätigen und dabei feststellen, was Pflanzen zum Gedeihen benötigen. Ferner werden sie viele Insekten, Vögel und Kleintiere wie Mäuse in "ihrem" Garten sehen und erkennen, wie sich diese entwickeln (z.B. von den Eiern über Raupe und Puppe zum Schmetterling), welche Rolle sie für Pflanzen spielen (z.B. Befruchten von Blüten), auf welche Weise sie von den Pflanzen und Bäumen abhängig sind (Nahrung) oder wie sie voneinander leben (Insekten als "Vogelfutter"). Auch wird den Kindern die Bedeutung des Wetters bewusst (z.B. welken manche Pflanzen bei zu viel Sonne, reifen die Tomaten bei zu viel Regen nicht), nehmen sie die jahreszeitlichen Veränderungen viel deutlicher wahr, werden religiöse Feiern wie das Erntedankfest wieder persönlich relevant.

Naturbeobachtungen sind natürlich auch in der Umgebung des Kindergartens möglich. Vielerorts gibt es in nächster Nähe der Einrichtung Wälder oder landwirtschaftlich genutzte Flächen, die immer wieder - zu unterschiedlichen Jahreszeiten - erkundet werden können. Bei den Exkursionen können die Kindern auch bestimmte Beobachtungsaufträge erhalten ("Heute wollen wir Pilze suchen!", "Wie viel verschiedene Insekten werden wir wohl sehen?"). In Städten können zumindest Parks aufgesucht oder Gärten auf umliegenden Grundstücken betrachtet werden. Auf dem Wochenmarkt können Kinder unterschiedliche Obst- und Gemüsesorten kennen lernen und z.B. verschiedene Äpfel für ein "Testessen" im Kindergarten kaufen (Prüfen von Aussehen, Größe, Gewicht, Saftigkeit, Konsistenz des Fruchtfleisches, Geruch, Geschmack usw. - auch eine Form der Sinnenschulung!). Im Botanischen Garten können Kinder exotische Pflanzen sehen und deren andersartigen Lebensbedingungen (z.B. im Tropen- oder Kakteenhaus) erkennen. Oft gibt es hier auch Beete mit Nutzpflanzen und Kräutern.

Bei solchen Exkursionen sollten sich Erzieher/innen vom Interesse der Kinder leiten lassen. Entdeckt ein Kind z.B. Ameisen und wollen die Kinder diese nun beobachten, ist das wichtiger als das Erreichen des "eigentlichen" Ziels des Ausflugs. Stellen die Kinder fest, dass das Herbstlaub unterschiedlich gefärbt ist, können Blätter gesammelt und später im Kindergarten nach Färbung, Größe, Blattform usw. geordnet werden. Aber auch Sammlungen mit anderen Naturmaterialien (wie Federn, Gräser, Samen, Rindenstückchen usw.) können angelegt werden. Dann müssen die Kinder z.B. wie Botaniker Pflanzenteile pressen und auf Papier kleben oder wie Geologen Steine klassifizieren. Später bietet sich ein Besuch in einem naturkundlichen Museum an...

Naturerkundungen können dadurch ausgeweitet werden, dass Erzieher/innen den Kindern Lupen oder Mikroskope zur Verfügung stellen. Erstere können auch problemlos in das Außengelände des Kindergartens oder bei Ausflügen mitgenommen werden. Durch die Vergrößerung erkennen die Kinder Details an toten oder lebenden Objekten, die sie mit bloßem Auge wahrscheinlich nicht wahrnehmen würden. Sollen mit einer größeren Kindergruppe kleinste Gegenstände angeschaut werden, so können Erzieher/innen viele dieser Dinge auch zwischen die Glasscheiben eines Wechselrähmchens klemmen und dann per Diaprojektor an eine weiße Fläche projizieren.

2. Im Kindergarten experimentieren

Auf dem vorgenannten "Bildungsweg" können Kinder vor allem biologische Phänomene erkunden. Er herrscht in Tageseinrichtungen vor, da Kleinkinder sozusagen "natürlich" mit Pflanzen, Insekten, Tieren usw. in Kontakt kommen. Auf dieselbe Weise können sie sich aber z.B. kein Wissen über Gase, den Zusammenhang zwischen Temperatur und Aggregatzustand (d.h. fest, flüssig, gasförmig), die Schwerkraft oder die Hebelwirkung aneignen. Wenn Erzieher/innen sie mit solchen physikalischen und chemischen Phänomenen konfrontieren wollen, ist dies in der Regel nur durch Experimente möglich. Diese entsprechen dem frühkindlichen Lernen, da sinnliche Erfahrungen wie Sehen, Riechen, Hören, Berühren und Schmecken im Vordergrund stehen. Außerdem werden kognitive, soziale und sprachliche Kompetenzen gefördert.

Experimente setzen oft eine bestimmte Ausstattung voraus: So werden z.B. verschieden große Gläser und Röhrchen, Pipetten, Pinzetten, Werkzeug, Stethoskop, Waage, Thermometer, (Stopp-) Uhr, Lineal, Zentimetermaß, Luftpumpe, Ventilator, Kompass, Magnete, Pendel, Prismen und Chemikalien benötigt. Bei der Vorbereitung ist zu beachten, dass Beobachtung und Selbsttätigkeit der Kinder im Vordergrund stehen sollten - es darf nicht um reine Wissensvermittlung im Sinne des Schulunterrichts gehen. Das Experimentieren sollte für die Kleinkinder so interessant und faszinierend sein, dass sie sich trotz ihres großen Bewegungsdrangs und der noch gering ausgeprägten Konzentrationsfähigkeit längere Zeit mit dem jeweiligen Phänomen befassen und darüber engagiert diskutieren.

Inzwischen gibt es mehrere Bücher mit Experimenten für Kleinkinder, auf die Erzieher/innen zurückgreifen können. Beispielsweise beschreibt Lück (2003) 26 Versuche, die an 15 Tagen durchgeführt werden sollen und jeweils rund eine halbe Stunde dauern. Beispielsweise befasst sich die zweite der drei Experimentierreihen mit dem Wasser: "Dabei werden physikalische Aspekte, etwa die Oberflächenspannung, die Mischbarkeit mit anderen Flüssigkeiten sowie Adhäsion und Diffusion mit einfachen Experimenten dargestellt und kindgerecht gedeutet. Auch der Vergleich mit anderen Flüssigkeiten und deren Eigenschaften, die den Kindern oft noch nicht vertraut sind, wird hergestellt" (S. 130).

Lück (a.a.O.) macht deutlich, dass man für physikalische und chemische Versuche weder teure Experimentierkästen noch schwer erhältliche Chemikalien benötigt. Vieles ließe sich z.B. an Lebensmitteln oder an in jedem Familienhaushalt vorhandenen Materialien zeigen, wodurch auch ein Alltagsbezug gegeben sei und ein Wiederholen des Experiments mit den Eltern ermöglicht würde. Wichtig sei, dass die Experimente so einfach sind, dass sie auch von den Kindern selbst erfolgreich - und selbstverständlich ohne gesundheitliche Risiken - durchgeführt werden können. Die zu beobachtenden Phänomene sollten so eindeutig sein, dass sie von Kleinkindern leicht beschrieben und erklärt werden können. Sinnvoll wäre ein systematischer Aufbau der Experimente, da auf diese Weise bereits erworbenes Wissen aufgefrischt und gefestigt wird. Ferner würde auf diese Weise verdeutlicht, dass dieselben Naturgesetzlichkeiten für ganz unterschiedliche Phänomene gelten.

Allerdings lassen sich die Experimente von Lück (a.a.O.) - wie auch viele von anderen Fachleuten beschriebene Versuche - nur in Kleingruppen von ca. sechs (älteren) Kindern durchführen. Auch ist die Vorbereitung relativ zeitaufwändig, da viele der erforderlichen Materialien erst besorgt werden müssen. Die benötigte Objekte werden dann zumeist auf einem Tisch angeordnet. Erst dann werden die Kinder geholt, die zunächst alle Gegenstände benennen müssen. Dann folgt eine kurze Einführung in das jeweilige Thema. Die Erzieherin führt das Experiment vor bzw. lässt nacheinander jedes Kind das Experiment machen. Die (übrigen) Kinder beobachten und diskutieren anschließend das jeweilige Phänomen.

Ein Beispiel: "Geheimnisvolle Kräfte sehen: Wir brauchen eine durchsichtige Plastikschale, durchsichtigen Sirup, Eisenfeilspäne, einen Löffel, Magnete. Die Eisenfeilspäne in klaren Sirup geben, vorsichtig umrühren, bis die Späne gleichmäßig verteilt sind. Ein oder zwei Magnete unter das Schälchen legen. Ein magnetisches Feld entsteht. Wo ist die Kraft am stärksten? Die Eisenfeilspäne bewegen sich durch den Sirup, ordnen sich an den Polen an" (Hibon/ Niggemeyer 1998, S. 57).

Zum Experimentieren gehört auch, dass Kinder das "Innenleben" von Geräten erkunden können - selbst wenn diese dabei zerstört werden. Eltern - oder z.B. Wertstoffhöfe - können alte oder kaputte Geräte wie (mechanische) Uhren, Mixer, Kaffeemaschinen, Computer, Radios usw. zur Verfügung stellen, die dann im Kindergarten auseinander genommen werden. Auf diese Weise gewinnen die Kinder einen Einblick in das Funktionieren der Geräte, eignen sich neue Begriffe an (z.B. Transistor, Festplatte, Chip) und erlernen den Umgang mit Werkzeug. Und bei komplizierten Geräten findet sich oft unter den Eltern ein Fachmann oder eine Fachfrau, die den Kindern das "Innenleben" erklären kann...

3. Naturwissenschaftliche Bildung durch Projektarbeit

Bei Experimenten, die von den Erzieher/innen vorbereitet und an bestimmten Tagen präsentiert werden, besteht die Gefahr, dass sie nicht immer auf das Interesse der Kinder stoßen und durch sie eher isolierte Kenntnisse vermittelt werden. Auch sind sie nicht in die anderen Aktivitäten des jeweiligen Tages eingebettet. Sie ähneln damit Schulstunden, die ebenfalls ohne Zusammenhang aufeinander folgen. Werden sie wie bei Lück (2003) nur mit einigen wenigen (älteren) Kindern durchgeführt, werden zudem die übrigen Kinder benachteiligt.

Eine andere Situation ist gegeben, wenn Experimente Bestandteile eines Projekts sind, z.B. zu Themen wie "Wasser" oder "Wetter". Die Idee zu einem Projekt kann von einem Kind, einer Kleingruppe, der Erzieherin oder von außen kommen. Manchmal wird die Projektinitiative ungeplant weiterverfolgt. In anderen Fällen wird mit den Kindern gemeinsam entschieden, ob das Projektthema in den nächsten Tagen bzw. Wochen behandelt werden soll - und wie dies geschehen soll. Häufig diskutieren die Erzieher/innen aber auch die Projektidee zunächst im Team, nachdem sie sich vom Interesse einer Mehrheit der Kinder überzeugt haben, und machen eventuell sogar einen Projektplan.

Die besondere Bedeutung der Projektarbeit liegt darin, dass im Rahmen eines Projektes alle Bildungsbereiche (wie sie in den Bildungsplänen der Bundesländer unterschieden sind) und alle (Basis-) Kompetenzen der Kinder berücksichtigt werden können. So wird in einem Projekt beispielsweise gespielt (insbesondere Rollenspiele), experimentiert, beobachtet, analysiert, diskutiert, gebastelt, gemalt, gesungen, getanzt usw., werden motorische, soziale, emotionale, sprachliche und kognitive Fähigkeiten gefördert. Projekte sind somit typische Beispiele für "exemplarisches Lernen": Die Themen können ganz unterschiedlich sein, aber immer werden alle Sinne und Kompetenzen geschult.

Ein Beispiel: Katz und Chard (1989) berichten, dass beim Projekt "Wetter" zunächst im Stuhlkreis über die Erfahrungen der Kinder diskutiert wurde: So wurde besprochen, wie sich Sonnenschein, Regen, Schnee und Wind auf der Haut anfühlen und welche Geräusche ein Sturm oder ein starker Regenschauer machen. Die Kinder beschrieben ihre Gefühle beim ersten Schnee in einem Jahr oder als sie einen Regenbogen sahen. In den folgenden Tagen wurden Bilder über Wetterphänomene gemalt, relevante Geschichten vorgelesen und entsprechende Lieder, Reime und Bauernregeln gelernt. Naturwissenschaftliche Bildung erfolgte vor allem durch folgende Aktivitäten:

  • Neben ein großes Außenthermometer wurden verschiedenfarbige Papierstreifen geklebt, wobei jeweils ein Streifen 5 Grad entsprach. Morgens, mittags und abends dokumentierten die Kinder anhand der Streifen die Temperatur im Außengelände und in verschiedenen Räumen des Kindergartens. So lernten sie nicht nur das Thermometer kennen, sondern gewannen auch eine Vorstellung von "Temperatur" und von "Grad" als die hier verwendete Maßeinheit. Ferner wurde darüber diskutiert, was die Temperaturschwankungen im Verlauf eines Tages bzw. mehrerer Tage bedingt.
  • Analog dazu wurde der Wind mit einem Windrad (Geschwindigkeit) und einer Wetterfahne (Richtung) gemessen.
  • Der Niederschlag wurde in einem Messbecher aufgefangen, sodass die Wassermenge jeden Tag erfasst werden konnte. Die Umrisse von Regenpfützen wurden mit Kreide nachgezogen. Dann wurde regelmäßig nachgeschaut, um wie viel kleiner sie geworden sind. So wurde die Verdunstung des Wassers verdeutlicht.
  • Ganz unterschiedliche Materialien wurden auf Wasserdurchlässigkeit geprüft.
  • Es wurde getestet, wie schnell Eiswürfel schmelzen, wenn sie aus verschiedenen bzw. gefärbten Flüssigkeiten sind oder wenn sie in Papier, Stoff, Folie usw. eingewickelt werden.

Ferner wurde mit den Kindern darüber gesprochen, wie sich Tiere an die verschiedenen Witterungsverhältnisse anpassen (z.B. Winterschlaf, Geburt der Jungen im Frühjahr), dass es auf der Erde unterschiedliche Klimazonen gibt (von der Polarregion bis zu den Tropen), welche Tiere und Pflanzen in der jeweiligen Region vorherrschen und wie die Menschen dort leben. Es wurden Drachen und Papierflieger gebastelt und bei verschieden starkem Wind ausprobiert. Geschichten über (Wirbel-) Stürme und die von ihnen verursachten Schäden wurden erzählt und diskutiert.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass bei einem Projekt ganz unterschiedliche Aktivitäten in einem thematischen Zusammenhang stehen und ein harmonisches Ganzes bilden. Die Kinder werden allseitig gefördert und sind hoch motiviert, weil sie viel Abwechslung erleben und den Verlauf eines Projekts mitbestimmen können. Oft befassen sie sich auch in der Freispielzeit mit dem Projektthema, insbesondere wenn die Erzieher/innen entsprechende Materialien zur Verfügung stellen (wenn z.B. bei einem Projekt "Tiere" sich in der Rollenspielecke Tierkostüme befinden, in der Bauecke Tierfiguren vorhanden sind und in der Bilderbuchecke Fotobände und reich bebildete Tierlexika ausliegen). Häufig ergeben sich dann aus dem Spiel der Kinder neue Ideen für den weiteren Verlauf des Projekts.

Somit ist Projektarbeit zu empfehlen, wenn naturwissenschaftliche Themen nicht isoliert wie in den entsprechenden Schulfächern, sondern eingebettet in ganz unterschiedliche, aber relevante Aktivitäten behandelt werden sollen. Letzteres entspricht mehr dem frühkindlichen Lernen, da sich das Kleinkind als "ganzes" Individuum angesprochen fühlt, alle seine Sinne einsetzen kann, Vieles auf spielerische Weise lernt und intensiv mit den anderen Kindern kommuniziert. Anders als bei vorgegebenen Experimenten werden keine künstlichen Situationen geschaffen. Vielmehr wird der Input der Kinder, werden ihre Interessen, Ideen, Vorstellungen usw. in hohem Maße berücksichtigt. Das selbsttätige Generieren von Fragestellungen, das eigenständige Bilden von Hypothesen, das Beobachten, Interpretieren und Analysieren, das Sammeln von Informationen und die Präsentation der Erkenntnisse stehen im Vordergrund - also wissenschaftliche Aktivitäten...

Literatur

Hibon, M./ Niggemeyer, E.: Spielzeug Physik. Hundert Welten entdeckt das Kind. Neuwied, Kriftel, Berlin: Luchterhand 1998

Katz, L.G./ Chard, S.C.: Engaging children's minds: the project approach. Norwood: Ablex 1989

Lück, G.: Handbuch der naturwissenschaftlichen Bildung. Theorie und Praxis für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen. Freiburg, Basel, Wien: Herder 2003

Ross, M.E.: Science their way. Young Children 2000, 55 (1), S. 6-13

Sodian, B.: Entwicklung begrifflichen Wissens. In: Oerter, R./ Montada, L. (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz/PVU, 5. Aufl. 2002, S. 443-468

Autor

Dr. Martin R. Textor studierte Pädagogik, Beratung und Sozialarbeit an den Universitäten Würzburg, Albany, N.Y., und Kapstadt. Er arbeitete 20 Jahre lang als wissenschaftlicher Angestellter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Von 2006 bis 2018 leitete er zusammen mit seiner Frau das Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg. Er ist Autor bzw. Herausgeber von 45 Büchern und hat 770 Fachartikel in Zeitschriften und im Internet veröffentlicht.
Homepage: https://www.ipzf.de
Autobiographie unter http://www.martin-textor.de